Disclosure : Ich war 2003 zusammen mit anderen mit einer Medienkunstaktion Gegenstand der Berichterstattung von Polylux, und in unserem Fall war die Recherche und Durchführung sauber und professionell

Trotzdem finde ich es grossartig, wenn ab und an eine Fallgrube gebuddelt wird für die Sorte Journalist, die heute praktisch alles aus dem Internet bezieht: Recherche, Daten, Gesprächspartner, Ideen, Themen. Die Gewinnung möglichst spektakulärer Themen läuft heute ebenso über das Netz, wie die Beschaffung der typischen Beispielaussagen. Musste man sich früher noch mühselig die Zeugen zusammenlügen suchen, kramt man sich als Stimme des Volkes heute ein paar Blogger bei Technorati raus. Blieb einem früher nur der Gang zu Informanten in Szenen, greift man heute die Foren ab. Bei allem, was man ins Netz stellt, Texte, Bilder, Ideen, Projekte, muss man damit rechnen, dass der nächste stehlende Johurnaillist nur einen Click entfernt ist. Die Beschleunigung der Medien und die Verbilligung ihrer Produktion beruht vor allem auf dem Ausnützen des Internets.

Medien waren schon immer anfällig für Enten, Fakes und Borderline. Aber das Internet macht es für Fälscher sehr viel einfacher, an die Medien zu kommen. Das muss keine kritische Aktion sein; findet ein Journalist bei einer Googleabfrage irgendeinen Lobbyisten als “bekannten Experten”, hat der gute Chancen, seine Lügen an das Medium zu bringen. Was wir momentan erleben, ist ein Ungleichgewicht zwischen den Möglichkeiten, die das Netz bietet, und der dafür nötigen Kompetenz. Journalisten sind im Netz oft sowas wie der Kutschenlenker des 19. Jahrhunderts am Steuer des Formel-1-Rennwagens, den sie aber fahren müssen, weil es jeder tut. Und weil es jeder tut, bleibt der Druck und die Geschwindigkeit zu hoch, um das Rennen kontrolliert zu fahren.

Wir haben es hier mit einem veritablen Fehler im System zu tun. Journalismus wäre heute ohne Internet nicht mehr denkbar, und wir haben obendrein eine komplette Kohorte von Jungjournalisten, die etwas anderes gar nicht mehr kennt. Es gibt keinen Weg zurück, wie es im Radio auch keinen Weg zurück zur Bandmaschine und Klebestreifen gibt. Der Journalismus muss sich dringend etwas einfallen lassen, um zu trennen zwischen dem Netz als sinnvolle Recherchebasis, und dem Netz als beliebiger Müllhalde, wo man sich rauszieht, was man gerade braucht. Die müssen das verstehen lernen. Und ich wage zu behaupten, dass sie es nur verstehen werden, wenn man es ihnen, so wie oben, auf die harte Tour vermittelt.