Ich denke, es rächt sich irgendwann, wenn der Medienkonzern Holtzbrinck nach den gefloppten Projekten News Frankfurt und Business News auch beim dritten Ramschkonzept eines Mediums mit Zoomer.de auf unter Tarif bezahlte Möchtegern-Journalisten des Berliner Prekariats setzt. Ob nun feige Trolle oder rechtslastige Sprüche – die 40-köpfige Mannschaft ist immer für Ãœberraschungen gut.

Ein hübsches Beispiel findet sich im aktuellen Topbeitrag zum Thema “Alibi per Mausklick“, in dem verschiedene Initiativen zur Vertuschung von Seitensprüngen vorgestellt werden. In einem Kommentar mit der Nummer 11 einer Else werden jedoch Zweifel an den Interviewaussagen eines Portalbetreibers laut:

ich kann mir nicht helfen, aber auf mich wirken die Antworten von Stefan so, als ob ihr ihn erfunden habt.
Dass ich mich irre, will ich nicht ausschließen, aber der Text lässt mich denken, dass ihr ein hübsches Thema gesucht habt und den Artikel als hübschen Dialog verkleidet habt.
Der Eindruck kann ja täuschen, aber vielleicht findet ihr es gut zu wissen, dass er bei manchen Leuten entsteht.

Ein paar Stunden später jedoch tritt Redakteurin Saskia Weneit auf und antwortet in Kommentar Nummer 13:

“Stefan” gibt es wirklich und das Interview ist tatsächlich so abgelaufen, wir haben uns da keine Antworten ausgedacht. Es würde gegen jeden unserer journalistischen Grundsätze verstoßen, uns ein Interview auszudenken. Sind ja keine Märchenerzähler, sondern Journalisten. Im Ernst, so etwas käme für uns nicht in Frage.

[Edit: Wie Svengali in diesem Kommentar hinweist, gibt es zum gleichen Themenkomplex bei Zoomer.de, als Link in der rechten Seitenleiste angebracht, einen weiteren Beitrag, in dem besagte Autorin ein Interview mit einem “Stefan” macht – unter dem dann prompt alle Kommentare des ober erwähnten Beitrags nochmals auftauchen. So kann man das natürlich auch machen, wenn sich die Leser selbst raussuchen sollen, zu welchem Beitrag und welchem “Stefan” nun welche Kommentare gehören. However, es ist mutmasslich wirklich auf den anderen Beitrag bezogen, weshalb ich mich für die unvermeidliche Verwechslung entschuldigen möchte. [Wer ist eigentlich so bescheuert und klatscht Kommentare für einen Beitrag unter einen anderen beitrag, der damit praktisch nichts zu tun hat?]]

Offensichtlich gibt es aber eine Schnittmenge aus Journalisten und Märchenerzählern, und Saskia Weneit beweist, dass sie zumindest Letzteres beherrscht. Denn ob das Interview so gelaufen ist, kann sie nicht wissen, es sei denn –

sie wäre dessen Autorin Britta Schmeis, die für die dpa schreibt, und deren Beitrag heute auch bei anderen Webseiten wie n-tv oder der Schwäbischen Zeitung zu lesen ist.

Nachdem Britta Schmeis aber nicht direkt für Zoomer arbeitet und Zoomer einfach eine dpa-Meldung reingestellt hat, dürfte Saskai Weneit kaum wissen, wie das Interview “tatsächlich so gelaufen” ist. Vielleicht sollte Herausgeber Wickert den Redakteuren dort mal erklären, was es mit diesen ominösen “journalistischen Grundsätzen” auf sich hat, die sie anbringen. Aber vielleicht gelten die auch nicht für Kommentare.