Dass eine Professionalisierung der deutschen Blogosphäre ins Haus steht, kann niemand ernsthaft bezweifeln.
Wer Werbung in Medien grundsätzlich und immer und sowieso verdammt, kann das gerne tun, sollte aber nochmal nachdenken, vielleicht während eines Praktikums bei der Nordkoreanischen Staatszeitung.

Sascha Lobo am 10. April 2007

Es ist zum Glück nicht mein Problem, vom Blogvermarkter Adnation (früher Adical) wenig Werbung aufs Blog zu bekommen, aber wäre ich einer dieser Leute – oder gar jemand wie Johnny Häusler, der mit Sascha Lobo zusammen diese Blogwerbefirma betreibt – würde ich mir schon mal überlegen, was für einer Person da der Vermarktungsversuch von Blogs übertragen wird. Blogs, sagen wir doch allgemein, seien Gespräche, bessere Medien, ehrlicher, authentischer, nicht so gekaufter Dreck wie die Medien, einfach: Etwas Besonderes.

Natürlich sieht das nicht jeder so. Der Aufstieg von Johnny Häusler Blog Spreeblick kam, als Jamba versuchte, die Kommentare einer Diskussion um ihre Produkte zu manipulieren. Und vor knapp zwei Jahren wurde ich nach der Aufdeckung diverser Skandale rund um StudiVZ gefragt, ob ich nicht für ein üppiges Honorar ein paar Pressesprecher etwas zum Gefahrenpotential Weblogs – und wie man sie vereinnehmen kann – erzählen kann. Meine Antwort war ein klares Nein. Aber nun, 2 Jahre später, hat die gleiche Organisation, die “Deutsche Presseakademie” DEPAK, ein Schulungszentrum für PR und andere unerfreuliche Berufe, die ganz sicher kein Praktikum bei einer totalitären Zeitung mehr brauchen, jemanden gefunden, der das macht und offensichtlich kein Problem hat, für 990 Euro pro Teilnehmer sein Wissen über Blogs profitabel weiterzugeben:

Sascha Lobo. Ab jetzt auch Referent für “Social Media – Chancen und Risiken digitaler Netzwerke

Mit folgenden Themen:

– Soziale Netzwerke als PR-Tool
– Stakeholderdiagnose im Web, Auswahl adäquater Tools
– Agenda Setting durch Social Media
– Blogs als Meinungsmaschine und als PR-Instrument
– Das Konzept der digitalen Reputation und ihr Beitrag zum Unternehmensimage
– Manipulationsmöglichkeiten, rechtliche Gefahren, Datenschutz

Manipulationsmöglichkeiten, schau an, schau an. Ts ts. Also: Wie bringe ich meine Geschichten in soziale Netzwerke, wie überwache ich Internetmedien, wie nutze ich sie für meine Zieke aus, wie benutze ich Blogs, wie passe ich auf, dass meine Firma schön sauber bleibt, und welche dreckigen Tricks wende ich dafür an…

Kleines Detail am Rande: Während Lobo am 2. und 3. April 2009 dergestalt den Missbrauch und das Ausnutzen von Blogs und anderen Formen der Internetkommunikation an PRler vermittelt, macht sein Adnation-Geschäftspartner Johnny Häusler zur gleichen Zeit das “Web2.0-Festival” re:publica 2009 über die Veränderungen der Digitalisierung. Thema:

Es soll diskutiert werden, welchen politischen und gesamtgesellschaftlichen Wandel dieser ‘Shift’ einläuten wird und in welchen Bereichen er sich bereits manifestiert hat.

Shift happens: Als Blogger beginnen, als Manipulationsmöglichkeit in einem Sacha-Lobo-Seminar enden.