20.7.2005 | 14:45 von dogfood

Spreeblick im Deutschlandradio

Per Zufall gerade entdeckt: das Deutschlandradio Kultur brachte heute in seinem vormittäglichen Radiofeuilleton einen Beitrag über Spreeblick:
Bloggende Unternehmer ? Erster deutscher Weblog-Verlag gegründet“.

Die Website des Deutschlandradios enthält nicht nur das Textmanuskript des Beitrages, sondern auch das entsprechende Audiofile. Direktverlinkung auf die Datei verkneife ich mir daher.

Ebenfalls in der rechten Leiste verlinkt ist ein Interview mit Hans (Johann?) Mittendorfer, ein Wissenschaftler der Universität Linz, Institut für Datenverarbeitung über Multimedia, Weblogs und Alltagskultur, anläßliche einer Tagung in Berlin “Kultur und Informatik”. Der Wissenschaftler führt z.B. den Begriff des “Lesen-Schreiben” ein, in der das Schreiben als natürliche Fortsetzung des Lesens verstanden wird.

20.7.2005 | 13:35 von dogfood

Hallo Axel Springer Verlag! Sie auch hier?

Eben noch schüttelten wir dem Tagesspiegel die Hand, kommen auch schon die nächsten Gäste zur Blog-Party rein.

ix/Wirres ist über ein recht frisches Blog der Berliner Morgenpost gestolpert: “Zwei Minuten ALBA” von einem begeisterten Basketball-Fan und Wirtschaftsredakteur, der nun immerhin schon 12 Tage schon sein Blog füllt.

Die URL des Blogs endet mit “blogId=19” und es braucht nur einen Joghurtbecher voll Neugier um mal die anderen IDs auszuprobieren. Und siehe da… Eine Reihe von weiteren geplanten Blogs zeigt sich:

18: “Sundowner“, ein Reiseblog der Welt am Sonntag.

17: “Nikos Weinwelt“, ein Blog der WamS.

16: “Webwelt” von der WELT-Online-Redaktion.

14: “Apocalypso ? Ein radikal subjektives politisches Feuilleton“. Soso, “subjektiv”, dass ist dann mal ein neues Adjektiv das im Zusammenhang mit Blogs eingebracht wird…

20: “Lauschangriff ? Pathos, Lust, Liebe und Intrigen – ist nicht die ganze Welt eine große Oper? Das deutsche Klassik-Blog für Essays, Alltägliches, Kritiken und Kommentare” von einem WamS-Redakteur

15: “Das erste Blog bei abendblatt.de“. Zitat: “Hier steht die Beschreibung des ersten Blogs bei abendblatt.de Zu meiner Entschuldigung kann ich nur sagen: Ich habe diesen Text nur als Blindtext für die Setzerei Appel in Hamburg geschrieben.

Entschuldigung? Da doch nicht für. Das Abendblatt-Beispiel macht es deutlich: anscheinend werden die ganzen Blogs auf demselben Server gehostet und bekommen je nach URL bzw. Hostnamen (abendblatt.de, morgenpost.berlin1.de etc…) ein anderes Template übergestreift.

Bei den Abendblatt-Blogs (es sind derzeit zwei Dummy-Blogs) wird anhand der “Breadcrumb”-Navigation deutlich, wo die Blogs letztendlich landen sollen: von der “Extra-Seite“, die Horoskope, Veranstaltungen u.ä. anbietet, wird dann in Bälde die Homepage der Abendblatt-Blogs geschaltet.

Liebe abendblatt.de-Nutzer, Sie befinden sich auf der Übersichtsseite der abendblatt.de-Blogs. Hier führen Autoren der Redaktion Tagebuch, schreiben Beobachtungen zu ihren Lieblingsthemen auf, bewerten aktuelle Ereignisse und bieten passende Links ins Internet an.

Sie als Leser können mitbloggen: Schreiben Sie einfach Ihren Kommentar unter einen Blog-Artikel, oder diskutieren Sie mit den anderen Nutzern. Mit einem Klick sind Sie dabei. Viel Vergnügen!

Holzbrinck: Check.
Axel Springer: Check.
Burda: Check.
Gruner + Jahr? (Check. Danke für den Hinweis, Heiko)
FAZ? FR? Süddeutscher Verlag? (“Jetzt” güldet nicht)
SPIEGEL? (SPON güldet nicht, ist nur die Muckefuck-Version)

18.7.2005 | 22:10 von DonAlphonso

10 Gebote für Journalisten-Blogger

1. Thou shalt blog from free will – Du sollst aus freien Stücken bloggen.

Denn wenn Du Dich zwecks Vorankommen breit schlagen lässt, oder es einfach mal probierst und dann irgendwann, nach vielen Vorschusslorbeeren vom Chefredakteur doch aufgibst, kann es Dir passieren, dass die Blogger das auch noch begrüssen. Die Erfahrung von Wiwo, Handelsblatt, Zeit und anderen lehrt, dass Journalisten meist ziemlich schlechte und langweilige Blogger sind; entsprechend wird jedes platte Blog unter dem Motto “Wir haben es ja immer gesagt” verbucht. Also schau erst mal, ob du das mittelfristig durchziehen kannst. Das ist gar nicht so leicht.

2. Thou shalt not be the slave of a Blog molester – Du sollst Leibeigener einer Zeitung sein, die sich nicht an Bloggern vergangen hat.

Denn Blogger vergessen keine Beleidigung, und derer gab es von Seiten der Medien viele. Euch interessiert es nicht sehr, was ihr gestern gezahlt habt, wenn es Euch oder Euren Werbekunden heute anders gefällt; Blogger haben dagegen das rachsüchtige Gehirn einen Elefanten und kennen die alten Sager auch noch nach Jahren. Desto böser es früher gegen Blogger ging, desto weniger Schonung ist zu erwarten. Vielleicht versöhnt ein kleiner Kotau.

3. Thou shalt not claim to be the Blog Saviour – Du sollst Dich nicht für den neuen Blog-Messias halten.

Du warst vielleicht mal auf einer Journalistenschule und die Seilschaft Deiner religiösen Medienmafia hat dir nach oben geholfen – das ist im Medienbetrieb sicher hilfreich. Aber hier draussen bist Du erst mal nur ein Anfänger ohne Erfahrung. Hier wissen die Leute noch nicht mal, was diese komische Henris-Memmen-Schule ist. Niemand bringt Dir Respekt entgegen, Du musst erst mal zeigen, was Du drauf hast. Allein. Niemand kann Dir helfen, niemand hört Dich schreien. Du bist wieder ein Nichts wie an dem Tag, an dem Du bei der Schülerzeitung nicht mitschreiben durftest.

4. Thou shalt entertain -Du sollst unterhalten.

Wenn Du es nicht tust, bekommst Du keine Leser. Und Du wirst schnell merken, dass Du mit Deinem bisherigen mehr oder weniger ausgewogenen Texten niemanden erreichst. Journalismus ist Jollensegeln, Bloggen ist Wellenreiten. Also vergiss alles, was sie Dir eingetrichtert haben, und erzähl uns was. Unterhalte uns, oder bleib in Deiner Ecke, da stehen schon genug andere komischer Blogs der Journaille rum.

5. Thou shalt not be a little green football – Du sollst kein neo- oder alt- oder sonstwie konservatives Arschloch sein.

Jaja, in den USA läuft sowas prächtig, schreiben Deine Kollegen und Du bist auch noch dumm genug, das zu glauben. Und witterst DIE Marktlücke, Du träumst von hunderten kläffenden Linken, die Dich berühmt machen und Dir Sponsorenverträge mit der Deutschen Bank und EADS verschaffen, sowie Zugang zu den Merkels dieses Landes – vergiss es. Niemand wird noch einen konservativen Kolumnisten lesen, nur weil er diesmal nicht in der Bild durchgeknallte Sprüche liefert, sondern blogt. Viele der bekannteren Blogger sind zwar links, aber das heisst nicht, dass sie sich auf jeden Konflikt einlassen.

6. Thou shalt talk straight – Du sollst nicht hirnficken.

Und das fängt schon beim Namen oder beim “Mission Statement” an – wer redet Euch eigentlich ein, dass ihr sowas überhaupt braucht? Also: Ihr seid keine Agora, kein Fetishist, kein Vergleich zu einer Comicfigur und auch kein Kult. Erschreibt Euch den Ruf, dann könnt Ihr damit angeben. Bis dahin macht ihr ordentliche Arbeit am Text. Und die Idee, als Vorzeige-Blogger auf Kongressen rumgereicht zu werden, wenn ihr nur genug Crossmarketing vom Verlag bekommt, shitcanned ihr besser auch gleich wieder. Versucht statt dessen, Geschichten so zu erzählen, dass man nicht den Eindruck hat, einen vertrottelten Professor mit 3 Promille über sein Lieblingsthema dozieren zu hören. Hirnfick gibt es in den Zeitungsressorts schon genug, die Leute bloggen oft, weil Bloggen genau nicht so ist wie ihr – also passt Euch da besser an, oder geht unter.

7. Thou shalt not attack a Blogger for awareness – Du sollst keine Blogger um Deiner Popularität wegen anpissen.

Das bringt Dir höchstens kurzfristig was. Zwei Wochen später haben alle begriffen, was für ein langweiliger Trottel Du bist und lesen Dich nicht mehr. Noch nicht mal die Feinde des Angegriffenen. Zudem verlangt so ein Konflikt schon einiges an Härte, die in dieser direkten Form für Journalisten eher ungewöhnlich ist. Dein feines Journalistenschüler-Florett bringt Dir gar nichts, wenn Dir ein Kumpel des Angegriffenen von hinten die Flasche über die Rübe zieht.

8. Thou shalt fight honestly – Du sollst Deine Konflikte alleine durchstehen.

Es trotzdem versucht? Und dann war da der andere Blogger mit der Flasche? Zeig mal…Hübsche Beule – Wirres-Wertarbeit… Und nun mailst Du Deine Kumpels an, sie möchten doch bitte auch was schreiben? Tss… Blogger können googlen und finden es auch heraus, wenn ihr beim gleichen Konzern tätig seid. Und oft hilft auch ein Blick auf die IP, um zu wissen, wer da als Deus ex machina auftaucht. Das kann gleich noch mal ins Auge gehen.

9. Thou shalt not be a buttlicking jerk – Du sollst nicht in anderer Blogger Kommentare und Trackbacks schleimen.

Wie nervend das ist, wirst Du merken, wenn Dir erst mal eine Horde geltungssüchtiger Open-BC-Sickos die Kommentare zurotzt, weil sie damit ihren eigenen Link endlich mal in Deine Zeitung bringen. Wenn Du was Substanzielles beizutragen hast, kannst Du es schreiben – vielleicht machen sie Dich trotzdem nieder, bei Bloggern kann man nie wissen, vielleicht sind sie auch nett zu Dir. Aber irgendwelche Nichtse-Wichte, die mit ihren lahmen Texten keine Verlinkung bekommen und deshalb andere anmachen, machen sich schnell unbeliebt.

10. Thou shalt not copy the Jamba Junk – Du sollst keine Pressemitteilungen abschreiben.

Denn da draussen ist immer einer, der Dir dafür den Arsch aufreisst. Und Hunderte stehen daneben und jubeln. Das solltest Du besser hinnehmen – es ist eine ganz schlechte Idee, dann noch unter einem Fakenamen den findigen Blogger anzugreifen. Unter solchen Umständen wirst Du schneller verlinkt und berühmt, als Dir lieb sein kann.

Wenn Du Dich daran hältst, kann Dir nicht recht viel mehr passieren als dem typischen Myblog.de-Blogger, und wahrscheinlich wirst Du auch genauso berühmt und beliebt. Das ist schon was. Wie Du damit nach oben kommst und treue Leser erwirbst – ich habe keine Ahnung. Wahrscheinlich klappt es nicht, wenn Du mich schon fragst. Schliesslich bin ich auch kein überbezahlter Bullshit Buzzword Bingo Berater, der Dir und Deiner Zeitung den Bauch pinselt. Du musst Dich auch nicht an die Gebote da oben halten. Gehe deinen Weg – aber sag nicht, niemand hätte Dir nicht ein paar Tipps gegeben.

16.7.2005 | 13:21 von dogfood

Fern der ethischen journalistischen Standards

Wir begrüßen nun auch den Tagesspiegel in der Welt “fern ethischer journalistischer Standards” (© Volker ter Haseborg, Tagesspiegel) und der “ambulance chasers“.

Der Tagesspiegel hat nämlich das Bloggen angefangen: http://blog.tagesspiegel.de. Vorerst sind fünf Blogs an den Start gegangen.

Es sind zwar nur fünf Blogs, zeigen aber schon beachtlich unterschiedliche Herangehensweise.

Back to the Basics” und “Homezone Friedrichshain” kommen flott daher mit mal kürzeren, mal längeren Einträgen.

Flatworld” und “Im Wendekreis der Maus” lesen sich wie online gestellte Kolumnen. Jeder Satz atmet Bedeutung. Jeder Absatz ein Versuch die Qualitätslatte nicht zu reißen. Jeder Eintrag auf der Suche nach Vollendung. Da gibt es nichts skizzenhaftes, nichts dahingeworfenes, nichts spielerisches, keine Fingerübung. Das Lustprinzip hat abgedankt, hier wird gearbeitet. Ich glaube wenn es Blogs gibt, bei denen man den Journalistenschweiß bereits drei Meilen gegen Wind riechen kann, dann sind es solche Blogs. Sie werden wohl verstärkt Einzug halten, wenn die Verlage nun auf der Suche nach Mehrwert sich an den Blogtrend hängen.

Da kommt nicht nur ein neuer Typus Blogautor sondern auch ein neuer Typus Blogleser. Was man z.B. bei den Focus-Blogs bemerken kann. Da wird dann mit Siezen, Anrede und “Mit freundlichen Grüßen, Ihre Familie Müller” kommentiert.

Es ist so als würden die Eltern die Party der Kinder betreten.

13.7.2005 | 7:45 von Anke Gröner

“Bloggers need not apply”

Nach der ?Blogger wegen Blog gefeuert?-Hysterie kommt hier eine neue Variante, warum Weblogs ganz, ganz böse sind: Blogger werden gar nicht erst eingestellt. Jedenfalls, wenn es nach einem anonymen Professor eines Colleges im Mittleren Westen der USA geht, der in diesem Artikel die Weblogs einiger Bewerber durchhechelt ? und natürlich tiefenpsychologisch zu deuten weiß:

Professor Turbo Geek’s blog had a presumptuous title that was easy to overlook, as we see plenty of cyberbravado these days in the online aliases and e-mail addresses of students and colleagues. But the site quickly revealed that the true passion of said blogger’s life was not academe at all, but the minutiae of software systems, server hardware, and other tech exotica. It’s one thing to be proficient in Microsoft Office applications or HTML, but we can’t afford to have our new hire ditching us to hang out in computer science after a few weeks on the job.

Professor Shrill ran a strictly personal blog, which, to the author’s credit, scrupulously avoided comment about the writer’s current job, coworkers, or place of employment. But it’s best for job seekers to leave their personal lives mostly out of the interview process.

It would never occur to the committee to ask what a candidate thinks about certain people’s choice of fashion or body adornment, which countries we should invade, what should be done to drivers who refuse to get out of the passing lane, what constitutes a real man, or how the recovery process from one’s childhood traumas is going. But since the applicant elaborated on many topics like those, we were all ears. And we were a little concerned. It’s not our place to make the recommendation, but we agreed a little therapy (of the offline variety) might be in order.

Das heißt also, dass jemand, der ein Hobby hat, diesem automatisch irgendwann während seiner Arbeitszeit nachgehen wird? Und dass man in Vorstellungsgesprächen am besten gar nichts Persönliches von sich erzählen sollte? Wonach soll man einen Menschen denn beurteilen wenn nicht nach persönlicher Sympathie, wenn die ?normalen? Jobanforderungen erfüllt sind?

Ich nehme an, die Einstellungskriterien im Elfenbeinturm sind andere als in den Jobs, in denen ich bisher gearbeitet habe. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass an einem College oder einer Universität nur Leute sitzen, die den ganzen Tag ausschließlich über ihr Fachgebiet nachdenken und auch nach Feierabend nur darüber reden möchten oder sich nur mit Menschen austauschen, die demselben Fachgebiet angehören. Irgendwann hat sicher auch mal ein Professor schlechte Laune und will ein bisschen über den lahmen Kellner lästern, der ihn mittags bedient hat, oder sich über seine lauten Nachbarn aufregen oder auch nur mal seine Umgebung wissen lassen, was er heute für einen anstrengenden Tag gehabt hat. Ich halte diese Dinge für völlig normal.

Ich selbst schreibe zwar nicht in meinem Weblog über Länder, in die wir einmarschieren sollten (das hat bei uns ja sowieso noch nie funktioniert), aber auch ich erwähne mal Arschlochautofahrer und einige seelische Narben, die ich mit mir herumtrage. All das macht mich menschlich und nicht zu einem Psychowrack, das dringend auf die Couch muss. Gut, ich gebe zu, wenn ich während der Recherche im Weblog den Eindruck bekomme, dass der Bewerber ein rassistischer, frauenfeindicher, rechtschreibschwacher Mistkerl ist, würde ich ihn auch nicht unbedingt den Kurs ?Deutsch für Ausländer? an einer reinen Mädchenschule leiten lassen wollen. Aber ein ganz normales Weblog ? und ich hoffe, die Definition dafür spaltet jetzt nicht wieder die ?Community? ? sollte keinesfalls ein Ausschlusskriterium bei einer Bewerbung sein, vor allem, wenn der Autor (wie einer der Bewerber im Artikel) explizit nichts über seine Arbeit oder Kollegen schreibt.

Aber nicht nur die Tatsache, dass der Autor des Artikels oben genannte Äußerungen nicht als normal ansieht und dazu noch die völlige Veständnislosigkeit dem Medium gegenüber (“The pertinent question for bloggers is simply, Why? What is the purpose of broadcasting one’s unfiltered thoughts to the whole wired world? It’s not hard to imagine legitimate, constructive applications for such a forum. But it’s also not hard to find examples of the worst kinds of uses.”), haben mich geärgert, sondern darüber hinaus noch das übliche Missverständnis, dass man aus einem Weblog wirklich wissen könnte, wer der Mensch hinter den Zeilen sei. Ich habe einige Blogger kennengelernt und fand es jedesmal überraschend, den Autor bzw. die Autorin zu sehen, zu hören, ihm oder ihr beim Gestikulieren, Schnellsprechen, Kleidung zurechtzupfen, Bier trinken und Lachen zuzuschauen. Kein Mensch war so, wie ich erwartet hatte. Ich fand alle Bekanntschaften genauso nett und faszinierend wie ihre Weblogs, aber jeder und jede von ihnen ist weit mehr als ein paar Buchstaben im Netz. Wer glaubt, jemanden zu kennen oder sogar dessen berufliche Fähigkeiten anhand eines Weblogs abschätzen zu können, hat das Internet nicht verstanden.

(Außer man ist Texter. Dann macht konstantes, halbwegs pointiertes und vielfältig interessiertes Gebrabbel echt einen guten Eindruck.)

(Link via Malorama und Camp Catatonia)

12.7.2005 | 0:52 von DonAlphonso

Wenn ich mir einen Artikel wünschen dürfte

Liebe Presseleute, wenn ich mir einen Beitrag über Blogs wünschen dürfte, dann wäre er ziemlich anders als vieles, was im Moment von Euch so geschrieben wird. Denn, liebe Kollegen, in Wirklichkeit erzählt Ihr Euren Lesern viel Scheisse, und das wisst Ihr auch. Wie so vieles entwickeln sich die Blogs hierzulade kontinierlich, es werden mehr, sie werden besser. Es gibt nicht irgendwelche besonders einflussreichen Blogger, in deren Gefolge zigtausende damit beginnen, und es gibt auch keine Themen, die Blogger enstehen lassen. Es gibt auch keine Business-Trends beim Bloggen über dem Niveau einer Selbstdarstellung von mehr oder weniger kompetenten Kleinstunternehmern. Es stimmt auch nicht, dass Blogs die Medienwelt jetzt und auf der Stelle umkrempeln werden, wie Ihr das in Euren Artikeln so gern schreibt, um eine heisse News zu haben. Die Ihr ja braucht, um das Thema zu machen und damit in der Redaktion gut dazustehen.

Kurz, das Thema hat irgendwie fast nie Aufhänger, wie Ihr ihn braucht, um die Story sexy zu machen. Streicht man das Gesülze weg, ist Bloggen eine langsame, aber nachhaltige Evolution der Mediennutzung im Internet, und auch nur dort. Da entstehen Texte, und das ist für Euch keine News, denn Texte macht Ihr ja auch, so what. Ihr seht also nur selten, dass wir es hier in einem weiteren und auch engeren Sinn mit einem Kulturphänomen zu tun haben, das aus sich heraus eine Kultur erschafft. Ihr schreibt so selten darüber, was da wirklich passiert, wer was schreibt, was daran so witzig und spannend ist, dass es viele Leute lesen. Ihr redet über das Bizz, über Clickzahlen, über Politik hier und Social Issues da, um eine Einleitung ins Thema zu bekommen.

Wenn das ein Feuilleton und das Blog ein Buch wäre, würdet Ihr über den Umschlag schreiben, über den Drucker, über die Ausstattung des Verlags und darüber, inwieweit sich das Ganze für den Autor rechnet. Ihr würdet schreiben über die Seitenzahl, über die Meinung der Buchhändler und dann noch ein paar Experten interviewen, die sagen, inwieweit sich die Marktpositionierung und das Design auf zukünftige Buchverkäufe auswirken. Ihr würdet nicht über den Inhalt schreiben.

Und deshalb, Ihr kertinösen Zeilengeldlutsc Hurnaill Kollegen, klingen Eure Artikel immer gleich langweilig, halten sich an die immer gleichen Bausteine und gehen voll am Kern, an der Kultur, am kulturellen Phänomen, am Schreiben, am Mitteilen, an der Freiheit, gut und schlecht sein zu dürfen und sich einen Dreck um die Meinung anderer zu scheren, am Bloggen an sich vorbei. Zumindest nach meiner bescheidenen Meinung. Ihr habt einen Skavenblick auf das Thema, Ihr seid hilflose Gefangene Eurer eigenen Ansprüche, Ihr versteht es nicht, wie ein nichts ausser FTD und Brand1 lesender BWLer auf einer Party von Literaten, der nichts zu sagen weiss ausser seiner Meinung über die ihm etwas verständliche äussere Erscheinung.

Das hätte ich gerne, ganz unbescheiden, anders. WennŽs Euch dann nicht gefällt. könnt Ihr das ja auch schreiben (und mit den Reaktionen leben).

6.7.2005 | 1:08 von DonAlphonso

Traue keinem iranischen Blogger

Es ist ein gefundenes Fressen für die US-Medien: Tausende von jungen, gut ausgebildeten, medial vorzeigbaren Leuten schreiben ihre Blogs auf Englisch, man kann es einfach so abrufen, lesen, und kapiert sofort, dass da was am Entstehen ist. Das hat viel mit Demokratie, Fortschritt, Freiheit und westlichen Werten zu tun, das setzt ein Gegengewicht zu den verhassten Mullahs. Im Blog spricht der Perser nach dem Wunsch des Westens, hier startet er eine Revolution, hier erfährt der US-Journalist und seine angeschlossenen Abschreiber in den deutschen Medien, was unter der schiitischen Oberfläche abläuft, bishin zur Demoorganisation mit dem Handy. Kommt bei uns echt gut, sowas. Einmal durchklicken, abschreiben, fertig ist der Insiderbericht über die aufstrebende Jugendkultur des Irans, die für den Wandel steht.

Und dann wagen es die internetlosen Slumbewohner Teherans und anderer Städte, die zum grossen Teil auch jung, aber bettelarm sind, einen Extremisten zu wählen, der sich um die Sorgen kümmert, von denen man in den Blogs eher wenig liest. So ein Pech aber auch, dass die Blogger wohl zu einere kleinen, feinen Oberschicht gehören, die wenig politisches Gewicht auf die Waage der demokratischen Abstimmung bekommen. Da hilft es nichts, wenn US-Medien dann aufg Bilder aus Blogs hinweisen, in denen die Wahllokale weitgehend leer sind – es gibt nun mal eine Realität, die nichts mit dem zu tun hat, was in den Blogs stand.

Aber wie soll das ein dummes faules Schwein Journalist mitbekommen, der sich auf das verlässt, was ihm andere mundgerecht, seiner Ideologie entsprechend und ohne Hürden verständlich vorwerfen. Da haben sich zwei Gruppen gefunden, die einen schreiben das, was die gern hören, die sie dann zu Helden machen. Blogger bilden wie Journaille die Realität ab, die sie sich selbst erfinden; das eint sie, das macht es so leicht, sich im anderen zu täuschen und das alles für die gesamte Realität zu halten.

Die Wahl im Irak ist nach der Bloggerinitiative Move On in den USA schon der zweite Fall, wo Blogs ganz massiv zur Fehleinschätzung der politischen Situation in den Medien beigetragen haben. Ein fragwürdiger Erfolg, ganz gleich, wie mies die Medien dabei aussehen.

1.7.2005 | 19:10 von DonAlphonso

Selbstbeschreibung

oder ein klassischer Journalist wagt die Ich-Form: Stefan Niggemeier gibt Auskunft über die Motivation der Bildjäger, das Sammeln der Munition und den erregenden Geruch von Pulverdampf bei der Hatz auf Textferkel und andere Quieckmänner.