Zoomer mit 2.0-Image und 00-Kommunikation
Nach ein paar Tagen sieht man bei der Feuerungsorgie bei Zoomer klarer: hatte es erst noch indiskret geheissen, dass es nur eine Handvoll Mitarbeiter ĂŒber die Klinge springen, heisst es aus den ĂŒblicherweise wohlinformierten Kreisen, dass ĂŒber die HĂ€lfte der eher billig eingekauften Themenbearbeiter das Unternehmen unfreiwillig verlassen werden. GerĂŒchten zufolge hat man ĂŒbrigens auch bei Zoomer selbst erst eine schonende Variante und spĂ€ter harte Tatsachen folgen lassen. Es soll alles sehr unschön gewesen sein. So, wie schon bei den VorlĂ€ufern News Frankfurt und Business News. So gesehen ist Zoomer sehr konsequent 2.0 und beta: Rumprobieren, flippige Leute einstellen, Strategien ĂŒber den Haufen werfen und wenn es lĂ€nger nichts bringt, weg mit dem Zeug und den Leuten. Und wie immer trennt man sich leichter von denen, die wenig gekostet haben und problemlos durch tausende andere ersetzbar wĂ€ren, die auch mal so ein ultracooles Projekt machen wollen.
Die spassigste Meldung zum Thema ist ein Interview von Stefan Winterbauer mit den neuen Leitern der Berliner Zeit-Online-Redaktion:
Herr Esser, wissen sie da NĂ€heres?
Esser: âZoomer.deâ wĂ€re sicher nicht eingestellt worden, im Gegenteil. âZoomer.deâ ist im Anzeigenmarkt sehr erfolgreich und hat im Moment viel zu wenig AnzeigenflĂ€chen fĂŒr die groĂe Nachfrage nach der Zielgruppe der 15- bis 30-JĂ€hrigen, die “Zoomer.de” sehr genau erreicht. âZoomer.deâ ist ein Startup und wird in der hĂ€rteren Zeit jetzt etwas reduziert.
Das verstehe ich nicht. Sie sagen alles ist ausgebucht, aber man muss reduzieren, weil hĂ€rtere Zeiten da sind. Das mĂŒssen sie mir erklĂ€ren.
Esser: Selbst die ausgebuchten FlĂ€chen reichen zur Zeit angesichts der Preise im Markt nicht aus, den Aufwand, der vor allem zum Start des Portals betrieben werden musste, aufrecht zu erhalten. Deshalb wird âZoomer.deâ auf ein MaĂ zurĂŒckgefĂŒhrt, auf dem es wirtschaftlich arbeiten kann.
Lustig wĂ€re jetzt noch die Frage gewesen, wieso man, wenn sich die Werbekunden schon um die PlĂ€tze prĂŒgeln, nicht einfach die Preise erhöht und dadurch mehr Geld fĂŒr die Mitarbeiter verdient… komischerweise ist Zoomer bei mir jenseits der “redaktionellen BeitrĂ€ge” gerade vollkommen werbefrei… aber gut. Weniger gut ist meines Erachtens, wie man diesen Einschnitt den Lesern im hauseigenen Innenleben-Blog prĂ€sentiert (http://www.zoomer.de/news/uebersicht/innenleben):
Gar nicht.
Die letzte Meldung ist vom 4. Dezember.
Ein Schelm, wer da unterstellen wollte, dass die grosse Ănderung sowieso mitten in den klickschwachen Weihnachtstagen kommt und dann vielleicht keiner mitkriegt, was gerade passiert. Und das, obwohl doch jede Verpflichtung irgendwelcher abgewirtschafteten Blogger als Videomacher gross angekĂŒndigt wurde. Ein neuer Stil im Umgang mit den Lesern sollte Zoomer sein.
Naja.
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Und darin liegt meines Erachtens die Crux des Ganzen: Man will entweder persönliche EinschÀtzungen bzw. Meinungen lesen oder es aber sein lassen.
Bezahlcontent findet man(n) ĂŒberall, ebenso platte Abschreibereien (wenn man(n) ĂŒber Paperball suchen geht). Und sowas nervt einfach.
Ich freue mich ĂŒber den von dir offengelegten Untergang der Onlinezines.
“Deshalb wird âZoomer.deâ auf ein MaĂ zurĂŒckgefĂŒhrt, auf dem es wirtschaftlich arbeiten kann.”
das kleinste maĂ im internet-business ist ĂŒbrigens 1. ohne zynismus, gegen diese zahl gilt es optimalerweise zu konvergieren: mit minimalen kosten (personaleinsatz) maximalen traffic (werbeeinnahmen) generieren.
beschrĂ€nkte mittel machen da schlauer, denn andere startupper haben statt groĂkotzig mit redaktionspersonal und rieseninvestitionen direkt alleine angefangen (als blog zb), sind natĂŒrlich gewachsen und können daher gar nicht zurĂŒckschrauben.
es lĂ€uft darauf hinaus, dass eine oder ganz wenige personen letzten endes nahezu alle aufgaben einer webunternehmung in personalunion bewĂ€ltigen. durch fast beliebig zusammensetzbaren, kopierbaren, freien, leicht editierbaren und usergenerierten content und effizienten einsatz von entsprechenden management-systemen ist das möglich. natĂŒrlich nur fĂŒr ganz wenige publisher, denn das prinzip ist ja, dass ich als einzelner möglichst hunderttausende von lesern versorge. billige content-schubserei statt onlinejournalismus. ob der leser das will, ist ne andere frage. aber wir sehens doch tĂ€glich, es klappt doch nicht anders, wer kann denn auch nur eine handvoll professioneller krĂ€fte aus den miserablen (werbe-)einnahmen bezahlen?
die zukunft sehe ich in mikrounternehmen, jeder macht, was er am besten kann und wenn er groĂes glĂŒck hat, kann er davon leben. online-redaktionen sind sowas von 2008..
> das kleinste maĂ im internet-business ist
> ĂŒbrigens 1.
Nein, einfach zwei virtuelle Bretterbuden im Internet aufmachen und gleichzeitig bedienen. Das gibt sogar Synergieeffekte mit dem Ergebnis 0,75 (statt durchschnittlich 0,5 ohne Synergieeffekte) pro Bretterbude.
> jeder macht, was er am besten kann und wenn er
> groĂes glĂŒck hat, kann er davon leben.
Klar, man kann sich selbst ins Prekariat schupsen, nur weil man irgendwasmitmedien machen will. Man könnte auch an normale, unhippe Arbeit in einem normalen Beruf denken. Nur, dass wÀre ja, Àhm, also, nun ja, dass wÀre ja Arbeit. Dauerbekifft sein geht dabei auch nicht.
an erster stelle ist der zoomer flop ein flop des geschĂ€ftsfĂŒhrers peter neumann. schlechte leute (ex tonline) ohne inhaltliche erfahrung, keine kompetenz, kein handwerk, keine marketing. dazu noch einen ĂŒberbezahlten wickert als grĂŒĂ-august, der sich nie fĂŒr zoomer interessiert hat, aber fĂŒr die viele kohle als honorar. so viele anfĂ€ngerfehler in der geschĂ€ftsfĂŒhrung verdienen nur den schnellen tod.
was von zoomer ĂŒbrig bleibt: billig krĂ€fte, die user kommentare fĂŒr zeit.de simmulieren dĂŒrfen.
Ich kann mich noch daran erinnern, wie wir hier damals den zoomer beim Start analysiert haben.
Fast ein biĂchen unheimlich, wie ein Haufen dahergelaufener Internet-Fuzzies wie wir binnen weniger Stunden die Schwachstellen aufdecken konnte, die denen von Holtzbrinck offenbar bei der mindestens wochenlangen Projektierung entgangen sind und an denen der zoomer nun tatĂ€schlich scheitert. Sind wir so schlau und die so blöd? Meine bescheidene Lebens-Grundhaltung weigert sich, das zu glauben. :-)
Es bewahrheitet sich wieder der alte Satz: Ein GeschĂ€ftsmodell, das sich nicht innerhalb von 5-10 Sekunden intuitiv erschlieĂt, erschlieĂt sich auch im nĂ€chsten halben Jahr nicht mehr…
Jetzt, wo dieses “total ausgebuchte” Zoomer so langsam zuende geht, verstehe ich allmĂ€hlich, wie es funktioniert. Also:
Man lĂ€sst einige Leser (vermutlich) Artikel bewerten – und die anderen Leser erhalten dann Agentur-Meldungen (u.Ă€.) entsprechend eines “Rankings” prĂ€sentiert.
Zum Beispiel heute, den 20. Dezember: Auf dem 13. Platz erscheint eine uralte Geschichte zum Thema Meth (genauer eine Klickstrecke) vom 8. August, die wiederum zum Zeitpunkt des 8.8. uralt und lĂ€ngst schon quer durch das ganze Internet getrieben war. ErgĂ€nzende Informationen fallen aus, dafĂŒr aber sehen die Leser an den Bildern, wie “neu” die Story ist, nĂ€mlich aus dem Jahr 2005.
Schaut man sich dann nach echten redaktionellen BeitrĂ€gen bei Zoomer um, so fĂ€llt das gelangweilte Auge der Leser beispielsweise im Meinungsteil auf verunglĂŒckte Glossen-Versuche, z. B. seitens der Top-Journalistin “caro korneli” (nur echt in Kleinschreibung), die sich ĂŒber die angeblich unfassbar und angeblich Ă€uĂerst schlechte ServicequalitĂ€t in Deutschland aufregt, einem Thema, das sogar noch ausgelutschter ist als die uralten Bilder einer lieblos aufgemachten Meth-Story. Frau Korneli stottert, spricht hastig wie lieblos zum Hörer, sie bringt kaum einen vollstĂ€ndigen Satz zustande und sie verhaspelt sich beim Sprechen, und zwar beachtlich grĂŒndlich – und wundert sich, allen Ernstes, warum sie von Service-KrĂ€ften nicht verstanden wird.
Was soll das? Und: Wozu?
Welchen Mehrwert (oder gar: informationellen Mehrwert) liefert Zoomer den Lesern?
Immerhin haben die dort tĂ€tigen Journalisten (darf man das Wort “Journalist” in diesem Zusammenhang wirklich verwenden?) in etwa das Alter der vom Zoomer-Marketing avisierten Zielgruppe. Sie sind jung. Und sie wirken in ihrer Art zudem etwas desorientiert und schlampig.
Das wĂ€re also ein Pluspunkt, gewissermaĂen die Identifikationsbasis. Und leider hĂ€lt man die eigenen Leser, offenkundig, fĂŒr völlig verblödet und kein Schinken kann fĂŒr die Redaktion bei Zoomer alt genug sein, um diesen dennoch seinem jungen (und: in Sachen Internet zumeist bewanderten) Publikum anzubieten.
Man muss sich Zoomer also als eine Art Internet-Recyclinghof fĂŒr News, Glossen und Web 2.0 vorstellen.
Mein Vorschlag: Weg damit! Dieses Zoomer-Dingsda braucht kein Mensch.
Zoomer war von Anfang an nichts als inhaltloses Marketinggeblubber. Funktioniert super in Powerpoint, wenn man die passenden Zahlen eingibt, sogar in Excel, hatte aber nie etwas mit der RealitÀt zu tun.
Wie Urs SchĂ€uble schon schrieb: Das wurde bei Diskussionen kurz nach dem Launch hier und andernorts schon glasklar analysiert. Es gab von Anfang an kein Entkommen. Das Ganze musste scheitern. Wobei ich fĂŒrchte, nicht wir sind so schlau, aber die so blöd.
Besonders peinlich fĂŒr den Manager Neumann und den Chefredakteur ???, wie sie sich dennoch ausdauernd öffentlich exponiert haben und zoomer eine gĂŒldene Zukunft andichteten.
Ein Trauerspiel, einerseits. Andererseits: Strike! ;-)
> darf man das Wort âJournalistâ in diesem
> Zusammenhang wirklich verwenden?)
Klar. Solange die Bagage der Bild als Journalisten durchgehen, ist vieeeeel Platz unter dieser Bezeichnung.
> Sie sind jung. Und sie wirken in ihrer Art zudem
> etwas desorientiert und schlampig.
Zu meiner Zeit hĂ€tte man “ScheiĂ Drogen, wa?” gesagt. Davor “Volksnah”. Versuch einen Hauch AsozialitĂ€t zu kultivieren könnte es ebenfalls treffen.
Ich möchte BILD nicht ĂŒber den Klee loben, gewiss nicht – aber die mir bekannte journalistische Arbeit des Zoomer-Teams lĂ€sst mich massiv vermuten, dass bei BILD im Vergleich Spitzenjournalisten arbeiten.
Es gibt da ein GerĂŒcht, das besagt, man tĂ€te sich mit dem Eingestehen von Fehlern leichter, wenn da im Internet nicht solche Typen wĂ€ren, die das als Gelegenheit nutzten, gleich nochmal zuzuschlagen.
Dabei ist das Urteil derer, die einfach nicht mehr hingehen, viel hĂ€rter als die Meinung derer, die sich ernsthaft mit den Defiziten auseinandersetzen. Allerdings haben manche “Medienmacher” oft genug die nötige naturpralle Personality, einfach auch den grössten Mist durchzuziehen und am Ende immer jemanden zu finden, der schuld war. Erwischen tut es dann die Kleinen, und der Boss wird zum nĂ€chsten Projekt durchgereicht.
Offenbar wird auch bei StudiVZ eingespart: Deren internationale Portale werden durch die englische Version von MeinVZ ersetzt, allerdings werden keine Daten uebernommen, sondern man muss sich neu registrieren.
Klingt wie hobnox.
So, Holtzbrinck macht zoomer Ende Februar dicht.
great news!
[…] Bereits Ende Februar 2009 wird zoomer.de, das die Verlagsgruppe Holtzbrink erst vor acht Monaten als neuartiges Nachrichtenportal im Web ins Leben gerufen hat, die Tore schließen, nachdem bereits zum Jahreswechsel eine gewisse personelle Unruhe herrschte. […]