Ich habe erst jetzt die Muße die Präsentation von Doc Searls von “Les Blogs” durchzulesen. Sehr interessant, to say the least.

Auf 25 Slides hebt er warnend den Finger vor drohenden Gefahren. In den USA wird das verfassungsrechtlich verankerte Recht auf Rede- und Meinungsfreiheit Stück für Stück untergraben, in dem Institutionen wie die FCC (eine Art Medienaufsichtsbehörde/Bundesmedienanstalt) einen zweiten Begriff einführen: “Broadcasting” wird nicht mehr als Teil der freien Rede gesehen, sondern als bloßes “Medium” das eine Dienstleistung “Content” transportiert. Und durch diesen Kunstgriff kann “Broadcasting” aus dem Schutz der Redefreiheit rausgenommen und wesentlich stärker kontrolliert werden.

Doc Searls stellt die rhetorische Frage wo Blogger hingehören wollen. Sind Blogger freie Redner die sich im Internet aufführen wie auf der kleinen Kiste im Hyde Park? Oder halten sie sich für “Content-Dienstleister”?

Doc Searls hält einen flammenden Appell für die gute und schöne Blogosphäre: “Blogs inform, They don’t deliver ‘information’“, “We are all authors of each others“. Es klingt viel angenehmer Pathos und Naivität wie aus frühen WIRED-Jahren durch.

Zwei Fragen stellen sich mir, die vorallem mit den Begrifflichkeiten zu tun haben.

Zum einen der Begriff des “Journalisten”. Doc Searls sagt dazu: “There’s no argument about ‘who’s a journalist.’ We all are.” Viele da draussen im Bloggerlande bekommen Kotzkrämpfe wenn schon wieder Blogger mit “Journalisten” gleichgestellt werden.

Was ist aber, wenn in den USA und damit von Doc Searls, der Begriff “Journalist” nicht mehr nur als “Berichterstatter für ein Medienunternehmen” verstanden wird, sondern als Ableitung des Wortes Journal/Tagebuch verstanden wird, so wie es mal ursprünglich der Brauch war? “In the early 19th century, journalist meant simply someone who wrote for journals, such as Charles Dickens in his early career.” (Wikipedia).

Ein derart definierter Begriff hätte nicht mehr die politische Schärfe und nicht mehr die Fallhöhe die im Deutschen mit dem Begriff des “Journalisten” verbunden ist.

Wie sieht es überhaupt mit dem Vortrag von Doc Searls aus. Inwieweit lassen sich die US-amerikanischen Nöte, die Beschränkung der Meinungsfreiheit durch die Einführung eines “wirtschaftlichen” Begriffes von freier Rede als “Content” und Dienstleistung, auf Deutschland übertragen? Das Gut der “Freien Rede” stand in Deutschland nie derart im Zentrum politischer Diskussionen wie in den USA (abgesehen davon wenn Freie Rede und rechtsextreme Meinungen aufeinandertreffen).

Wenn Doc Searls z.B. gegen die FCC schießt, müsste ein deutscher Vortragender vor Rechtsanwälte, Rechtsabteilungen und Abmahnungen warnen? Vor möglicherweise immer rigideren Copyright- und Persönlichkeitsrechten?