Rückkopplung
Mir ist es jetzt zu blöd, die aktuelle Ursache dieses Beitrags zu verlinken. Einerseits ist das Thema durch, andererseits…
geht es auch abstrakt. Ich möchte hier eine Behauptung aufstellen: Wir haben in der deutschen Blogosphäre ein schweres Strukturpoblem mit zwei sich verstärkenden Ursachen – ein Knick in der Wahrnehmungsoptik und in der Ausrichtung der damit betrachteten Blogs.
Diese Rückkopplung funktioniert grog gesagt so: Öffentliche Aufmerksamkeit erregen Blogs, die einerseits in der Blogosphäre viel Aufmerksamkeit in Form von Links bekommen, was dazu führt, dass so etwas wie eine mediale Aussenwahrnehmung entsteht, die Bloggern trotz gegenteiliger Beteuerung extrem wichtig ist, wie man erleben kann, wenn irgendwer was über Blogger schreibt. Bezeichnenderweise schlägt jeder zusammengeschmierte Spiegelbeitrag eine Ausstellung über Blogs wie aktuell im Musuem für Kommunikation in Frankfurt um Längen, was hübsch bezeichnend für die Bewertung ist. Dass es so ist, wird verständlich, wenn man die Awareness der Medien als Verkaufsargument für Werbung nutzen muss.
Um aber erst mal in die vorderen Plätze zu kommen und sowas wie ein gern befragter Blogger zu werden, muss man dem Publikum huldigen. Neben Flamewars sind angesichts der tatsächlich verlinkenden Blogger gerade Internet/Bloggerthemen, Mitmachaktionen und “Hey guckt mal”-Geschichten aus dem Netz die sichere Karte. Man tut sicher keinem Unrecht, wenn man behauptet, dass ein seine Italienreise bloggender Heine unter den real existierenden Bloggern kaum verlinkte Beachtung finden würde. Also stüürzen sich alle, die vorne sein wollen, auf exakt diese Themen und fahren sie, um dabei zu bleiben. Medien filtern dann den oft verlinkten Trash raus und halten sich an die besseren Exemplare, denen eine gewisse Qualität zugesprochen wird, und sei es auch nur durch eine verkommene Preiszuschanzerei.
Diese Mechanismen der Selbstpromotion werden noch verstärkt durch das Fehlen öfffentlich wirksamer Blogs in Spezialbereichen. Es ist keine vollkommene Absenz, aber in vielen Bereichen würde ich mir zumindest bessere und schnellere Spezialblogs von Leuten wünschen, die Ahnung von dem haben, was sie schreiben. Ich bekomme ziemlich viele Anfragen nach dem Motto “Kennst Du einen tollen Blogger zum Thema XY”, und muss sehr oft passen. Ich glaube, dass es in den Medien sowas wie eine Sättigung, oder Langeweile, oder Angenervtheit gibt, was die nach Aufmerksamkeit gierenden, grösseren Blogs, ihre Marotten und ihr Divengehabe angeht. Zu viele von denen zehren von lange vergangenen Geschichten, sind “famous for being famous” und dennoch für normale Leser vollkommen unverständlich, sprich als Thema ungeeignet. Wollte man daran etwas ändern, müsste man es vielleicht mal mit einer Tabula Rasa probieren, und Bloggen ohne das Schielen auf Links und Bliggerrelevanz.
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Interessanter Beitrag. Ich befinde mich oft im selben Dilemma. Leider muss ich sagen, kann ich es nicht abstellen. Ich will aufmerksamkeit. Aber nicht um ejden Preis. Der Preis den ich zahlen würde, reicht bei weitem nicht.
Das nur vorweg.
Ich glaube ein Problem der Spezialblogs ist, dass sie in einer Art leere existieren. Niemand kennt sie, niemand schreibt über sie und so verlieren diese wohl schnell wieder die Lust am bloggen. Wenn ich heute einen 4 Seiten Artikel oder ein Tutorial zu Thema XY schreibe ist die Arbeit den Ertrag(und ich meine nicht finanziellen Ertrag) einfach nicht wert. Das wird er erst wenn ich mich ein paar Monate prostituire um eine Stammleserschaft zu kriegen von denen dann vielleicht 10% das gut finden was ich wirklich machen will.
Ich habe keine wirkliche Spezialität abner ich glaube, dass genau diese Spezialblogger dieses Problem haben. Wenn ich mich mit etwas auskenne und publiziere will ich in einen Dialog treten und Feedback in irgendeiner Form bekommen. Da sind wir wieder bei der Kommentardiskussion. Ich versuche seit einigen Woche wirklich alles zu kommentieren was mich in irgendeiner Form weitergebracht, erfreut oder geärgert hat. Ich jeder Blöogger muss um die Blogosphäre lebendiger und ertragreicher machen wegkommen vom reinem konsumieren anderer Blogs. Wenn mir der Beitrag gefällt kostet es mich 5 Minuten mehr Anregungen zu geben oder eventuell auch nur meine Zustimmung zu geben. Warum nicht? Solange es keine Linkheuchelei ist…
Nur’n paar Gedanken um 4 Uhr :) Hoffe man versteht was ich meine.
Das Problem ist, daß es keinen Mittelweg gibt, zwischen still vor sich hin guten Inhalt produzieren und mit Pauken und Trompeten auf sich aufmerksam machen.
Anfang des Jahres war Rivva eine Hoffnung, die sich inzwischen aber als nicht geeignet erwiesen hat. Es steht nach wie vor Schwarmverhalten gegen Individualität. Ein Schwarm mag mehr Gesamtwissen aufbringen als ein Einzelner, ist aber keinesfalls klüger.
Einen Versuch wert wären Gastbeiträge in anderen Bloges, eine Art Autorennetz. Ich versuche gerade so etwas.
“´Kennst du einen tollen Blogger zum Thema XY´”
Total albern, die Frage. Was sollte ich als Schlagzeuger z.B. über mein Hobby bloggen? Hey, heute ist mir die Flügelschraube zum Kontern des Ride-Beckens runter gefallen?! Don, sei bitte froh über jeden, der sein Steckenpferd NICHT online verhackstückt. Dein post liefert künftigt die Legitimation für Heerscharen neuer, tipptalentloser Fachidioten. Tnx a lot!
Wenn jeder über das schreibt, was ihn interessiert und was er für mitteilungswürdig hält, er gibt sich eine gute Mischung und ein ehrliches Speigelbild der in der Gemütslage der Nation. Spezialisierte Fach- und Nischenblogs gibt es natürlich auch im deutschsprachigen Raum. Sie finden auch ihr Publikum. Nicht so sehr viele, aber immerhin. Sie sind zwar der allegemeinen Öffentlichkeit nicht so sehr bekannt, aber doch in ihrem Schwerpunktbereichen. man kennt sich schon untereinander und liest sich.
Bloggen an sich ist ja schon eine winzige Nische in der Medienlandschaft. Spezialblogs sind naturgemäss Bruchteile der Nische. Aber darauf kommt es nicht an. Diejenigen, die sich für eine Nische interessieren, kennen sich untereinander ganz gut, glaube ich. Und wer von den “grossen” Medien ein Blog zu einem Spezialthema sucht, der möge einfach seine bevorzugte Suchmaschine anwerfen. Da poppt oft auch das richtige dabei heraus.
PS: Ich hoffe doch, dass Journalisten wissen, was eine Suchmaschine ist. Oder? Verbucht unter Kapitel I, Grundwissen Journalismus, “Recherche”.
Qualität war noch nie Massenware. Weil nicht nach Publikumsgeschmack. Bloggen ist doch in vielen traurigen Fällen längst Mainstream, erst wird geguckt, was Spiegel oder Stern auf der Startseite haben, dann darüber gebloggt. Und was das “Bloggen ohne das Schielen auf Links” betrifft: eine Erkältung bringt nun einmal laufende Nasen mit sich.
Das Strukturproblem besteht in der allgemeinen akzeptierten, aber irrigen Meinung, dass Links, Kommentare und andere Rückmeldungen mit Kuschelfaktor die Relevanz und Akzeptanz eines Blogs ausdrücken würden. Blogs werden hierzulande primär als als Dialog-/Kommunikations-/Vernetzungswerkzeug verstanden – von Bloggern als auch von den Medien. Die Masse von real-life Bloggerevents wie barcamps, Bloggertreffen usw. sind da symptomatisch.
(Exkurs: Was auch die Heftigkeit der Journalisten-Blogger-Diskussion mit erklärt. “Schwätzer” mit Anspruch auf die Deutungshoheit und darauf, den Journalismus zu revolutionieren, stossen zwangsläufig auf Unverständnus bis Hass).
Ergo dienen Sachen wie Blogscoop, Bloggeramt, Bloggerei, technorati, alexa und was es noch alles gibt, nur der Sichtbarkeit und den Revierkämpfen innerhalb einer Szene. Und sie dienen dem Marktwert in Sachen Werbeeinnahmen – jedoch nur für die wenigen Blogs, die den Marktwert frei verhandeln können und nicht auf Adsense bauen. Sie haben an der sich verstärkende Rückkopplung ein finanzielles Interesse. Wenn man es mal grob auf den Punkt bringt: Das Rattenrennen der “Blogosphäre” hat nur den Zweck die Bäuche der Rattenkönige zu füllen.
Was da auf der Strecke bleibt, ist der (potentielle) Leser, der auf der Suche nach “Information” ist und nicht erst die ungeschriebenen Gesetze und kodifizierten Albernheiten der “Blogospähre” verinnerlichen will.
“Bloggen ohne das Schielen auf Links und Bliggerrelevanz” funktioniert – meine Erfahrung. Das von mir mit einem Koautor gefüllte blog würde unter den top50 bei blogscoop landen. Aber um den “Impact” abzuschätzen braucht man blogoscoop, technorati usw. nicht. Das erkennt der Blogger auch an eigenen unique visits, Herkunft der IP-Adressen, Erwähungen ausserhalb der Bloglandschaft und den direkten Feedback per E-Mail.
Ich habe zwar keine konkreten Beispiele, ich bin mir sicher, dass es eine Reihe von “Spezialblogs” (dummer Begriff) gibt, die erfolgreich sind, aber im Schatten der sichtbaren Blogosphäre liegen. Die Mechanismen der Selbstpromotion schaden der Wahrnehmung von Blogs in Deutschland, da sie den Blick auf die Vielfalt der Blogs verstellen und eine Weiterentwicklung verhindern.
Wie geht es weiter? Ich sehe es eher pessimistisch. Die notorisch bekannten “A-List”-Blogger haben die Chancen nicht genutzt und Bloggen in Deutschland auf dem Gewissen. Die Zeit der sprunghaften Entwicklung ist vorbei. Es wird sich was ändern, auch zum Positiven, aber es wird lange dauern.
@5: Hier gabs unlängst nen thread über das Für und Wider im Umgang mit Nazispam. Willst du ernsthaft behaupten, 300 inputs (minus Dons Reaktionen) seien kein Gradmesser für Akzeptanz ?!
Bei Blogger.com gibt es das “Next Blog”-Feature, dabei kann sich man wie bei den Webseiten-Ringlinks früher durch ganz viele Seiten klicken. Dabei habe ich ein paar tolle Spezialblogs gefunden, sind aber alle auf Englisch gewesen. Diese Möglichkeit scheint es aber nur da zu geben, überall anders kann man nur die neuesten Beiträge sehen. Irgendwie spricht mich das aber nie an ^^
Aber gute Blogs zu bestimmten Themen zu finden ist für Otto-Normal-Internetnutzer auch schwer. Wenn man sich für ein Thema interessiert wird man irgendwann sicher die ganze Szene im Internet kennen, aber wie soll man sonst schnell etwas finden? (Noch) Hat Google neben seinen Links keine Qualitätsbewertung und ein wenig verlinkter, aber guter Nischenblog wird sicher erst weit hinter den üblichen Verdächtigen kommen. Und dann sind viele Deutsche wohl auch eher noch in Foren aktiv, als zu bloggen und kommentieren.
PS: Habe eben mal in Scienceblogs.de reingeschaut, da ich die amerikanischen Blogs teilweise sehr interessant finde. Aber das prominenteste da sind die Links auf Focus und die Sueddeutsche. Ganz großes Tennis für eine Blogseite.
Aber hallo! Was haben denn bitte 300 “inputs” von irgendwas um 5 bis 15 über Jahre mehr oder weniger persönlich involvierten Personen über Relevanz und öffentliche Wahrnehmung aus? Jeder Kegelclub würde sich auflösen.
Ach komm, strappato, das weißt du besser. Wenn einer “Bloggen auf dem Gewissen hat” (was ich so nicht sehe), dann wohl die Alphablogger, die jede Diskussion niederbrüllen und Dritte persönlich auf niederstem Niveau angreifen müssen, um sich ihrer Dominanz zu versichern.
Letztendlich aber wohl nicht einmal die, das scheint mir nämlich eher ein typisch deutsches Phänomen zu sein. Diesen Land fehlt es einfach an Diskussionkultur.
“Spezialblogs”?
Darf ich die Bezeichnung “Fachblogs” vorschlagen?
Analog zu Fachzeitschriften etc. – und wenn ein Thema gerade für viele Leute interessant ist (meins zurzeit nicht, zugegeben), dann lohnt sich die Schreiberei auch.
Wenn ihr das jeweils nicht so mitbekommt mit dem Leser-Erfolg, ist das doch klar. Was in der Jagd&Hund oder im Glühbirnenkurier steht, wissen Fachfremde ja auch nicht gleich.
Oder war hier von etwas ganz anderem die Rede?
N
@9: Erde an Maike: Ich bezog mich auf folgendes Zitat in 6:
“Das Strukturproblem besteht in der allgemeinen akzeptierten, aber irrigen Meinung, dass (…) Kommentare (…) die (…) Akzeptanz eines Blogs ausdrücken würden.”
“Akzeptanz”! Alles klar, Kegelschwester? JE LÄNGER DER THREAD, DESTO MEHR AKZEPTANZ. Es tut mir leid, aber ich finds gaga, diese Korrelation ernsthaft in Zweifel zu ziehen.
Ich glaube, wir sollten uns mal wichtigeren Problem zuwenden..
[Edit: Bitte woanders off topic Geschichten machen, das hier ist die Blogbar und keine Kasperlbude, wo jeder irgendewelche Themen setzen kann. Don]
und galileo galilei wurde früher auch als spinner abgetan.
Als sich Eisenbahnen anschickten Europa zu überziehen, wurden Geschwindigkeiten von über 30 km/h als lebensgefährlich eingeschätzt. Menschen würden sterben, wenn sie sich schneller als mit Laufgeschwindigkeit bewegen würden …
@8: “Habe eben mal in Scienceblogs.de reingeschaut, da ich die amerikanischen Blogs teilweise sehr interessant finde. Aber das prominenteste da sind die Links auf Focus und die Sueddeutsche.”
Da liegt Deinerseits vielleicht ein Missverständnis vor. Die Links zu Focus und Sueddeutsche sind eine Kooperation, im Austausch gibt es auf deren Webseiten ebenfalls Links zu Scienceblogs.de. In den einzelnen Beiträgen findet das aber keinen Niederschlag, oder?
Gar nicht so off Topic:
Noch eine Rückkopplung: http://www.ftd.de/technik/medien_internet/:Geheimes-Online-Netzwerk-Facebook-f%FCr-Spione/410854.html
wie sich eine Wortschöpfung wie StasiVC plötzlich materialisieren kann.
@Mark S
Nein, ich kann lesen und sehe, dass die Seite ein Partner des Focus und der Sueddeutschen ist. Und laut einer Blitzumfrage fällt das auch 3 von 3 Leuten sofort auf. Das es um Blogs geht merken alle erst später. Solange die Beiträge in der Mitte auch auf keinen der Blogs sondern “Topthemen” verlinken und die Verweise auf die Blogs auch kleiner/weiter unten/in grau auf grau schwerer erkennbar als die Werbung ist, ist das auch nicht verwunderlich.
Dass die Blog-Beiträge gekauft sein oder in irgendeiner Weise davon beeinflußt wären war mir naiverweise erstmal nicht in den Sinn gekommen. Ist mir aber auch völlig latz, bei Partnern des “Qualitätsmediums” Focus halte ich mich, wie anscheinend meine Befragten auch, nicht unbedingt auf.
was soll denn immer diese schelte! is ja so wie bei großverdiendern der werbung, die sagen: na komm junior. frag nicht nach dem gehalt…
[…] Allerorts ist von einer Krise des Bloggens zu lesen, Blogblues hier, Katzenjammer da. Auch mich erreichte diese kleine Blog-Sinnkrise in der letzten Zeit sehr häufig. Mal schob ich das auf scheinbar langweilige Themen, nervige Kommentare oder den allgemeinen Zeitgeist. Doch heute weiß ich endlich, dass es etwas ganz anderes ist. […]