In die Medien? Vermitteln!
Es ist nicht ganz ohne Ironie, wenn blognahe Veranstalter von PR- und Werberevents, die sich offiziell als Treffpunkt der Internetaktiven promoten, sowas spiessiges und langweiliges wie “Medienpartner” haben. Medienpartner, das klingt gleich nach angenehmen publizistischen Umfeld und maximale Reichweite um den Preis von Gefälligkeitsschreibe, und wirkt, wir kommen zum Thema “Re:Publica”, ziemlich läppisch für Leute, die letztes Jahr noch mit dem Slogan “Print ist tot” in eine neue Medienwelt starten wollten. Ganz natürlich rangieren im Pressespiegel der Re:Publica die Blogberichte unter den Medienberichten – und die wiederum fallen nicht allzu freundlich aus, wie schon im letzten Jahr, und wieder ist die Aufregung gross.
Warum eigentlich? Weil sich Journalisten mit Themenkomplexen konfrontiert sehen, mit denen sie sich nicht allzu gut auskennen? Die ihnen gar ein wenig obskur vorkommen?
Ich denke, es gibt da ein hybrides Problem: Blogger erwarten und fordern von den Medien, dass sie nicht jeden PR-Brocken einfach so fressen, der ihnen hingeworfen wird. Die Botschaft des Werberkongresses Re:Publica, dessen Macher ihre Werbevermarkter und Copycats und zahlenden Partner an den Mann bringen wollen, ist in ihrer unfeflektierten Anspruchshaltung, eine “kritische Masse” darstellen zu wollen, eben auch nur ein PR-Gewäsch, wie etwa “die CSU ist Bayern” oder “Roland Koch bringt innere Sicherheit”. Der kleine Unterschied zwischen Parteien und Bloggern ist aber, dass man sich gewöhnlich bemüht, die andere Seite nicht als verreckendes Kadaver am Rande des Highways, den man in Richtung Zukunft durcheilt, darzustellen, und dabei noch erwartet, dass dieses Stück Aas das gefälligst toll findet.
Denn, wenn man schon sowas wie eine Neue Zeit mit im Gepäck hat, könnte man auf die Medien auch verzichten. Oder ihre Berichte als irrelevant abtun. Tut man nicht. Viele derer, die in Berlin die Avantgarde geben, haben eine ziemlich hohe Meinung von sich, und sind zudem der Überzeugung, dass die Medien das einfach zu akzeptieren hätten. Und sehen nicht den geringsten Anlass, den anderen das mal zu begründen, Beispiele zu bringen, den Anspruch zu legitimieren. Statt dessen erwartet man, dass die Medien vor der in der SMS-Wand symbolisierten Masse den Hut ziehen, und wundert sich, wenn Medien reagieren wie Willhelm Tell, und das Gefasel nicht unaufgespiesst durch die von ihnen beherrschte hohle Gasse kommen lassen.
Der Realitätscheck wäre ganz einfach: Welcher bekannte deutsche Blogger, der sich auf dem Kongress zeigte, hat eigentlich was zu Themen wie der globalen Finanzkrise zu sagen? Mindestlohn? Vertiefende Analysen zur Verarmung des Mittelstandes? Wie viele Buchkritiken gab es im letzten Jahr, wo sind die Texte, die gekonnt mit Konditionalsatz und Konjunktiv hantieren würden, wo wird Leistung erbracht, die die Debatte der Allgemeinheit erreichen und beeinflussen? Es ist nicht so, dass es das nicht gibt, es geschieht, man muss es finden, fördern, vorzeigen und verständlich machen, wenn man auf der Suche nach Akzeptanz jenseits unserer Kreise ist. Man kann nicht erwarten, dass Medien eine Selbstironie verstehen, wenn sie schon durch eine Realität ausgeschlossen werden, die ihren Scheinelitarismus durch Ingroups, Diskursverweigerung und abgeriegelte Weltbilder bewahren möchte.
Also: Entweder man packt es nicht allein, und macht es mit denen. Dann aber nach deren Regeln – erklären, runterbrechen, vermitteln, Beispiele, Fakten und Zahlen liefern. Oder man sitzt wirklich im Cockpit der richtigen Maschine in Richtung Zukunft. Dann kann es einem egal sein, was die davon halten.
Sorry, the comment form is closed at this time.
Oder man sitzt auf der Gangway und wird nicht müde zu erzählen, dass es das Cockpit ist.
Das wäre natürlich auch denkbar, wenngleich nicht wirklich schmeichelhaft.
Besonders fragwürdig ist die “Werbeventveranstaltung”, weil die durch eine Absage einer “Projektmanagerin” in das Programm gerutscht war. Wie war das noch? Für kritische Sessions gäbe es keinen Platz mehr?
Zuviel Club-Mate soll nicht gut fürs Fliegen sein.
Tschuldigung, Don Alphonso, für den schwedischen ISP und für die lettische E-Mail.
Zum einen: Die re:publica ist keinesfalls meinungsgebend für die gesamte Bloggerschar. Keinesfalls. Ich habe teils die Liveevents verfolgt, teils habe habe ich die Aufzeichnungen angeschaut. Gott, was waren da für Langweiler unterwegs. Spannend war es KEINEN Augenblick, nicht eine Minute. Höchstens die 30 Sekunden Leelaufzeit, als Tim Pritlove den StudiVZ-Vertreter zweimal gefragt hat, ob die Datenbank von StudiVZ wirklich nichts wert sei. Das war”s auch dann schon. Gepflegte Langeweile allerorten.
Ist das wirklich die Revolution im Internet mit neuen Personen, die die Welt verstehen und auch erklären können? Sind das die Protagonisten, die uns nach Digg und StudiVZ (und allen anderen Konsorten) das Internet neu erklären können oder auch: Neu auflegen können?
Nein! Ich meine, es handelt sich bei den meisten einfach um arme Schweine, die nicht wissen, wie sie sonst ihren Lebensunterhalt verdienen können. Das Schlimmste: Sie verhalten sich exakt so, wie diejenigen, die sie sonst kritisieren. Sie bilden sogenannte “Netzwerke” (=Seilschaften=Cliquen) um fortzukommen. Das alles in Berlin (wo auch sonst?). Es riecht nicht nur übel, sondern stößt auch ganz ungemein auf. Wie ein tags zuvor gegessener Zwiebelauflauf mit Knoblauch. Keine Funktion, aber magenfüllend. Die Blähungen sind auch am Tag danach zu vernehmen. Aber die Berliner Herrschaften mögen es ja bekanntlich gründlich und verzehren überdies gern auch noch Kreuzberger Döner komplett mit Knoblauchsosse.
Herr Beckedahl ist absolut kritikresistent und macht fröhlich weiter. Zum Beispiel Fördertöpfe für seine Projekte zu fordern, aus Bundesmitteln, was auch sonst? Ansonsten ist der große T- Partner als Werbepartner angesagt, kein Wort über T-Mobile und Engadget.com. Warum auch?
Johnny macht – naja – wie immer ein Figur des mitleidigen Unerfahrenen, der ein bisschen Bescheid weiss und deswegen mitreden möchte. Inhaltlich, sachlich hat er aber – wie immer – nichts beizutragen außer Geschwafel. Apropos Geschwafel, Lobo war ja auch noch da und saß bei irgendeiner Veranstaltung abgesondert am Extratisch und pupste seine Meinung raus, die seine Kritiker und sonstige Exkremente betraf. Also nix Weltbewegendes, reine CO2-Verschwendung, das menschliche Fleisch.
Egal. Nein, nicht egal. Diese Leute wollen uns was vom Pferd erzählen. Ich glaube der Haeusler-Schickeria kein Wort – kein einziges. Und Herrn Beckedahl auch nicht. Im Prinzip ist das nichts anderes als das Gegenteil dessen, was Rudi Dutschke schon vor Jahrzehnten angemahnt hat: “Revolution ist ein langandauernder Marsch um die Schaffung von neuen Menschen, die fähig sind, nicht eine Clique durch eine andere zu ersetzen.” Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen angesichts der Berliner Lokalpfeifen.
Beckedahl und seine Konsorten stellen lediglich eine andere Clique im Sinne Dutschkes dar. Nichts weiter. Er ist kein Revolutionär, kein Andersdenkender. Ebenso wenig wie Haeusler und Lobo und Pritlove und wie sie sonst noch alle heißen in Berlin.
Bah, mir wird schlecht. Wirklich. Ganz, ganz armes Kino.
“Welcher bekannte deutsche Blogger, der sich auf dem Kongress zeigte, hat eigentlich was zu Themen wie der globalen Finanzkrise zu sagen? Mindestlohn? Vertiefende Analysen zur Verarmung des Mittelstandes?”
Ich weiß nicht, ob die CartoonbloggerInnen auch dort waren, aber denen würde ich schon eine Beschäftigung mit politisch/gesellschaftlich relevanten Themen attestieren.
Keiner, weil die alles nix mit Finanzen zu tun haben, weil die alle nix verdienen. So einfach ist das.
Leicht offtopic (aber nur leicht): Man kann sich auch zu Tode kommerzbloggen — angesichts der Zustände fast ein Hoffnungsschimmer.
“Welcher bekannte deutsche Blogger, der sich auf dem Kongress zeigte, hat eigentlich was zu Themen wie der globalen Finanzkrise zu sagen? Mindestlohn? Vertiefende Analysen zur Verarmung des Mittelstandes?”
ich hatte leider keine zeit, sonst wäre ich hingefahren.
aber was anderes:
lese ich da oben im artikel sowas wie einen ratschlag in richtung johnny&co heraus?
geht der so in etwa in die richtung:
auch wenn die journaille jetzt böse wettert, man muss sie ja nicht ernst nehmen.
oder habe ich mich da verlesen?
noch was anderes:
ich denke schon, dass die veranstaltung was wichtiges ist. vielleicht kann der eine oder andere (awayin6) das heute noch nicht verstehen, aber es ist ein ausblick in die zukunft. wir bürger holen unsere stimmen zurück, treffen uns, machen veranstaltungen, beraten uns, helfen uns gegenseitig usw. das sind wichtige schritte in die richtige richtung.
und einer muss anfangen, vielleicht auch übertreiben beim bewerben usw., machen ist das stichwort.
ich fand einige live-streams hochinteressant. vielleicht langweilig, macht aber nichts, wissen ist immer langweilig.
eine nackte hula-hoop-tänzerin hätte sicherlich die langeweile durchbrochen, aber sonst auch nichts.
und nein, ich bin in keiner seilschaft, ausser vielleicht in der weltbeherrschungsliga, aber da kommt ihr eh nicht rein. muss ich also nichts drüber erzählen.
Diese Veranstaltung hat sich durch die Macher selbst in Gänze entwertet. Wer den Dalai Lama predigt, kann nicht Yahoo essen. So einfach ist das. So Simpel. Sonst noch was?
“wissen ist immer langweilig.”
Boah, da geht der Amöbe einer ab – Urpennern wie diesem Vorab-Möchtegern-Schulzwang-Verbeutelten möchte die Intelligentia stringend nahelegen, nicht so einen verfickt selbst-entlarvenden Wind abzulassen.
deine name ist programm.
Diese Richtung der Bloggerei präsentiert halt die Kommerz-Demokratie. Die Freiheit Produkte beschwafeln zu können. Schwerpunkt liegt bei eProdukten, schon deshalb, weil jeder, der bloggt, einen Computer vor der Nase hat. Das Thema ‘e’ ist also der kleinste gemeinsame Nenner der grösst-möglichen Zielgruppe. Erkennbar z.B. daran, dass Robert Basic sich in der Stichprobe, die ich vor kurzem mal bei ihm gemacht habe (1 mal kurz reingeschaut in 2 Jahren), in zwei Beiträgen mit irgendwelchen Download-Problemen von irgendeinem Hanswurst-Portal beschäftigte (je 15 Kommentare) und ansonsten über Twitter, RSS und natürlich re:publika bloggt und ab und zu ein vermeindlich witziges YouTube-Video reinstellt. Also das soll der einflußreichste Blogger Deutschland sein? Wenn man die Länge seiner Kommentare dann sieht, glaubt man das sogar.
Und der anspruchsvollere in meinen Augen um Klassen bessere Beckedahl gehört in gewissem Sinne auch zur Kategorie eKommerz-Demokratie, auch wenn sein Gegenstand die Vermarktung von “OpenSource” und das damit verbundene Lebensgefühl darstellt. Angenehm bei ihm übrigens, dass er sich in seiner Themenwahl diszipliniert beschränkt und das, was er behandelt, kompetent behandelt.
Nur mal so zwei extreme Beispiele der für re:publika typischen Promi-Blogger. Natürlich auch sehr spannend für die Zielgruppe, wie man als Kleinstunternehmer (Vorbild Promi-Blogger) Geld mit dieser Art eKommerz verdienen kann (Wir nennen es Arbeit).
Es gibt aber schon eine Reihe guter ‘politischer Blogger’ und auch von Bloggern, die sich kompetent mit Wirtschaftsthemen befassen. Nur sind die natürlich nicht auf einer eKommerz-Veranstaltung wie re:publika zu finden.
Das Vermitteln ist deshalb schwierig, weil es niemanden gibt, der glaubwürdig die Rolle des Vermittlers übernehmen könnte. Blogger sind eine völlig heterogene Gruppe, ohne wirkliche Gruppen-Identität, ohne gemeinsame Ziele oder Werte. Journalisten haben dagegen klare Vorstellungen von ihrem Beruf und akzeptierte Regeln (hatten natürlich auch viel mehr Zeit, welche zu entwickeln). Jeder, der im Namen “der Blogger” spricht, kann nur im Namen eines kleinen Teils der Blogosphäre sprechen (und genau das wird ja auch dem “Berliner Klüngel” vorgeworfen). Der völlige Dezentralismus und die überwältigende Meinungsvielfalt der Blogosphäre sind damit Segen und Fluch zugleich.
Welche wären das?
Es geht immer noch um die Frage der Relevanz: Warum sollte man Blogger bezahlen ?
Ich sehe bisher für die Masse “der Industrie” noch nicht, wie diese durch Werbung bei Blog A oder durch sponsor´n des Bloggers B ihr Image verbessern, Ihren Umsatz vergrößern … abseits des Nerdigen versteht sich.
Dieser idealistische Ansatz “Wir Bürger mischen uns ein” ist ganz nett aber genauso schräg wie der des Bild-Leserreporters: einerseits atmet das Ganze einen gewissen intoleranten Mief, andererseits sind “die Blogger” nicht “die Bürger”.
Mal ehrlich, ich habe die Streams von der re:publica gesehen und ein paar Fotos. Diese Szenerie hat doch was psychedelisches. Da sitzt ein Saal voller Leute bei einer Podiumsdiskussion und verfolgt gleichzeitig bis zu 5 Displays (Präsi, SMS-Wand, eigenes MacBook, PDA, Notebook des Nachbarn). Das wirkt doch nicht nur auf Journalisten wie eine Star-Trek Convention. Wenn man dazu noch die Twitter-Medlungen mit dem #rp08 Tag verfolgt, ist der Punkt erreicht, an dem das Ernstnehmen wirklich schwer fällt.
@Hagen. Politische Blogger, z.B.: Nachdenkseiten, Spiegelfechter, … Auch wenn Nachdenkseiten nur Leserbriefe veröffentlicht aber keine Kommentare (und mir die politische Richtung etwas zu stur ist), gilt es wohl als Blog und man findet dort komprimiert unglaublich viele interessante und kompetente Infos jenseits des Mainstream-Medien-Desasters. Wirtschaftsblogger: Eher eine Domaine der Wirtschaftsfeuilletons von Online-Medien, aber es macht Spass, dort zu kommentieren: Z.B. Herdentrieb, oder die Handelsblatt-Blogs, dort darf man den Autoren ihr marktradikales Weltbild auch gerne schön um die Ohren hauhen wer was vom Thema versteht :-)
@Strappato. Aber die grundsätzliche Möglichkeit, an der Konferenz per Stream teilzunehmen, ist schon ein Lob wert, finde ich. Wenn die Blogger der anderen Richtungen sich davon und von der Organisation was abschauen würden. Man muss ja nicht immer alle Blogger unter einen Hut kriegen. Was vielleicht fehlt, ist eine Aufteilung der Bloglandschaft in viele verschiedene “kritische Massen”. Z.B. eine Konferenz der Wirtschaftsblogger, der Politblogger, der Katzenblogger, der Pharmablogger, der Wissenschaftsblogger, der Kulturblogger (Don Alphoso?), … Dann stimmt vielleicht die inhaltliche Qualität.
@17. brainbomb
im kern hast du wahrscheinlich recht. ich bin allerdings kein befürworter einer aufteilung in feste lager. aber die mangelnde qualität vieler blogs liegt meiner ansicht nach schon im “kraut-und-rüben” – geschwafel. zu viele schreiben über zu vieles, wovon sie zu wenig ahnung haben. da würde eine spezialisierung oft gut tun…
Mir hat dieser Kommentar sehr gut gefallen:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/computer/765047/
auch nicht ganz ohne ironie, wenn in einem text eines bloggers, der zudem seine typos nicht korrigiert, dem begriff ‘konjunktiv’ 2 worte später ‘würden’ folgt.
@ Michael (20): guter fund! eine analyse, die irgendwie auch dieses blog einschließt.
Ach Don,
wie geht’s nach dem Dauerkotzen am überriechenden Eintopf der Schäfchenblogger?
Geht schon wieder festere Nahrung zum Frühstück?
gute Besserung!
Was ich luschtig finde, ist die Feststellung, dass Blogger sich gerne als Substitut für die Printmedien sehen, aber dann in helle Jubelschreie ausbrechen, werden sie irgendwann einmal in irgendeiner Zeitschrift erwähnt / zitiert / interviewed….
Das Relevanzkriterium für re:publica
…ist nach wie vor sehr stark die Eignung einer Sache bzw. eines Projektes (bzw.: eines Referenten) für die Werbewirtschaft – oder sonstwie zum Geldverdienen.
Man bietet sogar Abzockern ein Forum zur Präsentation von Geschäftsmodellen, mit denen Fanpotentiale (hier: für Fußball) versilbert werden sollen. Man umschmeichelt Leute wie Uherek – und schimpft vom ersten bis zum letzten Tag über jene, welche die Kommerzlastigkeit fragwürdig finden.
Was man seitens der re:publica-Macher gut findet, sind schließlich die, die etwas “machen” – und darunter versteht man vor allem diejenigen, die mit Blogprojekten u.ä. Geld zu machen planen. Der Rest “verschwende” im Internet nur seine Zeit. Und besonders doof sind selbstverständlich diejenigen, die Kritik üben. Deshalb habe man auch ein Jahr lang keine Beiträge mehr bei adical verfasst usw. usf.
Wie gut passt das zur propagierten “kritischen Masse” bzw. zur eigenen Vorstellung von Netzbürgern? Blogger als Jubelperser und Klickvieh – und falls dafür ungeeignet, dann sind sie ultradoof?
Wo waren auf diesem Kongress die Interessen von den Bloggern, die z.B. auf ihren Blogs ihre Strickarbeiten vorstellen, sich in kleinen Kreis mit Freunden austauschen, von ihrer Reise berichten, die ihr kleines normales Leben führen ohne Anfälle von Größenwahn oder vermuteter kommerzieller Bedeutung – und uns daran teilhaben lassen?
Es gäbe für einen Bloggerkongress allerhand Themen, wo es wichtig wäre, dass sie beackert werden. Ein paar Dinge wurden – immerhin! – angesprochen. Auf einen Bloggerkongress gehört u.a. aber auch ein aktiver Ansatz zur Bekämpfung der diversen Missbrauchsformen des Abmahnwahns. Hier hätte man sich mit Politikern und Ministeriumsbeamten diskutieren können, hätte sogar etwas Medienöffentlichkeit eingefahren – und die Angelegenhzeit dann langfristig weiterverfolgt.
(Ich hätte das organisiert – inkl. Politpromis)
Es schadet nicht, wenn sich die re:publica künftig stärker fragen würde, welche ihrer Themen gesellschaftlich relevant ist.
Aber der Focus der Macher ist nach wie vor recht eng – und dreht sich zu sehr um Kommerzprojekte und werbewirtschaftliche Möglichkeiten, was wohl auch mit dem verlockenden Geruch von Geldtöpfen zu tun hat, in deren Nähe man sich wähnt. Nicht die Sache zählt, sondern das Geld, was man damit machen könnte.
Den Wohlgeruch nahen Geldes möchte man mit kompetenter Kritik an üblen Erscheinungen von Blogkommerz nicht vertreiben. Für die Macher der re:publica gehören Kommerz und Bloggen ganz automatisch zusammen, das sei sowas von toll – und man stellt es als überaus selbstverwirklichend dar.
Revolutionäres Getue gratis.
@20. michael
sehr schöner fund und sehr treffend. es ist doch offensichtlich: das selbstreferentielle der meisten deutschsprachigen blogs ist das problem. gerade im vergleich mit den etablierten us-blogs fällt doch deutlich auf: während dort knallharte und gut recherchierte themenblogs durchaus den etablierten medien die stirn bieten, wird bei uns lieber fleißig über banalitäten geschimpft und genörgelt.
Dr. Dean bringts gut auf den Punkt.
Und ich bin es leid, daß diese asozialen Konsorten andauernd den Anspruch vor sich her tragen, “den” Blogger schlechthin zu “vertreten”. Dieses Gesindel vertritt mich nicht! Ich verbitte mir das.
Ich bin ein ausgewiesener Gegner des Kommerzbloggens – das ist mein gutes Recht – und daher finde ich es ehrenrührig, wenn man mich mit denen in einen Topf wirft.
Die können so viele Werbekongresse abhalten, wie sie wollen, ist mir egal. Aber sie sollen endlich klarstellen, daß sie nur einen bestimmten Teil der Blogger vertreten (und zwar nicht den, mit dem ich reden wollen würde).
Da ich mich nicht aktiv wiederholen möchte, kopiere ich einfach meine Meinung hier hin:
BLOGGERKAFF DEUTSCHLAND – 7 STATEMENTS ZU BLOGGERN UND JOURNALISTEN
07. April 08 // MEDIENLOUNGE
Die mediaclinique hat sich lange aus dem Streit zwischen sogenannten Journalisten und sogenannten Bloggern rausgehalten, aber langsam nerven sie wirklich und vielleicht muß man das dann doch mal thematisieren:
1 – SITUATION JOURNALISTEN
Journalisten meinen, sie seien eine aussterbende Spezies und sie hätten das nicht verdient. Seien Sie beruhigt: die, die das meinen, haben es auch verdient. Das sind 45% der Journalisten.
Journalisten meinen, sie seien die letzte Rettung einer unter der Herrschaft der Blogger zusammenbrechenden Welt. Auch diese Journalisten werden aussterben. Das sind auch 45% der Journalisten.
Die restlichen 10% der Journalisten nehmen das Phänomen des Bloggens ernst. Das sind selbst-bewußte, in sich ruhende, um ihr Talent wissende Journalisten, die ihren Job so ernst nehmen, daß sie ihn mit Überzeugung noch lange werden machen können.
Wohlgemerkt: sie nehmen das Phänomen des Bloggens ernst! Beileibe nicht jeden einzelnen Blogger, und recht haben sie.
2 – SITUATION BLOGGER
Blogger meinen, es gäbe tatsächlich einen Grund, einen Sinn, einen Zweck ihres Tuns – sie wollen die Welt retten, oder sich aus der Isolation, Langeweile, Arbeitslosigkeit. Sie haben Unrecht. Sie werden aussterben. Das sind 49,999% der Blogger.
Blogger meinen, es ‘mache einfach Spaß’, etwas ins Internet zu posten, zu kleben, zu collagieren. Es macht Spaß – aber es interessiert nun wirklich niemanden, weil es auch niemanden (außer natürlich diese am Rande der Krankheit balancierenden Menschen, die behaupten, alles sei interessant, lehrreich, die eigene Entwicklung fördernd, etc.) weiterbringt. Zeitvertreibe(r) haben wir übrigens genug an jeder Ecke der Politik, Wirtschaft, Medien und Bildung, da brauche ich nicht auch noch die digitale Form des Poesie-Albums.
Ob diese Blogger aussterben oder nicht, ist mir egal. Das sind 49,999% der Blogger.
3 – GEMEINSAME QUALITÄT
Beim Blogger (99,998%) merkt man irreparable Qualitätsdefekte sofort, da er seinen Solo-Müll auf einer URL-Halde seines Namens gut sichtbar entsorgt.
Der durchschnittliche Journalist (90%) dagegen hat das Glück, daß sein kleiner, unter die Gesamtqualität der gedruckten Medienmarke subsumierter Haufen Buchstabenmüll nicht weiter auffällt, sondern netterweise – auch durch das totale Fehlen jeglichen Feedbacks – geduldet wird unter dem ‘verleiht-dem-Heft-Farbe’ Aspekt (daß dies schon viel zu lange geduldet wird, erhöht die Lautsärke der aktuellen Diskussion noch).
4 – DAS ENDE VOM LIED
Es wird also nicht reichen, am Flughafen zu stehen und seinen Lesern zu beschreiben, daß sich die Frau mit dem roten Mantel an ihrem Koffer verhebt und der beleibte Herr daneben nicht hilft.
Es wird auch nicht reichen, immer mehr zu schreiben und sich gegenseitig immer mehr zu beschimpfen und sich untereinander immer mehr zu beweihräuchern.
Fakt ist: Blogger und Journalisten, deren Inhalte keinerlei Relevanz für irgendeine Zielgruppe von bedeutender Größe haben, werden untergehen. Das kann man nicht schönreden, muß man auch nicht. Das nennt sich Evolution. Schicksal. Eigene Dummheit.
Vor allem: Man braucht das Bloggen und den durchschnittlichen Journalismus nicht zu Tode zu diskutieren, das passiert schon von selbst.
Je länger man aber diskutiert, desto mehr Menschen werden auf die Irrelevanz beider Positionen aufmerksam, gelangweilt, genervt …
Zumal nur deshalb noch diskutiert wird, weil man keine relevanten Themen findet und es schon immer leichter fiel, über den anderen herzuziehen, statt die eigene Leistung zu challengen und zu optimieren – davor schrecken ja nicht nur alle zurück, sondern sehen nichtmal die tatsächliche Notwendigkeit, sind doch alle über Gebühr von sich selbst überzeugt.
Die Arroganz des Einzelnen war schon oft der schleichende Tod der Gattung.
5 – WANDLUNG
Was eigentlich würde der Journalist heute thematisieren, wenn es keine Blogger gäbe? An die Bild-Zeitung traut er sich ja nicht.
Wieviel Zeit verliert der Blogger durch die tägliche, rituelle Bestätigung (‘Finde ich auch’ klabauter1418, ‘Haste Recht’ marc1234, ‘Sacht ja Don Alphonso auch schon’ turi2816, oder wie sie so ähnlich alle heißen und bekannt sein wollen) des eigenen Status und dem des Blogger-Freundes in ihren ansonsten einsamen, digitalen Ghettos? Selbstreferenz auf höchster Ebene.
Wieviel Zeit haben Frank Schirrmacher et al. schon mit ihren Tiraden auf Blogger und Perlentaucher verloren? Zeit, die sie hätten nutzen können, ein Buch zu lesen oder die Laudatio auf Tom Cruise intelligenter zu formen oder zu erkennen, wohin die Reise geht, die im Ende eine gemeinsame sein wird.
Beide könnten die Zeit besser nutzen für einen Blick über den eigenen Horizont hinaus in die große weite Welt des Bloggens, in der Blogs und Journalisten es zu gesellschaftlicher Größe gebracht haben, von der hier nur sabbernd und neidvoll geträumt wird, kann man selbst Kompetenz nicht mal buchstabieren.
(So könnte sich zB der Journalist, der sich heute über Twitter auf der re:publica lusig macht, mal recherchieren, welche Wandlung Twitter in den Staaten durchgemacht hat, dort inzwischen unzählige Clones und Spin Offs existieren, die eine eigene Experience kreieren, die dafür sorgt, Twitter schon als die relevante News-Quelle in Tech-Kreisen zu bezeichnen – nicht Blogs oder gar Journalisten!)
(Genauso könnte man sich natürlich fragen, was eine Blogger-Konferenz unter dem Label ‘re:publica’ verloren hat, hat sie doch nichts weniger als Öffentlichkeit.)
6 – INHALTE UND NUTZER – STATT EGOISMEN
Was heute geboten wird, ist eine Ohrfeige für die Möglichkeiten des Journalismus und eine Ohrfeige für die Möglichkeiten des Bloggens.
Beide sollten Ziele haben, Zielgruppen, Inhalte und Themen von mehr als rudimentärem Interesse, Größe und Qualität. Bei beiden ist dringend eine Zäsur notwendig.
Die relevanten Themen in unserer kaputten Republik liegen für beide auf der Strasse. Korruption, Lobbyismus, Lethargie der Wirtschaft, Inkompetenz der Politik, Anspruchsdenken der Gesellschaft, Tibet und China, Irak und USA und die Welt, Big Pharma, Big Tobacco, Citizen Journalism, und und und.
Der Nutzer muß im Mittelpunkt stehen, seine Themen, seine Interessen, seine Bedürfnisse, nicht das eigene Ego, nicht der Kampf, nicht das Wundenlecken.
Man wird den Entscheidungen der Zielpersonen vertrauen müssen, die im Moment, so oder so, nur den Kopf schütteln.
Das ist die Welt 2.0, in die wir hineingeschlittert sind. Jetzt müssen wir handeln, statt zu meckern. Lernen, statt zu lärmen. Innovation und Qualität bieten, statt Tränen und Stagnation.
7 – ZUKUNFT
Relevanz bekommen die Inhalte für den Nutzer nur, wenn er die Kompetenz des Einzelnen spüren kann. Kompetenz, Rückgrat, Engagement und Konsequenz.
Gereiche also das Verhalten des Einzelnen in Zukunft wieder der gesamten Gattung zur Ehre. Sei er Spiegel der Menschen, vor allem aber Maxime ihres Handelns und ihr Vorbild!
Gruß
ralf
Don, wenn einer wie Ralf Schwartz schreibt der Einzelne sei “vor allem aber Maxime ihres Handelns” (der Menschen),oder “die Arroganz des Einzelnen war oft schon der schleichende Tod der ganzen Gattung”, ist dann nicht sowieso alles egal und für umsonst?
@ ralf schwartz (27): jaja, ganz netter artikel. stellenweise nervt allerdings die apodiktische herangehensweise, genauso wie sie das leider auch hier manchmal tut (will keinem ans bein pissen, empfinde ich nun mal so, aber keine sorge: spon-schreibsler sind da noch viel schlimmer). aber wenn man sich zum thema qualität ausläßt, sollte man bei aller liebe zum sautreiben die telekom-magenta-geschichte wenigstens so darstellen, daß sie nicht mißverständlich rüberkommt (in ralfs blog der artikel unter demjenigen, den er freundlicherweise mit c&p hier nochmal veröffentlicht hat, statt ihn zu verlinken). so wie du das schreibst, hört sich das so an, als ob die telekom gg. engadget vorginge und – so isses doch nu’ mal gar nicht, oder? weiterüben!
@Pitklage: Gerade dann nicht! Dann heißt es die Ärmel hochkrempeln und Vorbild werden, damit es insgesamt besser wird (wobei nur Ford Prefect die gesamten Ausmasse des ‘es’ kennt). Vorbild mit jeder Aktion, continuous Improvement und radikale Innovation.
@ woktor: Schön, daß Du mal in die anderen Texte der mediaclinique reingelesen hast. Herzlich willkommen nachträglich.
Meinst Du mit weiterüben Dein Englisch? Der Text ist im Grunde ganz klar und ich denke der Brief der Telekom auch (http://www.engadget.com/photos/deutsche-telekom-t-mobile-demands-engadget-mobile-discontinue-using-the-color-magenta/725824/) – was ja auch schon die Bezeichnung des Posts genauer des Wortes ‘demands’ zum Ausdruck bringt.
Nichts für ungut, freut mich, daß mein Artikel zumindest ‘ganz nett’ ist (dachte c&p sei hier angebracht, damit niemand ‘nen Werbelink dahineininterpretiert).
Zum Apodiktischen: Manchmal bin ich tatsächlich der Meinung, die Welt versteht sonst nicht mehr, worum es wirklich geht. Alles scheint eine Sauce, jedem ist alles egal, alles ist verboten, jeder macht was er will, usw. Du weißt schon …
Das meinte ich eigentlich nicht. Ich meinte: wer so was schreibt,also zum Beispiel dass der Einzelne eine Maxime der Menschen sein soll…….ach egal
[…] Wichtig ist mir, dass die bemerkenswerten Beiträge überhaupt erstellt werden. Wenn sich Don Alphonso auf blogbar.de fragt, warum denn Blogger nicht endlich etwas zur globalen Finanzkrise sagen und zum Mindestlohn und wenn er vertiefende Analysen zur Verarmung des Mittelstandes vermisst, dann sind das keine ungerechtfertigten Fragen. Aber für solche Themen sind doch schon bezahlte Journalisten nicht leicht zu begeistern – warum sollte sich also ein unbezahlter Blogger daran versuchen? Für diese Themen braucht es von irgendwoher Geld, denn als Thema ist die Verarmung des Mittelstands nicht besonders sexy. Oder kennt jemand Firmen, die nur darauf warten, ihre Werbung in einem solchen Umfeld zu platzieren? […]
@ 32 medienlese.com: Ich denke eher, daß es für diese Themen kein Geld braucht, sondern Intellekt, Intuition und Imagination. Geld ist nicht alles und reicht vor allem nicht als Anreiz, denn diese Mechanik bringt uns genau dahin, daß jeder Trottel versucht, mit seinem individuellen Müll Geld zu machen. Koste es, was es wolle. Genau das aber funktioniert nicht – wie man ja an sogenannten Bloggern und sogenannten Journalisten sieht, wie ich oben beschrieben habe. Siehe dazu auch die aktuelle Ausgabe mind-box-magazine.com zum Thema ‘DER SIEG, NICHT DAS SPIEL!’
Am stärksten jedoch stört mich Dein letzter Satz im Originalpost (Öffnet die Scheuklappen, zu verlieren gibt es nichts.), denn es gibt eine ganze Menge zu verlieren, nämlich sehr viel Zeit, wenn ich ständig unterwegs sein muß, um die vergleichsweise wenigen Perlen in den Unweiten des Netzes zu finden. Dazu braucht man schon (Medien-)Marken als Leuchttürme, nur wird man von denen auch immer öfter in die Irre geleitet und zerschellt an ihren Klippen der Ignoranz und Arroganz. Leuchttürme, auf deren Qualität, man sich verlassen kann. Leuchttürme, die immer seltener werden und immer schwächer leuchten.
Zeit wird es also auch dort für eine Neuausrichtung und Qualitätsoffensive – nicht für die Blogger, da ist den meisten sowieso nicht zu helfen, sondern für die Journalisten und Redakteure und Zeitschriftenmacher, die im Grunde immer noch nicht verstanden haben, was das Internet wirklich für uns alle und gerade die Medien bedeutet.
@Ralf Schwartz: Wenn du was zum Originalpost zu sagen hast, warum schreibst du es denn hier? Habe diesen Eintrag jetzt nur durch Zufall aufgefunden.
Du schreibst ja selbst, dass es Zeit braucht, “um die vergleichsweise wenigen Perlen in den Unweiten des Netzes zu finden”. Wenn du das also nicht selbst machen willst (weil es Zeit kostet, die du nicht hast, da sie bereits mit Arbeit und Freizeit gefüllt ist viellleicht), so kann das, wenn du dich auf seine Art einlassen willst, ein anderer für dich übernehmen. Doch auch der, egal, ob er sich Blogger oder Journalist oder Schreiberling oder Linksucher nennt, braucht dafür Zeit. Die er früher oder später in Geld umgemünzt sehen muss (wenn er nicht davon bereits ausreichend hat).
@(32)Ronnie Grob: Du gibst die Antwort doch selbst: Ich habe keine Zeit, hinter dem Originalpost herzulaufen.
Wenn ich hier einen Kommentar von Dir lese, dann antworte ich auch hier.
Aber lass uns gerne bei Dir weitersprechen, was in diesem Falle hier ist: http://medienlese.com/2008/04/10/nochmal-blogger-vs-journalisten-its-not-the-form-stupid/
[…] Doch in wie weit stimmt die durch das nachfolgende Zitat aus einem Beitrag von Don Alphonso veranschaulichte (und auch vom Spiegel genutzte) These: […]