Blogs vs. soziale Netzwerke
Als ich vorgestern diesen Beitrag über den Niedergang von Myblog und 20six geschrieben habe, lag mein Hauptinteresse auf der Frage, wieviele Blogs dort eigentlich überleben. Das Ergebnis – ein niedriger einstelliger Prozentanteil – ist für die Betreiber fraglos wenig erbaulich, aber in der Gesamtsicht der Entwicklung der Blogs in Deutschland meines Erachtens kein Problem. Bloggen muss einem taugen, und wer merkt, dass es nichts ist, lässt es eben bleiben. Die anderen machen weiter, und nicht überall ist es so verheerend wie bei Myblog.
Aber ganz so einfach ist es dan doch nicht. In den Testgruppen, die ich angelegt habe, haben weniger als die Hälfte mehr geschrieben als den ersten Beitrag; allenfalls ein Drittel hat überhaupt das online Schreiben so betrieben, dass man sagen könnte, sie haben es probiert. Zwei Drittel haben lediglich eine Seite angelegt und höchstens mit ein paar Basisinformationen versehen: Wer sie sind, was sie tun, und die Bitte, dass man in ihr Gästebuch schreiben soll, sind die Inhalte häufig anzutreffender Texte. Vergleichsweise viel Aufwand wurde bei einigen dieser Blogs aber in die äussere Gestaltung gelegt. Die Nichtblogger haben sich also durchaus mit dem Phänomen auseinandergesetzt und die Seite optisch attraktiv gemacht. Aber eben nicht die Texte, um die es beim Bloggen eigentlich geht.
Und ich frage mich seitdem: Kann es sein, dass wir alle “Blogs” und “soziale Netzwerke” zusammen in einen Topf werfen, in den sie nicht gehören?
Denn diese nicht schreibenden Nichtblogger sind offensichtlich von den sozialen Bedingungen des Bloggens nicht angetan. gerade am Anfang, wenn man “da draussen” kaum einen kennt, kann das eine sehr zähe Angelegenheit sein, und es hat nicht viele soziale Aspekte: Das Potenzial ist zwar technisch gegeben, aber die Nutzer zur Interaktion finden sich nicht sofort – oder auch nie – ein. Das soziale Netzwerk beim Bloggen ist eher eine Nebenerscheinung des kontinuierlichen Schreibens; wer aufhört, bekommt auch keine Kommentare und damit soziale Interaktion mehr. Aber genau ist das, worum es den “Hey Leuts ich bin der Peter, schaut Euch meinen (!) Blog an und schreibt mir was ins GB” zu gehen scheint. Für dieses Verlangen sind auch selbstreferenzielle Blog”Communities” wie Myblog eher ein lebensfeindliches Umfeld, denn niemand bekommt erst mal mit, dass es den Peter gibt.
Grob geschätzt würde ich sagen: Das Potenzial der Kontaktsucher bei Myblog ist um den Faktor 10 oder 20 grösser als derer, die zuerst mal schreiben wollen. Weshalb sich jetzt alle Mitleser aus PR und Marketing jetzt ganz schnell ausklinken und ein Blog über Communities aufsuchen oder gründen sollten, denn in Communities sind die armen Würste ohne Anschluss sicher schon hingezogen. Dass sie es nicht tun werden, liegt in der Natur der Blogs und den Nachteilen der Communities: Während man mit einem Blog noch hoffen kann, grössere Lesergruppen zielgenau anzusprechen, mutiert man in einer Community vom banalen PR-Schwein zur GA (Ganz Armen) Sau, die wirklich runter muss auf die ermüdende 1:1-Communication. Und wer sich noch an das grosse Sterben der Communities am Ende der New Economy erinnert, weiss vielleicht noch um die Ursache: Das Problem war weniger die Generierung von Userzahlen, die man im Stil der Eingeborenenanwerbung mit den Glasperlen des digitalen Zeitalters betreiben kann , sondern deren Transformation in Umsatz und Gewinn jenseits des Verkaufs solcher Communities an komplett verblödete Manager der Medienhäuser (am Rande, wann sagt das Startup Qype mit ihren Glasperlenofferten den Usern was über die dichten Verkaufshinweise?).
Denn das Lockmittel der sozialen Interaktion erweist sich dann als Nachteil für den Kommerz jenseits horizontaler Profiangebote. Ich denke, noch weniger als selbst ein Blog Schreiben wollen die da drin Werbung anschauen. Und das ist dann wieder eine Parallele zu Blogs – ansonsten aber sollte man sich wirklich mal Gedanken machen, ob hier nicht völlig verschiedene Systeme existieren, die sich bei aller Ähnlichkeit in wichtigen Punkten und Erwartung der Nutzer fundamental widersprechen.
Sorry, the comment form is closed at this time.
Lieber Don …
Ein bisschen wirr.
mir erschließt sich der sinn des artikels auch noch nicht so 100%. was mich aber interessieren würde ist, ob auf anderen blog-plattformen die zahlen ähnlich mies sind, und wenn ja ob man diese plattformen irgendwie charakterisieren kann.
bei blogger.com klicke ich mich ab und zu einfach mal mit dieser netten “nächstes blog”-funktion durch die seiten – dabei fallen mir zwar immer wieder leichen auf, aber nicht in dem ausmaß wie es bei myblog zu sein scheint. ist aber natürlich sehr subjektiv.
Im Blog darf das ein wenig wirr sein. Ich bin ja auch noch nicht durch mit dem Durchdenken. Mir sind einfach diese vielen Blogs aufgefallen, die nicht laufen, und ich dachte mir, was wollen die uns damit sagen?
Was die Todesrate angeht: Ich meine aus dem Bauch heraus, dass die Leute, die früher zu myblog und 20six mit ihren ausgeprägten Communityfeatures gegangen wären, heute bei Myspace sind. Soweit ich sehen kann, ist die Quote bei Blog.de auch ziemlich mies, aber nicht in diesem Umfang.
“Denn das Lockmittel der sozialen Interaktion erweist sich dann als Nachteil für den Kommerz jenseits horizontaler Profiangebote.”
*LOL* – made my day. (my night, respektive :)
Ach so – und zum Entwirren gibt es hier ja Euch und die Kommentare.
Na und? Wer einfach nur mal gucken will, wie ein Blog funktioniert, der meldet sich halt bei einer Blogplattform an. Zwei, drei Mausklicks und fertig ist das Blog. Die Hemmschwelle so einen Account zu eröffnen ist doch deutlich niedriger als sich irgendwo mit hunderten von Webhostingtarifen auseinanderzusetzen und dann noch von Hand irgendwelche Datenbanken zu installieren, damit man endlich WordPress hochladen kann.
Da ist doch völlig klar, das sich davon später viele als Karteileichen herausstellen. Sicher ist dort vielen sogenannten Bloggern nicht klar, wie es funktioniert (schließlich haben sie vorher nicht regelmäßig bei blogbar vorbeigeschaut). Die schreiben dann einen Beitrag und wundern sich, dass dann keinerlei Interaktion folt. Ein bißchen sind die so wie ein Kind, das unbedingt einen Goldhamster haben will. Ist das Tier nach langem Quängeln endlich angeschafft, verliert das Kind das Interesse und vergisst schon mal es zu füttern. Der Hamster kommt ins Heim, das myblog verwaist und das Kind meldet sich halt bei myspace an. Und wenn es groß ist und keine Werbung mehr sehen will, dann bekommt es ein Premium-Benutzerkonto bei XING und wenn es selber Kinder hat, dann geht das alles wieder von vorne los.
Gerade entdeckt und noch nicht gelesen, aber ich werf es mal in die Runde hier: http://www.blogstudie2007.de
@bosch
[ganz fies]
Und zu Weihnachten kauft es ihnen dann noch ein paar ‘friends’ bei FakeYourSpace.
[/ganz fies]
@ Don
Ja, auch so eine Art ‘Mäander’. Mit ganz eigener Wirrnis mitunter. Aber vielleicht entwirrt sich die eine Wirrnis durch die andere. (Was beinahe schon eine Definition des Worts ‘Mäander’ wäre. Hm.)
In der Tat etwas wirr.
besonders wundere ich mich über die “10-20fache Zahl an Kontaktsuchern” – bitte was? Al “Kontaktsucher” guggt man doch in ‘ner Suchmaschine, oder wie’s am Fazit vorbei kolportiert, aber nicht bemerkt wurde, bei myspace.
Und wie kommen die Leute zu myspace? Klar, Mundpropaganda oder Suchmaschine. Ah, ohweh, das sind so 2 Sachen, wo es (imho) sehr schwer fällt bei *noch mal hochscroll und schauen wie das hiess* myblog oder *hochscroll* 20six zu landen.
Kurzfassung: 10-20fach halte ich für eine weinselige Entgleisung, sonst ist der Mittelteil aber (imho) treffend.
Wer nicht unter “überschüssiger Schreibenergie” leidet und – handwerklich gesehen – zügig tippen kann, der sollte kein Blog eröffnen. Die wenigsten sind vom “morbus fonticuli” befallen: die Selbstüberschätzung, etwas zu sagen zu haben zu meinen, die ist nicht allzu verbreitet. Spätestens legt sich das, wenn die Kommentare ausbleiben, weil die meisten Menschen das Schreiben (o. Bloggen) irrtümlich für eine “soziale Tätigkeit” halten, so wie es ihnen eingeredet wurde. Das aber ist es höchstens im Nebenaspekt. Die Folgen – s.o.
Um was geht es im Leben (heutzutage überlicherweise)? Doch nicht um den schönsten Text. Sondern um die beste Selbstdarstellung. Und dafür sind blogs nicht besonders gut geeignet. Da wird am Design geschraubt, es werden web2.0-Dienste integriert, bis die buttons unter dem Artikel mehr Platz als der Text einnehmen. Eine blogroll nach coolness-Gesichtspunkten wird angelegt. Trotzdem kommt das Ding nicht vom Fleck, weil der Content fehlt.
Myspace & Co sind eigentlich digitale Visistenkarten und Selbstdarstellungswerkzeuge. Und damit wie gemacht für die nach Distinktion per Mausklick gierenden Teenies.
Blogs, Vlogs, podcasts werden bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen immer ein Nischenprodukt sein. Aber auch Communities, wie studivz, die die Selbstdarstellung standardisieren und auf auszufüllende Felder mit Menüvorgaben beschränken. Das sieht man auch an den Gruppen in studivz. Die dienen oft nicht zur Interaktion, sondern um das eigene Profil aufzupeppen.
mike, wenn Du die aufgegebenen Blogs siehst, verstehst Du vermutlich, was ich meine: Die fragen nach Kontakten. Und es sind bei meiner Testgruppe auf einen engagierten Schreiber sicher mehr als 10, die das wollen. Meines Erachtens über 30, aber so gross ist die Untersuchung nicht, dass man die Zahl sicher festlegen könnte. Deshalb nehme ich ganz unwissenachaftlich mindestens das 10fache an.
Und tatsächlich spielt die Freundhinzufügerei für viele eine grosse Rolle. Das gibt es natürlich auch bei den Blogs mit der Blogroll, ist dort aber erst mal einseitig. Und dann haben wir auch noch das Gieren nach Awareness und Trackbacks, aber das ist nicht so arg verbreitet.
Nicht so verbreitet, weil es nichts bringt. Wer nichts zu sagen hat oder es nicht in schriftlicher Form hinbekommt, der wird es in der blogszene nicht weit bringen. Bei myspace ist das mit ein paar coolen Sprüchen, zusammenkopierten Content usw. einfacher.
Ich glaube, ein oder zwei so Blogleichen bei Profi-Providern gehen auch auf meine Kappe. Man hat halt eine Idee, legt ein Blog an, wenn man grad Zeit und Langeweile hat, schon allein, um sich den einen oder anderen Namen zu sichern, den man vorübergehend total originell findet. Ich glaube, ich habe nicht mal einen einzigen Beitrag in diesen Dingern geschrieben.
Andererseits habe ich sogar mal ein Blog betrieben – zu einem Spezialthema und über einen von vornherein begrenzten Zeitraum, und das sogar mit einem gewissen Erfolg. Das war aber selbst gehostet.
Was ich damit nur sagen will: Die Zahl der Accounts bei diesen Blog-Unternehmen dürfte total irrelevant sein, weil es mit Sicherheit viele so halten wie ich. Wer Unternehmern Glauben schenkt, die mit solchen Karteileichen werben, ist deswegen irgendwie auch selbst schuld.
Noch eine Anmerkung zur “Freundhinzufügerei” (neudeutsch ‘adden’)
Ich muss ehrlich sagen, ich habe, als das oben genannte fakeyourspace.com hier vor etwa einem Monat zum ersten mal erwähnt wurde, noch gedacht, dass sei eine Art ‘Hoax’-Site. Dem ist aber ganz offensichtlich nicht so. Das Geschäft scheint zu florieren.
Die haben schlicht erkannt, wo der Schwachpunkt vieler Pseudo-‘social’ Communities liegt: in der hauptsächlichen Intention vieler Mitglieder, sich inmmitten einer Menge ansehnlicher ‘friends’ zu präsentieren. Und wie sich exakt mit diesem Pseudo-Element Geld verdienen lässt.
Man bietet einfach ein Seite mit lauter hübschen potentiellen Freunden und Freundinnen zur Auswahl (‘models’), deren ‘social networking activities’ zu mieten sind (per Portraitfoto -> Warenkorb). Die ‘activities’ sind in diesem Fall jedoch nicht ‘horizontaler’ Natur, sondern Bestehen aus ‘adden’, regelmäßigem Senden von ‘messages’ und Hinterlassen von Pinnwandeinträgen (mit Foto).
Einerseits wird mir bei der Vorstellung, dass das bestens funktioniert, da die schlichte Nachfrage hier offenbar gegeben ist etc., erstmal einigermaßen schlecht.
Andererseits ist mir dieses völlig unverstellte Anbieten von ‘social activity’ als Ware – da es eben völlig unverstellt daherkommt – immer noch lieber als die heuchlerische (und bestenfalls denkbefreite) Art, mit der der ‘social networking’-Marktbegriff in den Elitekreisen zu einem ‘must have’ der curriculum-Bildung aufgeblasen worden ist.
Der Erfolg von ‘social fake’-Unternehmen wie fakeyourspace.com (Zahlen habe ich da allerdings keine) würde die These bestätigen, dass der Kommerz jenseits der ‘Kontakt-Profiangebote’ (horizontal oder in ‘softeren’ Varianten) auf solchen Plattformen kaum Handhaben hat, dem sozialen Interaktions- bzw. Präsentationsbedürfnis der Nutzer etwas zu bieten.
Das ist eigentlich so ziemlich dasselbe wie im klassischen ‘Kontaktanzeigen’-Teil von Zeitungen und Illustrierten.
@ chat: wollte gerade dein blog abonnieren und konnte nicht, der rss-button geht 404. mich für die comments registrieren mag ich nicht. was soll ich tun? (ich weiss, off topic.., bin aber gespannt, ob das bei dir ankommt)
@bugsierer:
(Don, verzeih, ist *auch offtopic*): Ich bin technisch nicht der Crack, aber blogger.de-Blogs sind wohl antville-Blogs. Damit hängt das Problem zusammen. Guckst du hier unter Punkt 4.1.: http://hilfe.blogger.de/stories/488363/
Ansonsten einfach bei mir “member” werden. Da wärst du nicht der erste.
Zustimmung, Don und Chat. Wer aus “sozialen” Gründen anfängt, bleibt in der Regel nicht dabei. Ich habe einige neue Blogs, die es sogar von Anfang angeschafft haben, mit ihren Aufforderungen Kommentare zu bekommen, leise sterben sehen, unabhängig von der Platform.
Blog sind ohne Zweifel auch Teil sozialer Netzwerke, weil sich darüber Menschen austauschen, und sich (zumindest soweit ich das bei den deutschsprachigen Blogs inzwischen erkennen kann) gewisse Beziehungsgeflechte zwischen verschiedenen Blogbetreibern ausgebildet haben.
Die Haupterleichterung/Verbesserung von Blogs (gegenüber statischen oder klassischen CMS-Websites) liegt in der (technischen) Einfachheit, selber als Anbieter und Produzent von Texten/Informationen aufzutreten, aber nicht in der einfachen sozialen Interaktion.
Die Kommentarfunktion bietet zwar ebenfalls einen Fortschrift für Websites in dem sie einen gewissen “Rückkanal” bietet, aber aufgrund der meist schlechten Ergonomie und mangelnder Funktionalität kommen dort auch sehr selten längere/echte Diskussionen auf (im Vergleich zu Usenet, Foren, Chats, etc..)
Blogs sind zwar Teil sozialer Netzwerke, aber wer ein Blog aufmacht, nur um mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen, und sich austauschen, wird vermutlich schnell enttäuscht sein. Denn vorher muss er/sie sich und sein/ihr Blog erstmal interessant genug gemacht haben, um Leser anzulocken/anzuziehen und als Anbieter “erfolgreich” sein.
Von daher werden Blogs von “Aussen” in diesem Punkt sicherlich oft falsch wahrgenommen, was wiederum die vielen Abbrecher erklären kann, die es nach kurzem Ausprobieren wieder sein lassen.
Was ist denn ein Blog? Das fancy Wörtchen “Blog” täuscht wohl oftmals darüber hinweg, dass es eigentlich nichts anderes ist als ein veröffentlichtes Tagebuch, in dem nicht nur Erlebtes, sondern auch Erdachtes oder Erarbeitetes niedergelegt werden kann bzw. niedergelegt wird. Von daher wird unmittelbar klar, dass eine regelmäßige Leserschaft zu gewinnen nur einer vergleichsweise kleinen Anzahl von Bloggern vergönnt sein wird.
Für “Erlebtes”: Lebendige Blogs finden sich in diesem Bereich oft für eingeschränkte Zeiträume, bsp. für die Dauer eines Auslandsaufenthaltes oder eines längeren Urlaubs, wo Freunde und Bekannte wirklich außergewöhnliches Erlebtes zu finden sich vorstellen können.
Für “Erdachtes”: Der Anteil Menschen, der in der Lage ist auf Dauer eine Leserschaft mit außergewöhnlichen Gedanken (Poesie, Short Stories, Philosophie,…) zu gewinnen, dürfte ganz besonders klein sein. Und die, die’s könnten, schreiben lieber Bücher, dann verdienen sie nämlich etwas damit.
Für “Erarbeitetes”: Hierhin würde ich bildblog oder die Feuersalven auf StudiVZ oder auch die Aufdeckung des Rootkits auf Sony-CDs packen. Wenn man jedoch nicht einen Gegner wie BILD hat, ist es auch hier schwierig Leser für eine lange Zeitspanne zu finden. Wie häufig kann man wohl Coups wie die Rootkit-Entdeckung landen? Ist für solcherlei Technik-Themen nicht normalerweise ein Forum besser geeignet? Meist muss man in diesem Bereich ja öfter mit Gleichgesinnten diskutieren, bevor man zu Resultaten gelangt.
Fazit: Meiner Meinung nach gibt es derzeit derart viele Blogs, weil “Blog” noch etwas vergleichsweise neues ist. Man schnuppert halt mal dran, indem man sich selbst mal ein Blog einrichtet. Auf die Dauer werden nur sehr wenige übrigbleiben. Homepages mit Bulletin Boards werden sich für die meisten Zwecke als sehr viel geeigneter erweisen.
@Friedy:
Die Möglichkeiten, mit dem Schreiben von Büchern Geld zu verdienen, sind auf dem deutschsprachigen Markt doch eher begrenzt. Üblicherweise erhält der Autor Tantiemen in Höhe von 5% Prozent des Kaufpreises bei Paperbacks und 10% bei gebundenen Bücher, oftmals liegen die Tantiemen auch niedriger. Da muss man schon eine stattliche Anzahl von Büchern verkaufen, um einen nennenswerten Verdienst zu erzielen. Einige Sachbuchautoren aus meinem erweiterten Bekanntenkreis verdienen deutlich mehr mit Vorträgen und Seminaren zum Thema ihrer Bücher als mti Buchverkäufen selber. Hinzu kommt der ewig lange Vorlauf den viele Verlage sich gönnen: heute Autorenvertrag gemacht, Buch erscheint in zwei Jahren. Von dieser Warte aus könnte eine Veröffentlichung im Internet als Blog eine echte Alternative sein.
Ein Blog ist erst einmal ein vernetzter Datenspeicher, in den der Betreiber Dinge hineinschreibt. Ob der Speicher nun als Tagebuch funktioniert, als thematischer Steinbruch, als Linksammlung, als Short-Story-Provider, als politisches Sprachrohr, als Kleinst-Zeitung, als Mini-Talkshow, als Organisationsforum (s. Event-Blogs) – das hängt von jedem selbst ab und von seinem Bedarf. Ich glaube, wir kennen noch gar nicht alle Möglichkeiten, die ein Blog bieten könnte – die “Feldforschung” läuft noch. Deswegen reagiere ich auch allergisch auf alle Vorab-Festlegungen in der Art: Ein Blog “IST” dies oder das …
Das einzige, wo ich inzwischen meine, mir sicher zu sein: Ein Blog “IST” eine Literaturform, sie ist beim Erfolg ganz und gar abhängig vom Talent des Schreibers. Journalisten kommen und gehen, die Zeitung aber bleibt, wenn Blogger gehen, ist auch das Blog perdu …
Ein Blog ist erstmal ein CMS. Dazu noch entweder ein extrem einfach zu bedienendes wie wordpress oder ein vorgefertigtes wie bei blogspot usw.
Das ist meiner Meinung nach die nächste Stufe zu Familie Meyermüllerschmidts html-Haufen aus den sehr späten Neunzigern. Nachdem dort gelernt wurde was ein index.html ist, ist dies nun nicht mehr nötig und es kann gleich zu den bereits oben aufgeführten diversen Inhalten gehen.
Die Demokratisierung des Webs schreitet so langsam weiter.
Die kulturelle Szene, die man vielleicht Blogosphäre nennen kann, ist ein Teil dieser Vielfalt. Man könnte jetzt diesen Kommentar als Sprungbrett zu einer Diskussion über Eliten und die kulturelle Minderbemitteltheit des Pöbels nutzen. Das will ich aber nicht. Ist doch trotzdem schön da draußen.
Ich sehe bloggen auch nicht als soziale Aktion, vielmehr als vergebliches Ringen nach irgend einer Art von Aufmerksamkeit.
Was früher jene waren, die eine eigene Hompage mit Frau Auto Hund Katze Haus Garten undsoweiter hatten, sind heute meiner Meinung nach der Bärenanteil der Blogger.
Indiz hierfür: “ich würde mich sehr für einen Gästebucheintrag freuen.”
Gruss Thomas
Es ist halt ein weit verbreitetes Phänomen. Viele meinen die Optik&Haptik müsse nur stimmen um unendlich viel soziale Interaktion generieren zu können. Sie sehen die hübschen Blogs mit ihren tollen Features, sehen das diese Blogs gut besucht sind und denken sich “Das muss ich auch haben!”
Die Wirtschaft hat es den Menschen ja auch jahrelang eingetrichtert. Fahre das richtige Auto (dick&durstig), dann bekommst du auch im Handumdrehen deine Traumfrau. Trage die richtigen Klamotten und du wirst überall mit offenen Armen empfangen. Lese die richtigen Zeitungen und du bist auf den richtigen Weg weil gut informiert.
Dieses System ist einfach nicht tot zu bekommen. Keine Community oder Unternehmen wirbt damit WER bei ihnen angemeldet ist. Da wird in erster Linie damit geworben welche Möglichkeiten man hat.
Um Inhalte geht es in der Regel nie. Hauptsache dabei sein. Hauptsache man hat ES.
Und so legen sich viele bei MyBlog ein Blog an, schauen wo sie ein hübsches Design her bekommen und denken jetzt geht bei ihnen die Lutzie ab, jetzt tanzen die Mäuschen im Gästebuch nackich Samba.
Wenn dem dann nicht so ist -und es ist ja sehr unwahrscheinlich das dem dann so ist- dann wird halt gewechselt. Ab zum nächsten Bloghoster mit noch mehr “tollen” Community-Features.
Das ist halt ein von frühester Kindheit an antrainiertes Verhalten. Make it easy, make it simple. You just need THIS.
Im übrigen funktioniert es bei Second Life nicht anders. Die Leute melden sich an, kaufen sich ein tolles Outfit, designen ihren Avatar und denken das dies ausreichen würde um reihenweise Kontakte knüpfen zu können. Im Endeffekt drehen sich dann 90% der Gespräche nur darum wo man dies oder jenes her hat und wie toll doch das zusätzliche Dingen aussieht. Von Inhalten keine Spur.
Das beste Geschäftsmodell ist demnach nicht mit Inhalten zu werben, sondern mit Features. Vielleicht auch ein Grund warum Zeitungen auf dem sinkenden Dampfer sind. Sie haben nicht viele Features und können nur mit ihren Inhalten werben. Allerdings haben ja einige Zeitungen den Trend erkannt und aufgegriffen. Den Stern gibt es mittlerweile ja schon mit dem Zusatzfeature CD/DVD. Was da auf dieser blöden CD/DVD drauf ist, ist erstmal nebensächlich. Hauptsache was zusätzliches, etwas mit Haptik&Optik.
Noch ne provokante Theorie über blogs: Die blogosphäre in ihrer Gesamtheit ist ein Organismus zur Publikation von Texten, dem aber jeglicher Selektionsmechanismus im Hinblick auf die Qualität eben dieser Texte fehlt. Anders als bei Pressekonzernen, wo ich so gut sein muss, dass ich von denen einen Job bekomme, oder bei Büchern, wo ich einen Verleger finden muss, kann beim Bloggen einfach jeder für lau an den Start gehen. Der im RealLife existente Selektionsmechanismus, der aus dem Bedürfnis der Zurverfügungstellung von Kapital für eine bestimmte Unternehmung entsteht, fehlt bei blogs völlig. Das Internet ist das Medium, das selbsternannten Textproduzenten aller Art am wenigsten Widerstand entgegensetzt. Es ist leicht, sich selber einzureden, man könne was, wenn die Kontrollinstanzen des RealLife fehlen, die da heißen: Ist jemand bereit, Geld für meine Texte zu bezahlen? Diese quasi “kindliche” Freiheit der blogosphäre, ersteinmal alles publizieren zu dürfen so wie einem der Schnabel gewachsen ist, hat zur Kehrseite, dass außerhalb der blogosphäre eigentlich kaum jemand blogs besonders ernst nimmt.
(absichtlich provokant formuliert ;-)
@Urs: Diese Provokation lässt sich leicht widerlegen. Außerhalb der Blogsphäre, im so genannten Real Life, gibt es ebenso völlig abgedrehten Mist.
In der Blogsphäre gibt es übrigens einen wesentlich besseren Filter als z.B. Verleger oder Lektoren. Der Filter nennt sich Klicks (Besucher) & Links. Und der ist deswegen wesentlich effektiver, weil er schlechter/schwerer zu manipulieren ist.
@ChatAtkins (#11): “Ãœberschüssige Schreibenergie” find ich ganz toll – nie habe ich eine bessere Diagnose meiner Neurose gefunden.
Im Ernst: Früher, wo man noch beim Wirt saß und nicht im Virtuellen, da konnte man oft den Satz hören: Darüber könnt ich ein Buch schreiben! Das sagten rotgesichtige Saufnasen angesichts der Trümmer, die sie für erlebtes Leben hielten (Stalingrad und so…). Zum Glück gab’s damals eine schön hohe Veröffentlichungsschwelle, sodass nicht jede Amöbe ihre Memoiren auf kaufbares Papier drucken lassen konnte. Die Selbstbeteiligungsverlage waren – ebenfalls zum Glück – eine teure Randerscheinung, und selbst Books on demand haben sich ja nie zum Volksverlach gemausert. Das Web hat ja – und das haben wir (Gegen)Öffentlichkeitsevangelisten uns ja immer ganz dolle gewünscht (siehe auch: Bürgerfunk und Rückkanal) – hat die Schwellen weg gesprengt: Jeder, der eine Tastatur führen und einen Mauszeiger bewegen kann, kann auch im Internet publizieren. Das ist ja nicht erst seit Beginn der Blog-Ära so. Davor lag ja das Jahrzehnt der Homepages. Jeder sollte eine haben, und viele haben eine gehabt. Da ist die Zahl der Leichen noch um ein Zichfaches höher als bei den Blogs. Dass von den 300.000 ~ 600.000 Blogs deutscher Sprache 90% klinisch tot sind, dürfte Fakt sein.
Da sage ich aber: Zum Glück! Man stelle sich vor, die Kneipenabenteurer würden alle täglich aus ihren armseligen Jägermeisterleben berichten. Es wär zum Fürchten! Drum hoffe ich, dass Bloggen keine Massenbewegung wird, dass unser Tun wieder voll total elitär wird. Und fordere im Übrigen einen staatlich anerkannten Blog-Führerschein. Jawoll.
Media is not for the masses. Es muss wenige geben, die schreiben, und viele, die lesen.
Meiner Meinung nach ist das Potential der Weblogs noch lange nicht ausgeschöpft.
Die sogenannten gesellschaftlichen Debatten finden in Talkshows und im Feuilleton der Zeitungen statt. Der normale “Bürger auf der Strasse” findet da kaum Gehör.
Mit einem Weblog bekommt er erstmals eine öffentlich wahrnehmbare Stimme.
Ich sehe in der Blogosphäre das Potential die Agora des 21. Jahrhunderts zu werden.
“Erlebnis haben = Schreiben können” – das ist der fundamentale Irrtum. Es verhält sich eher umgekehrt: Das Schreibenkönnen erzeugt erst das Erlebnis. Und wenn ein prekaritärer Journalist im Orkan herumsteht, dann wirkt er mit seinem Puschelmikrofon logischerweise bloß hilflos und zerzaust. Vom Sturmerlebnis weit und breit keine Spur.
Natürlich gibt es “media for the masses”. Aber auch die werden nicht von “masses” gemacht.
@Ralf: Er bekommt eben keine “öffentlich wahrnehmbare Stimme”, weil er mit seinem Blog eben nicht (öffentlich) wahrgenommen wird.
Um wahrgenommen zu werden (und seine Meinung verbreiten zu können), reicht es nicht aus, diese in seinem Blog zu schreiben, sondern er muss vorher erstmal sein Blog interessant machen, und einen Leserkreis aufbauen.
Man kann zwar mit Blogs bestimmte Themenbereiche “hochkochen”, dass sind dann aber meist wenige Initialzünder in vielgelesenen Blogs, die sich dann über viele verlinkende “me too” Blogs, lauffeuerartig verbreiten können.
@Andreas: Zumindest bekommt jeder in der Blogosphäre sein Megaphon und seine Kiste zum Draufsteigen. Ob dann auch Leute stehen bleiben und zuhören, ist wieder eine andere Geschichte. ;-)
@Ralph: Richtig. Allerdings stehen die Kisten zu Anfang so weit in der Einsamkeit/Wüste, dass sich nur alle paar Wochen überhaupt mal jemand dahin verirrt, und in die Reichweite des Megaphons kommt. .-)
Myblog. Nein Danke!
Ich habe schon Alpträume durch myblog bekommen und kann das ständige “warten auf myblog.de…” nicht mehr sehen.
Hobbies sollten man Zuhause Pflegen und nicht im Internet.
halt,
stop,
eines fehlt mir hier.
auf die grundfunktion zurüchgeführt, ein blog ist ein tagebuch zugegeben ein virtuelles, aber ein tagebuch, nicht mehr und nicht weniger.
und bei einem tagebuch will ich ja auch nicht das es jeder liest bzw gut findet
wer ein blog beginnt wegen den sozialkontakten, sprich kommentaren, macht meiner meinung nach einen fehler. zäumt das pferd vom falschen ende her auf.
ich finde bloggen beginnt da wo ich das bedürfniss verspüre etwas festzuhalten, niederzuschreiben.
wenn ich das nur tue damit andere es lesen und möglichst toll finden bin ich doch von anfang an zum scheitern verurteilt, denn ich werde nie meine wahren empfindungen niederschreiben denn die sind ja zumeist nicht mainstream oder gar spannend.
was aber nicht echt ist oder wahr empfunden, ist nicht mehr als abgekupfert und in 100.000 anderen blogs so oder ähnlich zu lesen.
frei nach dem motto: ein wahrer künstler verspürt einen leidensdruck, aufschreiben was dich beschäftigt, ausgekotzt was das zeug hält und auch wenns kein schwein interessiert hat es dir wenigstens erleichterung verschafft.
das ist für mich der sinn des bloggens und wenn es keinen interessiert das interessiert mich nicht, ganz im gegenteil.
einige blogs die ich regelmäßig lese gefallen mir deshalb weil sie absolut individuell sind, ich etwas über die menschen die da schreiben erfahre und nicht etwa weil ich zum 100sten male etwas über das achso bescheuerte dsds wahlweise george bush lese.
will sagen es lebe der auskotzblog,
der rest wird so wie so über kurz oder lang verschwinden bzw interessiert mich schon heute nicht
meint
panem
Äußerst spannend, das hier alles zu lesen. Einerseits wegen der oben schon verlinkten Blog-Studie der Uni Leipzig, andererseits, weil ich vor diversen Jahren in meinem Studium eine auf ca. 120 Fragebögen (leider wesentlich weniger wissenschaftlich als sie es nach soziologischen Standards hätten sein müssen, aber das hat keinen gestört; ich war im 2. Semester und es war Literaturwissenschaft) basierende Hausarbeit namens “Das Paradoxon der Internet-Tagebücher” geschrieben habe. Was mich zu panem führt:
@panem:
auf die grundfunktion zurüchgeführt, ein blog ist ein tagebuch zugegeben ein virtuelles, aber ein tagebuch, nicht mehr und nicht weniger.
Das habe ich früher auch so gesehen. Darum hieß es damals nicht nur in meiner Zweitsemesterarbeit “Internet-Tagebücher”, sondern auch in den Medien, die damals das Thema das erste Mal aufgriffen und auch noch ganz auf dem “da sind Leute, die ihr Intimstes zur Schau stellen – wieso machen die das?”-Trip waren. Ich hab damals in zwei Radiosendern über meine Arbeit gesprochen, bezeichnenderweise in Jugendsendungen mit der Klientel, die schon damals bei mytagebuch.de ihre “Blogs” angelegt hat. (hach, was war das schön, 2. Semester und schon im Radio ;) *fg* )
Damals waren Internet-Tagebücher aber eben auch nicht unbedingt in Blogform da, sondern als statische HTML-Seiten mit Gästebuch vom Fremdanbieter. Diese Dinger haben ziemlich nachgelassen seit es richtige Blogs gibt.
Darum ist ein Blog erstmal rein technisch zu definieren – wie oben schon jemand gesagt hat als Content Management System, das für alles mögliche eingesetzt werden kann.
will sagen es lebe der auskotzblog, der rest wird so wie so über kurz oder lang verschwinden
Denke ich nicht. Auskotzblogs sind v.a. für Freunde, Feinde oder sonstige Bekannte des sich Auskotzenden gut, um auf dem Laufenden zu bleiben und wahlweise zu (oder auszu)lachen, zu trösten oder anderweitig zu kommentieren. Dass Personen, die mit den sich Auskotzenden sonst nichts zu tun haben oder denen es nicht gerade ähnlich geht wie den Autoren, trotzdem für längere Zeit an Auskotzblogs hängen bleiben, ist eher selten. Zumindest meiner Erfahrung und Beobachtung nach.
Darum denke ich, dass nur inhaltlich gehaltvolle Blogs auf längere Zeit überleben werden. Blogs, die gut geschrieben sind, in denen Dinge stehen, die sich mit mehr als den momentanen Beziehungsproblemen einer 14jährigen beschäftigen und die eine gewisse… gesellschaftliche Relevanz erkennen lassen. Literarische Blogs könnten auch überleben, wenn auch ich da manchmal das Gefühl habe, es sind Auskotzblogs, die nur besonders gut geschrieben sind…
Mario
Mir ist noch was eingefallen. Das, was du, panem, noch ansprichst (das Schreiben an sich hilft dir) ist nicht neu seit es Blogs gibt. In der (psychologischen) Tagebuchforschung spricht man schon immer u.a. von Ventil- und Reflexionsfunktion. Die in Weblogs vergleichweise neue Sozialfunktion integriert die schon immer vorhandenen Funktionen aber und kann deren Effekte verstärken. Insofern ist es dann doch wichtig, dass man im öffentlichen Raum ko… äh, schreibt. Sonst könnte man es ja auch im normalen Tagebuch tun.