Vom Verschwinden eines Medienblogs oder warum das Sautreiben besser ist als die Abmahnung
Nachträglicher Hinweis, weil schon der Erste was Falsches reininterpretiert: Ich bin mit der Wirkung und dem Verlauf der folgenden Sache bislang alles andere als unzufrieden, und werde es bei ähnlicher Konstellation jederzeit wieder genauso tun. Allerdings weiss ich aus Mails und Kommentaren, dass manche glauben, Abmahnungen innerhalb der Blogosphäre könnten ein probates Mittel sein, Probleme zu lösen. Das sehe ich fundamental anders. Und wer einen Text nicht kapiert, soll halt fragen, bevor er analysiert.
Ab und an behauptet jemand, die Blogosphäre würde komplett umgekrempelt werden, wenn erst mal Medien beginnen würden, ordentlich zu bloggen. Nun kümmern schon seit Jahren eher erbärmliche Versuche bei Focus, FTD, TAZ, Zeit und Stern und vielen weiteren Blättchen Medien vor sich hin, andere haben aufgegeben, und nochmal andere entsorgen gar komplette Blogs.
Womit wir bei der Zeitschrift Vanity Fair wären, von deren Anwalt ich heute über meine Anwältin in dieser hier angesprochenen Sache Post erhalten habe. Es sieht demnach so aus, als habe man verstanden, dass man nicht so einfach Bilder von mir klauen und Lügen über mich in die Welt setzen kann, und auf einen Prozess mit mir hat man wohl keine Lust. Was nun folgen wird, wird sich nich zeigen, aber es gibt noch eine andere Reaktion: Unter
http://van ityfair.de/blogs/
ist nicht nur mein Bild und eine unerfreuliche Äusserung und noch so einiges verschwunden, das man auch hätte meiner Anwältin zum Spielen hätte geben können, sondern gleich der gesamte Beitrag, der gestern noch da war. Sowie das Bild des Autors, sein Medienblog und alle seine Beiträge.
http://van ityfair.de/blog/medien/
Bis auf den Header, wo es noch heisst:
Ein eigener Blick auf Politik, Kultur, Medien und Stil – von unseren Autoren Jost Kaiser, Rainald Goetz, Peter Turi und Danijela Pilic
Und einem ebenfalls nicht ganz koscheren Beitrag über Frauen, der wohl übersehen wurde. Damnatio memoriae nannte man sowas im Römischen Reich.
Ich weiss nicht, was dazu führte, und ob es gerade jetzt passiert, weil die Diskussion in der Blogosphäre über das Thema aufkam. Vielleicht dachte jemand, dass nach der Debatte noch die anderen apokalyptischen Abmahnungsreiter kommen. Ich hätte nur eine Bitte: Den Gedanken, was so eine Abmahnung im Zusammenspiel mit dem alten Blogosphärenbrauchtum des Sautreibens (Beispiel Beispiel Beispiel) vermag, gleich wieder verwerfen. Da ginge viel, vermutlich. Ich denke, das könnte der Turbo sein. Der einen selbst dann ungespitzt in die Wand bohrt.
Denn beides muss man können. Abmahnungen sind Teufelszeug, gegen das jedes Sautreiben ein Kinderfasching ist, sie korrumpieren den Charakter, weil es eben nicht die Erregung und die Präsenz des Sautreibens ist, und sie können tierisch ins Auge gehen, wenn sie von Leuten benutzt werden, die sich in dem Metier nicht auskennen. Bei mir ist das anders, da, wo ich manchmal arbeite, sind Abmahnungen fast normale Geschäftskommunikation, und als hier das Thema StudiVZ lief, sassen an jedem meiner Postings vorher zwei Anwälte. Wer nicht weiss, was er tut, soll unbedingt die Hände davon lassen. Man überschreitet mit ihnen eine Grenze, und ich kann nach meinem Empfinden nur sagen, dass es der Natur des Bloggens, so wie ich es als Kulturtechnik empfinde, zutiefst zuwider läuft. Das Problem bei den Leuten, die sowas machen lassen, ist das Machtgefühl, man unterschreibt eine Vollmacht, und dann knallt es irgendwo in weiter Ferne, andere rödeln sich einen ab und schauen ungern in den Briefkasten, während man mit dem Hund gassi geht, ein Gedicht schreibt oder die Glotze anwirft. Es ist unendlich bequem, und es laufen nicht dauernd Deppen in den Kommentaren auf, die der anderen Seite Recht geben, und statt dessen bekommt man Mails, die es gut finden, dass man es tut. Das ist ein Trip zu den eigenen moralischen Grenzen und darüber hinaus, von dem man ganz schnell wieder runter muss, wenn es vorbei ist. Es ist innerhalb der Blogosphäre wie Kampfhubschrauberfliegen im Wohnzimmer, es ist der Tiefflieger in der Tempo30-Zone, und ich gebe hier gern offen zu, dass es in meinem Fall ein entscheidender, vielleicht sogar der entscheidende Punkt war, dass die Gegner eben keine Blogger waren, sondern zwei kommerziell agierende Medienfirmen, die mit dem, was sie taten, primär einen Geschäftszweck verfolgten.
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Was wäre passiert, wenn Turi/irgendjemand die von Dir beanstandete Geschichte mit den beanstandeten Fehlern auf einem privaten Weblog veröffentlicht hätte, eines auf dem es nichtmal Werbung gibt.
Hättest Du dann keine Abmahnung angestrebt?
Ich weiß, es ist vermutlich müßig über “was wäre wenn” zu diskutieren. Aber ich bin mir nicht sicher, inwiefern ich Deine Aussage nach dem Motto: dass es keine Blogger waren, hat mich meine moralischen Grenzen zum Glück nicht überschreiten lassen (falls ich Dich richtig verstehe), für mich einordnen soll.
Ich hätte so reagiert:
– ein Blogger verwendet ein Bild von mir, dass ohnehin auch andernorts im Netz zu finden ist: geschenkt
– ein Blogger behauptet, ich würde auf Kosten/vom Erbe meiner Eltern leben: hätte ich, wenn unwahr, in meinem Blog klargestellt, und denjenigen als schlechten Rechercheur/Blogger/Journalist und Populist blosgestellt
Würde das ganze in der VF stehen, hätte ich auch so reagiert wie Du
Mit der aufkommenden Diskussion in der Blogosphäre hat das eher wenig zu tun. Die geht gewissen Leuten in München nach wie vor ziemlich am Allerwertesten vorbei. Sage ich mal ganz wertneutral. Dort wird das Kassieren dieser Abmahnung als minderer Kollateralschaden verbucht. Und wenn Turi ein besseres Standing gehabt hätte, hätte man es wohl auf einen längeren Rechtsstreit ankommen lassen, die Justitiare sahen das durchaus nicht chancenlos. Mit Gezeter um Promibilder kennt man sich da schließlich aus. Aber das wars halt nicht (mehr) wert…
Es gab ein paar nicht ganz vergleichbare Situationen, in denen dann stets eine andere Lösung gefunden werden konnte. Aber es ging dabei nie gegen meine Familie, und es hat auch keiner so darauf angelegt. es war nicht das erste mal, dass eine Abmahnung oder Antrag auf EV bereits fertig war, aber das erste mal, dass sie raus ging.
Das auf mich bezogene Kernproblem war und ist, dass, wenn ich sowas einmal wissentlich durchgehen lasse, man mir das für immer nachsagt, weil es ja der und der auch gesagt hat. Mit Klarstellen, wenn sowas erst mal in der Zeitung steht, kommt man da nicht weiter. Und Journalisten pflegen gewöhnlich erst zu reagieren, wenn der Druck durch den Anwalt kommt. Über Blogreaktionen lachen die meistens nur. Sah man ja auch in diesem Fall.
[…] DonAlphonso, der Rächer des Vererbten, rudert zurück. Fleissig. Mit einem schlechten Gewissen. […]
Ich finde ja, ihr beiden solltet euch unbedingt mal auf einen kleinen Faustkampf treffen, statt ewig im Netz aufeinander los zu gehen.
Aber natürlich kann es auch sein, dass diese Abmahnung ebso einen Schlusspunkt setzen kann…obwohl, hahaha, nich bei Euch beiden!
Ich finde, die ganze Aktion zeigt eigentlich, wie effektiv man als blogger etwas erreichen kann, wenn man sich nicht scheut, auch die Mittel unseres Rechtsstaates zu verwenden.
Die bei Vanity Fair werden einfach gerafft haben, dass beides in Kombination (Rechtsstreit plus schlechte PR in der blogosphäre) doch etwas unangenehm werden kann, und dass vor dem Hintergrund Turi ein kluges Bauernopfer ist. Denn die Rechtslage bezogen jedenfalls auf den Text ist keineswegs so klar (Foto kann ich nicht beurteilen). Zeigt auch, mit wie wenig fein dosierten rechtlichen Mitteln (eine Abmahnung, kost nich die Welt!) man sich effektiv schützen kann. Aus Sicht von Don absolut konsequent, da den Anfängen zu wehren. Zur Kampffähigkeit eines solchen blogs wie hier gehört eben unbedingt auch eine gewisse juristische “Schlagkraft”, die in so einem Fall frühzeitig demonstriert werden muss.
Gleiches würde in meinen Augen für die blogosphäre als Ganzes gelten. Zu denken, man schreibe einfach was man will, und das Rechtssystem dieser Gesellschaft finde man irgendwie uncool, ist Traumtänzerei. Vielleicht muss tatsächlich erst die Angst vor Abmahnungen in die Knochen steigen, bevor das kapiert wird.
@2: Die Promibilder haben aber stets eine andere Problematik. Da geht es eigentlich immer um Persönlichkeitsrechte, aber das Recht am Bild liegt vor, daß hat man eingekauft. Das sollte nicht verwechselt werden. Wobei auch in dem anderen Bereich nach dem Caroline-Urteil vorsichtiger agiert wird. Ich habe mit einer Abmahnung gegen Unternehmen, die mit der Nachricht Geld verdienen kein Problem. Das Risiko ist ja auch bereits einkalkuliert. Dagegen finde ich solche Marias-Kotzbuch-Geschichten einfach nur eklig.
Es wäre mir neu, dass ich eine Gestalt der Zeitgeschichte oder sonstwie “Promi” wäre. Zwei Bücher und alle 2 Monate ein Podium reichen da bei weitem nicht aus.
Vielleicht haben die “Spezialisten” ja nur aus Versehen statt des Streitgegenstandes gleich das ganze Blog gelöscht. ;-)
Die Attacke von Don kann eigentlich nicht der Grund für die Abschaltung des Blogs sein. Es sei denn, man hat nur auf einen geeigneten Anlaß gewartet.
Stellt sich nur die Frage, ob die Vanity-Fair-Verantwortlichen ein Fehlverhalten festgestellt und entsprechend reagiert haben oder ob sie einfach die kostengünstigste Lösung gewählt haben. Das Bild hätte man austauschen können und mit den Äusserungen im Text sehe ich es wie #6: Es sind schon aussichtsreichere Klagen im Sand verlaufen.
Naja, viel Spaß in der neuen Blog-Welt.
Die Hemmschwelle dem Kontrahenten im nächsten Kleinkrieg juristisch eine mitzugeben, dürfte mit jedem weiteren Blogeintrag über dieses Thema deutlich sinken.
“Du, wir haben nen bösen Anwaltsbrief von nem Herrn Meyer gekriegt”
“Ja und?”
“Wir sollen seine Bilder geklaut haben und was falsches über seine Eltern geschrieben haben”
“Ja und, haben wir?”
“Irgendwie schon, Rechtsabteilung meint aber, Chancen stehen 60/40. Sollen wir es drauf ankommen lassen?”
“Wer ist der Meyer?”
“Irgend so ein Blogger der immer rummotzt. Scheint, als wenn der Herr Turi, der für uns den Text geschrieben hat, und der Herr Meyer, sich schon seit Jahren beharken.”
“Scheint also was persönliches zu sein?”
“Jo.”
“Was kostet es uns, wenn wir akzeptieren?”
“Läppisch.”
“Ok, dann weg damit. Habe keinen Bock uns in irgendwelchen Querelen irgendwelcher Blogger reinziehen zu lassen, die uns nichts bringen. Nächster Punkt.”
Mal rein hypothetisch könnte es auch so gelaufen sein. Aber jeder deutet es halt anders.
@ Klaus
Naja, zum Glück sind die paar Alpha-Tiere bei weitem nicht die ganze Blog-Welt. Die machen einfach nur den meisten Lärm.
[…] [via Blogbar] […]
Selbstgefälligkeit und Lob
Seit gestern ringe ich mit mir, ob ich meinen Senf zum Fall Alph Donso ./. Turi(2 GmbH) ./. CondéNet beisteuern soll oder es lieber bleiben lasse. Ich belasse es dann aber doch bei einem selbstgefälligen “Ich hab’s ja geahnt”, klopf…
@andreas, Nr.11: Klingt wie dabeigewesen. Deckt sich jedenfalls ziemlich genau mit dem, was ich so höre.
Daß auch ich seit Tagen in meiner Gruft mit mir rang, zwei Zeilen
zu schreiben, mag nur Wenige interressieren.
Daß ich schon im Juli 2006 einen Schuß vor den Bug erwartete,
ist meinem Rechtsempfinden zuzuschreiben.
Es scheint nur in Blogs möglich zu sein, ungeahndet übel nachzureden,
zu beleidigen und zu verleumden.
Voll darauf vertrauend, der Verunglimpfte wage es nicht, dagegen
vorzugehen um nicht als dünnhäutig oder Obermotz dazustehen.
Doch Fässer sind keine Gehirne, deren Fassungsvermögen mit jeder
Befüllung wächst. Fässer laufen irgendwann einmal über.
Wer auf Bitten, Aufforderungen, Ermahnungen, nicht reagiert, wird
abgewatscht/ abgemahnt.
Gut, daß es diese Möglichkeit -eine Vorstufe der Strafverfolgung auf
Antrag- im deutschen Recht gibt.
Deshalb diese Solitaritätsandresse an Don Alphonso für sein Handeln
in dieser Angelegenheit.
Auch ich neige dazu, #11s Ansicht zu folgen. Ich denke auch, daß Vanity Fair sich inhaltlich kaum kümmert und sich eben in nichts, was ihnen nichts bedeutet, rechtlich reinziehen lassen will.
So betrachtet sehe ich das dann als gehörigen Dämpfer für den Herrn Turi, der nicht einmal seinem “Arbeitgeber” wichtig genug erscheint, um ihn zu unterstützen.
Trotzdem wird diese Abmahnung noch eine weitere, wichtige Wirkung erzeugen: nämlich die, daß auch Privatleute sich juristisch wehren können und dann, wenn sie es, wie Don in diesem Beitrag anmerkt, richtig anstellen und wissen, was sie tun. Ein deutliches Signal in Richtung Firmen, etablierte Medien und Co. Und dafür allein ist es schon gut, was Don getan hat.
Offiziell ist Turis’ VF-Blog aus Zeitgründen eingestellt worden:
http://www.dwdl.de/article/news_11094,00.html
Ja nee, is klar…
Was muss ich da lesen?
“Demnach sei ein Blogger, der unter dem Namen “Don Alphonso” im Internet hohe Popularität genießt, gegen die Veröffentlichung eines Fotos und eine Formulierung in Turis “Vanity Fair” -Kolumne vorgegangenen.”
Tss. Also echt. Begräbnis erster Klasse.
Muss man sich sorgen machen, wenn unbloggische Magazine wie DWDL über solche Vorfälle berichten?
Demnächst wird es dann verfilmt: “One two, Turi comes to you…..”
Klar, deutlich, prägnant, erfolgreich. Glückwunsch!
Mögen die ganzen Privatmeinungsverteiler und Fotoverwender etwas davon lernen…
[…] Seit diesem Vorgang ist nicht nur dieses Medienblog, sondern auch dieses still. Vielleicht liegt es aber auch nur am Wetter? […]
[…] Mittwoch morgen (0:47 Uhr) habe ich den “Ruderboot“-Artikel über die Abmahnungsgeschichte zwischen DonAlphonso und Peter Turi geschrieben. Der Pingback meines Artikels ist der vierte Kommentar (von 22) zu DonAlphonsos Blogbar-Artikel Vom Verschwinden eines Medienblogs oder warum das Sautreiben besser ist als die Abmahnung: [â¦] DonAlphonso, der Rächer des Vererbten, rudert zurück. Fleissig. Mit einem schlechten Gewissen. [â¦] […]
[…] [ Inspiration via Blogbar ] […]