Profiblogsiechtum. Ich habe es ja gesagt.
Langsam, liebe hier mitlesende Berater-Scharlatane und Businessbeschwörer, ist es an der Zeit, den Feed hier abzubestellen. Bloggen interessiert Euch bald nicht mehr. Ihr ahnt doch schon länger, dass da furchtbar viel Arbeit in sehr wenig Geld umgesetzt wird. Ich glaube nicht, dass mir bislang eine Success Story entgangen ist, normalerweise würdet Ihr das doch posten, oder? Und irgendwann wird auch der Burda und der Holtzbrinck sehen, dass es nicht so viel bringt. Ich meine bemerken zu können, in meinem web2.0-fernen Stadtpalastkämmerchen, ich sehe es im Teesatz auf dem Boden der Rosenthaltasse, dass Ihr gerade etwas verschlaft: Den Trend hin zu den Communities (schon wieder, das hatten wir schon mal 2001) und dem Webfernsehen (auch nicht wirklich neu). Tatsächlich scheint da aber Geld zu sein und Investitionen, also überlegt es Euch mal.
Vielleicht eine Entscheidungshilfe? Aber gerne. Ich mache ja gerade diesen Award, über den gewisse Möchtegern-Profiblogger gerade etwas aufgeregt sind. Jemand schickte mir eine Mail und sagte, ich hätte doch mal so ein Blog von Pro7 verlinkt, warum nicht das nominieren? Wie es so ist, ich hatte es völlig vergessen, aber gestern fand ich den Beitrag wieder: Es ging um das welove-Blog von Pro7, von zwei Moderatoren, er und sie, das wie eine miese Kopie einer guten Idee bei Twoday erschien und die Blaupause eines noch mieseren Blogs der Zeitschrift Freundin sein könnte. Dort hatte man verkündet:
Der Blogger sollte sein Weblog in regelmäßigen Zeitabständen aktualisieren, um seine Leserschaft nicht zu enttäuschen.
Prima Idee. Supi. Wer hätte das gedacht. Schaut man nun das Blog der Frau (Annemarie) an stammt der aktuelle Eintrag vom 22.05.2006, wobei sich sprachlich seit dem ersten Schreibversuchen wenig getan hat. Nur im Februar gab es mal fast wöchentlich einen Beitrag, danach wurde es weniger. Seit zwei Monaten ist bei Pro7 weiblicherseits Sendepause. Das Blog des Mannes (Stefan) hatte zuletzt eine Sendepause mit diesen Worten:
Fehler beim Senden der Abfrage… You have an error in your SQL syntax; check the manual that corresponds to your MySQL server version for the right syntax to use near ” at line 1 Select blog.blogid,blogname,userid from blogeintraege inner join blog on blog.blogid = blogeintraege.blogid where blogeintragid=
Warning: mysql_fetch_row(): supplied argument is not a valid MySQL result resource in /userdata/www/pro7/blogid.php on line 22
Fehler: blogid nicht definiert!
Läuft aber seit kurzem mutmasslich dank einem gndenlosen Techniker wieder, um kundzutun, dass es nach einer zweimonatigen Pause jetzt gleich wieder vorbei ist, und der gute Mann nach Mexiko geht:
Nach dem ganzen Fußball-Wahnsinn brauche ich jetzt eine kleine Auszeit, um meine Wunden zu lecken.
Hasta la Vista. Baby.
Spass beiseite: Im Gegensatz zu anderen Medien geht beim Bloggen nichts, gar nichts ohne einen inspirierten Schreiber. B- und C-Promis und Johurnaille, die sich mal eben dazu breit schlagen lassen, sind keine Lösung, sondern von Artikel zu Artikel entzaubert und danach ein Problem. Selbst innerhalb abgeschlossener Communities ist es nichts, was Leute, Leser, Umsätze ziehen würde, wenn es nicht jemand macht, der es kann. Und selbst dann sind die Userzahlen noch in Bereichen, bei denen man mit Verwertung eigentlich nicht anfangen braucht. Auch nicht, wenn man Pro7 ist und theoretisch Zugang zu zig Millionen Menschen hat.
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Gutes Statement! Ich bin zwar weder Möchtegern-Journalist noch ein Profi(l)-blogger oder was auch immer und fühle mich deswegen nicht direkt angesprochen. Aber der letzte Abschnitt ist doch so ziemlich das Salz in der Suppe, wenn es um das Bloggen geht. Da stimme ich voll zu. Danke für den Beitrag!
Yep – ernsthaftes Bloggen ist eine Literaturform.
Anders ausgedrückt: Es ist Journalismus “mit Stil”, wobei der Blogger vor allem das Wörtchen “Jour” in Journalismus mit dem Zeitungsschreiber gemeinsam hat – und bei ihm wohl auch des öfteren “Content” klaut, den er aber wiederum schmackhafter zuzubereiten versteht. Nur in jenen dunklen Nächten zu schreiben, wo die Muse aus Versehen auch einen pickeligen Redakteur mal küssen würde, das geht nicht. Da sollte schon eine engere Liaison bestehen.
Die Schreiber von Blogs sind – anders als die Sklaven auf den Schreibgaleeren, die das übliche News-Rharbarber im Gatekeeper-Print produzieren müssen – nicht austauschbar. Welcher Leser käme freiwillig zu einem Schreiber, dem man die Ideen- und Bocklosigkeit zehn Meilen gegen den Print anmerkt? “Müller, Sie bloggen ab jetzt noch für uns, sobald Sie Ihre Lokalseite fertig haben”, eine solche Ansage des Ressortleiters muss notwendig schief gehen. Kein Roman wird von zwei Köpfen oder von beliebigen Leuten geschrieben – und der anonyme News-Brei bei dpa ist nun mal keine Kunst.
â??Müller, Sie bloggen ab jetzt noch für uns, sobald Sie Ihre Lokalseite fertig haben”
Genau so ist das aber. Allerdings setzt man inzwischen ja auch einen Schiesshund ein, der das überwacht. Wobei das Paradebeispiel von Burda, Dorin Popa, inzwischen auch schon ein paar halbtote Blogkadaver betreut.
Keine Galeere ohne den Mann mit der Peitsche.
;-)
Muss ja kein Mann sein… ;-)
Und dann gibt es auf einer Galeere noch den Trommler, der den Takt angibt. Das sind wohl die blog-Berater.
Oder auch die Navigatoren. Das sind die Jungs, die glauben, dass die Welt eine Scheibe ist, und dass sie alle Klippen und Riffe dadurch umgehen, dass sie sie ignorieren.
So sind dann die zahllosen Schiffbrüchigen-Witze entstanden. Dabei wusste doch schon Kolumbus, dass es plankenschonender ist, an unbekannten Küsten unentwegt das Lot zu werfen.
> beim Bloggen nichts, gar nichts ohne einen inspirierten Schreiber
Wie wahr, wie wahr. Man schaue sich nur das VoIP-Weblog von Creative Weblogging an. Da wird billig Content gemacht indem 90% des Textes zitiert wird. So kommt man auch schnell zu Geld…