8.6.2006 | 13:56 von DonAlphonso

Über die Leichtigkeit des ehrlichen und fairen Geschäfts

Buzz meets Blogosphere! Kommt und greift Handies ab, oder Laptops, schreibt darüber, oder wohnt für braune Brause in Berlin und macht son büschen Werbung dafür, schliesslich müssen die Karten des WM-Sponsors irgendwohin, wenn man damit schon nicht mal mehr einen Politiker kaufen darf, für einen Blogger reicht es allemal!

Darf ich ehrlich sein? Es ist nicht der Umstand, dass es passiert, sondern diese billige Ramschmentalität. Bloggen im Ausverkauf, jetzt noch billiger, es findet sich immer einer, der es für noch weniger tut. Vielleicht muss man sich Würde leisten können, vielleicht muss man Chancen ergreifen, kann alles sein, was weiss denn ich über die Lage derer, die bei sowas für eine Handvoll was auch immer mitmachen, aber meiner bescheidenen Meinung nach verschleudern sich im Moment ein paar Leute, die aufgrund ihrer Position eigentlich eine Chance auf einen fairen, offenen Deal hätten haben können.

Die Süddeutsche Zeitung, genauer gesagt, ihr Jugendableger jetzt.de, hat das nach einigen Wirrungen der Mama kapiert und bietet einfach etwas an, was schon seit ein paar Jahrhunderten in der Literatur prima funktioniert: Ein Stipendium. Fünf Blogger bekommen monatlich 300 Euro zuerst mal für einen Zeitraum von 3 Monaten für das Bloggen, wie sie wollen. Nicht über die SZ, eine fettmachende Brause, ein Handie, das nach 2 Jahren auf den Müll wandert, sondern einfach über das, was sie schon immer geblogt haben. Ohne Verpflichtungen. Eventuell, wenn der Traffic steigt, auch mehr als 300 Euro.

Und was will jetzt.de dafür haben? Einen Button auf der Website. Und Rechte. Die FAQs bleiben beim notorischen Thema Urheberrecht leider im Ungewissen, da wird man also erheblich nacharbeiten müssen. Ich habe nachgefragt und erfahren, dass jetzt.de das nichtexklusive Nutzungsrecht haben will. Sprich: Sie bringen das Blog auch auf jetzt.de und drucken vielleicht den ein oder anderen Beitrag auf der wöchentlich erscheinenden jetzt-Seite in der SZ ab, wie es bei der jetzt.de-Community auch schon üblich und zumeist gewollt ist. Darüberhinaus kann man über seine Texte oder Bilder frei verfügen. Das Ziel der Aktion ist es, die – nach Meinung von Jetzt.de oder deren User – besten deutschen Blogs zu fördern und bekannter zu machen. Was bei 100.000 registrierten Nutzern abzüglich einiger Zilliarden Trollaccounts und Karteileichen immer noch einiges an Besuchern bringen dürfte. Umgekehrt kann jetzt.de den eigenen Nutzern ein paar gute Beispiele präsentieren, wie Bloggen aussehen kann.

Insofern sehe ich da jetzt keinen Haken, bei einer idee, die ich sehr bloggerecht finde. Mitmachen kann jeder deutsche Blogger – ausdrücklich jeder, nicht nur bei jetzt.de – der zwischen 15 und 35 Jahre alt ist. Wer einen Haken zu erkennen meint, kann ihn gerne unten nachkommentieren

Disclosure: jetzt.de hat einige Texte zum Buch beigesteuert, das der Anlass für dieses Blog ist. Ich kenne auch den Leiter von Jetzt.de persönlich. Was mich aber, wie oben ersichtlich, nicht davon abhält, gegen die Mama des Süddeutschen Verlages und ihre Aktionen lautstark vorzugehen, wenn ich sie für daneben halte.

7.6.2006 | 23:12 von DonAlphonso

Fress die Press

Heute war es mal wieder so weit: Ich musste 5000 Zeichen für einen Hintergrundbericht über Charlotte Knobloch abliefern, innerhalb von drei Stunden. Das hat normalerweise mit seriösem Journalismus nichts zu tun, nur ist es in dem Fall so, dass ich kein Wald- und Wiesenjournalist bin, sondern Spezialist. Die wichtigen Punkte sind alle in meinem Kopf, auf das Internet kann ich verzichten. Trotzdem hat es mich danach interessiert, was Kollegen so schreiben. Da gibt es grob gesagt drei Gruppen: Die erste hat wenig Ahnung und macht Fehler, wie etwa Herr Riebsamen von der FAZ, der schreibt:

zum Beispiel auf das Zentrum ihrer Münchener Gemeinde, dessen Fundamente Rechtsterroristen in die Luft sprengen wollten. Längst ist dieses Zentrum eingeweiht und ein lebendiger Ort jüdischen Lebens – mit ein Verdienst von Charlotte Knobloch.

Wer München kennt, weiss, dass das Zentrum noch längst nicht fertig ist und die Einweihung am 9.11.2006 geplant ist. Bei der FAZ schreibt einer, der nicht mal recherchiert hat, bevor er schreibt. Ähnlich bescheuert die Behauptung von Herrn Gessler in der TAZ, Frau Knobloch throne in München auf der Frauenempore: 1. sieht ein Mann in München von unten aus nicht so weit auf die Frauenempore, und 2. ist für verheiratete Frauen und Witwen wie Frau Knobloch bei bestimmten Anlassen unten durchaus eine Reihe reserviert. Gessler – bei der TAZ Spezialist für das Judentum – beschreibt etwas, das er nicht gesehen haben kann. Und der Tagesspiegel schreibt diesen Unsinn auch noch leicht geändert ab:

Die Münchner Gemeindemitglieder bewundern sie dafür, eine Art Übermutter sei sie. Wenn sie in der Synagoge auf der Frauenempore sitze, throne sie wie eine Königin.

Irgendwo zwischen Schlamperei und Borderline also agiert die sog. Qualitätspresse.

Die zweite Gruppe, gut 300 Meldungen bei Google News, speist vollautomatisch die DPA-Meldung ein. Da ist keiner mehr, der noch weiss, worum es überhaupt geht, da wird die Nachricht zielgruppenkompatibel generiert und dem für dumm gehaltenen Leservieh angekarrt, als wäre ein eine Geflügelzucht mit Käfighaltung.

Die dritte Gruppe schreibt den Krempel etwas um und garniert ihn mit Infobrocken aus dem Netz, die man leicht an kolportierten Falschinformationen wie etwa dem Zeitpunkt des Antritts von Knobloch als Präsidentin der Münchner Gemeinde erkennt – da flattern nämlich zwei Versionen durch das Netz.

Klar, der Zeitdruck. Klar, die Kosten. Man findet immer Entschuldigungen, aber ich frage mich schon, wozu ich eigentlich noch all diese Medien brauche, wenn sie sowieso nur DPA oder die Schreiberlinge grossenteils zu dumm zum Recherchieren sind. Aus all diesem Wust müsste ich mir jetzt die 3, 4? – ich weiss es nicht, mir hat das schon gereicht – Artikel raussuchen, die keinen Blödsinn enthalten und über den Agenturenschmarrn hinausgehen. Hier nun zeigt sich die Schwäche der Medien nicht bei einer Randnotiz, sondern bei einer Topmeldung. Und das ist der Moment, in dem ich mich frage: Wozu brauche ich diese Heerscharen von Einspeisern, Lügnern und Versagern. Warum soll ich sie bezahlen, mit Clicks belohnen. Warum soll ich sie nicht zum Teufel hauen. Wieso haben die überhaupt einen Presseausweis. Es ist heute einer der Tage, an denen ich es wirklich nicht mehr verstehe.

7.6.2006 | 1:32 von DonAlphonso

Ach ne, Jochen, bitte,

ich dachte, Burda und Focus wollten kreativ sein und nicht nur wieder alles nachmachen, in diesem fall Flickr und Youtube. Das, mit Verlaub, gibt es schon. Und nur, weil ihr den Toni Mahoni vom Spreeblick gekauft habt, seid Ihr noch lange nicht cool. Sondern Focus. MSN.

Irgendwie dachte ich ja, dass Burda aus der NE gelernt und begriffen hat, dass es keinen Sinn macht, Me-2-Produkte wie die Suchmaschine netguide oder dem Content Syndicator iC Pro auf den Markt zu bringen. Kann ja sein, dass es mit “unser generated Content” nicht so teuer wird wie mit ein paar hundert bezahlten Mitarbeitern, die man dann freistellen muss – aber Communities aufbauen ist was anderes als einen Webspace hinstellen, den Zilliarden andere bessr können, und dann glauben, dass das Scheitern schöner wird, wenn man ein “Alpha” draufpappt.

Dass Ihr in den FAQs beim Thema Urheberrecht “eingeschränkte Rechte zur Publizierung” haben wollt und für Weiteres auf die AGBs verweist, die dazu nichts weiter ausführen, ist nochmal so eine unschöne Sache. Nur versteckt nach einem weiteren Link findet sich dann der Content-Hammer:

Mit dem Hochladen von Fotos, Videos oder Texten räumt der Nutzer der TOMORROW FOCUS AG unentgeltlich das Recht ein, die Materialien zeitlich unbegrenzt zu speichern, öffentlich zugänglich zu machen, zum Download anzubieten und in Online- und Printmedien zur Bewerbung des Angebots zu nutzen.

Das Risiko der unerlaubten Verbreitung von geschütztem Material wird natürlich beim User abgeladen. Gleichzeitig sollen die User aber auch ihre dollsten Bilder und Videos zur Fussball-WM shicken, deren Organisatoren schon ihre Anwälte losschicken. Mit dem User kann man es ja machen.

3.6.2006 | 11:03 von Andreas

Auch bei der FAZ

Wenn ein Journalist schlechte Arbeit machen, dann korrigiert er sie nicht, sondern verteidigt seinen Summs auch noch mit »erst recherchieren, dann bloggen«. Das alte Lied vom Glashaus und den Steinen…

1.6.2006 | 17:15 von DonAlphonso

Du weisst, dass sie Dich bei Coca Cola verarscht haben,

wenn Du Lyssa heisst und Dich von ihnen in eine Art Fussball-WM Werbung&PR Big-Brother-WG stecken lässt, die in Verkennung der englischen Sprache “Weallspeakfootball” heisst, und dann auch noch angeblich Blogger einladen darfst – von denen sich aber eine bei näherer Betrachtung als auf Myblog-Niveau vor sich hinkritzelnde Boxerin von den miesen, gekünstelten Freundin-Blogs herausstellt, die noch keine 10 Beiträge geschrieben hat. Wenn Du Glück hast, zwingt Dich keiner zu sagen, dass Du sowas als Bloggerin gern empfängst und Dich damit auf eine Stufe stellst.

Mal im Ernst: Wer zum Teufel sucht denn solche frisch reingeschneiten Leute raus – abgesehen vielleicht von PR- und Werbeabteilungen?

31.5.2006 | 9:38 von dogfood

Verteidigungsrede 2.0

(zur Vorgeschichte bzgl. des Trademarks des Wortes “Web 2.0” bzw. “Web 2.0 Conference” bitte hier entlang)

Tim O’Reilly ist aus dem Urlauib zurückgekehrt und hat auf radar.oreilly.com eine laaaaaange Verteidigungsrede geschrieben, die erst einmal mit einem Generalabwasch beginnt:

The flap about the Web 2.0 Conference trademark has shaken my faith in the collective intelligence of the blogosphere. Of all the hundreds of people who commented on this issue, only a few touched base to do a bit of fact checking. The New York Times, by contrast, was all over doing due-diligence. They talked to everyone they could get their hands on before publishing their story.

While I admit that the cease-and-desist letter to IT@Cork was a faux pas, the blogosphere response and especially the comments on Sara’s posts to the Radar blog have been appalling both in their tone (even to the point of one comment, which Marc Hedlund deleted in my absence, implying that I’m a child molester!) and in their lack of any fact checking. (Thanks to those brave blog commenters who suggested that the mob hold off till I was back and able to respond.)

Es folgt dann eine umfangreiche Verargumentation was warum wie passiert ist. Auch wenn Tim O’Reilly abstreitet, dass “Web2.0” ein zu generischer Begriff (geworden) ist um ihn mit einem Trademark für Konferenzveranstaltungen zu belegen, zwischen den Zeilen kann man deutliches Unbehagen von seiner Seite aus hören:

7. The success of the Web 2.0 conferences and the usefulness of the term admittedly complicates the Web 2.0 trademark situation. With a name like LinuxWorld (Sara’s analogy), the subject of the conference (Linux) and its trademarked name (LinuxWorld) are not one and the same. But with Web 2.0, the name was originally conceived only as the name for a conference and Cory Doctorow’s comments are very much on point. We created a meme that has legs beyond the conference space, and there’s a real tension between the desire to protect the trademark on the conference and the desire for people to talk about, meet about, and otherwise engage with what has turned out to be the name for the next big thing in the computer industry. This is clearly a problem that we’ll need to figure out.

Tim O’Reilly wird sich mit CMP zusammensetzen um zu beraten wie man die Geschichte aus der Welt schaffen kann. Dabei deutet er an, eine Art “Richtlinie” bzw. Guidelines zu erstellen, ähnlich wie es die Mozilla Foundation für ihr Mozilla Trademark gemacht hat.

26.5.2006 | 14:07 von dogfood

Death 2.0

Das laute Platschen gestern abend, das war die Credibility von Tim O’Reilly und seines Verlages, die gestern über Bord geschmissen wurde.

Das irische non-profit IT-Netzwerk “it@cork” wollte am 8.6. eine halbtägige Konferenz mit dem Titel “Web 2.0 Half Day Conference” abhalten. Und dafür fing man sich vorgestern eine Unterlassungserklärung von CMP Media (Messeveranstalter) ein, der seinerzeit gemeinsam mit Tim O’Reilly den Begriff Web 2.0 per Brainstorming erdacht hatte, um die ganze Thematik mit einem schmissigen Begriff in Büchern, Messen und Konferenzen abfrühstücken zu können.

Zum Hintergrund von Tim O’Reilly: er ist eine der führenden Protagonisten der Open-Source-Szene. Weniger weil er ein exzellenter Programmierer wäre. Vielmehr hat er mit seinem Verlag und seinen Websites viel für die Verbreitung des Open-Source-Themas, der Werkzeuge und Programmiersprachen getan. Die Bücher aus dem O’Reilly-Verlag geniessen wegen ihrer sorgfältigen Redaktion einen exzellenten Ruf. Allerdings war in den letzten 1-2 Jahren ein erhöhter Ausstoß zu bemerken, der das Profil des O’Reilly-Verlages verwässerte.

Wenn aber nun in Absprache mit dem O’Reilly-Verlag Besitzansprüche auf einen derart zentralen Begriff der Webcommunity erhoben werden, erzeugt das einen sehr schalen Geschmack.

Da Tim O’Reilly derzeit im Urlaub weilt, konnte “nur” der O’Reilly-Verlag mit einem Statement reagieren.

Der Verlag legt Wert auf die Feststellung, dass der Begriff “Web 2.0” nur im Zusammenhang mit Konferenzen geschützt wurde (“CMP has a pending application for registration of Web 2.0 as a service mark, for arranging and conducting live events, namely trade shows, expositions, business conferences and educational conferences in various fields of computers and information technology.“). Man entschuldigt sich, dass man gleich so schnell mit dem schweren Geschütz der Unterlassungserklärung auffuhr und nachdem man nachträglich erfahren hatte, dass Tim O’Reilly himself sogar als Redner für diese Konferenz zugesagt hatte, genehmigte man die Verwendung des Begriffes “Web 2.0” für dieses Jahr.

So richtig erkannt hat man aber die Sensibilitäten bei O’Reilly nicht, wenn man folgende Argumentation liest:

To protect the brand we’ve established with our two Web 2.0 Conferences, we’re taking steps to register “Web 2.0” as our service mark, for conferences. It’s a pretty standard business practice. Just as O’Reilly couldn’t decide to launch a LinuxWorld conference, other event producers can’t use “Web 2.0 Conference,” the name of our event. In this case, the problem is that it@cork’s conference title includes our service mark “Web 2.0,” which the law says we must take “reasonable steps” to protect.

Dass der Begriff “Web 2.0” oder “Web 2.0 Conferences” um einiges generischer ist, als “LinuxWorld“, scheint man an der Westküste nicht zu verstehen. Die Triebfeder des Vorganges scheint eindeutig CMP zu sein, der Böller ist aber im Gesicht des O’Reilly-Verlages explodiert. Der Countdown für Krisen-PR ist gestartet. Wetten es wird keine zwei Tage dauern, bis es eine lange, ausschweifende Abhandlung von Tim O’Reilly selber geben wird?

Aber “Web 2.0” ist damit endgültig als technischer Begriff tot. Die Marketing-Spacken haben endgültig gewonnen.

(via Lumma)

26.5.2006 | 11:28 von DonAlphonso

Sie sterben einfach nicht aus, die Contentdiebe

Die welt, News Frankfurt, und jetzt auch noch der Berlin-Online – ih verstehe ja, dass es den medien schlecht geht und sie an jeder Ecke sparen müssen. Aber schön langsam wird es peinlich. Weil es so dumm ist. Und Dumme kuriert man meines Erachtens am besten mit rechnungen, ganz gleich ob Zeitung oder irgendwelche RSS-Sauger a la Thomas Promny.

Auf dem Blog demütigen kann man sie später immer noch.