Kleine Umfrage zum Thema Literarisierung
Das hier wendet sich an Blogger, die so ein gutes, altes Tagebuch im Netz führen und vor allem von sich selbst und dem erzählen, was sie so erleben. Mich würde interessieren, wie Ihr es in Euren Blogs mit der Ehrlichkeit haltet – ehrlicher Grund: Ich bin am kommenden Freitag in Karlsruhe bei einem Kongress und muss da etwas zum Theme Literarisierung und Persönlichkeit erzählen.
Stellt Euch also die folgende Situation vor: Ihr erlebt etwas, das in jeder Hinsicht blogbar ist. Witzig, spannend, interessant, es sagt viel über Euch und über Euer Umfeld aus. Gleichzeitig aber liest genau jenes Umfeld mit, und Ihr habt Zweifel, ob das ganze im Internet stehen sollte, wo Euch jeder nachrecherchieren kann. Die Frage ist jetzt: Was macht Ihr? Schreibt Ihr dennoch, weil man lieber einen guten Freund als eine gute Geschichte verliert? Seid Ihr gnadenlos diskret und verzichtet auf jeden Hinweis? Verfälscht Ihr die Geschichte, dass es auf niemanden mehr zurückfallen kann? Und ist dieses Erfinden, Literarisieren, um es mal nett zu sagen, für Euch vertretbar? Und wie geht Ihr als Leser mit offensichtlichen Lügen von Nichtkunstfiguren in Blogs um (Ihr kennt das: Überzogene Userzahlen, Karriereblabla, der tollste Stecher zwischen Alpen und Förde)?
Um Antworten in den Kommentaren wäre ich Euch dankbar.
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Schreiben und Anonymisieren. Wenn das Anonymisieren der Geschichte schadet, dann fällt das Schreiben aus.
… und ach ja, der Umgang mit den Lügnern: Ignorieren. Die höchste Strafe, die man in einem Medium wie Internetz aussprechen kann.
Ich schreibe nicht nur tagebuchartig, aber immer mal wieder. Und fast täglich unterscheide ich blogbare und nichtblogbare Ereignisse. Es gibt viele persönliche Geschichten, die ich nicht fürs Blog aufgeschrieben habe, aber öffentlich vorlese.
Im von Dir geschilderten Fall würde ich die Geschichte entweder nicht schreiben oder versuchen, sie so umzubauen, dass eine Essenz erhalten bliebe, ich aber nicht mit dem verlust eines Freundes zu rechnen hätte. Natürlich würde ich die Wahrheit verdrehen, natürlich würde ich “lügen”. Aber es wäre keine Lüge, denn wer mich nur übers Blog kennt, kennt selbstverständlich nicht genau mich, sondern eine Zerrspiegelfigur. Es geht um gute Geschichten…
das ist natürlich eine nicht einfach zu beantwortende frage. ich habe nicht besonders vielen menschen meine blogadresse gegeben und selbst die sind nicht besonders an dem geschreibsel interessiert, weil sie selbst nicht besonders internetaffin sind. trotzdem halte ich es so, dass ich namen vertausche, begebenheiten ein wenig verstelle – quasi anfange, das tagebuchartige der einträge mehr und mehr zu literarisieren. ganz selten schreibe ich originalgetreu ein gespräch oder eine geschichte auf.wobei der versuch, trotzdem wahrhaftig zu bleiben mein oberstes ziel ist. denn gemeinhin ist bekannt, das man selbst beim klassischen tagebuchschreiben beschönigt, unangenhemes weglässt und sich selbst belügt.
ich habe eine zeitlang sehr viel gelogen in meinem blog aus dem anderen verlangen heraus jemanden loszuwerden, bzw. hatte ich angst meine wahren gefühle zu schildern, da er sie benutzen hätte können um mich zu kränken und zu demütigen. darüber hinaus hätte er so immer erfahren, was ich mache, wo ich bin und da stellte sich bei mir sehr bald ein paranoides gefühl ein, als er anfing mein blog quasi gegen mich zu richten. aber das ist vorbei und ist eigentlich die ausnahme. trotz allem blogge ich seit dem vorsichtiger.
vertretbar ist alles und da sich kein blogeintrag dem anderen gleicht – es also nicht den notorischen lügner an sich gibt, fällt es irgendwann auf, wenn jemand absichtlich lügt. dabei stellen natürlich erfundene geschichten, bzw. ich würde es schon eher ganz klassisch litertaur nennen, etwas ganz anderes da und sind in der regel auch als solche zu erkennen.
Das kommt nicht ins Blog. Das wird solange geknetet und verzerrt, bis eine annehmbare Kurzgeschichte daraus wird. Das kann man dann als Fiktion verkaufen.
Im Literarisieren und Verfremden bin ich nicht sonderlich geübt. Deswegen lasse ich solche Episoden inzwischen lieber ungebloggt, seit ich in etwa weiß, wer alles mitliest und wie leicht ich für jemanden auffindbar bin, der mich kennt. Ich habe inzwischen auch kein Problem mehr damit, wenn sich auf der dunklen Seite paar Tage mal nichts tut. Somit verschenke ich also lieber eine gute Pointe (oder einen knackigen Eintrag) als eine Real-Life-Freundschaft.
Etwas überzogene Geschichten à la der dollste Hecht zwischen Watzmann und Waterkant in anderen Blogs kann ich allenfalls dann goutieren, wenn für mich dabei noch ein gewisses Augenzwinkern zu erkennen ist. Und um die alte Geschichte auch noch noch mal aufzurühren: An der Blogfigur Marie hat mich seinerzeit nicht in erster Linie interessiert, ob sie jetzt wirklich Millionenerbin aus dem Schickedanz-Clan ist. Das Risiko, dass dem nicht so sein muss, habe ich immer gesehen – das hat mich aber nicht davon abgehalten, ihre Geschichten lesenswert zu finden und ein paar interessante Mailwechsel mit ihr zu starten…
Da ich – zwar anonym – immer in der Erwartungshaltung schreibe, auch von Freunden, Eltern oder Kollegen gelesen zu werden, bleibt es wohl bei der Literarisierung bzw. der Verzerrung dessen, was wirklich passiert ist. Wobei ich bei guten Freunden durchaus annehme, dass diese mit der Tatsache umzugehen in der Lage sind, sich in meinem Blog wiederzufinden. Wobei es Sachen gibt, die ich niemals bloggen würde. Das Internet ist das Internet und privat ist privat und eine gute Geschichte, nun ja, ist eine gute Geschichte.
Bei Sachen mit explizitem Bezug zum RL bin ich kritischer. Wer es nötig hat da mehr als das als Konvention anerkannte und mit in Kauf genommene Lebenslauf- und Erfolgstuning zu betreiben, der kann mir auf der persönlichen Ebene gelinde gesagt gestohlen bleiben.
Anonymisiert schreibe ich (fast) alles – was mir gerade mal wieder einigen Ärger eingehandelt hat, weil sich ein paar Personen künstlich über meinen Text aufregen zu müssen meinen. Sollen sie doch. Die Wahrheit ist wichtiger als die Ruhe der geistig Toten.
Das Problem ist das Mitlesen. Blogs sind eben nicht mehr nur Geschichten die man “ins Netz” postet, sondern ein Kommunikationsmedium zwischen Bekannten und Freunden. Das macht es auch für Aussenstehende in manchen blogs schwer, das Geschriebene einzuordnen. Da muss man schon im Text Kreml-Astrologie betreiben und in den Kommentaren Beziehungsgeflechte identifizieren. Ich habe als Leser den Eindruck, dass dann ob eine Story gepostet wird, die die Tagesform und die jeweilige Beziehungs-Lage entscheidet.
Zum dollen Hecht: Öffentlich mag das keiner zugeben, aber mein Eindruck ist, dass Success-Stories eine stabile Leserschaft bringen. Muss natürlich authentisch klingen. Ist doch wie im richtigen Leben: Wer will denn lesen, dass andere es auch nicht auf die Reihe bringen? Im Fernsehen mögen real-soaps ja noch das Gefühl der relativen Überlegenheit vermitteln, aber Probleme lesen ist dann doch zu anstrengend.
Nö … die “tollsten Geschichten” behalte ich (leider ?)für mich.
Nachdem der eine oder andere (Geschäfts-)Freund den Zusammenhang(und die handelnden Personen) wiedererkannte, bin ich vorsichtiger geworden. :(
Es gibt eine Maklerregel: ich sage nicht alles, was wahr ist … aber alles, was ich sage, ist wahr !
So verhalte ich mich.
Ich würde ohne Skrupel literarisieren. Die Wahrheit ist ohnehin immer meine eigene, selbst wenn ich versuchte, meine Wahrnehmungen so objektiv und detailgenau wie möglich zu dokumentieren.
Blogs können ja durchaus eine Kunstform sein – und in der Kunst thematisiert man das Wesentliche einer Geschichte, nicht die Geschichte selbst. Bei Blogs mit journalistischem Anspruch gilt das wohl eher nicht, die könnten dann leicht ein Glaubwürdigkeitsproblem bekommen.
Was hat denn Literatur mit Ehrlichkeit zu tun? Literarisierung wäre doch gerade Verfremdung, um die Geschichte ‘besser’ zu machen (was immer das ist). Die Musen gehen doch nicht nackt – un die Angeber mit dem dicken verbalen Auspufftopf erkennt man am Sound. …
Das was ich über Leute schreibe, können diese auch ohne Probleme lesen. Deshalb verliere ich noch keinen meiner Freunde, denn die sind es ohnehin von mir gewohnt, dass ich meine Klappe auch offline nicht halten kann…
Und gelogen wird im Blog wie im richtigen Leben, dass an sich meist selbst so haarsträubend ist, dass zu einer guten Geschichte gar keine Übertreibungen nötig sind.
@Strappato/9: Persönliche Probleme und Fehler können sehr wohl recht Unterhaltsam für die Leser sein. Typische und penetrant positive Erfolgsgeschichten kenne ich eher aus “business blogs”, denn “Wer Erfolg hat, hat Recht”.
Zu Dons Frage: Ich habe ja kein perönlich-privates Tagebuch-Blog daher stellt sich für mich die Frage nicht so oft konkret. Ich würde aber nichts über mein konkretes eigenes Umfeld schreiben, was jenes irgendwie “entlarven” würde und versuche (bis auf wenige Ausnahmen) zu verallgemeinern, zu anonymisieren, oder komplett wegzulassen.
Ich habe so meine Schwierigkeiten mit dem Begriff des “Lügens” – das ist so ein böses, schlimmes Wort für eine Tätigkeit, die wir alle täglich betreiben aber es natürlich nie zugeben würden. ;-)
In dem Fall, den du schilderst Don würde ich die Geschichte zwar bloggen aber dann verfremden – was ja in dem Falle kein “Lügen” in dem Sinne ist sondern die Ãœberarbeitung oder Bearbeitung einer Begebenheit die im Grunde dann einen wahren Kern hat. Literarisieren gefällt mir dafür als Begriff ganz gut.
Was natürlich eh und je an die Frage rührt ob das Blog-Ich und das eigene persönliche Ich nun 100% deckungsgleich sind. Selbst wenn das jemand von sich behauptet: “Das bin ich! So bin ich!” bildet sich im Laufe der Zeit dann ja doch eher eine Blog-Persönlichkeit heraus, genauso wie ein On-Air-Persönlichkeit oder eine Podcast-Persönlichkeit – das sind zwar dann alles Rollen, die fast deckungsgleich mit dem Ego sind aber eben nur fast.
Es sei denn man wird direkt als Don geboren. *g*
Ist der Literarisieren vertretbar? Natürlich. Jede gute Geschichte könnte im Grunde ja wahr sein, in der Literatur kommt es nicht immer auf die Wahrheit an, die man selbst bei Autobiographien nicht findet. Oder nur zum kleinen Teil.
Offensichtlich Lügen? Ein Herr Ito sagte, man könnte im Internet so schön leicht Sachen ignorieren – das tue ich dann auch. ;-)
(Und wehe du bloggst nicht über diesen komischen Tagungsgedönsgekrams… :-))
Ad Astra
Die Frage habe ich mir in meinem Blog heute gerade selbst gestellt. Meine Antwort an mich war, wenn’s jemandem schadet, wird’s eben nicht geblogt. Zusammengelogen wird’s aber auch nicht. Entweder man schreibt, was einem passiert, oder man lässt es bleiben…
Wenn ich überhaupt tagebuchmässig blogge, dann
wird alles so lange durch den Fleischwolf gedreht, bis es völlig verfremdet ist.
Nur ein oder zwei Spitznamen tauchen auf, diejenigen wissen aber Bescheid.
Im Zweifel lasse ich weg.
Freundschaft geht vor. Immer und überall. Es sei denn, die Betroffenen sind einverstanden.
Was die zweite Frage angeht: Fliegt aus der Blogroll.
Grundsätzlich schreibe und verfremde ich. Würde eine solche Geschichte jedoch nicht nur mich, sondern eine Person aus meinem Umfeld betreffen und es wäre absehbar, dass diese Person etwas dagegen hätter gebloggt zu werden, verzichte ich allerdings eher auf eine gute Geschicht. Es passieren ja immer noch andere Dinge, über die es sich zu schreiben lohnt.
Mein Freundes- und Bekanntenkreis weiß eigentlich weitestgehend nichts von meinem Blog. Abgesehen davon, einige Vertraute gibt es natürlich, hat mein Freundeskreis nichts zu verbergen und ich denke, dass sie zu dem stehen, was sie tun und sagen – ich werde bestimmt nicht gesteinigt, wenn ich ihnen irgendwann mal den Link zu meinem Blog gebe.
Nichtsdestotrotz neige ich manchmal zur Literarisierung, z.B. wenn das Leben mal nicht so spannend ist, wie ich es gerne hätte…
Siehe dazu auch Heinz von Förster: “Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners”.
Ich halte es so, dass ich aktuelle Erlebnisse aus meiner näheren Umgebung nur blogge, wenn ich damit niemandem weh tue. Ganz anders ist es bei den Stories aus der Vergangenheit. Da werden höchstens die Namen anonymisiert, die Sachverhalte aber weitestgehend authentisch wiedergegeben, auch wenn es für den/die eine/n oder andere/n peinlich ist. Und dann gibt es noch Geschichte von heute und von gestern, die sind der Geschichte zuliebe literarisch verformt. Schließlich ist da noch die juristische Dimension; wenn also jemand sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt fühlen könnte, dann wird nicht nur die Person anonymisiert, sondern auch die Situation.
Was andere betrifft und nicht zuverlässig zu einer anonymisierten Anekdote verarbeitet werden kann, bleibt ungebloggt.
Persönliches schimmert gelegentlich durch (aber eher in der Lyrik).
Da, wo ich das Einverständnis habe, wird gebloggt, aber anonymisiert (Personen, Orte, teilw. auch Handlung, verfremdet). Direkte Namensnennung im Rahmen einer Geschichte, kommt nicht in Frage, etwas anderes ist es bei bestimmten Anliegen.
Schreiben und anonymisieren. Alles klingen lassen wie eine Anspielung, und dann geht das.
Ich schreibe unter meinem Namen das was mir passiert. Dabei wird auch schon mal der Name von Verwandten und Bekannten erwähnt (nie der volle Name!) – die dann allerdings auch wissen, dass ich was schreibe. Bilder nie ohne zu fragen oder mit ausdrücklichem Hinweis und möglichst unkenntlich.
Die Geschichten können Betroffene sicher verstehen. Außenstehende werden das nicht auf reale Personen zurückverfolgen können.
Außerdem blogge ich nur, was ich auch auf eine Postkarte schreiben würde. Richtig persönlich würde es nur werden, wenn es um mich selbst geht.
Ich habe vor kurzem erst mit dem Bloggen angefangen, aber genau diese Frage habe ich mir heute mittag auch schon gestellt, als ich von dieser Veranstaltung gelesen habe.
Ich tendiere eher dazu, die Situation dann nicht zu bloggen (unabhängig davon, ob die Person das mitliest. Sie könnte Jahre später durch Zufall darauf stoßen, was mir genauso unangenehm wäre). Unter gewissen Umständen könnte ich es aber doch bloggen, indem ich (mit zeitlichem Abstand) eine schöne Geschichte daraus mache. Also, bestimmte Details weglassen, andere hinzudichten. Also mehr künstlerisch wertvoll als platte Situationskomik.
Wird die Veranstaltung am Freitag irgendwie auf Video aufgezeichnet und veröffentlicht? Ich habe mir zwar vorgenommen, mal vorbeizuschauen, aber leider erst nach Feierabend.
Bei mir hat sich das gewandelt. Seit ich “greifbarer”, weniger anonym bin, seit dieses Blogdings insgesamt “größer” geworden ist, ein gesellschaftliches und Medienthema, lasse ich eher mal was weg. Insgesamt bilde ich mir ein, sowieso eher über mich, meine Gefühle, meine Ängste, meine Schwächen, geschrieben zu haben – auch wenn in diesen Texten eben auch andere Personen auftauchten. Früher hörte ich auch öfter “Ich verstehe dein Blog nicht”, was wohl zeigt, wie stark die Texte teilweise verdichtet und verfremdet waren. Authentisch immer, aber nicht immer zeitnah, erlebnisnah, 1-zu-1.
Ich denke, zwischen diesen beiden Polen pendeln die wirklich guten Blogtexte: entweder sehr direkt, geradeheraus, 1234. Oder eben sehr stilisiert, überhöht und an der Form interessiert. Literarisch meinetwegen.
Um Supatyp zu ergänzen: nicht nur ignorieren. Offline drüber lachen. Besser ist aber ignorieren, da hat er recht.
Ich sag den Leuten immer gerade heraus ins Gesicht, was ich von Ihnen oder dem, was sie machen, denke – und ich hab in ungefähr das Feingefühl einer Abrissbirne.
Von daher würden die Menschen, die mich kennen, eher mit ‘nem Fieberthermomenter anrücken, wenn ich auf einmal anfangen würde, Dinge zu beschönigen und/oder Personen zu anonymisieren.
Auch wenn mein „Online-Tagebuch“ mittlerweile so langsam verwaist (genau aus der angesprochenen Datenschutzproblematik), handhabe ich das so, dass bei solchen persönlichen „Sternstunden-Stories“ (mir fällt gerade kein anderer passender Begriff ein) keine Rückschlüsse auf andere beteiligten Personen möglich sind. Wenn diese Personen mitlesen, dürften sie schon wissen, dass sie gemeint sind, aber sonst kein Außenstehender. Dieses Verfremden oder „Literarisieren“ halte ich nicht nur für vertretbar, sondern vom Standpunkt des Persönlichkeitsschutzes sogar geboten – ganz abgesehen davon, dass es die Spannung erhöht ;-) Von der Diskretion und Schreibweise her kann dabei Rebellen ohne Markt durchaus ein Vorbild sein.
Sollte tatsächlich die Gefahr bestehen, einen guten Freund zu verlieren, dann verliere ich doch lieber die Geschichte.
Da ich meine eigene Anonymität schätze, schütze ich auch die derer, von denen ich erzähle, und ändere daher grundsätzlich alle Namen. Manches lasse ich aus, und so manches Mal zensiere ich mich selbst, dann bleibt es unveröffentlicht, viel häufiger sogar ungeschrieben.
Im Übrigen vertraue ich darauf, dass die große Mehrheit relativ flüchtig liest und kein allzu gutes Gedächtnis hat und daher auch nicht die Zusammenhänge erkennt, wo welche bestehen. Dass das recht gut funktioniert, zeigt sich an den Kommentaren. Die liegen dann meilenweit daneben, aber mitunter entspinnt sich daraus auch ein ganz interessanter Austausch. Es gibt natürlich Leser, die schon seit Anfang an dabei sind, die wissen dann meist, worum es geht (auch das zeigt sich an den Kommentaren). Das ist auch OK. Es freut mich auch, wenn sie meinen Gedankengängen folgen können.
Mein Umfeld liest bei mir nicht mit, denn ich verrate dort allenfalls die Adresse meines Zweitblogs, wenn überhaupt. Das hat mir manchmal schon etwas Unmut eingebracht, aber mir ist das lieber so. Ganz am Anfang habe ich einmal einer Freundin meine Blogadresse genannt, als ich dann merkte, dass sie es ein paar Mal besucht hatte, mochte ich prompt eine ganze Weile nicht schreiben.
Mit Schreibverweigerung reagiere ich ohnehin öfter einmal, dann lasse ich mein Blog halb verhungern. So hält man seinen Leserkreis schön überschaubar, das soll gar keine Massenveranstaltung werden, das bringt nur Stress und Ärger.
Mir sind Zugriffszahlen usw. ziemlich schnurz und darum beeindruckt es mich auch nicht, wenn jemand vermeldet, wie toll seine Userzahlen sind. Wer’s nötig hat … Ich kann solche Leute nicht sonderlich ernst nehmen.
Problematisch finde ich es auch, wenn Leute Begebenheiten komplett erfinden, aber so tun, als hätten sie sich tatsächlich zugetragen. Ich hörte von einem Blogger, der mit einigen erfundenen Stories sein Blog nach oben katapultierte. Seine Leser ließ er aber im Glaube, dass die alles wahr und echt seien. Nachdem er plötzlich so angesagt war, mochte er wahrscheinlich einfach nicht mehr zurückrudern.
Solche aufmerksamkeitsheischenden Leute gibt es halt. Ich erinnere mich auch an einen solchen Fall bei den “Höflichen Paparazzi”. Da erfand eine Frau einige Begegnungen mit Prominenten und schaffte es mit diesen Stories, in den engeren Zirkel aufgenommen zu werden. Als ihre Geschichten dann in einem Buch veröffentlicht werden sollten, kam es heraus. Ich weiß aber nicht, ob diese Erfindungen jemals aus dem Forum gelöscht wurden. Ach ja, die Dame, so hieß es, arbeitete im realen Leben in der PR.
P.S. Bei manchen Geschichten verfahre ich auch nach der Salamitaktik, manches erzähle ich dann nur auf Nachfragen. Da das aber in der Regel kaum einer tut, behalte ich es für mich.
Ich hatte tagebuchartige Postings, manchmal auch, wenn mich die Arbeit ankotzte. Das ließ ich weg, als ich plötlich in Google vor meinem Arbeitgeber stand. Ansonsten waren die Tagebuchartigen Sachen auch nie ein Problem, vielleicht auch deshalb, weil da nie Extremes passiertes. Es war mehr so eine halbsatierische Bestandsaufnahme der Zeit, gemischt mit Privatem. Eben jenes Private wurde immer weniger nicht zuletzt aufgrund der “Arbeit” einiger Anwälte, die sich gerne mal engangieren, wo Engagement gar nicht gewollt ist. Getroffen hat mich diese Problematik akut, als man mich als Rassisten beschimpfte, weil ich Jemanden aus Hamburg so genannt habe, wie er sich nach Hörensagen selbst auch genannt hat und damit ganz gut zu leben schien, auch das Hörensagen.
Die Situation damals: es war blogbar, ist es heute noch, aber ich darf nicht den Namen nennen, den damals sogar die Plattenfirma nannte.
Langer Rede kurzer Sinn: Die Site ist zu, weil Friedmann mich als Antisemit denunzieren könnte, weil ich seinen Hang zu Kokain und osteuropäischen Nutten mal satirisch erwähnte, Helmut Kohl könnte auffallen, dass seine nicht mehr ganz neue Freundin auch schon mal vor längerem erwähnt wurde, usw.
Antwort auf die eigentliche Frage: Ich schreibe nicht mehr, weil es einfach zu gefährlich ist. Jeder kann jedem ans Bein pissen, solange es nicht darum geht, warum man lieber Margarine statt Butter nimmt
…und selbst bei der letzten Aussage wäre ich vorsichtig, Rama hat bestimmt gute Anwälte. Ãœble Nachrede und so.
ich schreibe anonymisiert und kaum gelesen sachen auf, die zwar nichts mit der unmittelbaren realität zu tun haben, aber die mir oft schon widerfahren sind, ich drehe aber immer am zeiträdchen ein bisschen rum.
wenn man das literarisieren nennen will, kann man das, ich mache das aber aus rein subjektiven motiven: tut einfach gut (auch wenn es nicht gut ist).
und warum? früher hatte ich ein blog, welches deutlich näher an der realität war, die meisten leute, die mich kannten, kannten mein blog – ich habe dann, nachdem ich festgestellt hatte, dass ich (umzugsbedingt) “neuen leuten” nicht davon erzählte, gemerkt, dass das nicht das wahre sein kann. ich fühlte mich nicht frei. überhaupt: dieses widerliche “gestern hast du aber mal wieder was geschrieben”, bah. das mochte ich nie.
sollte ich jemals leser finden und zu bloggertreffen fahren dürfen, würde ich das wohl auf irgendeine art maskiert tun.
Literarisierung ?
Ichweisetnich… Warum muß denn heutzutage
ein Hohlmaß arisiert werden ???
Ich schreibe Kurzgeschichten, in denen ich Zeug aus der Realität verarbeite … in diesem Fall Geschehnisse aus der Hochschulpolitik.
Auf jeden Fall lasse ich einen gewissen zeitlichen Abstand zwischen dem was ich erlebe und was ich schreibe, wenn es Personen aus meinem Umfeld eventuell negativ beeinflusst (und damit auch mich).
Dabei fällt mir ein: Ab und an thematisiere ich auch ernsthaftere, und aktuellere Sachen aus der HoPo. Und weil ich es gerade las: In solchen Fällen lasse ich den Betroffenen ein Mitspracherecht, und versuche möglichst professionell heran zu gehen.
So geschehen am prominentesten bei dem Fall des Nazi-Vorständlers beim Gießener RCDS letztes Jahr, thematisiert in meinem alten Blog. Da habe ich teilweise auch auf Wunsch nachträglich abgeändert.
Es gibt mittlerweile eine Handvoll Leute, die wissen, wer hinter Remington steckt. Auch Familienmitglieder. Ein wichtiger Fakt dabei ist, dass, wenn man regelmäßig schreibt, doch eine Menge Stoff zusammenkommt und nur noch wenige Leute sich die Zeit nehmen, dranzubleiben. Wenn meine Bekannten also nur eine oder zwei Wochen nicht ins “Indernet” gehen, sind sie so weit abgeschlagen, dass sie schon zwei Stunden dranhängen müssten, um wieder up to date zu sein. Ein Aufwand, den nur wenige, in meinem Fall nur einer auf sich nimmt.
Im Allgemeinen habe ich also keine Angst, konkret zu werden und schreibe Klartext. In vielen Fällen allerdings will ich mit meinen Texten Wirkung erzielen und dafür ist eine Aufarbeitung nötig, die es erforderlich macht, zu verallgemeinern, will sagen, nicht zu verfälschen, aber treffender zu gestalten.
Wenn das gelingt, spricht die Geschichte für sich selbst und dann sind konkrete Namen und Daten eigentlich unnötig. Und können weggelassen werden.
Ich mach einfach ne Geschichte draus.
Hoffe, geholfen zu haben.
Alles Gute
J.M.
Als reiner Konsument ist es mir eigentlich egal. Wenn ich davon ausgehe, das jemand als Kunstfigur schreibt, dann gehe ich genauso davon aus, das sich das meiste nicht so zugetragen hat. Spielt aber keine Rolle. Gar keine. Es geht um das Schreiben, die Geschichten, die Texte… ob davon irgendwas nicht so stimmt, who cares? Literarisieren empfinde ich als äußerst passenden Ausdruck, weil ich Blogs als Literatur wahrnehme (wenn auch auf einem etwas anderem Level). Der Schreiber hat seine Freiheit, die er gefälligst auch wahrzunehmen hat.
Is ja das schöne am Internet, ich kann entscheiden was ich davon als ehrlich empfinde und weiter lese und was ich ignoriere. Von daher… Meinetwegen mehr Kunstfiguren, es scheint ja bei manchen zu helfen das Beste (literarisch) in ihnen hervor zu bringen.
Raz
Ich würde abwiegen, kann ich das soweit anonymisieren, dass keiner zu schaden kommt, wird es gebloggt. Trifft es jemand direkt, wird es nicht gebloggt. Um jedoch zu anonymisieren kommt es vor, dass ich Details einfach auslasse. Nicht immer schön, aber notwendig.
Generell erwarte ich von meinen Lesern Medienkompetenz. Und damit auch die Fähigkeit nicht zu glauben, was ich schreibe, sondern zu hinterfragen und das Wort zu erheben.
Lügen haben kurze Beine und hätten es damit auf den meisten Blogs ebenfalls. Wenn keine Zensur stattfindet, findet sich meist einer, der die Wahrheit klar stellt. Oder aus einer anderen Sicht neue Erkenntnisse findet. Von daher denke ich, dass offensichtliche Lügen keine große Chance haben. Wer es geschickt anstellt, kann aber sicherlich alles verkaufen… Genau wie ein guter Verkäufer!
Wie Supatyp es geschrieben hat. (Freundschaft geht vor, sowieso, aber beim Rückzug auf die eigene Wahrnehmung verliert ja das identifizierbare der beschriebenen Personen an Bedeutung. DIskretion fällt mir allerdings schwer bei RL-Episoden, die wütend machen oder verletzen, da fühle ich mich in der Aufregung manchmal berechtigt, zuviel zu schreiben und schreibe auch zuviel – und muss dann nacher wieder löschen. Unabhängig davon, ob die Betroffenen mitlesen oder nicht, es ist indiskret! Tut man nicht. Aaaaber naja, ich arbeite noch an meiner Konsequenz. Literarisieren ja, aber kaum in der Handlung, eher im Ausdruck oder in der Linienführung oder im Tonfall. Die Tagebuchbloggerei lebt bei mir aber auch von der Tatsache, ein Randblog zu schreiben, wo man wirklich herumzappeln kann, wie es einem gefällt.)
Mein Blog-Ich und mein Offline-Ich sind nicht deckungsgleich. Ich schreibe relativ anonym, erwähne nie Namen und schreibe selten über Gefühle und (hoffentlich) nie Dinge, die für andere unangenehm werden könnten. Einfach so, aus Prinzip. Andererseits schreibe ich auch extrem selten Einträge, bei denen ich lügen könnte.
Es ist mir relativ unangenehm, dass meine Kollegen mittlerweile meinen Blog kennen. An dem Tag, an dem sie herausgefunden, wo (dass) ich blogge, habe ich gerade darüber geschrieben, wie doof ich Raucher finde. Muss ich erwähnen, dass mindestens die Hälfte meiner Kollegen Kettenraucher sind? Alle fanden es zwar lustig, aber das hat mir dennoch zu denken gegeben. Seitdem blogge ich viel vorsichtiger, einige gute Geschichten sind deswegen sicher schon gestorben.
Userzahlen zu bloggen finde ich persönlich absolut peinlich. Quasi eine der Todsünden guten Bloggens. Eine andere Todsünde ist, in seinem Blog Fishing for Compliments zu betreiben und den pawlowschen Kommentarreflex seiner Dauerleser auszulösen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Oft denke ich, dass die Welt der (privaten) Blogs gespalten ist: Da gibt es diejenigen, denen Rankings wichtig sind und das öffentlich zelebrieren (juhu, der 100.000ste Besucher! Ich bin toll! Und ihr seid toll, weil ihr mich toll findet!). Die brauchen ihre tägliche Dosis statistischer Bauchpinselung. Und dann gibt es die anderen, die darüber nur den Kopf schütteln können und einfach nur der guten Pointe wegen schreiben. Die bloggen dann auch eher selten Videos und Links, weil sie sich die Geschichten aus ihrem eigenen Leben holen.
Wenn ich aus meinem Berufsleben berichte (soll heißen: Mich über Kunden aufrege), dann verfälsche ich schon so, dass zwar die Geschichte noch authentisch ist, aber nicht “ergoogelbar” für die, die dabei gewesen sind.
Schreiben und verfälschen. Von meinem realen Umfeld lesen eh nur der Nazgul und die Sphinx mit, und denen würde ich es im Zweifelsfall freiwillig per EMail oder IM erzählen.
Wenn es ganz hart kommt, dann schreibe ich es nur auf meinem englischsprachigen Blog (den auch nur der Nazgul und die Sphinx kennen, aus meinem realen Umfeld) – das sind dann die Sachen, bei denen ich zu viel von mir preisgeben würde, denn als untoter Altägypter bin ich nun mal Kunstfigur, wenn auch so das eine oder andere aus der Realität ‘rüberschwappt. Aber wie Du weißt, Don, gibt es drei oder fünf Sachen über mich, die ich bislang in der deutschsprachigen Blogosphäre erfolgreich verschwiegen habe, und das wird auch so bleiben. Ich denke sogar darüber nach, mich gewissermaßen zu ‘forken’ (wie Quellcode, der von zwei verschiedenen Teams weiterentwickelt wird) und mit einer anderen Kunstfigur andere Aspekte von mir darzustellen, so daß es zwischen den dann zwei Blogs keinerlei Verbindung gibt.
Ich glaube, ich bekenne mich schuldig, ‘Schwindeln für Fortgeschrittene’ zu betreiben. Das ist alles noch rein gar nichts im Vergleich zu einer gewissen Sphinx, die ich kenne, aber das ist ein anderes Kapitel…
Ich schreibe der Wahrheit entsprechend. Wenn ich aufgrund Gefährdung oder Rücksicht etwas Wichtiges abwandeln müsste, würde ich es komplett lassen. Freunde sind wichtiger als jede Geschichte.
Die wenigen Dinge, die privaterseits erwähnt werden, sind durchgängig wahr, gleichzeitig aber durch “meine Brille” erzählt (d.h., sie enthalten -wenn es der “Dramaturgie” dient- gelegentlich kleine Ausschmückungen, kleine Ãœbertreibungen oder kleine Abänderungen vulgo Verfälschungen). Ich halte aber jede “persönliche” Erzählung für subjektiv (frag 10 Leute, die dieselbe Sache erlebt haben und du hast 10 Versionen, welche ist nun “wahr”?), daher sind kleine “Korrekturen” legitim, solange sie die Geschichte an sich nicht verfälschen.
Und eine Geschichte wird dann nicht erzählt, wenn sie in irgendeiner Form (auch und v.a. für andere) zu persönlich wird.
Und die Lügner: Es ist die Frage, in wieweit nicht jeder im Internet zumindest zu einem kleinen Teil eine Kunstfigur bleibt (oder könntest du das nun in meinem Fall unterscheiden, was die Kunstfigur “gorillaschnitzel” ist und was der Blogger dahinter?).
Aber: Es gibt die kleinen Lügen (“Wir übertreiben ein klein wenig”), die großen Lügen (“wir übertreiben gewaltig”) und die Lebenslügen (“wir erfinden alles”) und mindestens mit den letzteren kommste auf Dauer nie durch. Weder im Internet, noch im normalen Leben.
[…] “[…] Und ist dieses Erfinden, Literarisieren, um es mal nett zu sagen, für Euch vertretbar? […]” Die Geschichten so zu drehen, dass sie als Geschichten etwas hermachen, halte ich durchaus für vertretbar. Wer bist du, wenn du bloggst? Baust du dich so zurecht, wie du dich gerne sehen würdest? Inszenierst du dich zur Freude anderer oder baust du dir eine Penisverlängerung aus Text? Ich muss manchmal breit grinsen, wenn ich Blogs von Menschen lese, die ich kenne und dann wieder doch nicht, weil sie sich so schreiben, wie sie manchmal gerne wären. Weil sie sich schreiben, wie sie nicht sind. Und weil sie dann eben doch so sind. Weil diese Erzählerei dazu gehört, ob jemand ein Blog schreibt oder Mails, ob jemand diese oder jene Klamotten kauft oder heimlich eine Sendung im Fernsehen schaut, von der er niemandem erzählt, so verhält es sich auch mit Blogs: Selektion als Kanalisierung der Facetten. Und wenn da jemand eine Kunstfigur baut, ist mir doch die Kunstfigur scheißegal. Viel mehr sagt es doch über den Menschen an sich. Welche Charakterzüge er rauslässt, welche er für erwähnenswert hält, welche nicht. Was darf man cool finden, was muss man scheiße finden, um gut anzukommen? Was erwähne ich und was lasse ich unter den Tisch fallen, um Kommentare zu kriegen? Das ist die eine Sorte. Die irgendwann nicht mehr weiß, was eigentlich erfunden und was echt war. Die zweite Spezies schreibt gnadenlos auf, was passiert. Eins zwei drei und du weißt genau, ja richtig. Und erschrickst vor dem Mut, vor diesem offenen Buch und liest irgendwann nicht mehr weiter, weil du manche Dinge gar nicht wissen willst. Ich halte Literarisierung für immanent in den meisten Blogs, ohne diese würden sie als Erzählblogs selten funktionieren. Nachrichten, Beobachtungen auf sachlicher Ebene als Informationsquelle gerne. Aber der Tick hinüber zum Schlüsselloch, zum Ãœbungsplatz, zum Experiment – ich glaube, da geht es nicht ohne. Allein deine Perspektive, die persönliche Erzählweise literarisiert doch schon, du schmückst aus, versuchst genau zu erklären, lässt deiner Meinung nach unwichtiges weg, wählst aus und gehst nochmal drüber, verwischst die Spuren oder machst welche hinzu, drehst es so, dass du damit umgehen kannst. Und der Leser muss ja. Ãœber offensichtliche Lügen kann ich lachen, ich nehme all die Geschichten nicht ernst und ich freue mich über Sprache und Anekdoten, ich habe die Schreibe einiger sehr lieb gewonnen, baue mir Bilder im Kopf, mag den Blick von manchen und die Schwächen der anderen. Am liebsten aber sind mir die ungesagten Dinge, die Konnotationen, das Gefühl, das da mitschwingt und das man bei den Guten immer noch erkennt, auch nach dreimaliger Radierung. Dass du dir denken kannst, warum er das und nicht jenes schreibt und wohin es führt. Niemand lebt genau so, wie er es gerne würde. Und hier kann man sich zurecht bügeln, hat man die Dinge halbwegs unter Kontrolle, was ja sonst doch eher selten ist oder zwanghaft. Sich eigentlich um nichts und niemanden zu scheren und dann doch wieder um alle (sonst würde man es nicht veröffentlichen), das ist die Gradwanderung und das Charmante. Gib mir ein bisschen von dir und ich bau mir was draus, erzähl mir eine Geschichte und ich sag dir anhand deiner Satzzeichen, wo du dein Gesicht in Falten legst und was du verheimlichen willst. Geheimnisse erzählen, ohne sie zu haben. […]
das problem stellt sich dann nicht, wenn diejenigen, über die man schreibt, nicht mitlesen. es wissen ein paar menschen in meinem realen umfeld von meiner virtuellen existenz, aber die lesen so selten oder gar nicht mit, sodass ich vieles eins:eins wiedergebe bzw. es könnte, wenn ich wollte. ich fühle mich im internet recht sicher und anonym, was die verknüpfung reales und virtuelles leben angeht. und selbst wenn mich mal jemand darauf anspricht, “bin ich da und da gemeint?” ist mir das in der regel egal, denn entweder kommt derjenige damit klar oder nicht, wenn nicht, kann ich auf den kretin gut verzichten.
dennoch literarisiere ich gerne, weil ich die chance und den zauber der verwandlung mag. es ist wie geschminkt oder ungeschminkt auf die straße gehen, heute jeans, morgen feiner fummel. durch mein studium habe ich viele schreibstile kennengelernt, ich imitiere gerne, baue um, personalisiere dann wieder und immer so fort. schreiben ist spielen für alphabeten.
dennoch, die anzahl der blogs ist mittlerweile so riesig, dass der einzelne schreiber verschwindend unbedeutend ist. das internet bietet solch einen reichtum und solch eine auswahl an auch brisanten themen, dass allein der faktor der übermäßigen verfügbarkeit alles relativiert und das interesse extrem schrumpft. der zufall, entdeckt zu werden, ist wahnsinnig gering.
@ Gorillaschnitzel
Ich übertreibe selten. Ich verschweige Aspekte, und schon wird aus der Geschichte eine andere, in der sich die Protagonisten nicht notwendigerweise wiedererkennen würden.
Es wird anonym eine gute (!) Geschichte daraus gemacht, also verdichtet, gerafft, pointiert, gekürzt etc., eben literarisiert.
Gute Geschichten kommen ins Blog. Unter dem ganzen Wust an Phantasiegeschichten und -figuren findet ja doch niemand heraus, daß etwas Reales beschrieben wurde ;-)
Aber mal ernsthaft: Manchmal kommt es vor, daß ich Personen erkennbar beschreibe. Das sind meistens Menschen, denen ich eh nie meine Blogpersönlichkeit offenbart habe. Wenn aber doch, dann entschuldige ich mich vor dem Hochladen des Beitrages und hoffe, daß derjenige genug Humor hat, mir zu verzeihen.
Wenn nicht, töte ich ihn anschließend. Mit einer Axt. Ins Gesicht.
Was jemand schadet bleibt aussen vor, der Rest kommt rein. Aber ehrlich gesagt bin ich so realistisch anzunehmen, dass der eigene “Tagebuch”-Blog sowieso höchstens von wenigen Freunden gelesen wird. Und es ist es nicht wert, sich wegen einer Geschichte in einem unbedeutenden Blog Freundschaften zu versauen.
Und diesbezüglich:
“Und wie geht Ihr als Leser mit offensichtlichen Lügen von Nichtkunstfiguren in Blogs um (Ihr kennt das: Ãœberzogene Userzahlen, Karriereblabla, der tollste Stecher zwischen Alpen und Förde)?”
Ich amüsiere mich drüber und nehme die Leute nicht ernst. Ganz allgemein, nicht nur deren Blog betreffend.
Ich beschreibe im Allgemeinen Erlebnisse völlig authentisch, halte mich aber in der Nennung von Ortsnamen zurück, von Personen ganz abgesehen. In meinem Fall bin ich gleichzeitig anonym und auch nicht, da mein Nick zugleich mein spitzname ist, meine Freunde also wissen, bei wem sie mitlesen, die Restwelt hingegen nicht.
Ich bin ich und ich bin St. Burnster.
Ausnahme: Kategorie B-Files, da Fiktion bzw. Erzähltes.
Berufsleben, Familie und Privates im engeren Sinne sind tabu. Manchmal den Eindruck zu erwecken, als wären sie das nicht, ist ein Kunstgriff.
Ich blogge durchaus Persönliches, aber nichts Intimes.
Literatur ist für mich etwas anderes als um der Wirkung oder des Beifalls willen verfremdete Wirklichkeit.
Und mich selbst zu literarisieren interessiert mich nicht.
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Für mich gilt weitgehend dasselbe wie für Burnster. Nur weil mein Name drübersteht, ist dennoch die Figur nicht identisch mit dem realen Leben.
Wobei ich schon die ein oder andere Anekdote daraus erzähle – aber manchmal sehr viel später, manchmal aus dem Zusammenhang gerissen, manchmal durch bewusstes Weglassen verfremdet oder übertrieben.
Im Zweifelsfall gilt der Grundsatz: schädige ich jemanden durch die Geschichte? Verletze ich? Oder kann jemand darüber lachen?
Was ich schreibe, ist meistens echt, mitunter aber ästhetisch auffrisiert. Ob ich echt bin oder ein fiktiver Charakter, ob das, was ich schreibe, gerade passiert oder in einer ganz anderen Phase meines Lebens spielt, das wird immer ein Geheimnis bleiben. Allerdings äußere ich meine Ansichten ungefiltert und so, wie ich es wirklich meine. Meine berüchtigte Direktheit habe ich auch im echten Leben.
Teilweise gebe ich auch ziemlich intime Dinge über mich preis, andererseits werden zentrale Informationen über mich unterschlagen. Niemand würde aus den verstreuten Elementen die reale Person zusammensetzern können.
ich habe nicht die absicht, mit meinem blog irgendjemandem in meinem umfeld zu belehren oder mit ihm über etwas zu kommunizieren, was ich ihm nicht auch einfach so sagen könnte, ohne das die welt – oder eben das, was man als blogger im so called long tail für die welt hält – mitliest.
soviel zur theorie. die hat anfangs noch ganz gut geklappt und ich hab nur über lustiges gebloggt. und wenn es härtere themen gab, betrafen diese auschließlich mich und meine gedanken – soweit man diese eben von den bekannten, die mitlasen, loslösen konnte. das gelingt nicht gut. inzwischen ertappe ich mich beim durchführen zweier szenarien:
1. ich blogge nicht, wenn ich merke, das könnte jemand aus meinem privaten umfeld verletzten/irritieren/usw.
2. ich tue es gerade deswegen.
der erste fall ist irrelevant. im zweiten literarisiere ich sehr viel. so viel, bis nur noch für die betreffende person oder für die betreffenden personen die nachricht wirklich zuzuordnen ist. natürlich ist der beitrag dann dennoch lesenswert. aber die verbindung zu personen ist für aussenstehende nicht nachvollziehbar. so entsteht also ein kleiner diskurs – allein mit den adressaten. das hat schon oft verletzt, wie im falle dieses beitrages: http://www.casus-belli-blog.de/blos-keine-losung/
das stört mich aber nicht. im gegenteil, in fällen wie diesem suche ich ja die konfrontation.
ganz allgemein zum schluss: ich überhöhe der geschichte wegen fast in jedem beitrag, bleibe aber so nah wie möglich an der wahrheit.
Ach ja: Und genau 2 Blogfriends wissen, wer ich bin. Die kenne ich auch im realen Leben, sonst gibt es da keine Schnittmegen. Niemand meiner FreundInnen, bekannten und Koleggas weiß, dass ich blogge, und es wird auch niemand erfahren. Teilweise habe ich ziemlich massives Kollegen- Kunden- und Geschäftspartnerbashimg betrieben.
hmm schwierige Frage…kommt jetzt etwas drauf an – aber wenn zu sensibel, dann wirds halt nicht gebloggt, da ich ein strikter Gegner von Bereichen nur für Auserwählte bin (und man sonst nie weiss, wer alles über das Blog stolpert – da wurd ich schon zu oft überrascht wem alles mein Geschreibsel lesenswert erscheint).
Ansonsten wenn die Kritikalität sich im Rahmen hält (heisst max. man selber bzw andere nen Anlaß zu harmloser Belustigung bieten), dann kommts auch die weiteren Involvierten an: bei mir selber gnadenlos drauf und ansonsten weiss ich wer’s verkraftet in meinem Freundeskreis und wer nicht. Und wer’s eben nicht verkraftet kriegt den Schonwaschgang “Anonymisieren”
RaF
Blogs müssen viel literarischer werden.
Die einzige Möglichkeit, dieser dummen “Journalismus 2.0”-Debatte und ihren Protagonisten zu entkommen.
“Camp” wäre da eine Lösung.
Schreiben (öhm zeichnen) und anonymisieren.
Offen gesagt: insbesondere im beruflichen Umfeld würde ich unheimlich gerne etwas mehr machen – aber da ist mir irgendwie noch nicht die Form eingefallen.
Verletzend und bösartig bin ich im aktuellen Blog prinzipiell nicht – obwohl es mir manchmal unheimlich in den Fingern juckt, mal ein böses, zynisches, blutiges Toonblog zu machen. Das müßte aber unter einer anderen “Marke” laufen. Wenn ich auch kein Problem hätte, meinen Namen dazu herzugeben – ich liebe schwarzen Humor.
Zum Thema “offensichtliche Lügen” – na mei, wenn es sich um eine gut geschriebene tolle Geschichte handelt, habe ich da überhaupt kein Problem damit. Ich finde es zum Beispiel sehr schade, dass diese “Kaufhauserbin” nicht mehr schreibt, das waren tolle Geschichten teilweise.
Wie sagte schon meine Großmutter: und wenn es nicht wahr ist, dann ist es gut erfunden.
blogs müssen literarischer werden.
Blödsinn. Dann haben wir die Diskussion, ob blogger nicht verkappte Schriftsteller sind, lieber ein Buch veröffentlichen würden. Die Debatte hatten wir früher, als “Journalismus” noch kein Thema in blogs war, auch schon gehabt.
Mit der zunehmenden Relevanz einiger Blogs und der volständigen Archivierung ist der Reiz an ungeschminkter Veröffentlichung für mich gesunken. Also wenn geschrieben wird, dann ist es literarisiert… die wenigen relevanten und authentischen Blogs – von unabhängigen und meist etwas einsamen Geistern betrieben – ragen dann noch stärker heraus. Die immer filigraneren Justierungsmöglichkeiten der neueren sozial-vernetzten Portale wie Facebook kommen einem starken Bedürfnis entgegen, dass eben nicht jede Information wirklich allen zugänglich sein sollte. Das Justieren dieser Tools ist im privaten Umfeld recht neu… und wer Freunde und Mitleser wegfiltert muss sich im Gegensatz zur Rechteverwaltung im Beruf schon einmal fragen lassen, warum nicht alles jedem zugänglich gemacht wird.
Also: in offen lesbaren Blogs muss meines Empfindens gefiltert, ja literarisiert werden, in privaten sozialen Netzen wie Facebook lässt sich das im Einzelfall entscheiden.
Abwarten und Tee trinken. Wenn ich die Geschichte in 2 Wochen/Monaten/Jahren immer noch so lustig/spannend/interessant finde, dann kommt sie ggf. auch ins Blog.
Mit etwas zeitlichen Abstand lassen sich auch peinliche Geschichten ganz gut bloggen. Vor allem gewinne ich mit der Zeit auch einen etwas anderen, oft objektiveren, Blickwinkel.
Ich stehe täglich vor dem Problem, über etwas bloggen zu wollen, was eigentlich jeder lesen dürfte und könnte, wenn ich nicht “Feinde” (so blöd das klingt) haben würde, also Menschen, die mir das schlecht auslegen wollen. Was mache ich also? Entweder ich schreibe es so, dass im Endeffekt alles verschlüsselt ist, ich aber das Gefühl habe, das es raus ist, oder ich lasse es ganz. Wenn es um etwas harmloseres wie im von Dir angesprochenen Falle geht, anonymisiere ich, falls es nicht zu kompromittierend ist. Etwas hinzuerfinden oder umdichten finde ich unspannend und würde ich nicht machen. Dann wäre es ja nicht mehr meine Geschichte. Dann eher wieder einen ganz eigenen Text schreiben, der darauf vielleicht anspielt, aber dann auch erst einige Zeit später.
Für mich ist das Wesentliche die Authentizität. Blogs haben für mich einerseits journalistisches Potenzial, sind also gewissermaßen zur Wahrheit verpflichtet (und nicht, wie manche herkömmliche Medien, nur zur Plausibilität). Sofern eine Story berichtet, richte ich an Blogs den gleichen Anspruch wie an andere Medien.
Persönliche Storys, die andere Menschen kompromittieren können, bringe ich – zumindest soweit ich vom kompromittierenden Potenzial weiß – nicht. Selbstverständlich gilt auch bei Blogs für mich der journalistische Ethos, Informationen “unter drei” für sich zu behalten und natürlich auch keine Persönlichkeitsrechte anderer Leute zu verletzen.
Um es kurz zu sagen: Es ist ein ständiger Balance-Akt zwischen der lustvollen Berichterstattung und der Kunst, etwas aus möglicherweise menschlichen Gründen zurückzuhalten. Und da es eine absolute Wahrheit eh nicht gibt, ist das aus meiner Sicht auch legitim.
Das mit den “Informationen unter 1,2,3” hat die politische Berichterstattung in Deutschland an die Wand gefahren.
[…] an der blogbar ist eine interessante frage aufgeworfen. wie gehe ich in der (blog)öffentlichkeit mit meinem privatleben und dem privatleben anderer um? sage ich die wahrheit, ohne rücksicht auf verluste? oder lüge ich lieber? die antwort ist eigentlich ganz einfach. ich tue das, was ich immer tue. ich entscheide im einzelfall, ich nehme rücksicht, und ich tratsche nicht blöd in der gegend herum. das ist eh langweilig. mir selbst gegenüber bin ich grundsätzlich rücksichtsloser als mit anderen, aber auch ich habe klar gezogene grenzen. hin und wieder geht natürlich trotzdem was daneben, dann komme ich mir blöd vor. wenn es sich nich tum ein mißverständnis handelt, was ja bei der interpretation von worten an der tagesordnung ist. einmal habe ich einen beitrag ‘überarbeitet’, weil sich jemand ‘beschwert’ hat. so ist es korrekt, meiner meinung nach. sowohl das ansprechen, als auch das ändern. « […]
Kommt ganz einfach drauf an, worum es geht.
Normalerweise schreibe ich über andere Personen in meinem Umfeld nur relativ oberflächlich, und wenn es tiefergehend ist, nur Dinge, die ich den Betreffenden auch persönlich ins Gesicht sagen würde. Aber meist werden die Namen rausgenommen, durch Phantasienamen ersetzt oder es wird alles verfremdet, also die erlebte Geschichte durch eine in der Essenz gleichartige Geschichte ersetzt.
Wenn es mich betrifft und wirklich tiefgehend ist, dann kommt das in einen passwortgeschützten Beitrag, zu dem nur Leser, die ich kenne und die schon lange kommentieren, Zugang erhalten.
Ich würde allerdings nie irgendeine Geschichte einfach so erfinden und als echt verkaufen. Das ist ne Lüge, dagegen hab ich was.
Zu den Leuten, die sich immer und überall selbst profilieren müssen: Das les ich nicht. Ich mags, wenn ich auf Blogs menschliche Schwächen entdecke und da gewissermaßen mitfühlen kann. Kenne auch keine Leute, die irgendwie rumposen müssen… Und das ich der tollste bin, wissen meine Leser ja eh alle :P
[…] jene frage, die gerade an der blogbar verhandelt wird, zielt ja – platt ausgedrückt – auf das thema wahrheit. also, schreibe ich die wahrheit ins netz? oder verfälsche ich die gegebenheiten, um des lieben friedens willen? (auch wieder platt ausgedrückt.) mit literarisierung hat das allerdings wenig zu tun, denke ich. literarisiert ist alles, was geschrieben steht, und das nicht nur wegen der verschriftlichung. in jedem fall hat doch eine gestaltung stattgefunden, ob es dabei nun um die wahrheit geht oder nicht. ohnehin hat authentizität oft recht wenig mit wahrheit zu tun, viel eher mit wahrhaftigkeit. sprache dient dabei beiden herrn, ist also ebenso wahrheitsliebend wie auch ein ding der lüge. je nachdem. so gesehen ist hier natürlich nichts wahr. andererseits ist aber auch nichts wirklich gelogen. die grenzen sind fließend, von hier rüber zu den bones, die ja erklärtermaßen fiktiv sind. ganz ehrlich geht es aber gerade da manchmal persönlicher zu, als es zunächst den anschein haben mag. was zu behaupten natürlich ebenfalls ein literarischer trick ist. ;-) « […]
[…] nein, ich habe nichts gegen fakeblogs. aber gut gemacht sein müssen sie. am übelsten sind nämlich nicht die verlogenheiten (im netz), sondern viel eher die geschichten, über die im nachhinein gesagt werden muß, daß es aber doch ganz genau so gewesen sei. « […]
also generell kommt alles möglichst unverfremdet, wenn auch anonymisiert in mein blog. manchmal werden ein paar tatsachen etwas überzeichnet, abhänig vom motiv des eintrags.
so kann es z.b. passierne, dass ich begebenheiten, die ich als besonders lustig empfand, die jedoch etwas trivial rüberkommen mögen, in ihren details etwas überzeichne.
geht es um engere freunde, wird prinzipiell übertrieben und wenn ich angesprochen und/oder kritisiert werde, scheue ich keine auseinandersetzung um darzulegen, dass der artikel nicht als persönliche antipathieerklärung zu nehmen sei. manche können damit umgehen, manche nicht.
allerdings bin ich auch so ein direkter mensch, der auch engsten freunden schonmal ins gesicht sagt, wenn ihm etwas nicht passt.
Ich blogge nicht über andere, sondern ausschließlich über mich selbst – höchstens mal über Irina.
Beobachtungen der Aussenwelt sind schwierig, wenn man in einem U-Boot ohne Fenster sitzt, also verzichte ich darauf, darüber zu bloggen.
Alles was ich blogge ist sehr persönlich, und damit in jedem Fall “WAHR”.
Dimitri
zu 67, @ Strappato: Stimmt. Unter anderem.
Vielen, vielen Dank für all die Antworten!
[…] Ich literarisiere höchstens ab und zu ein wenig das Blaue vom Himmel herunter. […]
2003 war ich der Meinung, Dinge ins Internet zu schreiben, die mich und zum Teil den Freundeskreis tangierten. Das war noch kein Blog, das war tatsächlich äußerst statisch und wenig durchdacht. Zu Streit führte es allemal und zu einem Bruch, der bis heute nicht gekittet ist. Seitdem schreibe ich definitiv nichts mehr über Menschen, von denen ich weiß, sie könnten etwas dagegen haben. Deswegen ist das Geschriebene eher sehr persönlich oder aber Fiktion.
Früher (vor allem, als ich nur mein blog bei blog.de hatte) schrieb ich tatsächlich alles mögliche privat erlebte.. mittlerweile nehme ich davon abstand und schreibe nur noch in Ausnahmefällen erwähnenswerte Vorkommnisse (da ich auf dem Lande lebe und ein recht ödes Leben führe, passiert mir nicht viel, das ich – entschuldige das schlechte Wortspiel – als Blogbar bezeichnen würde), meist gehe ich hierbei vom Einverständnis der betroffenen Personen aus (da sehr selten ist, dass etwas geschieht, das ich als Erwähnenswert sehe und doch eher negativ ist). Bei Herzensangelegenheiten (ich bin in Person A ein wenig verliebt, in Person B, die in mich verliebt ist, aber nicht, oder sowas) schweige ich im Blog lieber, da es mir generell unangenehm ist, mich zu solchen Themen öffentlich zu äußern.
Wenn es Privatkram gibt, den ich mir von der Seele schreiben, aber nicht öffentlich machen will, schreibe ich hierzu einen Eintrag bei Blog.de (mein erstes Blog existiert noch) und flagge ihn als Privat, also nur für Kontakte sichtbar, und fertig is.
Verfälschen tu ich aber nix.
[…] Schließlich der Vortrag von Don Alphonso, den er im Vorfeld auch schon vorbereitet und gebloggt hatte. Aber eigentlich trat Rainer Meyer auf und schilderte, wie ihm die literarische Person “Don Alphonso” als Schutz dient, um Persönliches und (Blog)Öffentliches so weit es geht auseinander zu halten. Auch für das engere soziale Umfeld konstruiert er Figuren, die dann die Geschichten erleben, die er beschreiben will. Schlüsselbegriff ist hier wohl sein Ausdruck “erzählende Blogosphäre”, was man vielleicht von so etwas wie einer “dokumentarischen Blogosphäre” der Filter-, Wissens-, Wissenschaftsblogs etc. abgrenzen könnte (aber jetzt begebe ich mich auf das Gebiet der Genretheorie, wo ich nicht sonderlich fit bin). Problematisch finde ich daran, dass diese Literarisierung zwar ihn und sein Umfeld schützt, doch die Angriffe der Kunstfigur Don Alphonso auf andere Personen durchaus real sind und eben ungeschützt ertragen werden (müssen). Dies wurde in der anschließenden Diskussion deutlich, als Peter Turi und MC Winkel ihre persönlichen Scharmützel mit Rainer Meyer vortrugen bzw. zumindest andeuteten – was zumindest die Zuhörer rund um meinen Sitzplatz eher anödete (die persönlichen Scharmützel, nicht das prinzipielle Dilemma). Rainer brachte es selbst auf den Punkt, als er in seiner Replik auf Peter Turis Frage vorwegschickt: “Das ist jetzt wie wenn zwei alte Opas vom Krieg erzählen…”. Zudem gingen dadurch leider die übrigen Vorträge von Peter Glaser, Vanessa Diemand und Peter Praschl etwas unter, die auch ausführliche Diskussionen verdient hätten. […]
Sofern Eigennamen oder rückverfolgbare personenbezogene Details für die erzählte Geschichte keine Rolle spielen, würde ich sie nicht verwenden. Es sei denn, die Namen gehören öffentlichen Personen und das würde bei der Geschichte eine Rolle spielen. Sind Personennamen unumgänglich für eine Geschichte, aber ich kann oder mlchte die realen Namen nicht nennen, würde ich Namen oder Personenbezeichnungen erfinden. Ungeachtet von allem bisher gesagtem ist jede Verschiebung einer guten Geschichte in Zeit und raum sowie handelnden Personen vollkommen legitim, solange sie die Geschichte noch besser macht und solange kein Rufmord und keine Wahrheitsverdrehung an real existierenden Personen und Gruppen stattfindet. Das nennt man Geschichten erfinden dann.
Ich selber schreibe immer unter meinem realen Namen. Das ist einfach eine private entscheidung ohne Allgemeingültigkeit.
Grundsätzlich wird nichts gebloggt, was anderen persönlich schadet, wenn es unumgänglich wäre, den richtigen Namen zu nennen. Ansonsten ist Ehrlichkeit oberstes Gebot, genauso aber auch die Privatsphäre anderer, so dass ich die Geschichten sehr wohl “ehrlich” erzählen würde, aber Orte und Persönlichkeiten verändere oder anonymisiere, damit keine Rückschlüsse auf andere möglich sind. Auf jeden Fall sollte die Verfälschung der grundlegenden Wahrheit der Geschichte vermieden werden.
Mein Blog ist sehr persönlich und hat wenn, dann einen literarischen Anspruch. Kaum einer meiner Blog-Einträge ist zu 100% wahr bzw. ehrlich (ich glaube sogar, dass die eigene Sicht der Dinge immer nur EINE Wahrheit ist, nie DIE und darüber hinaus ist das geschrieben Wort in vielen Fällen gar nicht fähig, eine Wahrheit so abzubilden, wie intendiert). Wenn er es ist, dann ist er so verfremdet, dass keiner, den ich bisher gefragt habe, versteht, was ich sagen will.
Lügen und nicht verstanden werden finde ich in diesem (!!!) Falle überhaupt nicht schlimm. Denn mein Blog lesen einfach nicht nur Leute, die mich mögen bzw. ich bin einfach viel zu paranoid, um Sachen in die Menge zu schreien, die ich nur der Hälfte der Leute erzählen würde, würde ich sie alle einzeln treffen.
Bei einem Blog mit journalistischem Anspruch erwarte ich Ehrlichkeit und ernst zunehmende Versuche die Wirklichkeit abzubilden. Wird diese Erwartung nicht erfüllt, die Texte sind aber sprachlich nett, lese ich trotzdem weiter.
bei mir stimmt gar nix.
ich habe unveröffentlichte posts, aber ich denke jede geschicht kann und soll untergebracht werden. so ist das blog ja auch eine verpflichtung an die birne und wirkt gegen alzheimer, real name ist für leute, die das internet der db zugehörig finden, sie schreibe ich auch meier,,,,, GESCHICHTE ÜBER BEDENKEN
Kreative Kraft zum Schutz!
500 beine hat recht
[…] Die Redundanz ist für die gezielte Analyse von Weblogs ein primäres Problem. Bei der Auswahl kann ein Kriterienkatalog helfen, der dann wiederum gut begründet sein muss. Eines der ersten Kriterien war ‚privat‘ in Abgrenzung zu den kommerziellen Angeboten vieler Unternehmen. Es scheint ja geradezu ein Trend dieser Tage zu sein, das Blog als Marketinginstrument in Unternehmen zu nutzen. Teile ich nun die Blogosphäre in die zwei Hauptkategorien ‚privat‘ versus ‚kommerziell‘ bleiben immerhin noch genügend übrig. Selbst diese auf den ersten Blick einfache Unterscheidung wird zunehmend von privaten Bloggern ad absurdum geführt, da sie teilweise kommerzielle Inhalte anbieten. Dies stellt sich in der einfachsten Form durch Werbebanner dar und wächst sich bis zu kommerziellen Einträgen aus, die speziell für ein Produkt erstellt werden. Einige setzen einen Verweis direkt vor den betreffenden Eintrag, aber ob an dieser Stelle alle so ehrlich sind, bleibt höchst fragwürdig. Natürlich verdient ein Autor bei der Publikation eines Buches ebenso Geld, wird insofern für seine Texte bezahlt, aber ist dies vergleichbar mit der direkten Produktwerbung in Weblogeinträgen? Ich denke nicht. In der BLOGBAR wird dies an Autoren verdeutlicht, die für den PR-Anbieter Trigami schreiben und abgestraft werden. Es ist wohl unstrittig, dass die Motivation der Autoren sich auch auf die letztliche Textproduktion auswirkt. In diesem Zusammenhang ist mir auch diese kleine Umfrage von Donalphonso aufgefallen, die mit dem Klischee des Authentischen in Weblogs aufräumt: der Konflikt zwischen Blogautor und seinem Umfeld, über das er/sie schreibt. Die (Selbst)Zensur kann nach diesen Kommentaren als konstitutiv für das Medienformat bezeichnet werden. Es bleibt die Erkenntnis, dass sich das Problem der Redundanz schwer auflösen lässt. Auch die zahlreichen Blogcharts helfen nur bedingt weiter, in der Vielzahl der deutschsprachigen Blogs eine Auswahl treffen zu können. Unter den Anbietern ist ein regelrechter Kampf ausgebrochen, wer nun die wahren deutschen Blogcharts besitzt. Letztlich kann man der Diversität wohl nur mit subjektiven Kriterien begegnen, die allerdings keinem wissenschaftlichen Anspruch genügen. […]