Das Managermagazin, das Trendbüro und der Tod der Qualität.
Ich will ja keinen langweilen, aber ein Artikel über Blogs und Wikis im Manager Magazin ist mal wieder ein hübsches Beispiel über die schmutzigen Methoden, mit denen im Internet Werbung als Redaktioneller Inhalt verkauft wird.
Da gibt es also diesen Artikel, eine “Trend-Kolumne”, geschrieben von einem gewissen “Trendforscher Thomas Steinle”. Nur indirekt erfährt man, dass er wohl nicht für das Manager Magazin arbeitet, sondern eigentlich Mitarbeiter des Trendbüro Hamburg ist, genauer: Partner im Trendbüro, ein Deeplink entfällt wegen der Verwendung von Flash. Dessen Chef ist Prof. Peter Wippermann – ein Typ, den manche nach seinen schon mehrfach ausgerufenen, aber nicht wirklich eingetretenen Trends für nicht wirklich die Creme der Trendforschung halten. Traurige Berühmtheit erwarb sich Trendforscher Wippermann dem 2001 viel zu spät herausgegebenen “New Economy Duden”, der ziemlich gut aufzeigt, wie sehr sich das Trendbüro auf die Analyse von Trends versteht. 2003 proklamierte Wippermann eine Revolution des Alltags durch MMS bei Spiegel Online, mit Worten für die Ewigkeit: “Wer in den Urlaub fahren kann und mit einem Ohr im Büro bleibt, dabei mit dem Handy Fotos macht und sie am Strand versenden kann, hat mehr vom Leben.”
Man fragt sich: Wie kommt also ein Mitarbeiter eines Trendbüros einfach so ins Manager Magazin? Und was hat es mit der Schwarm-Intelligenz auf sich, von der er spricht? Und warum redet ausgerechnet die Spiegel-Gruppe, zu der das Manager-Magazin gehört, plötzlich netter über Blogs, und sei es eben in Person des untergeschobenen Gastautors Steinle?
Darum: Am 2. Juni veranstaltet das Trendbüro den “10. deutschen Trendtag” in Hamburg. Und dann geht es dann zentral um die im Beitrag erwähnte erwähnte “Schwarm-Intelligenz”. Und, upsa auch um das hier:
Wie verändert sich die Wirtschaft?
Blogging ist die digitale Mundpropaganda. Blogs gewinnen im Marketing an Bedeutung. Der Dialog der digitalen Graswurzel-Konsumenten definiert den Erfolg der Märkte.Wo entsteht neues Wissen?
Wikis sind die Autoren des Online-Lexikons Wikipedia. Sie arbeiten ohne Honorar. Das virtuelle Nachschlagewerk gibt es in 190 Sprachen. Jetzt startet Wikinews. Bürger werden Journalisten.
Damit ist eigentlich klar: Der Text im Manager Magazin ist das Herbeischreiben eines Trends. Im Manager-Magazin berichtet Journalist Steinle, der Veranstalter Steinle kassiert von denen, die sich Dank Artikel im Manager Magazin dafür interessieren. Dabei liest man doch im Pressekodex, Ziffer 7:
Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken.
Bleibt nur noch die Frage, warum das Manager Magazin bei sowas mit macht. Tut es eigentlich gar nicht. Denn wenn man genau hinschaut, ist es die Manager Magazin Online GmbH, die sich da engagiert – nicht das Printprodukt. Manager Magazin und Spiegel sind beide rechtlich von ihren Online-Ablegern getrennt: Spiegel Online und manager-magazin.de sind Töchter der SPIEGELnet GmbH. Und die wiederum tritt als Spiegel Online als Sponsor des gleichen Trendtages auf, unter anderem mit Werbeschaltungen für den Trendtag bei Spiegel Online.
Manche nennen sowas Crossmarketing. Ich nenne sowas Leserverarschung.
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trendbüro hamburg, doo! die blättern da in magazinen (oder lassen praktikanten blättern), trinken 2drei glas rotwein und schwuppdich, neuer trend ist da! früher auch mit horx, dem alten trendseher, der lag auch immer daneben. sagte cocooning voraus, als alle nach draussen (loveparade etc) rannten.
Ich hab auch einen Wippermann-Lieblingssatz, und der lautet (bitte auf der Zunge zergehen lassen):
“Hardcore-Wellness trifft den Leistungsgedanken der jungen Frauengeneration”
so prognostiziert 2003. Wie hirnverschwurbelt muß man sein, solchen Hardcore-Bullshit abzulassen?
“Leserverarschung” ist das richtige Wort dafür. Allerdings gibt es gerade bei Spiegel.de und manager-magazin.de viel krassere Beispiele für solche Machenschaften. Mit echtem Journalismus hat das kaum noch was zu tun.