Digital verbarrikadiert
Das warŽs dann wohl mit dem freien Lesen der Frankfurter Rundschau.
Wie schon die FAZ, die SZ und die NZZ verbarrikadiert sich mit der Rundschau auch eine der letzten HTML-Bastionen plötzlich hinter dem Alptraum ePaper. Und das Ziel ist klar: Die Printausgabe Online lesen darf nur noch, wer mit seinem alten Modem nicht steckenbleibt, sich zuerst mal anmeldet – und später auch zahlt:
Um FR ePaper, die digitale Ausgabe der Frankfurter Rundschau, zu nutzen, müssen Sie sich zunächst mit Ihrem Nutzernamen und Passwort bei myFRonline anmelden. […]Als eingetragener myFRonline Nutzer können Sie unseren ePaper-Service ab 12. Oktober 2004 für eine begrenzte Zeit kostenfrei nutzen.
Das gleiche Spiel kennt man bereits von der Süddeutschen Zeitung. Im Ergebnis heisst das vor allem, dass Deep Links unmöglich sind, und Informationen denen vorbehalten bleiben, die bezahlen, ohnehin schon abonieren oder sich illegalerweise sonstwie Zugang verschaffen. Dass die Relevanz der FR im Internet damit nachlässt, wird die Redaktion weniger stören. Die FR war nie der Liebling der Linker, und in der heutigen Zeit tendiert man eben dazu, entweder Geld zu verdienen oder den Laden dicht zu machen. Die Werbenutzen einer online gestellten Ausgabe erkennt man heute nicht mehr. Und was interessiert diese Leute schon die Informationsvielfalt? Den Controllern der sog. Qualitätszeitungen ist es schlichtweg egal, ob Information jenseits des Freenet-Tickers frei ins Internet gelangt.
Besonders bitter wird das für den armen Perlentaucher sein. Dessen Feuilletonrundschau lebte früher von den Links zu FR, SZ, NZZ, und TAZ. Jetzt ist nur noch die TAZ überig geblieben, beim Rest beschränkt man sich gezwungenermassen aufs Umschreiben und selten mal linken, wenn doch etwas online gestellt wurde. Das passiert oft genug aber erst dann, wenn es schon etwas länger im Print stand. Vielleicht sollte sich der Perlentaucher mal überlegen, statt dessen eine Blogrundschau zu machen – da ist ePaper nicht in Sicht.
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Zum Kotzen. Allerdings gibt es auch das gute Beispiel der “Welt” die ihren Versuch mit E-Paper und Registrierungen nach kurzer Zeit wieder aufgegeben hat.
Ich arbeite nebenbei ja auch noch für http://www.pickings.de , wo jeden Tag eine Art Presseschau zusammen gestellt wird. Es wird immer schwerer eine zu schreiben, die ausgewogen alle Meinungen darstellt, weil man einfach nicht mehr an die Texte kommt. Also weicht man man notgedrungen auf immer kleinere Publikationen aus, was ganz charmant ist, aber nicht den Sinn erfüllt. Das war, als ich zusammen mit Lutz Kinkel, Lorenz Lorenz Meyer und Michael Prang mal zwei Jahre eine Presseschaukonzept für die “Zeit” geschrieben habe, noch deutlich anders.
Es sind aber nicht die Redaktionen, die mal wieder pennen, sonderen, wie sollte es anders sein, die Marketing/Geschäftsführung die alles dicht machen. Der Leser soll eben möglichst zweimal zahlen, was er vielleicht, ganz vielleicht, auch machen würde, wenn in der Online Ausgabe auch was drin stehen würde, was nicht schon mindestens 12 Stunden alt ist. Was fällt den Idioten als nächstes ein? Dass man eine Leihgebühr zahlen muss, wenn man die Zeitung in einem Café liest?
>>und in der heutigen Zeit tendiert man eben dazu, entweder Geld zu verdienen oder den Laden dicht zu machen.
Nein, die wollen mit ePaper kein Geld verdienen, denen ist egal, was die paar Leute, die das extra abonieren, zahlen. Die wollen sparen. Die wollen aus ihren mal mit lautem Geschrei angelaufenen Online-Ausgaben raus und die damit verbundenen Leute loswerden, ohne sich bis auf die Knochen zu blamieren. ePaper ist bei fast allen Zeitungen (auch vielen Lokalen) der willmommene Weg, das zu machen. Statt irgendwelcher online-Fuzzis lässt man die aktuelle Ausgabe aus dem System von einer Software ins Netz stellen. Den Schritt von der klassischen Onlineausgabe (am Ende sogar mit eigenen Texten) zu diesem maschinellen Aufguss kann man dann als Innovation verkaufen, nicht als den Rückzug, der er ist,
Allgemein darf überraschen wieso die Zeitungsverlage hier unisono auf den ePaper-Zug aufsteigen, ein System dass sich im “Mutterland des Internets” bislang nicht durchgesetzt hat.
Vom Internet-Verständnis einer NYTimes, die einen gelungenen und originellen Kompromiss aus Permalink und Bezahlarchiv gefunden hat, ist man meilenweit entfernt (der Permalink in der NYT ist eine via Formel errechnete URL. Hat man die URL, gibt es Websites um den Permalink zu berechnen. Hat man hingegen keine URL, sondern z.B. die Suchergebnisse der NYTimes, muss man löhnen).
Fraglich inweiweit man mit ePaper wirklich die Online-Abteilungen rationalisieren kann. Denn irgendwie muss eine Zeitung mit eigenem Material im Internet präsent sein.
Aber die entscheidende Frage ist dann: Wo gehen die Leute hin, die dann nicht mehr ran können? Zu den Online-Casinos? Zu den Porno-Seiten? Zu den Blogs, weil da jemand Zugriff auf die Information hat und es bei sich widerholt?
Oder könnte man eine Art Blog-Zeitung als Alternative machen?
Ungefähr so etwas?
Spannend, das. Könnte was werden. Vielleicht. Zu wünschen wäre es ihnen.
>> Fraglich inweiweit man mit ePaper wirklich die Online-Abteilungen rationalisieren kann.
Das ist nicht fraglich, das ist Realität. Jedenfalls nördlich von Hamburg: Da sind alle größeren Zeitungen auf ePaper, haben ihre individuellen lokalen Internetredaktionen dicht gemacht und betreiben gemeinsam ein grottiges Online-Portal namens “Nordclick”, auf das man über ihren Namen gelangt. (http://www.kn-online.de/)
Dort werden noch ein paar wenige Printinhalte reingebracht, ansonsten nur dpa-ticker reingeschoben. Sinn der Sache: Irgendwas muss es für die Nichtzahler ja geben, denn sie sind ja noch als Leser der Anzeigen interessant.
Es sind allerdings (natürlich) nicht die Anzeigen, die in der Printausgabe zu lesen sind.
Was mir nun wirklich fehlt, ist eine gute Internetquelle für Lokales und Regionales. Gibt es nicht, oder ich weiß nix davon. Ich halt mir also weiter die Printausgabe (unter Protest), weil ePaper – nä.
Zuerst wollte man den Nutzer, um ihn zu lapitalisieren, und aqls er das nicht wollte, wurde er zum Feind und ausgesperrt, und die betroffenen Journalisten jammerten – so einfach kann das Leben und Sterben sein. Unfassbar, diese Logik bei den Bizzdevelopern.