In Zeiten der Werbeflaute streichen Zeitungen vor allem dort, wo sie kaum Konkurrenz haben. Das ist zumeist die Lokalberichterstattung, wo Praktikanten die Redakteure ersetzen und Leher aus Kleinflohburg die dortigen Schützenvereine abdecken. Aber auch grosse Zeitungen machen da mit – so ist der Lokalteil der Süddeutschen Zeitung schon seit Jahren ein Trauerspiel, dargeboten von Leuten, die auch ganz gerne an den Tischen der Politik mitbestimmen würden, aber inhaltlich die Qualität bringen, die man nun mal so bringt, wenn man veraltete Pressemitteilungen abtippt – schöne Grüsse an die lokalen Kulturseiten.

Kein Wunder also, wenn sich gerade auf dem Münchner Markt neue Angebote entstehen. Neben dem schon etwas älteren Minga.de (nachdem die aktiv Suchmaschinen-“Optimierung” betreiben hier kein Link, sorry) gibt es jetzt auch noch Münchenblogger.de. Beide sind Blogs – aber man kann an ihnen erkennen, wie unterschiedlich Stadtblogs gemacht werden können.

Denn Minga.de ist, vorsichtig gesagt, relativ untypisch für ein Blog. Es gibt keine Blogroll und auch sonst herzlich wenige Links nach “Draussen” – es sei denn, es geht zu Partnern wie die Stadtportal 089.com, zu Kleinanzeigen oder zu Werbung – was nicht verwundern darf, schliesslich ist Minga.de ein kommerzielles Angebot, mit dem die Redakteure und Gründer Jörg Stengel und Patrick Gruben den Medien auf totem Holz einheizen wollen. Auf deren Basis gab es früher eine Presseschau – also “Lesen sie heute morgen im Blog das, was gestern Abend schon in der Zeitung stand und am morgen schon bei Sueddeutsche.de. Dieses leicht anachronistische Feature ist aber inzwischen weggefallen. Statt dessen bringt Minga.de oft Umformuliertes aus dem Polizeibericht, der laufend aktuelle Nachrichten ausspuckt – Links zur dieser Quelle, wie in der Blogosphäre üblich, unterbleiben aber, bei anderen Medien sind sie oft da. Die Kultur ist geprägt von den Betätigungen und dem Umfeld von Patrick Gruban, der in München einer der Kuratoren eines städtischen Projekts ist. Dann gibt es auch Links – ansonsten ist Minga.de mit einer enormen Kommentarleiste die Umsetzung eines vertikalen Portals in ein Blog. Interaktion mit anderen Blogs findet kaum statt, man gibt den Lesern kaum Möglichkeiten, über Minga.de ins Netz oder auch nur zu anderen Münchner Seiten weiterzusurfen. Im Kern also nichts anderes als bei Spiegel.de und anderen Nachrichtenseiten.

Nun konnte man bislang sagen, dass es halt so ist – jo mei. Wäre da nicht der Newcomer Münchenblogger von der Agentur/Projekt (?) Monacomedia. Und die machen alles ganz anders, die Seite ist voller Links nach draussen. Man kann darüber streiten, ob die Ãœbernahme Münchner Blogger von Blogplan.de von besonderer Kenntnis der lokalen Blogosphäre zeugt, aber es gibt diese Links zu örtlichen Bloggern zumindest. Was ich ganz hervorragend finde: Es gibt Informationsseiten zu vielen örtlichen Einrichtungen und – natürlich – auch dort die Links. Und zwar weitaus übersichtlicher, als das die Stadt München selbst mit ihrer grauenvollen und schweineteuren Website schafft. Statt dem neuesten Taxler-Unfall bringt Münchenblogger eher allgemein kulturelles Stadtleben für Leute zwischen 20 und 40 – würde ich das Profil mal umschreiben. Mit an Bord ist die durch eine Blogumfrage unter Mitwirkung einer leicht komischen Umfragefirma zu mittelmässiger Berühmtheit gelangte Lisa Sonnabend. Bei manchen Beiträgen steht die Quelle – allerdings ohne Verlinkung dabei.

Im direkten Vergleich könnte man sagen, dass Minga.de als Blog eigentlich dicht machen könnte – keine klar umrissene Zielgruppe, wenig eigenständige Inhalte, keine Einbindung in die Blogosphäre, eine vertikale Struktur mit dem Ziel, den Leser so weit wie irgend möglich zu halten und bloss keinen Traffic abzugeben – Bloggen ist was anderes. Und dann ist da natürlich noch die Geschichte mit der Suchmaschinenoptimierung, die ab und an auch eingestanden wird. Nun könnte man sagen, was sollŽs, kann doch jeder bloggen wie er will. Stimmt schon. Aber als kommerzieller Anbieter kann man es sich kaum leisten, gegenüber der Konkurrenz so alt, so nach Onlineportal von “totem Holz”, Zitat Jörg Stengel, auszusehen.