Was uns das Ende von Blognation sagen sollte
Blognation, das internationale Netzwerk von Blogs zum Thema Web2.0 und dessen Firmen, ist, wie schon angedeutet, am Ende. Auf der Startseite steht:
Blognation.com: Will the last one out please turn off the light.
Über ein Dutzend Autoren wurden angeheuert, haben rund um den Globus berichtet, nebenbei auch Zahlungen durch den Gründer Sam Sethi erwartet, und wie es jetzt aussieht,werden sie wohl auf ihren Forderungen sitzen bleiben. Manche machen ihrem Ärger Luft, andere wie die deutschen Vertreter schweigen.
Ãœber den Fall an sich wurde viel geschrieben, aber was mich so fassungslos sein lässt: Die Leute haben nicht über kaninchenzüchter oder Sadomaso geschrieben, sondern über Web2.0-Firmen. Ãœber Firmen wie, beispielsweise, Blognation selbst. Und sie haben über Monate zugeschaut, wie der Laden vor die Wand fuhr, mit allem Drum und Dran. Diese Autoren wollten die Spezialisten für diesen Bereich der Wirtschaftsberichterstattung sein – und waren noch nicht mal in der Lage, adäquat auf die massiven Probleme ihrer Firma zu reagieren. Man konnte diese Leute sehr lang, sehr gut, bishin zu massiven Verdienstausfällen, bescheissen.
und was ich mich jetzt frage: Wenn es schon im eigenen Laden so zugeht, was muss ich dann von der Berichterstattung über andere halten? Welche Kompetenz bringen diese Leute mit? Wie wollen sie mir erklären, dass sie kritisch und sauber über einen Bereich berichten, dessen aktuell grösster Skandal sie selbst sind? Ich weiss, dass es für sie gerade alles andere als spassig ist, aber die ganze Geschichte ist ein massiver Treffer mittschiffs für die Glaubwürdigkeit all der neuen, kleinen Hypemedien, die sich dem Vorstellen solcher Firmen verschreiben. Was da passiert ist, ist New Economy pur, es ist history repeating, und es wirft eine Menge unangenehmer Fragen auf, denen man sich freiwillig stellen sollte. Bevor der nächste Skandal die Reputation endgültig in den Grund rammt. Jubeldurchreicher gibt es schliesslich auch hierzulande.
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D`accord – allerdings habe ich Zweifel daran, ob der New Economy 2.0 ein ähnlicher Zusammenbruch bevorsteht wie ihrer Vorgängerin. Ein vorsichtiger Blick in die Glaskugel: Ich vermute, dass den Unternehmen still und heimlich im Zuge der aktuellen Finanzkrise der Geldhahn zugedreht wird. Ob die Geschäftsmodelle gut waren oder nicht, danach wird möglicherweise niemand mehr fragen – und die Gründer können hinterher behaupten, dass sie ja nur unschuldige Opfer einer Krise waren, die andere verursacht haben. Zudem: Wen interessieren Millionen, die im Internet in den Sand gesetzt werden, wenn gleichzeitig Milliarden in US-Hypotheken verbrannt werden?
“…was muss ich dann von der Berichterstattung über andere halten?” Einfache Frage, einfache Antwort, Don: Du liest die falschen Sachen. Blogs und so. Vertraue doch einfach der Qualitätspresse und lese Stücke wie das in der FAZ mit dem nüchternen Titel “Aus der düstersten Phase des Internetzeitalters zum strahlenden Web 2.0” Komplett mit den Superstars Paulus Neef (Handy-TV) und Stephan Schambach (Demandware).
Zuerst mal: Reine Blödlkommentare sind hier schneller gelöscht, als geschrieben.
Und dann: Dass die Leute vom Medienufer das Schlammwaten und Dreckschlucken nicht als Qual, sondern als Freude begreifen, wenn man ihnen danach ein Essen anbietet, ist schon klar. Trotzdem ärgert es mich, wenn es hier passiert. Und lieber einmal öfters ansprechen, als es einfach geschehen lassen. Wie drüben.
Im Prinzip könnte mir der Crash auch egal sein, aber da sind zwei Dinge: Einerseits ist es sehr “blognah”. Und andererseits hängt da auch eine Menge Bewusstsein zum Thema mit drin, angefangen vom Datenschutz bishin zur Frage, was das Netz und seine Eigenschaften aus den Menschen machen. Web2.0 hat ja wieder so ein typisches Menschenbild hervorgebracht, da sollte man schon mal drüber reden.
“Diese Autoren wollten die Spezialisten für diesen Bereich der Wirtschaftsberichterstattung sein – und waren noch nicht mal in der Lage, adäquat auf die massiven Probleme ihrer Firma zu reagieren”
Da sind Wirtschaftsjournalisten nicht anders, oder? Auch sie spielen sich auf, als hätten sie Ahnung von Wirtschaft. Aber für die eigenen Arbeitgeber haben sie auch noch keine überzeugenden Rezepte für das, was nach Print kommt. Schlaumeiern ist eben einfacher als selber machen.
Von “Anlageberatern” gar nicht zu reden …
Die Welt ist nur voller Experten, so lange es gut geht.
Der Vergleich mit Anlageberatern ist treffend, da hier sicher massive Interessenskonflikte bei der Berichterstattung bestanden. Genau wie nun die Pleite nicht kommentiert wird. Welcher Anlagefuzzi gibt schon zu, wo er Miese produziert hat.
Die deutsche blognation-Editorin Nicole S. übergeht das Thema und wendet sich twitternd Weihnachten und dem 24C3 zu. In der Hofffnung, dass die Beteiligung an dem Desaster einfach nicht bemerkt wird. Denn immerhin will die selbsternannte “European New Media Specialist” ihre Ratschläge weiterhin an Unternehmen verkaufen. Da schadet ein bad track record doch sehr.
Wenn man nett wäre, würde man den Spruch mit den Eiern in der Hose bringen. Aber hier ist es nur der Bodensatz des Beratungs-Business.
Das Ende der Web 2.0-Blase kommt, das sehe ich auch so. Ähnlich wie “Amelia” glaube ich, dass es keine Wiederholung des DotCom-Crashs geben wird. Ein paar mehr oder weniger spektakuläre Pleiten erwarte ich allerdings auch, Don Alphonso. Beispielsweise vermute ich, dass Holtzbrinck sein “Experten-Netzwerk” germanblogs gegen die Wand fahren lässt. Aus persönlichen Gründen hoffe ich, dass die damit warten, bis ich meine ausstehenden Forderungen bei denen eintreiben konnte. :-)
Wenn Du damit Probleme haben solltest: Erzähle mir Dein Anliegen und vertraue auf die Durchschlagskraft der Blogbar. Aber bei germanblogs machte schon vor zwei Monaten ein Grücht die Runde. Fakt ist, dass einige wohl immer noch schmal entlohnt werden.
Strappato, vielleicht sollte Blognation bei WAZens anklopfen. Das wäre vielleicht eine Lösung.
Eine Blogbeichte? Schmunzel. Das Angebot würde ich gerne annehmen und mal so richtig ablästern. Nur ist es halt so, dass es sich um ein laufendes Gerichtsverfahren handelt.
Erzähl :-)
Sorry, in Sachen germanblogs habe ich diese blöde Verschwiegenheitsklausel unterzeichnet. Da halte ich mich natürlich dran, hier und auf anderen Kanälen. (Apropos: Do you skype?)
Hmmm. Die Aktenzeichen könnte ich nennen. Vielleicht fällt dir eine Begründung ein, die ein berechtigtes Interesse auf Akteneinsicht rechtfertigen würde?
Nanu, ist schon Schicht im Schacht? ;-) Zurück zum Thema bzw. was uns das Ende von Blognation sagen sollte: VC-Finanzierung und Bloggen vertragen sich schlecht.
Lustig ist ja auch der Blogeintrag von David Feng zu blognation:
http://www.raccoltaonline.com/?p=667
[…] Wie auch schon “donalphonso” berichtete/kommentierte, brennt zwar bei Blognation noch eine ganz ganz kleine Kerze, aber bald ist das Licht aus… *bump* […]
Mein Versuch, deine Frage zu beantworten, warum die bei ihrem eigenen Auftragsgeber nix gemerkt haben: Betriebsblindheit, Heisenberg-Effekt (je näher man dran ist, desto weniger erkennt man).
Vielleicht auch die Selbsteinschätzung: Ich bin Experte, mir kann so was nicht passieren.
Reingefallen.
Mein Mitgefühl hält sich in Grenzen.