Darf ich einleitend vielleicht sagen, dass ich das auffällige Schweigen gewisser mediennaher Blogger zum Thema der Videokooperation zwischen der WAZ-Zeitungsgruppe und dem WDR ein klein wenig befremdlich finde? Kann es sein, dass die Zeitungen mancher Kämpen und Verlage da
– auch das ein oder andere Eisen im Feuer
– Angst vor einem Kauf durch die WAZ
– keine Lust auf einen Angriff gegen die Chefredakteurin von derWesten.de, also derjenigen, die das umsetzen muss
haben?

Ich habe massive Bedenken wegen der Lieferung von Videoinhalten des WDR an die WAZ. Einerseits, weil hier der TV-Quasimonopolist einer Region mit dem Print-Quasimonopolisten ins Bett steigt, um zusammen im Internet abzuräumen. Dass der WDR sowas noch mit den Gebühren der Zwangsverpflichteten tut, als öffentlich-rechtlicher Sender, und somit einem privaten, üppig verdienenden Konzern Nettigkeiten bietet, und auch nur diesem einzigen Konzern, wirft die Frage auf, was die Leute in diesem Sender eigentlich von ihrem theoretischen Grundrechtsauftrag halten, wegen dem sie so bevorzugt werden. Dass die WAZ damit mutmasslich für immer die Klappe halten wird, wenn es um Online und WDR geht, ist so offensichtlich wie zusammengekniffene Holtzbrinckmietmäuler von Zoomer, Tagesspiegel und Zeit beim Thema StudiVZ & Datenschutz. Das hat mit Pressefreiheit so gut wie nichts mehr zu tun, hier wird versucht, ein Kartell zu schmieden und auf Kosten der Allgemeinheit eine Marktmacht der Moloche zu begründen, die durch ihre schiere Grösse das Netz mit ihrem Mittelmass vollscheisst.

Having said this, solllte man sich aber vielleicht mal anschauen, wer das tut. Obwohl die mit derwesten.de schlecht gestartete WAZ ihre Nutzer inzwischen so weit hat, dass sie pro Besuch über zehn mal klicken (kein Wunder bei dieser schlecht gecodeten Seite), ist die Zahl der Visits immer noch schlecht: 2.843.787 im Februar ist zwar besser als in den Vormonaten. Aber wenn man weiss, dass unser heimisches Schmarrnblatt mit noch miserableren Seite mit weniger Inhalten auf 277.417 Visits kommt, bei 1/50 der Einwohnerzahlen der WAZ-Grossregion, und damit immer noch ein anerkannt lausiges Ergebnis einfährt, ahnt man, wie schlecht der Westen wirklich ankommt. Was ein paar zweitverwendete Videos daran ändern sollen, kann wohl nur ein vollverbeamteter Referatsleiter eines öffentlich-rechtlichen Senders nach 5 Tagen Powerpoint auswendig lernen in der Besenkammer mit einem Internetconsultant erklären. Jeder Depp dieser Welt, der keine Ahnung hat, quatscht in so einem Fall von Synergien und dem 500-Pfund-Gorilla, und es ist nicht auszuschliessen, dass jemand, der sich derwesten.de antut, auch noch alte Videos vom WDR im Internet anschaut.

Aber alles, was wir bislang über die Nutzung von Videos im Netz wissen ist, dass traditionelle Inhalte known as “der alte Scheiss von gestern” nicht laufen. Und selbst gute Videos kommen so gut wie nie Nutzerzahlen, die die Glotze zu haben behauptet. Genauso, wie man im Internet nur bedingt so schreiben kann wie in der Zeitung, verlangt das Netz auch eigenständige Internetinhalte. Dass WAZ und WDR das nicht wissen, ist kein Wunder, und deshalb werden diese Behörden auch nicht weiter kommen als bis zu einer Klüngelei, die medienrechtlich und medienethisch eine Schande ist. Mit weiteren unschönen Folgen für den Journalismus und einem erheblichen Schaden für das, was öffentlich-rechtliche Medien bislang vorgaben zu sein.

Insofern ist es vielleicht sogar ganz gut, wenn der WDR bei derwesten.de mal die eigene, hässliche Fratze zeigt.