Kleinmütiges von Dorin Popa, dem Blogbeauftragten bei Burdas Freundin: Er sucht neue Bloghoffnungen, nachdem ihm seine “Stars” reihenweise die Griffel abgeben – ein dort nicht ganz unbekanntes Verhalten. Neueste Blogleiche ist die bislang stets an erster Stelle stehende Sahra mit ihrem kläglichen Versuch, sich mit nicht eintretenden Männergeschichten an Sex and the City ranzuhängen [http://blog.freundin.de/blog/sarah_and_the_city]:

Nicht, weil ich keine Lust mehr dazu hätte, sondern weil mich momentan in meinem Leben zu viele andere Dinge beschäftigen, die meine ganze Aufmerksamkeit benötigen und ich nicht die Zeit und vielleicht auch nicht immer die richtige Stimmung finden werde, um regelmäßig zu bloggen. Aber dass habt Ihr ja sicher schon anhand der vergangenen Wochen gemerkt. Von daher denke ich, dass es besser ist, auch hier einen Schlussstrich zu ziehen.

Soviel also zum real existierenden “turbulenten Leben einer Single-Frau auf der Suche nach Mr. Right” in der Burda-Edition. Einige weitere Blogger wie der Arzt, die Kosmetikfrau und die Podcasterin sehen auch nicht mehr so ganz willig aus, und zwei weitere Blogs geht nach Meinung von Popa auch über den Jordan. Aber statt sich mal Gedanken zu machen, ob eine ehrenvolle Erklärung a la

Ja es war nicht gut und wir haben uns total übernommen und lassen es deshalb bleiben

mit gleichzeitiger Einstellung des burdaschen Blogvollversagens nicht sinnvoll wäre, wird sofort nach neuen Bloggern gesucht. Ja, so ist das mit den festgesetzten Null- bis Kleinstbudgets für kostenlose Schreiberlinge und den grossen Erwartungen der Chefs, da macht man das Elend weiter. Hauptsache billig.

Popa hätte sich ein Beispiel an den ebenso qualitätvollen Bloggern nehmen können, mit der die Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) Essen kurz vor Amtsantritt der neuen Online-Chefin Katharina “Lyssa” Borchert versuchte, in die Blogosphäre einzusteigen. Das ging damals, Ende Juli 2006, nach Eigenaussage so zu in der WAZ:

Irgendwann hat mein Chef hier einen gesucht, der den Essener Online-Auftritt der WAZ gestalten und das Online-Forum betreuen sollte. Da ich der letzte aus der Redakteurstruppe war, der sich privat einen Computer angeschafft hatte, ist seine Wahl dann auf mich gefallen. Wahrscheinlich hat er sich einfach gedacht. der Mann ist auf dem letzten Stand.

Insgesamt 14 Personen, von der kleinen Autorin bis zur Museumsleiterin, vom libanesischstämmigen Geschäftsmann bis zum Fundamentalchristen, durften dort mit teilweise haarsträubenden Autorenbildern ihre Texte verfassen. Die jeweil letzten Einlassungen der Amateurautoren waren:

Burak Copur – 26.07.06, nur ein Beitrag (platt)
Eva Arning – 28.07.06, nur ein Beitrag (platt)
Irmenfried Mundt – 01.08.06, nur 2 Beiträge (platt)
Ulrich Parzany – 25.08.06, nur 2 Beiträge (platt)
Dr. Edna Brocke – 08.12.06, Abruptes Ende nach 5 Beiträgen pro Monat (platt)
A. Langanke – 14.12.2006, alle zwei Wochen ein Beitrag (platt)
Mohammed Masri – 22.12.06, drei Beiträge pro Monat
Markus Pottbäcker – 02.01.07, alle zwei Wochen ein Beitrag
Nadine Becker – 02.01.07, nach einem Monat Pause

Und dann noch die Profis von der WAZ selber:

Peter Marnitz, Lokalredakteur – 24.11.06 (platt)
Bernd Kassner, Projektleiter des Blogs – 27.11.06 (platt)
Wulf Mämpel, Leiter der WAZ-Lokalredaktion Essen – 01.12.06 (platt)
Ursula Hickmann, freie Autorin bei der WAZ – 04.01.07
und das letzte Lebenszeichen stammt von
Beatrix Gutmann, Mitarbeiterin der WAZ Tochter “Westeins” – 05.01.07

Man sieht recht schön das Erlahmen der Begeisterung, von 14 Autoren sind nur noch 5 so halbwegs aktiv. Was ich bei so einem Konzern, der mit einem “bundesweit einzigartigen Online-Konzept” vorne mitspielen will, richtig hart finde: Die Unwilligkeit der Mitarbeiter der Lokalredaktion. Gerade die Leute, die mit gutem Beispiel voran gehen müssten, haben vor über 6 Wochen die Segel gestrichen. Erschreckend auch die Qualität, die da durch die Bank abgeliefert wird. So wird das nie was.

Im Prinzip sollte es jetzt ganz einfach sein, ein funktionierendes Portal für die WAZ oder die Freundin aufzubauen: Das Gegenteil der bisherigen Autoren suchen, was Können, Engagement, Diskussionsbereitschaft, Schreibstil, Lust, Laune, eigentlich alles angeht. Liest sich einfach. Wäre aber ein Job, den ich, ganz ehrlich und mit allem Respekt für Lyssas, die das obige Projekt nicht verantwortet hat, und ihre Arbeit, nicht haben wollte. Nicht, wenn die eigenen Leute so offensichtlich unfähig sind, umzudenken. Denn Redakteure, die nicht schreiben und noch nicht mal rumprobieren oder neugierig sind, sind im Internet nicht brauchbar.

Disclaimer: Unten bitte keine Debatte um Lyssa, das ist hier nicht das Thema.