Denn dieser heisse Monat hat eine ganze Menge heisse Luft aus dem sog. Blog Business gelassen. Den Reigen begann Nick Denton, der das Blognetzwerk Gawker leitet. Gawker hat 15 bekannte US-Blogs wie Fleshbot, Wonkette oder Gizmodo am Start, die jeden Tag mehrere hunderttausend Besucher haben. Und einige andere, die weniger Besucher haben. Zwei von denen wurden von Denton am 30. Juni in die Tonne getreten auf den Blogstrich geschickt mitsamt Blogger zum Verkauf angeboten. Bei anderen Blogs gab es personelle Veränderungen – man könnte auch sagen, dass Denton ein paar Leute gefeuert hat. Normales Management, werden manche sagen, die liefen halt nicht so gut wie erwartet. Aber auch ein Zeichen, dass beim Profibloggen nicht die Bäume in den Himmel wachsen.

Und schon gar nicht wie Raketen abgehen: Das zeigte dann kurz darauf das Vieoblog Rocketboom, dessen Gründer sich eine fabelhafte öffentliche Schlammschlacht geliefert haben, in deren Konsequenz die von manchen als Ikone gehandelte Moderatorin Amanda Congdon durch eine jetzt nicht brüllend erfolgreiche Ex-MTV-Moderatorin ersetzt wurde. Soviel dann auch zum Untergrundcharme des Mediums.

Deren Konkurrent Jason Calancanis vom Blognetzwerk Weblogs, Inc. hat sich ja schon vor einem Jahr für 25 Millionen Dollar mitsamt Bloggern an AOL verkauft. In einem Nebensatz lässt er jetzt mal durchsickern, was so arme Blogschreibsklaven bei seinem Blog Downloadsquad verdienen: 10 Dollar pro Beitrag auf einem Blog, das Hunderttausende von Besuchern bekommen soll. Bei AOL, einem gigantischen Konzern. In der Krise, ok, aber 10 Dollar? Hallo? Mal schaun, ob die Welt und die WAZ für Bloggerhäute mehr rüberschieben.

Der Hauptgrund von Calacanis Einlassungen aber ist ein Angebot, schlichtweg anderen Social Bookmarking Sites wie Digg und de.li.ci.ous (stimmen die Punkte?), die sich in Amerika inzwischen einer gewissen Beliebtheit erfreuen, abzukaufen – für 1000 Dollar pro Monat. Er will damit sein eigenes Projekt Netscape gross machen – dass es andersrum ein Eingeständnis des Versagens ist, gute Leute aus dem Stand zu bekommen, ist eine andere Sache.

Und zum schlechten Schluss meldet sich nochmal Nick Denton zu Wort und verabschiedet sich aus seinem Inhalte-Geschäft mit Yahoo, das ihm zufolge wenig gebracht hat. Im letzten November galt das noch als das grosse Ding, Blogs revolutionieren die Nachrichten grosser Internetseiten und werden dort Teil der Informationen für Mainstreamleser. Jetzt aber sieht Denton ein:

The bald truth is that the deal, which we announced in November, garnered way more attention than we expected, but less traffic. A few new readers probably discovered Gawker, or one of the other four sites that we syndicated to Yahoo. I doubt many of them stayed. Yahoo has a mass audience; Gawker appeals to a peculiarly coastal, geeky and freaky demographic. And these people are more likely to come to our sites through word of mouth, or blog links, or search engine results, or Digg, not because of a traditional content syndication deal.

Ich liebe Blogs. ich lese im Internet fast nichts mehr anderes. Ein Internet ohne Blogs fände ich entsetzlich. Ich mag ihre Kultur, ihre Vielschichtigkeit, ihre Intimität, dass sie klein sind und geschrieben werden um des Schreibens willen. Ich finde Blogs grossartig und glaube, dass diese Eigenschaften der Blogger, es für sich und andere zu tun, das wirklich grosse Ding ist, das Menschen mitziehen kann. Auf kleinster Ebene, irgendwo zwischen Gespräch am Lagerfeuer und Gig in einem finnischen Club. Es ist ein System, das aus sich selbst lebt. Aber, wie wir oben sehen:

Es bekommt schlagartig seine Tücken, wenn es kommerziell betrieben wird. Ich sage nicht, dass es nicht geht, ich wünsche allen Glück, die es versuchen (ausser gewissen Cretins natürlich, denen wünsche ich eine qualvolle Pleite). Und was mir nach all den Pleiten nicht eingehen will ist dieser Ausverkauf an andere Interessenten, Medienkonzerne, Werbetreibende, Kollaborateure chinseischer und südamrikanischer Mörder. Es bringt nichts. Die können natürlich von Blogs eine Menge in Sachen Kommunikation lernen und übernehmen, keine Frage, das kann auch erfolgreich sein, aber alles andere wird an wirtschaftlichen und kulturellen Hürden scheitern oder so grosse Probleme bereiten, dass es wenig Sinn macht. Die verachtung der Leser, indem man ihnen was von “Aussen” reindrückt, bringt keinem was, und was ich nicht verstehe und letztlich auch verabscheue, sind die Scharlatane des Blogbusiness, die meinen, man könnte die Nähe zwischen leser und Schreiber irgendwie verticken. Wenn etwas geht, dann ist es eine Art Kreislaufwirtschaft oder Deals wie bei Mac Essentials. Aber die verlangt Vertrauen in Blogs und ihre Leser, und nicht das Arschkriechen bei “Partnern” aus der Wirtschaft, die sich bei ihren AGBS einen Dreck um geltende Gesetze scheren und Schleichwerbung als tolle Sache sehen.