22.6.2004 | 2:00 von DonAlphonso

Lindholms gelindes Missgeschick

Nicht Nokias Eigenentwicklung “Lifeblog” – nein, Nokias Chefentwickler Christian Lindholm verwendet für sein Blog Typepad. Lifeblog ist aber, darf man annehmen, die Basis für die Präsentation der Photos auf seiner Website.

Wie der Blick des “Godfathers” auf seine Welt im Internet aussieht, kann man hier betrachten. Für 56-k-Modemnutzer sicher die Hölle, selbst bei DSL baut sich die Site im Durchlauf nur recht langsam auf. Nach meinem Geschmack wird da zu viel mit Flash gespielt – ich will die Bilder sehen, und nicht irgendwelche frickligen Effekte beim Öffnen. Meines Erachtens total misslungen ist die Navigation mit den – ebenfalls von Flash-Sites bekannten – Pfeiltasten. So ein hübscher, schlichter Windowsschieberegler wäre dagegen echt klasse. Auch ein Kalendarium fehlt leider. Wenn jemand viele Bilder macht, wird es schnell unübersichtlich. Wenn dann online ein paar hundert Bilder durchgescrollt und damit aufgebaut werden müssen, um zu einer ganz alten Aufnahme zu kommen, wird es vermutlich schnell nervend. Völlig unverständlich ist das Fehlen einer Kommentarfunktion. An diesem Punkt, gerade mit den dürftigen Textinformationen, wird viel Potenzial verschenkt, zumal die Hauptzielgruppe der Bloginteressierten in der Regel recht kommentarfreudig ist.

Es macht auf mich den Eindruck, dass eine ganz bestimmte Idee im Zentrum steht: Das “Life Recording”, das eigene Leben wie im Tagebuch festzuhalten, abzuspeichern und unverändert zu lassen. Sonst ist nichts vorgesehen. Es gibt kein Interesse an Interaktion, und auch kein Interesse, gefunden zu werden – Google hat bei dieser Flashversion keine Chance. Das eigene Tagebuch in einer Ecke des Netzes war Bloggen vielleicht mal vor 7 Jahren – im Blog-Urschleim. Hat Nokia begriffen, worum es im Netz überhaupt geht? Glaubt Nokia wirklich, dass Blogger alle Bilder in eine extra Software packen, die ein Fremdkörper im Blog ist? Nokia kommt mit Lifeblog auf einen Markt, der längst entwickelt ist – und statt sich zu überlegen, wie man Lifeblog-Dateien schnell und einfach in die gängigen Software rüberschiebt, denken sie, sie müssten das Bloggen mit Flash und Gimmicks neu erfinden. Ein Bekannter, der ein Forschungszentrum in der Schweiz leitet, hat mir mal gesagt: “Alle Telefonkonzerne können nur eine Sache: Ihren Stecker rein oder raus. Jeder andere Stecker, jede andere Bewegung überfordert sie.”

Und dann ist da noch die wirklich inferiore Qualität der CMOS-Sensoren in den Handies, die besonders bei Portraits auch aus der schönsten Schwedin eine Grillwurst mit Gesicht macht. Im Moment ist das eher noch ein Lifelomoblog. Es wäre interessant zu wissen, ob für die grundsätzliche Konzeption Antville-Photoblogs wie Alo.antville.org das Vorbild waren.

Trotzdem erst mal grosses Hallo bei der Präsentation des Lifeblogs letzte Woche. Immerhin live online gestellt. Gar nicht mal schlecht dafür, dass sein eigenes Gerät für diesen Zweck, das Nokia 7610, laut Lindholms Photoblog am 19.4.2004 noch nicht in der Lage war, einen Blogeintrag zu machen. Aber ob das jetzt ausgereift ist?

21.6.2004 | 12:16 von DonAlphonso

Groonity – Smells like New Eco

In meiner Zeit als Schrecken der Münchner Startups habe ich auch mal pro bono einem Netzwerk das Genick gebrochen, die antisemitische Inhalte im Netz höchst witzig fanden, ha ha … Am Ende war ich der einzige, der was zu lachen hatte. Die Jungs hatten es mit allem möglichen versucht, Portal, Email, Communities, Filmseite; jedes nur denkbare Buzzword tauchte in ihrem tollen New-Media-Netzwerk auf. Es klang soooo gross, und war in Wirklichkeit nichts anderes als ein paar Spinner mit zu viel Geld, die 2001 einfach nicht begriffen hatten, dass es vorbei war.

An diese Leute musste ich denken, als ich via convers.antville von Groonity las. Im Prinzip die gleiche Idee, mit anderem Label: Eine Art Friendster-Netzwerk, oder Orkut, oder Friendity… bekannt auch unter “social networking” oder “the next big thing”. Im Kern ist es eine abgeschlossene, contentproduzierende Community, die Bilder hochlädt, Themen dikutiert, Kontankte knüpft und Texte verfasst. Hiess es früher noch “Sag Deine Meinung”, heisst es heute “Blogge Deine Erlebnisse“. Die Blog-Software scheint eher nur rudimentäre Features zu besitzen, glaubt man dem Screenshot. Positiv hingegen: Zum Urheberrecht gibt es in den AGBs keine Regelung – früher, in den Zeiten der Content-Syndication, gingen die Rechte oft via Knebelvertrag an die Initiatoren der Community – die das dann als Inhalt an Medien verkaufen wollten *gacker*.

Die Datensammelei beim Anmelden ist begrenzt, und der finanzielle Hase liegt hier im kommerziellen Pfeffer: “Und wer später einmal deutlich mehr Speicherplatz für Fotos o.ä. haben möchte, wird evtl. einen kleinen Beitrag dafür zahlen.” 20six, anyone?

Die Macher sind einer Medienagentur, die unter “Referenzen” auch ihre hauseigenen Projekte führt. Mal schaun, wie lange das geht.

20.6.2004 | 0:13 von DonAlphonso

Abgehende Journalisten

kann man betrachten, wenn es um Blogs und die “Untersuchung” des Software-Herstellers Perseus Development Corp. geht. Die hat sich über das Blogverhalten eher negativ geäussert – zu viele Kids, zu viele stillgelegte Seiten, zu wenig Inhalt, und so weiter. Alles natürlich Dinge, die den professionellen Journalisten runtergehen wie Öl. Letztes Beispiel dafür ist Telepolis von Heise.de, genauer, von einem gewissen Thomas Pany.

Statt selbst mal nachzuzählen, was es zum Beispiel in Deutschland gibt, beruft er sich also auf das Report-Dingens einer Firma, die eigentlich in einem ganz anderen Bereich zu Hause ist: Der eCRM-Software, auch bekannt unter automatischer, netzbasierter Kundenpflege und -betreuung. Das alleine sollte schon stutzig machen – eCRM versucht im Kern, die Kritik etwa an Produkten, für die Blogs bekannt sind, schon frühzeitig zu erkennen und zu besänftigen. Ein Schelm vielleicht, der da Böses denkt? Kann es sein, dass Perseus diese Ergebnisse selbst gut brauchen kann? Sollte man soclhe Ergebnisse dann nicht vielleicht mal kritisch durchleuchten, als angeblich unabhängiger Journalist?

Aber so weit kam der Autor Thomas Pany offensichtlich nicht. Er hat, da bin ich mir ziemlich sicher, die Studie nie gelesen. Sonst hätte sich nämlich nicht dieser Fehler in seinem Text ereignet, der eigentlich nur durch Abschreiben einer älteren Heise-Meldung erklärbar ist, die dabei auch schon neben den Fakten der Studie lag: “Der Software-Hersteller Perseus Development Corp. hat die Zahl der Weblogs in den USA auf 4,12 Millionen geschätzt.”

Das ist falsch. Perseus hat etwas anderes gesagt: Auf acht von ihnen untersuchten Webloghostern schätzen sie die Zahl der Blogs auf 4,12 Millionen. Es ist also weder die Gesamtzahl noch auf Amerika begrenzt – Blogger.com und Lifejournal haben ja auch eine Menge User ausserhalb der USA.

Ich würde Herrn Pany dringend raten, erst mal das Recherchieren zu lernen, bevor er das nächste Mal einen Artikel über die Problematik des Bloggens verfasst. Sonst könnte man schnell behaupten, dass er auch nir einer von den Zeilenkrepierer ist, der sich seine Studien zurechterfindet. Und wenn man eine Studie schon zitiert, sollte man sie zumindest gelesen haben. Grundkurs Publizistik, Herr Pany.

18.6.2004 | 19:54 von DonAlphonso

Referrer-Spammer tarnt sich als Dienstleister

AIS Koralewski, auch bekannt als Verantwortlicher für den Referrer-Spammer und Pornoanbieter sexrabbit.de, probiert jetzt eine neue Masche: In blogger.de-Referrern tauchen jetzt Hits von www.referrer-script.de auf. Auch hier ist der Macher Seite AIS Koralewski – ohne im übrigen über ein Impressum zu verfügen, weshalb man dem Knilch eigentlich einen Abmahnanwalt an die Gurgel hetzen sollte.

Dort wird ein Script angeboten, das individuell Referrer zählt. Wenn AIS Koralewski genauso Scripts anfertigt, wie sie die Rechtschreibung einsetzen, wird das Ding nie laufen – oder sonstige Dinge tun, die die gerne hätten.

18.6.2004 | 9:56 von dogfood

Update bei Weblogs.com

Der Eintrag “Weblogs.com goes boink” ist aktualisiert worden. Dave Winer präsentiert eine von Freiwilligen getragene Übergangslösung: “Transition plan for hosted sites

18.6.2004 | 7:59 von Anke Gröner

We are Blogs!

Ich blogge, weil es Spaß macht. Ich blogge, weil ich mich mitteilen will. Ich blogge, weil ich etwas zu sagen habe. Ich blogge, obwohl ich nichts zu sagen habe.

Ich blogge, weil niemand meinen Namen kennt. Ich blogge, damit jeder meinen Namen kennt. Ich blogge, weil ich die Welt scheiße finde. Ich blogge, weil ich das der Welt mitteilen will. Ich blogge, weil ich Kommentare will. Ich blogge, obwohl ich keine Widerworte leiden kann. Ich blogge, um Freunde zu finden. Ich blogge, um meine Feinde zu ärgern.

Ich blogge, weil mir langweilig ist. Ich blogge, um den Kopf frei zu kriegen. Ich blogge, um mich vor dem wahren Leben zu drücken. Ich blogge jeden Tag. Ich blogge, um mir auf die Zugriffszahlen einen runterzuholen. Ich blogge, obwohl mich niemand liest. Ich blogge, weil ich hier Dinge sagen kann, die ich sonst nirgends sagen kann. Ich blogge, weil mir sonst niemand zuhört. Ich blogge, weil ich weiß, dass mir alle zuhören.

Ich blogge, weil mich alle lieben. Ich blogge, weil mich alle hassen. Ich blogge, weil alle bloggen. Ich blogge, weil ich niemanden sonst kenne, der bloggt. Ich blogge, weil’s umsonst ist. Ich blogge, obwohl mich der Traffic ein halbes Monatsgehalt kostet. Ich blogge, um irgendwann einen Verleger zu finden. Ich blogge, weil mir die ganze Szene scheißegal ist.

Ich blogge, weil ich will.

Ich blogge, weil ich muss.

Ich blogge, weil ich kann.

Ich blogge, weil ich blogge weil ich blogge weil ich blogge.

18.6.2004 | 2:02 von DonAlphonso

Des Bloggers dreister Bilderklau

macht ihn zum Liebling einer Anwalts**.

Das da oben darf man denken und schreiben. Man darf überhaupt sehr viel schreiben in Deutschland. Schliesslich gibt es hierzulande Meinungsfreiheit, auch wenn viele Unternehmen und auf Geldforderungen geile Anwälte das oft anders sehen. Bei Dotcomtod flattern alle paar Wochen mal entsprechende Schreiben rein, die wir aber bislang alle gut bewältigt haben – dank einer Rechtsabteilung in meinem Rücken, die übrigens auch mein Buch wasserdicht gegen Begehrlichkeiten von bayerischen Politikern und Pleitiers gemacht hat.

Die gesammelten Erfahrungen aus dieser Zeit sind in einem ziemlich umfangreichen Kapitel im Buch – natürlich nur als Literatur zu verstehen, nicht als Rechtsberatung – denn das wäre in Deutschland nicht erlaubt. Insofern stehen da auch keine Paragraphen drin, sondern eher Strategien, wie man auweicht, Finten schlägt und verzögert, was überhaupt von diesem Beruf und seinen Kompetenzen zu halten ist und wie man sie, brutal gesagt, ins offene Messer laufen lässt. Ein Erfahrungsbericht also nur, aus dem Clinch mit einigen der besten Law Firms dieses Landes, die nicht ahnten, dass Don Alphonso nichts ist im Vergleich zu dem Schrecken, den seine kleine Schwester verbreiten kann.

Natürlich gibt es ein paar Dinge, bei denen es nur einen Tipp geben kann: Lasst die Finger davon. Wer, wie bei Bloggern üblich, Bilder oder Texte jenseits des Zitatrechts übernimmt, ist am drannsten, wie leider im Moment die von mir gern gelesene currymafia. Hier verstand eine Bildagentur weder Spass noch Blogger. Solche Geschichten sind enorm ekelhalt, meines Erachtens auch überzogen – und trotzdem ist da rechtlich nur wenig drin.

Was in solchen Fällen helfen kann: Pressephotos der betreffenden Personen sind meist royalityfrei – müssen also nicht bezahlt werden, wenn es ordentliche Credits für den Urheber und/oder Rechteinhaber gibt. Ja, es bdeutet Arbeit. Ja, es geht dann eben nicht so schnell. Aber es erspart viel Ärgern. Ausserdem gibt es im Internet eine Reihe von grossartigen Clip-Sammlungen – die rote Pille auf dem Cover von Liquide stammt zum Beispiel von der Website freeimages.co.uk.

Andererseits ist man ziemlich auf der sicheren Seite, wenn man Screenshots erstellt und aus dem Kontext klar wird, dass es nicht primär um irgendwelche Bilder geht, die sich auf dieser Seite befinden. Und bei der eigenen Glotze ist es nicht verboten, sie abzuknipsen, egal, wie teuer der Mensch auf der Mattscheibe sonst sein Gesicht an die Medien verkauft. Natürlich sind das auch schon mal Graubereiche, soweit ich das mitbekommen habe – wiegesagt, ich bin kein Anwalt und berate hier niemanden.

However: Bevor ein Anwalt den Laden dicht macht, sollte man lieber selbst zur Kamera greifen. Und wenn wir ehrlich sind: Dem Geist des Bloggens, das ja auch weitgehend von der Eigenkreation der Texte lebt, entsprechen eigene Photos mehr als die banale Übernahme des gesteuerte Pixel-Ausflusses der Mediencamarilla. Finde ich.

Äh – wobei: Ich wäre vielleicht nie auf Kai Pahl gestossen, hätte der nicht mal einen meiner Texte auf sein Blog gepackt. Mit Quellenangabe, versteht sich. Der Rest ist die Geschichte, die Sie hier lesen.

17.6.2004 | 14:20 von DonAlphonso

She blinded me with Science

Blogs! in der Kommunikationswissenschaft.

15. Juli in München.