Berlin. Ein Klo. In einer drittklassigen Kneipe. An mir torkelt eine verkokste Anjatanja vorbei, mit einem CEÖchen im Schlepptau. Er schaut mich an, sagt: Heeyyyyy Gleine waaaht mal dasch isch doch der Don ey! Mann echt der Don Alphonso! Kudos und so. Ich les Dich ja imma geile Sache. Du bist mein Idol, weisste das? Währenddessen schwankt AnjaTanja, lehnt sich an ein Waschbecken und kotzt Caipi No 7-9 1/2 aus.
Er so: He Mann is das gut. Waht mal. (Packt eine Digicam aus und richtet sie auf mich) Was issssdeinäh Bodhicksschafd?
Ich so: Guten Tag erst mal, ich bin Don Alphonso, auch bekannt als Jüngstes Gericht 2.0 oder der Alptraum aller Businessblogger.
Er so: Und was isnnn deine Boschafd Mann.
Ich so: Nun, ich würde allen jungen CEOs des sogenannten Web2.0 raten, sich auch heute primär an die Tugenden zu halten, die man sich von einem Unternehmer als verantwortungsbwusstem Teil dieser unserer Gesellschaft erwartet – und die man an ihm schätzt. Um das mal ex negativo zu erklären – kein Domaingrabbing, keine Fakeblogs, kein Spamming, keine miesen Tricks mit den Nutzerdaten, keine egal wie witzig gemeinte braune Scheisse – kurz – ich würde sagen, immer das Gegenteil des Berliner Startups StudiVZ sein.
Sie so: Ey mia is schlecht, willste mich nicht gruschln?
Er so: (Schaut die Speibfäden an den Mundwinkeln an) Ne, mia gruselts… Ah, Don, danke Alder, aber deine Bodschafd, Deine persönliche Botschaft an Leude wie mich.
Ich so: Gut. Was ich Leuten wie Dir raten würde, die sich statt in ihrer Firma nachts um 4 mit Blondinen auf dem Klo rumtreiben und anderen Leuten ihre Kameras unter die Nase halten: Das ist privat. Es geht nur Dich was an. Und sonst niemanden. Egal wann, egal wo, trenne Beruf und Privates.
Er so: Auch im Bisnessblog?
Ich so: Gerade da. Das kann nämlich verheerende Folgen haben. Stell Dir vor, Du fällst doch irgendwann auf, wegen einer dummen Geschichte. Monatelang ging es gut, Deine Freunde fanden es prima, was Du so gebracht hast. Aber dann plötzlich kommen all die alten Geschichten in falsche Hälse. Und dann bleibt Deinem Kumpel nichts anderes übrig, als alle problematischen Bilder zu löschen, die bislang offen bei Flickr waren. So ein blödes Bild, wo Du Zeitungen in einen Abfalleimer mit Szenen aus einem Film über eine gewisse wenig coole Zeit versenkst. Bilder von gewissen Parties, deren Einladung nicht koscher war, weil sie über die Website voelkischerbeobachter abgewickelt wurden. Und Dein Kumpel muss noch einen Ordner löschen, vom Ivy League Turnier 2006 bei der HHL in Leipzig mit beschwippsten Leuten, die vielleicht gar nicht bei Dir auf dem Blog veröffentlicht werden wollten. Du hast einen Scheisstag, Du glaubst dann, alles ist prima, alles ist vorbei, alles sauber, Du versuchst, Dir einen sauberen Anstrich zu verpassen…
Er so: Ja und?
Ich so: Und vergisst etwas.
Er (nicht mehr ganz) so: Oh scheeeiiiiii….
Ich so: Auf Deinem Blog ist nämlich noch der Text, der zu den Bildern gehört. Dein zweiter Blogeintrag überhaupt. Der ist ganz oben auf der Frontseite des Blogs verlinkt, und Du – denkst – einfach – nicht – dran. Und das sieht dann beispielsweise so aus:

Jüngste Vergangenheit: Ivy League der HHL in Leipzig

studivz in Leipzig Mai 2005

Bewerbungsinterview Frage als Anmachspruch:

Wo sehen Sie sich beruflich in 5 Jahren, Frl. Jana?

Und das in Deinem Businessblog, über das die Firmenkommunikation läuft. Und weisst Du was? Das ist so übel, das ist so grosskotzig, da kommt man so mies dabei rüber, das sagt so viel über einen, das ist ohne Bilder noch eine Spur härter, so pur, direkt, da weiss jeder sofort, was für ein Typ das ist. Jemand, dessen Mitarbeiter man eigentlich bedauern muss. Jemand, dem man seine Sprüche vom anpackenden Unternehmertum kaum glaubt. Alles was man ihm abnimmt, ist vielleicht, dass er Frauen in der U-Bahn gegen deren Willen abfilmt. Schlimm genug, wenn einer mit sowas im Kopf rumrennt, aber es auch noch sagen und dann beim nachträglichen Blog Bereinigen vergessen – das ist übel Mann. So richtig übel. Das findet einer, und dann klatschen sie es Dir wie ein nasses Handtuch um die Ohren, und bei Gott ich sage Dir

DU VERDIENST ES

Er (plötzlich nüchtern) so: Jü… Jüngstes Ge.. Gericht 2.0?
Ich so: Sag mal, ich kenn Dich doch, na, Du bist doch der, na, …
Er so: Ok, Don, Danke für Deine Botschaft, äh, ich glaub ich muss nochmal ins Büro, äh.
Ich so hinterherbrüllend: Und wenn Du schon dabei bist, schau Dir auch mal das Impressum an – es gibt nämlich auch welche, die im Handelsregister zwei Vertretungsberchtigte haben, im nationalen Impressum gleich drei und im Blogimpressum nur einen für ein und dieselbe Firma!
Sie so (starrt ihm nach): Und wie komm ich jetzt insssein Bedd?