7.9.2005 | 12:32 von dogfood

Culture Clash

Ich war gestern zu Gast bei einem monatlichen Stammtisch der DJU – Deutsche Journalisten Union, der Journalisten-Gewerkschaft von ver.di. Neben meiner Wenigkeit wurde auch Dirk Franke von Wikipedia eingeladen zum Thema: “Ist die freie Information Konkurrenz für bezahlte Journalisten oder eine neue ergänzende Sparte des Journalismus“.

Beim Reinkommen war es putzig die zirka 10-12 Journalisten zu beobachten, wie sie alle selbst bei einem Stammtisch, erst einmal den Notizblock und die Kugelschreiber rausholten und neben sich auf den Tisch legten, allzeit griffbereit.

Nicht dass ich denAbend als unangenehm empfunden hätte, aber er ließ sich am besten mit dem Begriff “Culture Clash” umschreiben. Vereinfacht ausgedrückt, war in der Runde eine deutliche Altersgrenze zu spüren, irgendwo zwischen 30 und 40 Jahren. Jenseits der Grenze wurde das Ganze größtenteils mit Skepsis und teilweise Unverständnis aufgenommen.

Ich und Dirk Franke erzählten vom Bloggen und der Wikipedia und von den dahinter steckenden Strukturen: Linkkultur, basisdemokratisch etc… Wir haben auch versucht das große Bild mit Begriffen wie Open-Source-Denke, fair use und CC-Lizenzen zu zeichnen. Und wie aus dem Lehrbuch für Klischees gab es dann an bestimmten Stellen auch die klassischen Bedenken:
Wie? Bei der Wikipedia kann jeder einfach so was reinschreiben? Das kann doch nicht funktionieren?
Wie? Blogger schreiben und bekommen es nicht bezahlt?
Woher weiß ich, dass das was in der Wikipedia/im Blog steht auch stimmt?
Woher nehmen Blogger die Zeit? Haben die nichts zu tun? Bekommen die Geld vom reichen Daddy?
Verarmt der Mensch nicht, wenn er die ganze Zeit vorm Monitor hockt?

Im Grunde genommen die klassischen Generationskonflikt-Fragen: “wir kennen es nicht, also kann es nix sein” und “früher war alles besser”.

Das Vertrauen in selbstregulierenden Mechanismen, wie z.B. bei der Wikipedia, war gleich null. Viele der Anwesenden machten ein Gesicht, als würden wir von einem fernen Land reden.

Immer wieder war auch deutlich zu spüren, das Wikipedia und das Bloggen vielfach als Stellvertreter für das Internet genommen wurde, mit all seiner Schlechtigkeit wie z.B. dem vereinfachten Bilderklau oder permanenter Urheberrechtschutzverletzung. Die Offenheit die man dem Thema Internet entgegen brachte, schien mir auch viel mit der wirtschaftlichen Situation der Beteiligten zu tun zu haben. Je schlechter die Finanzen waren, desto böser das Internet.

Nur mühsam entsannen sich einige der Anwesenden in den 70er Jahren selber in Sachen Raubdrucke ganz vorne dabei gewesen zu sein. Oder dass der NDR seinen Mitarbeitern vor Jahren Anweisungen gegeben hat, wie für lau an Bildmaterial heranzukommen ist. Z.B. durch Ausnutzung des Zitatsrecht, in dem das Bild via Zeitungsausriß gebracht wird. Oder das zahlreiche der Anwesenden inzwischen selber die Wikipedia als Recherchebasis verwenden.

Das Internet stand gestern mehr als “Billigmacher”-Medium im Mittelpunkt. Einer der freien Journalisten mit Spezialgebiet Reisen und Essen, sah nur dass er sich immer mehr mit Hobbyisten herumplagen müsste, die es for free im Internet machen würden.

Ich verglich seine Situation mit meiner, als freiberuflicher Webdesigner, der sich auch Billigkonkurrenz von Studenten und Schülern, die sich irgendwo billig Dreamweaver ziehen und dann einen auf Webdesigner machen, ausgesetzt sieht. Und trotzdem überlebe ich. Wenn die Dienstleistung des Journalisten nicht den Mehrwert besitzt, der ihn von den Freizeit-Schreibern unterscheidet, sind dann die Hobbyisten das Problem, oder er? Auf diese Bemerkung von mir, kam Gelächter und ein Schwall der handelsüblichen Schlagwörter “5 Millionen Arbeitslose”, “Hartz IV” etc…, aber keine Antwort. Verschränkte Arme statt weiter zu denken.

Der große ironische Moment des Abends kam, als einige der Anwesenden von einem Skandal in Hamburg erzählten, in denen ein hochrangiger Verlagsangestellter verwickelt ist, der aber unter Deckel gehalten wird. Kein Hamburger Medium will die fertig recherchierte Story veröffentlichen und der Frankfurter Rundschau wurde die Sache zu heiß. Von den Altvorderen am Stammtisch kam nicht einer auf die Idee, mal via Internet die Sache steigen zu lassen. Nicht einer sah im Internet oder den Blogs die Chance, vorbei an den “Gatekeepern” so eine Sache publik zu machen. Auf Nachfrage wurde müde mit der Hand abgewunken.

Mein Eindruck war, das viele die neuen Medien aus Borniertheit oder Voreingenommenheit ablehnten und kein Verständnis für die sich verschiebenden Wertevorstellung der jüngeren Generation haben.

Natürlich bringt das Internet Probleme mit sich. Beim Stammtisch waren auch Besitzer von kleinen, unabhängigen Bildagenturen zu Gast. Sie sind in den letzten Jahren komplett an die Wand gedrückt worden. Durch Fusionen der Branchengrößen haben sich 2-3 Kolosse gebildet, die nahezu den kompletten Mark besitzen. Durch den Vetriebsweg Internet werden Bilder inzwischen fast nur noch digital akzeptiert. Und die Digitalisierung der Papierbilder ist für die kleinen Agenturen kaum zu leisten. Diese Bildagenturen haben 50.000 – 100.000 Bilder. Das Geld ist nicht da, um die Bilder auf einem Schlag zu digitalisieren. Einer der Agenturbesitzer scannt derzeit zirka 3.000 Bilder pro Jahr ein und gibt sie inkl. aller Metadaten händisch in eine Datenbank ein, wozu er pro Bild ungefähr eine halbe Stunde braucht.

Der Umsatz der kleinen Agenturen ist im Laufe der letzten zwei Jahre um die Hälfte eingebrochen. Die Papierbilder werden kaum noch nachgefragt und sind stattdessen kostenfressender Balast. Die Archivierung verlangt aufwändige Klimatisierung die Kosten von monatlich 300-400 EUR verursacht. Viele Agenturen haben zugemacht, andere werden dicht machen. Keiner will die Papierbilder übernehmen und das Material riskiert für unwideruflich verloren zu gehen.

7.9.2005 | 11:34 von DonAlphonso

Johnny goes B.I.G.

Yo, Babies, yo, get ya ass up, get da moda burning and mooooove in to the big baaad bold blogging berlin, cause my bad Brotha Johnny da Rivawotcha does da big balozaa on da bloody dogy bloggy futura style thingy in Decemba. And me I is in too. You bet, Brotha. Ya do wanna know what the fuck that re:publica bling bling is so get it on yeah and do da nasty click on da Link. Great Stuff.

6.9.2005 | 10:58 von DonAlphonso

Was ich an den Wahlblogs nicht mag

und warum Felix Schwenzel von Wirres das Rennen macht.

+++ACHTUNG SPIEGEL ONLINE-LESER: BEACHTEN SIE BITTE AUCH
die SPON-Watch vom hervorragenden Blog IT&W und http://netzweltspiegel.blogspot.com/ – ein Watchblog über die SPON-Netzwelt+++

Beide – Lautgeben und das Wahlblog sind mit einigen Hoffnungen in die heisse Wahlkampfphase gestartet. Das Wahlblog mit einem Schwerpunkt auf das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Positionen, Lautgeben mit Geschwindigkeit und vielen Details aus dem Wahlkampf, die normalerweise untergehen. Tatsächlich sind beide besser als die komischen Blogversuche der politischen B-Prominenz bei Focus, AOL oder die “Profiwahlblogger” der SZ und anderer Medien. Von den Blogkampagnen diverser Parteien und Grüppchen mal ganz zu schweigen. Das sieht man recht klar an der Resonanz innerhalb der Blogosphäre.

Trotzdem werden es beide schwer haben, von normalen Zeitungen ernst genommen oder als gleichwertiges Medium akzeptiert zu werden. Sprich, der grosse Schub in der Berichterstattung über Blogger, der in den USA mit der Präsidentschaftswahl kam und auf den einige sicher gehofft haben, bleibt aus. Das liegt nicht an den miserablen Versuchen der Medien, das Thema mit ihren eigenen Leuten zu machen, sondern an typischen Blogosphärenproblemen.

Ich muss mich fast zwingen, das Wahlblog zu lesen. Es gibt da immer wieder ein paar Perlen, aber vieles, sehr vieles ist schlichtweg dumme Propaganda nach dem Motto “Schröder lügt, Merkel sagt die Wahrheit”. Das Wahlblog hat das Problem, dass es offensichtlich keine fähigen Blogger auf der rechten Seite des politischen Spektrum findet. Während man auf der anderen seite mitunter sowas wie voreingenommene, aber durchdachte Argumentationsketten findet, kotzt einem dann ein Trafficsauger diesen Wortmüll hier hinters Display. Nicht witzig, nicht gut, nicht kreativ, noch nicht mal eine zynische Beleidigung.

Das setzt sich in den Kommentaren fort. Es ist wohl der Fluch eines jeden populäreren Blogs, dass sich in den Kommentaren ein gewisses Pack breit macht, das früher in den Tiefen abstruser Foren verborgen geblieben wäre. Nach einer Weile kennt man die Gestalten und ihre Ansichten, aber beim ersten Durchschauen habe ich eigentlich schon keine Lust mehr, das zu lesen. Hinter manchen Nicks könnte man glatt von den Parteien aufgestellte Watchdogs vermuten. Natürlich geben die keine eigenen Blogs an, sind nicht einschätzbar und benehmen sich so, wie man das von Forentrollen kennt.

Genau das macht es auch so nervig, sich mit Lautgeben zu beschäftigen. Jörg-Olaf Schäfers macht einen guten Job, aber in den Kommentaren herrscht Dogmatismus und Korinthenkackerei vor. Bei manchen threads wären die IPs der Kommentatoren sicher sehr aufschlussreich; im Falle des Spiegel-Trittin-Bashings kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es da hintenrum in gewissen rechten Bloggerkreisen Abprachen gab, den Thread vor die Wand zu fahren. Was angesichts der Bedeutung von Kommentaren bei Blogtexten ein echtes Qualitätsproblem wird, wenn der Autor dann noch gezwungen wird, in diesem Sumpf nachzuargumentieren.

Ich bin an keinem dieser Blogs beteiligt, aber ich finde es sehr schade, wie die an sich gute Idee hier in der aufgeheizten Stimmung vor der Wahl kaputt gemacht wird. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, wäre das

– beim Wahlblog eine Chefredaktion, die die dümmsten Texte und Blogger notfalls rausschmeisst. In der jetzigen Form verkommt das Ding zur Selbstdarstellungsplattform für Politpöbel. Qualität ist nun mal nicht verzichtbar, sondern der einzige echte Grund, sich das anzutun. Arschgeigenorchester spielen an jedem Biertisch auf, das brauche ich nicht auch noch im Blog. Formale politische Ausgewogenheit bringt gar nichts, wenn sie von Deppen repräsentiert wird.

– bei beiden Blogs eine radikale beschränkung bei den Kommentaren. Man sollte die Anmeldung verpflichtend einführen. Das erspart einem schon mal eine Reihe von “ich sag jetzt mal was damit ich auch was sage”-Postings. Und keine Kommentatoren zulassen, die nicht über ein eigenes Blog verfügen, in dem man sich schnell über dessen Haltung informieren kann. Das killt die Trolle, und erlaubt eine fundierte Debatte.

Das sind harte Massnahmen, aber vermutlich wird das Thema immer noch genug Kommentatoren bringen, und die Qualität wird dadurch sicher besser. Mehr als die Hälfte der Kommentare auf beiden Blogs bringen in meinen Augen überhaupt nichts, im Gegenteil, sie stören eine echte Debatte. Die Offenheit der Blogs für Texte aller Art und Ansichten ist schön, aber es gibt eine Qualitätsgrenze, ab der das Blog Schaden nimmt. Und nach meinen Erfahrungen ist ein sanfter Druck und bisweilen eine öffentliche Decaputation eines Trolls durchaus belebend.

Die wunderbar surrealistischen Wirklicheitswahrnehmung bei Felix Schwenzel verhindert übrigens genau diese Defizite. Ix ist politisch nicht aus Meinung festzunageln; es ist eher wie der reine Tor, der Schelm auf den Parteitagen, niht verbissen und gerade deshalb so politisch. Er isst und trinkt gern. Das macht ihn einzigartig, und darum fällt er auch den Medien auf. Deshalb berichten die über ihn. Das ist etwas Neues, nennen wir es “Fear and Loathing at the Conventions”.

Mehr Wirres, mehr Jörg-Olaf, weniger Pack. Das ist die Zukunft. Alles andere ist nur die Fortsetzung von Forengestänker mit anderen Mitteln.

4.9.2005 | 11:54 von DonAlphonso

Statt dem geschröderten Merkel

empfiehlt Blogküchenchef Don Alphonso Porcamadonna heute Abend um 20:00 Uhr im Theaterkeller Neuss:

Bloggerlesung mit Chamapgnercremetorte a la Modeste und Quadroni della Bandini.

2.9.2005 | 20:37 von DonAlphonso

Gegenüberstellung für den Spiegel

Die beim Aufhetzen von Lesern ertappte Johurnaille wehrt sich – Trittin könne sich nicht auf den Erscheinungszeitpunkt seines Beitrags zur amerikanischen Umweltpolitik herausreden. Was Trittin laut Spiegel am Montag, den 29.08.2005 hätte angeblich wissen müssen:

Dass mit vielen Toten zu rechnen sein würde, war auch schon am Montag klar, wenn auch nicht in dem heute bekannten Ausmaß.

Was der Spiegel selbst am Dienstag, den 30.08.2005 geschrieben hat:

Die Angst vor Zerstörung war groß, doch trotz fliegender Trümmer und überfluteter Straßen blieb New Orleans das Schlimmste erspart. Die Menschen feiern ihr Überleben nach Südstaaten-Art: mit einem Drink in ihrer Lieblingsbar. […] Tamara Stevens und ihr Freund Rick Leiby sind schon in Johnny White’s Sports Bar anzutreffen, bevor sich der Sturm legt. Nach einem Horrorabend in ihrer schwankenden Wohnung brauchen sie Gesellschaft. “Dieser Ort wird alles überstehen”, sagt Leiby, und nimmt einen Schluck von seinem Wodka-Cocktail im Plastikbecher.

Ein Betrug am Leser wird nicht kleiner, wenn man noch einen weiteren Betrug am Leser oben drauf packt. Und dass Trittin keine Lust an einem Interview mit dem publizistischen Spiegel-Lynchmob hat, ist kein Eingeständnis von Schuld, sondern ein Zeichen von gutem Geschmack.

2.9.2005 | 9:34 von DonAlphonso

Lautgeben ganz gross

Wir haben hier ja den Spiegel Online schon mal beim Wikipedia beklauen vorgeführt, aber das erscheint mir klein gegen das, was Lautgeben gerade vorgelegt hat: Eine minutiöse, sauber recherchierte Widerlegung der Spiegel-Online-Kampagne gegen Jürgen Trittin und dessen Äusserungen zur Klima-Politik. Jörg-Olaf Schäfers zerpflückt akribisch die Verdrehungen, Unterstellungen und Unterlassungen der sog. “Qualitätsjournalismus”, und der Spiegel muss sich zwei drei Fragen gefallen lassen:

1. Was unterscheidet den Spiegel noch von den übelsten Produkten der deutschen Presselandschaft?

2. Wieso wird so eine umfassende Kampagne geduldet und mutmasslich von den SPON-Spitzen abgesegnet?

3. Was seid Ihr eigentlich für verkommene Berufszyniker, das Leid von Hunderttausenden von Menschen für Eure eigene politische Agenda auszunutzen, und gleichzeitig gezielt das Ansehen der Bundesrepublik zu schädigen?

Dass der Spiegel Online das für sein Hausrecht hält, sieht man auch heute, wo die gleichen Unterstellungen nochmal einem vorbestraften FDP-Ex-Minister namens Lambsdorf vorgelegt werden, damit der ganz gross den Rücktritt Trittins fordern kann.

“Einfach aufschreiben, was passiert, können Blogger eventuell besser machen. Aber einordnen und kommentieren ist die Aufgabe für die Profis.” sagt der bei SPON presserechtlich Verantwortliche. So hindrehen, dass es für die eigenen Zwecke und politischen Ziele passt” hätte es präziser umschrieben, Herr f. Blumencron.

Update zum ersten Teil der Frage 3: Ah ja. Danke für die prompte Antwort. Abgesehen von der ersparten Arbeit ist da wahrscheinlich kein geld geflossen, also ist es auch nicht korrupt. Wenn es schon eine Menge anderer Sachen ist.

30.8.2005 | 3:58 von DonAlphonso

Schwacher Hauptstrom bei der Süddeutschen

Es gibt klasse Blogtexte im Verlagshaus der Süddeutschen. Schon seit Jahren. Beim Jugendableger Jetzt.de. Da hat man es übrigens auch schon vor Jahren verstanden, von Nutzern im Internet Texte für die Printversion schreiben zu lassen und somit die Leute zu binden. Deshalb sind auch einige wirklich gute Texte der Jetzt.de-Tagebücher im unserem Buch enthalten.

Was ich sicher nicht zugelassen hätte, wenn man mir den Schrott vom neuen Süddeutschen-Blog (wir berichteten schon recht früh) hätte andrehen wollen. Schon wieder so ein “Blogt mal bitte, halt so, dass es nicht normaler Journalismus ist”-Blog. Erinnert sich noch jemand an die wackligen und teilweise bald wieder versenkten Blogversuche von Kurier, Tagesspiegel, Wirtschaftswoche, Handelsblatt oder f. Randow? Irgendwie meint die Süddeutsche, da auch hinzumüssen. Mit ganz schön grossen Tönen, ausnahmsweise mal nicht auf dem typischen Schwachsinnsformat E-Paper:

“Denn gemeinsam ist diesen Formen die Möglichkeit zu gemeinsamer Teilhabe und das, was medien-romantisch der Spirit der Community genannt wird.”

Das ist nicht romantisch, das ist Marketing Bullshit, und eine simple Abfrage bei Blogstats zeigt, dass solches Geschwafel auch nicht in der Blogosphäre stattfindet. Von der will man sich aber eindeutig absetzen:

“Doch um anwachsende Geschwätzigkeit geht es hier nicht.”

Ach nein? Ein Blick in die sieben Blogs, in die Beiträge mitsamt zähnefletschenden Autorenbildchen (was haben die geschluckt und wo bekommt man das?) macht es schwer, das zu glauben: Das sollen die tollen Autoren sein? Und kein Heribert Prantl? Geh weida! Man merkt, wie schwer denen der Umgang mit dem “Ich” und der eigenen Persönlichkeit fällt, wenn es denn überhaupt dazu kommt. Sie können nicht kreativ mit Sprache umgehen, es ist eine abgespeckte Journaillenschreibe, aber das, meine Freunde, ist kein Bloggen. Verlinkt wird gleich gar nicht, denn Links führen ja nur den Leser weg von der eigenen Seite. In den Kommentaren nisten derweilen schon irgendwelche Spinner, die ihre Homepage promoten wollen. Es ist ein Graus. Sie können es einfach nicht. Es ist alles so unentspannt, unlässig, es sind ein paar Opas vom Geiste in der Disco, ganz furchtbar.

Sage ich jetzt mal. Einfach so. Wenn einer von denen in einem Jahr da ist, wo heute mit Thomas Knüwer eines der ganz seltenen Beispiele für ein rundum gelungenes und respektiertes Journalistenblog steht – 236 Verweise in 114 Quellen – gebe ich gerne zu, dass ich mich geirrt habe. Aber ich behaupte, dass zum guten Bloggen der richtige Dreh und die richtige Kraft gehört. Das ist nichts für im Hauptstrom stolpernde Schwächlinge. Eine Eingabemaske mit Buchstaben füllen kann jeder. Aber dafür kostet der Spass zu viel Geld.

Hätten sie mal besser die Jungs und Mädels von jetzt.de rangelassen.

29.8.2005 | 11:29 von dogfood

What’s the color of money?

In der US-amerikanischen Blogosphäre wird seit knapp einer Woche wieder mit etwas erhöhtem Adrenalinspiegel über das Thema Blogs und Werbung diskutiert. Auslöser war ein Blogeintrag von Phil Ringnalda “O’Reilly joins the search engine spam parade“.

O’Reilly ist der vielleicht beste Verlag für IT-Bücher, der zudem inzwischen ein Konglomerat an Websites mit mannigfaltigen Inhalten rund um Computer, Open Source und Internet aufgebaut hat. Ringnalda wirft nun dem Verlag vor, mit seinen Websites Google-Spam zu betreiben. Auf einigen Websites, z.B. dem MacDevCenter, wird gaaaanz unten links unter der Headline “Travelling to a tech show” Werbung für (O-Ton Ringnalda) “garbage hotels” gemacht. Auf Websites wie OSDir.com wird Werbung für Alkohol und Online-Diplome betrieben.

How horribly low have we sunk, that I’m not willing to link to O’Reilly sites without a rel=”nofollow”, because they are a bunch of low-life search engine spammers? X-bloody-ML.com, something that I won’t touch without a nofollow condom?

Tim O’Reilly, Cheffe vom Verlag, hat mit einem längeren Eintrag geantwortet und auch Kottke und Dori Smith haben sich in die Diskussion eingeschaltet.

Lassen wir mal beiseite, dass auf den O’Reilly-Sites die Kästchen nicht deutlich als Werbung ausgezeichnet sind, ist der Fall der derzeit prominenteste Vorreiter für einen Paradigmenwechsel der … äh… Werbung oder Spammer.

Bezahlt wird in diesen Fällen nicht die optische Präsenz gegenüber dem Besucher oder eine “clickthrough rate” für das Anklicken ? auf der O’Reilly-Site sind die Kästchen teilweise auch absurd schlecht positioniert. Nein, der menschliche Besucher spielt keine Rolle.

Vielmehr werden die O’Reilly-Websites für ihren PageRank entlohnt. Dafür dass sie dem Google-Spider hochwertiges Futter bieten.

Die raison d’être der Anzeigen ist die Verlinkung auf die Website des Kunden mit speziellen Schlüsselwörtern und damit das Pushen des Kunden im Index von Google. Wie Matt Haughey im ersten Kommentar auf Tim O’Reillys Eintrag schreibt: Diese Anzeigen sind die neuen Methoden nachdem Google die Linkfarmen alter Ausprägung hinreichend aus seinem Index geschmissen hat. Oder wie Dori Smith es sagt: “paying for the googlejuice

Anders als Linkfarmen läßt sich die Frage inwieweit das noch koscher ist, nicht mehr so leicht beantworten. Diese Anzeigen tragen natürlich dazu bei, das Googles Suchindex “verschmutzt” wird. Auf der anderen Seite kann nicht negiert werden, dass auch Google ein kommerzielles Unternehmen ist und sich die Frage stellt, warum man als Privatperson dem kommerziellen Unternehmen Goggle helfen sollte, eine bessere Dienstleistung zu erzielen. Zumal Google selber dabei ist, sein Image als Saubermann abzustreifen (siehe CNET-Boykott wegen der Eric Schmidt-Geschichte). Dori Smith:

If it screws up Google then Google needs to deal with that. Or not, as the case might be, and then Google is open to being overtaken by someone who can.

Oder Greg Yardly:

Google, Yahoo, Microsoft and the other big search engine companies aren?t public utilities – they?re money-making, for-profit enterprises. It?s time to stop thinking of search engines as a common resource to be nurtured, and start thinking of them as just another business to compete with or cooperate with as best suits your individual needs. I might feel differently if the search engines were just doing search – but the Googles, Yahoos, and Microsofts of the world aren?t doing that. There?s a distinct possibility that one of them is going to go after your business, if it hasn?t already – why worry about doing the same to them?