Gut, dass es keine deutsche Huffington Post gibt
Der Artikel ist schon etwas länger als Fortführungs dieses Beitrags angedacht, aber vielleicht ist das gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, mal über das amerikanische Politikportal – manche sagen auch Blog – Huffington Post zu sprechen. Es ist eigentlich ganz einfach, und dazu bitte ich die Leser, sich einfach mal Folgendes vorzustellen.
Nehmen wir mal an, die Frau des Chefs eines Kraftwerkriesen ärgert sich über die grosse Koalition. Früher war sie absolut für Helmut Kohl, hat während dieser Zeit viele Kontakte zu Medienmachern und, was wichtiger ist, zu Medienbesitzern. Unter Schröder verstand sie schnell, dass sich ein paar Dinge geändert haben, und nachdem es die SPD reuigen Unternehmern leicht machte, sie zu mögen, probierte sie den Wechsel. Dann fand sie das auch wieder nicht gut, engagierte sich für Merkel, und als dannn die grosse Koalition mit dem Einheitsbrei kam, sagte sie zu ihren Kumpels, die sie auf diversen Berliner Events kennengelernt hatte: Da gibt es diese neuen Blogs, da rennen massenhaft Rechtsextreme und viel Linksalternative rum, das machen wir jetzt auch und gehen damit BANG! in the middle. Dafür nimmt sie von ihrem Mann ein paar Hunderttausend, lässt ein paar den Medien wohlbekannte Nasen des Berliner Betriebs schreiben, und prompt “entdecken” ihre Freunde in den Medien “das Politikblog”. Sie wird eingeladen, ist der Star vieler Podiumsdiskussionen, eine Instanz im Netz, und wenn jemand was zu sagen hat, geht er damit dann zu ihr und SPON und Welt und FAZ und überhaupt alle schreiben, dass derjenige Politiksimulant so supidupi modern ist und den üblichen PR-Dreck jetzt auch bei einem Blog! DEM BLOG! DEM EINZIGEN BLOG! veröffentlicht. Junge, dynamische, moderne Politiker, die im Netz ansprechbar sind, und das Blog als Schnittstelle neben dem Medienbetrieb…
Genau das ist Huffington Post. Eine dem Trend folgende, politisch leicht linke Institution, die das Thema “politische Blogs” in der Medienberichterstattung dominiert, weil die Macherin ein Teil des Systems ist, dem sie etwas entgegensetzt. Everybodies Darling. Und macht auch gleich everbody zum Depp, denn die Huffington Post ist längst auch nicht mehr als ein kommerzielles Mainstreamprojekt, das aktuell nur zu gut in den amerikanischen Wechselwillen passt, und entsprechend von allen Medien bis runter in die Murdochkloake verhätschelt wird. Sie alle lieben Huffington. Damit gibt es ein Pars pro Toto unter den Blogs, ein williges Vehikel, das jenseits dieser egalitären Bloggerei steht, endlich ist mal eine der ihren dort und auch gleich gleicher als gleich, nett, anschmiegsam und willig, das Spiel mitzuspielen. Amerikanische Medien müssen sich nicht mehr mit irgendwelchen linken oder rechten Pijamaguerillas auseinandersetzen, wenn sie Blogs zeigen wollen. Sie müssen nicht mehr suchen oder andere Sichtweisen zur Kenntnis nehmen: Frau Huffington hat ihnen das perfekte Spiegelbild in der Blogosphäre hingestellt, oben Societylady und unten die üblichen Journalisten, sie nennen es Blog, das Blog, man soll kein anderes Blog neben der Huffington Post haben, und alle sind zufrieden.
Ich bin verdammt froh, dass es sowas in Deutschland nicht gibt. Ich finde diejenigen in meiner eigenen Partei SPD widerlich, die so etwas “in der Art” zur nächsten Wahl aufziehen wollen, und sich dafür PRler aus der Berliner Pleitengosse kaufen. Ich will nicht schon wieder irgendwelche Spins und Mauscheltouren der Medien, die zwar zu blöd sind, um selbst zu bloggen, aber das Problem dann eben mit einer eigenen Blogsimulation bereinigen, die einen weiteren Arsch hinhält auf der Strichmeile unter den Linden zwischen Bundestag und Bertelsmann-Stiftung. Es gibt in der Blogosphäre ohnehin schon zu viele Selbstdarsteller und Nachvornedrängler, Podienschubser und intrigante Lügenmäuler. ich glaube, es ist ganz gut, wenn es für sowas keine zentrale Anlaufstelle gibt, und weiterhin zwischen den Lagern und Einstellungen so die Fetzen fliegen, dass es einfach keinen Mainstream gibt, auf den man “die Blogs” festnageln kann. Das Wort von der Gleichschaltung wäre hier zu böse, aber es gibt keinen Grund, den Medien den Gefallen zu tun und etwas zu schaffen, was die Blogs in der öffentlichen Wahrnehmung auf Linie bringt.
Genau das Gegenteil ist wichtig.
Sorry, the comment form is closed at this time.
Da in Deutschland die Mittel begrenzt sind, wird es höchsten einen Twitter Quark geben! Mit Sabine Christiansen als Kirsche oben drauf und irgendwelchen Berliner, die über interessante Dinge *hust wie Kurt Beck rasiert sich gerade oder Hubertus Heil trink ein Bier beim In-Italiener twitten. Da lache ich jetzt schon mal recht herzlich.
Eine dt. HuPo wird es nicht geben, weil es keine aktuellen und tiefgreifenden Kontroversen gibt, über die so ein Dienst hinweghelfen könnte. Wo es nichts zum Aufregen gibt, hilft Agitation nicht. Deutschland erlebt eine seltene Phase der Stabilität und des Wachstums, hat ganz gut Perspektiven, ist nur von Freunden umgeben und kann sich doch ganz auf das konzentrieren, was es am besten kann: produzieren, exportieren, entwicklungshelfen, die Normalität geniessen.
[…] Besser als Don Alphonso in Gut, dass es keine deutsche Huffington Post gibt kann man diesen Schmu, den der Spiegel grade schreibt, nicht beenden: […] ich glaube, es ist ganz gut, wenn es für sowas keine zentrale Anlaufstelle gibt, und weiterhin zwischen den Lagern und Einstellungen so die Fetzen fliegen, dass es einfach keinen Mainstream gibt, auf den man ‘die Blogs’ festnageln kann. Das Wort von der Gleichschaltung wäre hier zu böse, aber es gibt keinen Grund, den Medien den Gefallen zu tun und etwas zu schaffen, was die Blogs in der öffentlichen Wahrnehmung auf Linie bringt. […]
@Gunter: So begrenzt sind die Mittel nun wirklich nicht, um hier nicht auch sowas hochzuziehen. Man überlege nur, was für Summen für Dinge wie StudiVZ ausgegeben wurden.
Ich probiere mal einen anderen Ansatz (kann auch falsch sein):
In den USA sind die Medien sehr regional. Durch Internet und Blogs können auf einmal “nationwide” die Nutzer mit Information bedient werden. Das fällt traditionellen Verlagen schwer. 4-6 Zeitzonen sind für Blogs, die ihre Autoren überall haben, kein Problem. Ein Angebot wie Huff-Post würde hierzulande auf erbitterten Widerstand der Verlage stossen – weil es in direkter Konkurrenz zum eigenen online-Angebot ist.
Mich wuerde interessieren, ob der “Spiegel” Artikel, Dir mehr Traffic gebracht hat und wenn ja wieviel. Waere ein interessanter Parameter.
Vielleicht 300 Visits bei Rebellen ohne Markt in 24 Stunden. bei der Blogbar weiss ich das nicht. Allerdings entspricht das in etwa dem, was ich auch rüberschicke, wenn ich jemanden per Link empfehle, und es ist nicht mal die Hälfte von dem, was Heise mit einer Erwähnung bei Was war was wird liefert. Insgesamt vielleicht ein Plus von 15% im Vergleich zum Normalbetrieb. Mittelgradig irrelevant.
@weltenweiser. Aber ich glaube, dass die Menschen mit dem nötigen Geld eher vorsichtiger geworden sind. Wenn ich Fieber hätte, würde ich da was zusammen spinnen: Die SPD Medienholding macht gemeinsame Sache mit dem WAZ Menschen Bodo Hombach. Das wäre dann auch eine gewisse Macht, um das Ding bekannt zu machen. Und als weibliches Gesicht: Doris Schröder-Köpf! Die Schröpf Post!
ist das wunderbare an blogs nicht, dass diese meistens frei von politischen interessen sind?
zumindest bei journalistischen blättern, dürfen sie gerne angehaucht sein, aber das ist übertrieben meiner meinung nach.
Was mich nur wundert an der Debatte: Warum würde eine einzige so genannte deutsche Huffington Post die deutschen Blogs in der öffentlichen Wahrnehmung auf Linie bringen? Und warum würde man damit “den Medien” (Blogs sind auch Medien) einen Gafallen tun?
Ich halte den Durchschnitts-Blog-Leser durchaus für fähig, unterscheiden zu können, sich ein Urteil zu bilden – also schlicht für kompetent und emanzipiert in Bezug auf die Medien, die er rezipiert.
Das oben angeführte Argument erschließt sich mir also nur schwer bis gar nicht. Ansonsten steht es jedem frei, das zu tun, was er für nötig, richtig, angemessen, zeitgemäß und erhellend hält, oder? Soll doch jemand die Huffigton Post auf deutsch kopieren, herausbringen und sehen, ob er damit Erfolg hat. Denn der setzt sich noch immer durch. Ob das jetzt unromantisch klingt oder nicht.
[…] Gut, dass es keine deutsche Huffington Post gibt » Blogs! Buch Blog … Don mag also auch das amerikanische Musterblog nicht … jetzt wird’s dünn … bleiben wohl nur noch eine (Quoten-)Blogs seines Vertrauens und sein eigenes Blog, das er eigentlich (fast)ausschließlich verlinkt … inhaltlich hat er aber Recht und er (tags: blogs politik) […]
[…] » Gut, dass es keine deutsche Huffington Post gibt Noch nicht. Meint DonAlphonso, und er wünscht sich auch keine. Ehrlich gesagt, das ungeordnete jetzt macht mir mehr Spaß :). Bitte so bleiben, auch im Wahlkampf. (tags: blogs politik wahlkampf09) […]
“Ich halte den Durchschnitts-Blog-Leser durchaus für fähig, unterscheiden zu können, sich ein Urteil zu bilden – also schlicht für kompetent und emanzipiert in Bezug auf die Medien, die er rezipiert.”
Ich halte niemanden, mich eingeschlossen, für so “kompetent und emanzipiert”.
Natürlich wird es nie “das” Blog-Magazin geben aber Masse, Geld und Beachtung haben schon stärkere Charaktere als Blogger zur “Gefolgschaft” gebracht. ;-)
Die – vorsichtig formuliert -nicht gerade heterogen verteilten Grimme-Online-Preise, die (wohl freiwilligen !) Link-und Zitier-Kartelle zeugen von einem gewissen “Mitlaufen”.
Eine dt. *Huffington-Post* wird nicht ohne friends&money darzustellen sein. Ist es aber da, wird es für “nicht geringe Teile” der hiesigen Blogosphäre die gleiche Bedeutung haben wie für best. Milieus Spiegel, Bild, taz oder FAZ.
Eine dt.*HP* würde also mgl.weise nicht “Emanzipation” und “stärkere Bedeutung” sondern “Gleichschaltung” bedeuten.
Man muss doch nur mal schauen, wo deutsche Blogger “Medien” machen dürfen: MC Winkel labert bei Zoomer.de und Felix Schwenzel bei Watchberlin was in die Kamera, Stefan Niggemeier schreibt für Burdas ivyworld Belanglosigkeiten. Da haben sich dann die richtigen gegenseitig gefunden, und ich wage zu behaupten, dass recht viel mehr von den preisgemauschelten Strukturen nicht kommen wird. Wenn, dann nur ohne lebende Blogger. Und auch das müsste man erst mal können.
Ich finde es bemerkenswert, dass bei der ganzen Diskussion etwas offensichtliches übersehen wird: “Huffpost” ist (mittlerweile) gar kein Blog mehr. Ein Blick in die Unterzeile verrät die eigentliche Gattung: “The Internet Newspaper”. Letztlich eine Online-Zeitung mit tendenziöser Berichterstattung, Newssammlung, Video und Community. Es käme auch keiner auf die Idee, TAZ.de oder BILD.de als Blog zu bezeichnen, obwohl sie zur Meindungsbildung oder -übernahme beitragen. Was also sollte gegen eine deutsche “Huffpost” sprechen, der es vielleicht eher gelingt, die politische Diskussion in der Bevölkerung anzuregen als es ein Leitartikel in der FAZ vermag. Ein Jahr vor der Wahl ist das ein guter Ansatz.
Die Huff gibt sich vorwiegend politisch. Obama und Irak rauf und runter, weiter unten mal was über I-Phone etc.
Schwenzel, MC Winkel & Co., selbst Niggemeier meist sind doch eher Lifestyle-Blogger (höflich ausgedrückt).
Man kann das tatsächlich schwer vergleichen bis gar nicht.
In D gibt es kaum Ambitionen, politisch zu sein (Politik ist “Streit” und “Bäh” hat sich geschichtlich so entwickelt und ist bis heute geblieben, dadurch hohes Mitläufertum, Harmoniesucht und Feigheit). Außer bei wenigen an den extremen Rändern.
(disclaimer: Ich begreife Huff-Po nicht so recht.)
Hmm. Huff-Po ist eine Mischform zwischen Blog und Zeitung, eine Mix aus politischer Berichterstattung und Boulevard, und es wirkt seltsamer Weiese sogar dort “frisch”, wo es das nicht ist. Ich vermute, dass Huff-Po stark von einer Schieflage in der politischen Publizistik in den USA profitiert hat. Als eine Art “ergänzender Blick” hat Huff-Po für viele Amerikaner offenbar einen Wert.
Eine deutsche Huff-Po müsste ähnlich wie eine Kreuzung aus Telepolis, Burda und Spreeblick sein – und sich u.a. gegen SPIEGEL/FAZ/WELT/Holtzbrinck/BILD positionieren. Dazu müsste sowas von Talkshow-“Größen” und zahlreichen Halbprominenten und Prominenten flankiert werden.
Ich bin mir nicht sicher, ob wir das wirklich brauchen. Keine Ahnung. Sicher bin ich nur:
Erstens: Mit dem Thema “Blog” hätte sowas eher wenig zu tun.
Zweitens: SpOn wäre darüber sehr unglücklich.
Ich meine heute noch irgendwo gelesen zu haben, dass es in Deutschland recht wenige wirklich große Politikblogs gäbe (zumindest las ich das aus dem Artikel raus, als ich ihn überflog). Hier, dieser Artikel in dem du auch erwähnt wirst.
Also ich glaube, du beschreibst HuffPo zwar sehr treffend, ich vermag aber die davon ausgehende “Gefahr” nicht wirklich zu sehen.
In den USA schon gar nicht, denn da gibt es wirklich eine ganze Menge guter “linker” Blogs.
Und wenn in der HuffPo Bullshit steht, wird das gnadenlos zerpflückt.
In Deutschland fehlte wohl die Kontrollinstanz. Die politische Blogszene hier ist größtenteils ein Trauerspiel, obwohl die Medien zu sehr relevanten Themen schlichtweg die Erfüllung ihres Auftrags verweigern.
Was da zu den “freiwilligen” Fingerabdrücken und sonstigen “Features” im neuen Perso läuft, ist beschämend.
In den USA gibt es weniger Zensur.
“Mein Parteibuch” ist auch schon in USA.
Was die politischen Blogs dort machen, würden sie in Deutschland finaziell nicht überleben.
Hamburger Mediensenat läßt grüssen.
http://www.readers-edition.de/index.php ist sowas ähnliches: Halb Boulevard halb Blog.
Ich gebe zu, ich hätte gerne soetwas wie Huffington-Post in Deutschland. Eine von den großen Medienkonzernen unabhängige (aber trotzdem halbwegs professionelle) Sammelstelle von extrem gut ausgebildeten Leuten, sprich Experten, die schlicht und ergreifend darüber bloggen, was sie politisch bewegt. Lauter einzelne Leitartikler sozusagen – toll.
Also auch ich fände sowas für Deutschland spannend. Muß ja nicht aus denselben politischen (Anti-Bush-Anti-Krieg-Anti-wasweißich) Motiven heraus gegründet sein. Muß noch nichtmal ausschließlich politisch oder gesellschaftskritisch sein. Hauptsache sie bloggen nicht über Medien, das Bloggen und den angeblichen (Un-)Sinn desselben! ;-)