Röcheln und Stümpern im Blogbiz
“Ich vertrete nachwievor den Standpunkt, dass auch ein professionelles Blog eine gewisse Zeit braucht, um richtig in Fahrt zu kommen. Also guck Dir das Reiseblog in 3-4 Wochen noch einmal an.” – so Nico Lumma vor knapp vier Wochen, als es bei eines kleinen Betrachtung der Pleiten im Blogbiz auch das professionelle Reiseblog der Firma weg.de erwischt hatte. Eines dieser Business-Blogs, wie es manche Scharlatane und PR-oleten unter den Blogberatern momentan alles und jedem andrehen wollen – wir hatten das Thema hier ja schon ein paar mal. Sichtlich angekotzt von der Kritik an diesem Reiseblog bezeichnete dessen Autorin diesen Autor dann auch als einer der “notorisch überheblicher Kritiker” und kündigte von da an einen grossen, tollen Reisebericht aus Afrika an: “kein seichtes Feuilleton […] keine bloße Werbung“. Und wie schaut es jetzt aus?
Die (wie aus dem Bilderbuch der New Economy) Julia hat also über Afrika geblogt. Schön. Nach dem Auftakt am 20. Januar nochmal am 23, am 27., 31., dann musste man wegen der langen Pause fürchten, dass sie sich Malaria geholt hat, aber am 10. Februar tauchte die Julia noch einmal auf. In der Zwischenzeit hat sich auch noch eine Praktikantin eingefunden, die lebhaft erzählt, wie langweilig es bei weg.de ist und wie gut sie inzwischen Mine-Sweeper spielen kann. Und die, man ahnt es als NE-Geschädigter, Melanie heisst. Die heissen ja immer Melanie oder, weiter nördlich, Mareike. Und haben stundenlang nichts zu tun, und bloggen halt dann darüber, auch wenn es mit dem Reisen nichts zu tun hat. Scheint ja ein witziger Laden zu sein.
Trotzdem mag da kaum einer was kommentieren, und die Trackbacks zu den langatmigen Wortsaharawüsten von Julia zwischen Nichtfeuilleton und Nichtwerbung bleiben aus. Resonanz sieht anders aus, Wirkung auf die Kundschaft wohl auch. Heute nun kam etwas Neues: Jan Valentin, “Manager Media & Content” (ich glaub ich bin hier wirklich im falschen Film, “Back to the New Economy”) sucht auf dem Blog einen neuen Coderknecht. Ich dachte, die Leser des Reiseblogs sollten in Urlaub fahren?
Sorry Freunde: Lasst mal besser die Finger vom Bloggen. So faul und ideenlos gefüllt wird das nie was, das spricht keinen Urlauber an, keinen Blogleser und erst recht keinen Praktikanten. Jeder Beteiligte blubbert irgendwas ins Netz, ohne Zielgruppe, ohne Gefühl für das Medium. Das kann man sicher machen, wenn man 13 ist und ein Myblog füllt, aber als angeblich professionelles Blog einer Firma mit eigener Redaktion ist das einfach nur peinlich. Und wenn ihr Profis seid, dann klingt die Gier nach Content geradezu nach Kapitulation: Vielleicht hat auch der ein oder andere erst kürzlich eine Reise durch Asien gemacht und möchte darüber berichten.
Dabei gibt es Leute, die es könnten. Wenn man sie nur nicht als kostenlose Content-Lieferanten, wie schon damals in der NE unter dem Stichwort “User Generated Content”, betrachten würde. Ich hatte damals empfohlen, Lyssa ranzulassen, die kann das. Und weil sie das heute so exzellent bewiesen hat, dass sie das kann, so dass man sofort nach Garmisch will, ist mir nochmal dieses Reiseblog eingefallen. Und ich habe auch diesmal vorher Nico nicht angemailt ;-)
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Vielleicht liegt der Unterschied einfach zwischen “freiwillig” und “bezahlt”? Das eine klappt, und das andere kann in der Form wie es hier gemacht wurde, gar nicht funktionieren?
Der Unterschied liegt ist zwischen Wollen und Können. Auch bei den “Freiwilligen” hat nur der Erfolg, der es kann – der schreiben kann, das Medium versteht, die Leser versteht. “Hey wir haben jetzt auch ein blog!” langt nicht – auch wenn es die Blogberater und Blogdienstleister so propagieren.
P.S. Ich würde ja gerne mal den Tagessatz dieser Blogberater wissen. Vielleicht frage ich mal mit meiner Unternehmens-E-mail an, inkognito. Don bekommt dann eine Liste.
Angeblich 2000 Euro aufwärts, sagen sie. Glaub ich aber nicht. Sie sind ja auch öfters auf Events, wo ich die Preise kenne. 500 trifft es besser, nehme ich an.
Eines der Grundprobleme ist, dass manche denken, Bloggen sei auch nur das befüllen eines CMS. Man schreibt was, und dann kommen die Leser. Es ist ein Blog und das ist cool und modern. Und das, was die “Amateure” da draussen können, können die Profis der Redaktionen schon lang.
Höhö.
2000â?¬? Puh, daneben sind die Apothekenpreise der IBM ja richtige Schnäppchen. Da kosten die Spezialisten um die 1500â?¬. Aber naja, ist ja auch ne andere Branche. IT nagt ja am Hungertuch.
â?¬ 2000? Selbst als Angabe um mit zu prahlen, ist das vollkommen lächerlich. Neben der Expertise hat das back-office Einfluss auf den Tagessatz. Aber solche Alleinunterhalter haben ja wohl kaum ernsthafte Kosten für Zuarbeiter und Office-Management. 500 halte ich auch für real, aber überbezahlt.
Ich kenne diese Angaben aus sicherer Quelle. Natürlich ist da viel heisse Luft drin. Und meines Erachtens wäre selbst ein Glas Leitungswaser zu viel. Und die 500 dürften real sein. Ist auch eine ganze Menge. Hintenrum vernimmt man, dass solche Leute das zwar bekommen, aber halt auch nur an 7 Tagen im Monat, der rest geht für das andere Gerödel drauf.
Es hat schon seinen Grund, dass es nur noch einen seminaranbieter gibt, desse Geschäfte out of house gut laufen. Die Firmen haben meines erachtens begriffen, dass Bloggen wenig bringt und viel kostet.
Du bist “NE-Geschädigter”? Wie soll denn das passiert sein?
Ich bin unter einen LKW mit einer Ladung Ironie.com geraten.
Ist es echt die Mühe wert, sich über etwas derart schlecht Gemachtes aufzuregen? Das ist so blöd, da wird keiner drauf reinfallen. Beachtet mal die DREI Kommentare… Unglaublich bescheuert.
Na, ich rege mich nicht auf, ich versuche nur, das Phänomen zu beschreiben, wie “Blogs” von “denen da draussen” gemacht werden. Die Betrachtung sagt sehr viel über die Blauäugigkeit, die Ahnungslosigkeit und die Möglichkeit der Vermischung beider Sphären aus.
da experte kein geschützter begriff ist, kann sich jeder so nennen. wenn das reichen sollte um 2000 euro am tag zu kassieren, wechsel ich die branche…
ßchzen und Nölen an der Blogbar
Ich habe lï¿nger darï¿ber nachgedacht, ob ich das aktuelle donalphonsische Erzeugnis zum Thema Rï¿cheln und Stï¿mpern im Blogbiz noch einmal aufgreifen soll. Nun mache ich es doch.
Es geht mir weniger um das Thema, ob das Reiseblog von Weg.de nun ein to…
Naja, wenn ich das psalmige Geschwurbel eines Herrn Röll lese, glaube ich, dass tatsächlich ein Bedarf für solche “Berater” da ist: “Ich werde von Hörern meiner Vorträge und vor allem von Journalisten immer wieder gefragt, ob es nicht die “3 Schritte zum erfolgreichen Weblog” oder den “Wie ein Unternehmen in 5 Schritten in die Blogosphere kommt”-Artikel gebe.” http://www.roell.net/weblog/archiv/2005/12/16/5_schritte_wie_sich_ein_unternehmen_der_blogosphere_naehern_kann.shtml
Ich denke, dass Herr Röll schon was drauf hat, aber “Blogberater” klingt irgendwie komisch, sorry. Wenn ich als Firma schon so etwas ßhnliches wie einen “Reiseblog” veranstalten wollte, dann würde die Blog-Komponente nur einen Teil darstellen. Ich kapiere einfach nicht, wie man ein kommerzielles Interesse und einen reinen “Reiseblog” zusammenbringt. Dumme Businessideen gibt es wie Sand am Meer.
P.S.
Warum eigentlich gibt es noch keinen Erdbeerkaffeeblog?
Will ich mich wirklich einmischen? Na denn. Martin (Röll) hat recht vor allem mit der Aussage, dass Blogs zunächst mal nur ein Tool sind, mit dem man Text einfach ins Netz kriegt. Damit so etwas kommerziell erfolgreich ist, braucht es eine Menge ‘Kommunikation’. Dies darf man unterschätzen und es ist leichter sich als Kommunikator das Bloggen drauf zu schaffen, als umgekehrt. Wie so oft, braucht es für jeden Job den richtigen Mann. Ich bin ja , Selbstkritikmodus ein, nicht unbedingt der richtige Mann für das Sportblog (sportblog.de), dass wissen Nico und ich aber auch und arbeiten seit längerem an einer Lösung, Selbstkritikmodus aus. Steine schmeißen ist natürlich einfach und macht Spaß, anpacken und mitmachen aber auch. In vielen Dingen steckt das Bloggen ja noch in den Kinderschuhen und jede Erfahrung ist wertvoll.
Just my 2 cents.
Röcheln & Stümpern?
Klar. Aber gestümpert wird in privaten Blogs auch. Nur fällt es da nicht auf, weil die gar nicht über die Wahrnehmungsschwelle kommen.
Ganz blöd können die beim Reiseblog aber nicht sein, denn sie haben sich zumindest einen erstklassigen Domain-Namen gesichert. Irgend jemand hatte da wohl eine gute Nase. Den Namen “Reiseblog” können sie immer noch verkaufen, wenn sie merken, dass ihr Blog sich nicht rentiert, weil sich die Reiselustigen heiße Luft zwar am Mittelmeer, aber nicht im Internet bieten lassen.
Momentan kommt’s wohl für viele einfach darauf an, dabei zu sein, um keine Entwicklung zu verpassen. Das ist legitim.
99 Prozent des Internets sind Brachland. Tut aber niemandem weh, oder?
Das Reiseblog scheint der nächste Todeskandidat zu sein, der letzte Nutzerkommentar ist fast ein Vierteljahr alt, die Aktualisierungen erfolgen nur noch sehr sporadisch.
Ich schaue jede Woche mal drauf, man will ja die Kondolenz nicht verpassen.
Ich habe zufällug mal wieder reingesehen. Nur noch abgeschriebende Pressemitteilungen.
Namen von Autoren werden nicht mehr angegeben (wieso auch?).