13.6.2004 | 23:49 von DonAlphonso

Hallo? Ist da noch wer?

In der sozialdemokratischen Kampa hat es sichausgebloggt. Abgesehen davon, dass sich die Genossen offensichtlich an die Wochenendpause halten, nimmt die Sprachlosigkeit schon Wunder: Wann, wenn nicht jetzt wäre der Zeitpunkt für einen Aufschrei? Für Selbstreflexion? Für ein tröstendes Wort, oder wenigstens Selbstmitleid? Was wird jetzt aus “redaktion-europakampa”? Schweigen. Oder vielleicht schon rigor mortis?

13.6.2004 | 13:30 von dogfood

Social Networks und der Hype

Ein am heutigen Sonntag häufig verlinkter Artikel (Dienstraum, WeblogNews, SozialInformatik) stammt von
Jochen A. Siegle in der NZZ: “Trau, schau, Modem“, ein skeptischer Blick auf den Hype der “Social Networks

Siegle spricht DAS große Problem von “Social Networks” an, das in der derzeitigen Form lauten muss: “Wozu?“.

Im Zuge der Recherche für das Buch ist es für mich die größte Überraschung gewesen, wie wenig sich im Laufe der Jahre bei den “Social Networks” getan hat. Mit dem Eintritt von Google via “Orkut” hatte ich mir Dynamik in dem Markt versprochen, erwartete ich neue, überraschende Features. Aber nichts war da und nichts ist seitdem gekommen.

Die Features der einzelnen “Social Networks”-Software unterscheiden sich nur in Marginalien. Und ausgerechnet in der Kern-Funktion, die Verknüpfung von Kontakten und Informationen, zeigen die meisten Networks hanebüchene Simplizität. Ross Mayfield bei Corante:

Orkut doesn?t work because it lacks constraints. Nothing holds people back. Nobody knows what a friend means. No social capital on the line. It?s so fun and easy, choices and incentives are irrational.

Es krankt an zwei Punkten. Zum einen ist die Verknüpfung von Personen via den “Social Networks” selten mit einer qualitativen Beschreibung verbunden. Orkut ist da einen Tick besser geworden, Flickr ist leider den umgekehrten Weg gegangen. Marc Canters “PeopleAggregator” hat als erstes einen guten Ansatz zur qualitativen Beschreibung einer Beziehung verfolgt, bietet aber ansonsten in Sachen Performance und Features zuwenig.

Zum anderen fehlt es den “Social Networks” an “Mehrwert”. Warum sollte ich über Boards in Orkut kommunizieren, wenn es draussen im Web andere Foren gibt?

MySkewl.com soll
z.B. interessante Menschen anhand von Adjektiven herausfinden können und bietet einige Dienste rund um Schulen an (“Bewerte deine Lehrer”).

Flickr hat viel Potential. Zum einen verknüpfen sie bereits jetzt ihr “Social Networks” mit einem Chat-Client und File-Sharing-Client. Zum anderen stammt Flickr von den Machern von “The Game Neverending“, einem in der Mache befindlichen MMUG (Multiplayer-Game an denen Hunderte und Tausende von Spielern gleichzeitig teilnehmen können). Ein zentraler Punkt des GNE-Spiels wird die Bildung von sozialen Strukturen sein. Die Verbindung mit Flickr liegt also nahe.

Dem Statement von “LinkedIn”-Mitbegründer Konstantin Guericke im NZZ-Artikel (“Die Risiko-Banker haben das Prinzip und die Chancen sofort begriffen“) scheint nicht jedermann gefolgt zu sein. “Social Networks” sind bereits gegen die Wand gefahren, z.B. Stefan Smallas “Friendity”.

Siegle stellt daher am Ende die Frage wer es bezahlt. Nicht unähnlich den deutschen Blog-Hostern, die auf Kooperationen oder Käufer warten, werden “Social Networks” solo nicht überleben können. Entweder wird ihre Dienstleistung mit anderen, z.B. in Portalen verknüpft, ihre Dienstleistung erzielt einen Mehrwert für die Daten die man besitzt, wie z.B. Googles Orkut, oder die “Social Networks” rüsten auf und bieten mehr und bessere Dienstleistungen.

Wohin die “Social Networks” ihre Dienstleistungen ausbauen können, zeigte Matt Haughey in einem Aufsatz letzten Dezember: “Social Software ideas

Ich bin mir nicht sicher ob zentralisierte “Social Networks” ohne Einnahmen via Mutterkonzern oder Werbung überleben können. Dies wird die Chance für dezentralisierte Vernetzung sein, nach Art von XFN und FOAF.

13.6.2004 | 11:43 von dogfood

Bloggen, weitergedacht

Hal Faber, der im Buch ein “Grußwort” beigesteuert hat, leugnet in seiner WochenschauWas war, was wird” jeden Sonntag bei Heise ein Blog abzuliefern. Und linkt auf einen Artikel vom nicht minder pseudonimisierten IT-Kolumnisten “Robert X Cringely“: “Together at Last — Maybe the Best Use for Web Logging Is to Teach Us More About Ourselves

Er schildert ein Abendessen mit Joe Reger, der eine Weblog-Software Reger.com programmiert. Reger hat die Vision ein Blog allumfassend und nahtlos in den Alltag einer Person einzubetten und Nutzwert aus den Daten zu ziehen und z.B. mögliche Verspätungen oder den besten Weg zur Arbeit vorauszusagen. Personal Data Mining. Cringely:

In order to do this, of course, your car and your workout monitor and your calendar and everything else you touch will all have to be Regerized, which sounds like both a brand and a business. That’s building a Customer Relationship Management (CRM) system where the only customer is you.

In einem Eintrag detailliert Joe Reger was er beim Essen gemeint hat. Und zeigt als Beispiel “Personal Sex Log“. Jeder GV und jedes Handgewichstes läßt sich bewerten (“Orgasm Rating“, “Passion Rating“, “Intimacy Rating“, “Number of Orgasm“, “Lasted for…“, “Initiated by… me/my partner/not sure“, “Location (GPS-Koordinaten)”)

Auch hier gilt ähnliches wie bei “Social Networks”. Den größten Nutzwert würde man bei totaler Öffnung erhalten. Dummerweise geht es einher mit der totalen Aufgabe der Privatsphäre.

Möglicherweise wird es zu einem nächsten großen Schritt bei Weblogs, Social Networks, whatever, erst kommen, wenn Verschlüsselungstechnologien wirklich omnipräsent sind, und nicht ein Geek-Werkzeug sind.

12.6.2004 | 22:05 von DonAlphonso

Bild gefunden

Wenn es im Buch um Dotcomtod.com geht, gibt es ein Problem in der Umsetzung: Dotcomtod enthält in aller Regel keine Bilder. Die ausgewählten Texte haben zwar eine sehr blumige, bisweilen auch drastische Sprache. Aber die letzte Doppelseite, bei der es um die Motivation zum Niederschreiben von Startups und Konzernen geht, braucht unbedingt etwas optisch Aufreizendes.

Bislang ist mir nur wenig eingefallen, was über eine Verballhornung und Schändung der typischen New-Economy-Ikonen hinausgeht: Leere Bürobauten in München und Berlin, die im Hype geplant wurden und jetzt der Abrissbirne harren, sobald der Immobilienfond auch noch pleite geht. ;-)

busseNun setzt der Rest des Buches aber weniger auf gelackte Marmoroberflächen, sondern eher auf Notizen und Bilder aus dem Underground. Gerade Dotcomtod, das aus einer bewussten Anti-Haltung gegenüber dem Hype der etablierten Medien heraus entstanden ist, sollte auch sowas haben. Nur – wo gibt es solche Undergroundbotschaften für die überhebliche, arrogante Internet-Wirtschaft und ihre gefallenen Protagonisten? Die Antwort gibt es gleich um die Ecke, an einem Mülleimer der Berliner Stadtreinigung.

Eine Tüte Busse. Das ist es, was Dotcomtod verlangt, von denen, die auf dem Müllhaufen der Wirtschafts- und Ideologiegeschichte landen.

12.6.2004 | 17:21 von DonAlphonso

Nokia dumpfbloggen

Nokia, in die Krise gerauschter Anbieter für potenzielle Gehirntumorerzeuger, präsentiert der Presse nächste Woche seinen neuen Denkzellengrill, das 7610. An sich nichts besonderes, aber schon auf der Präsentation soll es um ein völlig neues Geschäftsmodell gehen: “Mobile” Blogging. Genauer: Ein Lifeblog, wie Nokia das “brandet”. Die anwesenden Journalisten sollen während der skandinavischen Rumschipperei mobil berichten, dass am Oresund das Wasser blau ist, die Pressetante jedem 70er-Schweden-Nacktkulturfilm zur Ehre gereicht hätte, und die Wälder ewig rauschen.

Jetzt könnte man natürlich sagen: Klasse. Dann ist der Quengelkasten wenigstens weg vom Kopf, und der Transfer zwischen Entwicklungslabor und grossem Fressen ist nicht mehr so öde.

Aber: Da sind 2 Dinge, die auffallen und aufstossen. Zum einem ist da der Versuch, die User mit dem fancy Wort “Blog” zu ködern. Denn das Lifeblog nutzt als Software auf dem PC zwar gewisse Elemente des Blogs – etwa die horizontale Zeitleiste für die Inhalte, die mit dem Handy gespeichert werden. Wir haben es also mit einer internettagebuchähnlichen Verzeichnisstruktur auf dem heimischen Rechner zu tun – aber nicht mit einem Blog.

Zum anderen ist da aber die neue Sicht auf den Datenstrom beim Mobilfunk. Bisher gingen die Business Developer davon aus, dass auf der einen Seite ein Mobilfunkunternehmen mit Inhalten stand, und auf der anderen ein Handynutzer mit Geld. Geld wird gegen Inhalt eingetauscht. Für diesen Tausch erst wurden all die tollen Gimmicks der Mobiltelefone entwickelt, angefangen beim polyphonen Klingelton bis zum Farbdisplay.

Wenn Nokia jetzt das Lifeblog propagiert, indem sogar die Journaille dazu gezwungen wird, zeigt sich damit eine Abkehr vom herkömmlichen Verständnis der Inhalte. Die soll der Nutzer jetzt selbst produzieren, selbst verbreiten, bearbeiten und so weiter. Aus der Not der Handyfirmen, die Kunden für das 23. neue Modell zu begeistern, und dem Versagen der Telcos, zahlungsbereite Handyspinner zu erschaffen, wird jetzt also ein neuer Trend zusammengefrickelt: Bloggen.

Und dadurch erschliesst sich dann auch gleich das Elend eines multinationalen Konzerns: Mag ja sein, dass “Lifeblog” bei Amerikanern, Polen und Schweden toll klingt. Aber wenn das neue Nokias sonst nichts zu bieten hat als eine Software, die einem grossen teil der potenziellen Kunden in Deutschland und Europa nichts sagt, dann weiterhin gute Nacht, Nokia.

Quelle der Pressenötigung: Insider

12.6.2004 | 16:09 von dogfood

Blogs und die Remix-Kultur

In Berlin findet derzeit die dritte “WOS” (Wizard of OS — eine Art OpenSource-Happening) statt. Der Heise-Newsticker berichtet von der gestrigen Rede von Lawrence Lessig, bekannter Rechtsprofessor in Sachen Urheberechtschutz: “Creative Commmons als Geheimwaffe der Künstler im Copyright-Krieg

Unter Blog-Aspekten ist die von Lessig aufgebrachte Definition der “Remix-Kultur” interessant.

Lessig spricht von einer freien “Remix-Kultur” im Gegensatz zur Kultur der Couch-Potatoes des 20. Jahrhunderts, auf die es die Musik- und Filmindustrie aber immer noch abgesehen hätte. In der Remix-Kultur liege ein “großes demokratisches Potenzial”. Längst habe sich im Netz von unten eine “Blog-Demokratie”, eine “Peer-2-Peer-Demokratie” herausgebildet, die beispielsweise auch im Gegensatz stehe auch zu der öffentlichen medialen Kontrollfunktion, wie sie ein altehrwürdiges Blatt wie die New York Times vertrete.

Er stellt dar, dass die immer weiter verbreitete digitale “Remix-Kultur” sich nicht mit den von den alten Medien gewohnten Copyright-Rechten vertragen. Bei der Erstellung einer CD-ROM über Clint Eastwood waren 12 Anwälte ein Jahr lang damit beschäftigt, um die Rechte der zirka 50 Filmschnipsel zu klären.

Gefährdet seien der Fortschritt, die Innovation, das Lernen und das wirtschaftliche Wachstum, führte [Lessig] aus. Die Entwicklung sei besonders bedrohlich, weil sich die Datenherren daran machen, präzise Kontrollrechte mit Hilfe von Systemen zum Digital Rights Management direkt in die neuen Technologien und Netzwerke einzubetten.

Viele Blog-Einträge “remixen” urheberrechtlich-geschütztes Material. So wie ich hier z.B. die Meldung des Heise-Newstickers, andere mit Filmschnipsel oder Photos. Wie schnell dabei eine von Rechtsanwälten oder Urheberrecht-Inhaber gezoegene Grenze überschritten werden kann, zeigt der Fall von “Apartment Therapy”, die Besuch von den Anwälten der New York Times bekommen werden, weil sie Woche für Woche eine Art “Readers Digest” einer NY-Times-Beilage produzieren.

(Mehr Texte über die WOS 3 bei der Telepolis)

11.6.2004 | 15:24 von DonAlphonso

Gestaltung

Das Buch hat durch die Bildauswahl einen roten Faden, den ich erst heute Nacht so richtig genossen habe. Ich denke, auf so eine Idee muss man erst mal kommen. However, damit passt das Bildmaterial für die Seiten über Dotcomtod nicht mehr optimal rein. Nicht schlecht, aber es könnte besser sein.

Nun gibt es nichts Nervigeres, als Herausgeber, die nach Layout nochmal anfangen, irgendwas rumzufrickeln, zumal das ein miserables Vorbild für die anderen Autoren ist. Und ich selbst habe während der Umsetzung immer gesagt: Ne, ist gut so, brauchen wir nicht ändern, lassen wir es doch wie es ist.

Andererseits gibt es nichts Langweiligeres als Publizisten *trocken keuchhust*, die sich an ihre Prinzipien halten. 1 klitzekleines Bild ändern, nur eines, damit es auch farblich besser passt… und bitte nicht nachahmen, ok?

11.6.2004 | 0:45 von DonAlphonso

Eines der Postings,

bei dem jede Presseabteilung raten würde, es bleiben zu lassen.

Es gäbe viele Arten, das Gefühl zu beschreiben. Aber auch wenn man mich dafür kreuzigt: Es kann nur einen einzigen Vergleich geben.

Das fertige Buch im Layout zu sehen, ist so gut wie ficken.