Obwohl ich vom “Blogbizz” nichts halte, ist es doch so, dass sich in den letzten Wochen eine, sagen wir mal, weitreichende, langristige GeschĂ€ftsbeziehung ĂŒber das Bloggen ergeben hat. Eher zufĂ€llig und nicht wirklich beabsichtigt, es ist einfach passiert. In diesem Fall ist es so, dass der GeschĂ€ftspartner ebenfalls ein privates Blog fĂŒhrt, das ich schon eine Weile kenne, und gerade dieses Kennen fĂŒhrte dann letztlich zu einem Angebot meinerseits.

Soweit, so gut. Man könnte jetzt positiv sagen, prima, das ist Online Networking, Blogs als GeschÀftsanbahnung und Vertrauensmanagement, all das, was momentan im Business Development als neue Ideen verkauft wird. Ich denke nicht, dass es normalerweise wohl so einfach ist. Denn dass mein Angebot in einem Fall passte, liegt daran, dass ich relativ viele Leser habe und dadurch die Wahrscheinlichkeit recht hoch ist, dass sich Angebot und Nachfrage treffen. Und beide Parteien aufgrund ihres Wissens sicher sein können, dass es eine gute GeschÀftsbeziehung wird.

Was in meinem Fall aber eine reine Bauchentscheidung war. Denn wenn ich das Blog mit den geleckten Biographien und Referenzen vergleiche, die sonst in diesem Bereich ĂŒblich sind, fĂ€llt es – wie wohl die meisten privaten, halbwegs ehrlichen Blogs wie auch mein eigenes – gnadenlos ab. Da stehen Dinge drin, die man nie, unter gar keinen UmstĂ€nden ansonsten rumerzĂ€hlen wĂŒrde, wenn man GeschĂ€fte machen will. Nicht, weil es gleich die BonitĂ€t schĂ€digt, sondern einfach, weil es nicht das Optimum vorfĂŒhrt, das zu prĂ€sentieren man antritt. Aber allein das ist im Rattenrennen um die “Deals” schon ausreichend, um nicht zum Zug zu kommen. Ich bin Blogger, ich kann die Informationen im Blog realistisch einordnen und mir ein Bild machen.

Aber jetzt mal anders rum. Nehmen wir mal an, ich bin kein Blogger, wie die meisten. Und ich bekomme das geleckte Business-Ego prĂ€sentiert, und finde dann das Blog. Das ehrlich ist. Eine Bewerbung vielleicht, und dann merke ich, dass die Person vor drei Monaten ĂŒber ihren alten Chef nicht wirklich nette Dinge gesagt hat. Oder ein ausschweifendes Partyleben beschreibt. Das was eigentlich normal ist, aber bei den Leuten in der Personalabteilung oder den Kreditinstituten als fragwĂŒrdiger Lebenswandel gilt, wechselnde Beziehungen, Faulheit, eine spitze Zunge oder generell Problme mit der Diskretion. An dieser Stelle kollidieren AnsprĂŒche und Wirklichkeit, und angesichts des Marktes wird nur der Blogger eine Chance haben, der, grob gesagt, entweder mehr zahlt und bietet oder der einzige AnwĂ€rter ist. Zu denken, dass irgendein Risikobewerter auch noch andere Geschichten liest und prima Sachen ĂŒber Sozialkompetenz und Kontaktfreude schreibt, ist recht blauĂ€ugig.

Was man so hört, soll in den letzten Wochen der ein oder andere bekanntere Blogger aus genau solchen GrĂŒnden verschwunden oder mancher Beitrag gelöscht worden sein. Manchmal wird mir schlecht, wenn ich sehe, von welchem Server aus was ĂŒber wen in meinem Blog gesucht wird – da kommen oft Namen in Zusammenhang mit Worten wie “schwul” und Ă€hnlichem vor. Oder “Wer ist Blogger XY”. Da gibt es erhebliche Nachfragen der unschönen Sorte, SchnĂŒffelschweine, Arbeitgeber, wer kann das schon sagen, und keiner weiss, ob da draussen nicht schon lang irgendwelche Leute dabei sind, mehr Profile anzulegen als nur von den 30, 40 bekanntesten Bloggern, die als Gefahrenquelle gelten. Blogs als ungewollte Visitenkarte.

Es liesse sich trefflich darĂŒber streiten, was wahrer und ehrlicher ist: Die lustigen Abenteuer eines anonymen Autors im Netz oder das langweilige, gelackte, zielgruppenenorientierte Berufsbloggen mancher Journalisten und Berater. Wenn ich einen kontaktieren will, schreibe ich in beiden FĂ€llen eine Mail, der Rest ergibt sich so oder so, und wie wahr das ist, was im netz steht, ist sowieso nochmal eine ganz andere Frage. Man vergibt sich also nichts, wenn man anonym bleibt. Aber angesichts des Datenhungers, der Profilinggier und der blanken Neugier mancher verkommener Arschgei Leute, die den Unterschied zwischen privatheit und privacy nicht kennen, ist es in jedem Fall die bessere Lösung, fĂŒr die eigenen 10, 20, 50, 300 Leser anonym zu bleiben, als sich woanders dadurch der eigenen Chancen zu berauben. Und so souverĂ€n, dass es egal wĂ€re, sind wohl nur die wenigsten.