Edelman-Walmart: Kleinlaut in der Blogosphäre
Probleme mit Nazispässen scheinen momentan Konjunktur zu haben: Vielleicht hat ja jemand bei Wal-Mart mit dem baldigen Einmarsch von Wehrmachtsuniformen superspassig meinenden StudiVZlern in Amerika gerechnet. Jedenfalls hatte der Einzelhandelsriese in seiner Textilabteilung T-Shirts mit einem SS-Symbol im Regal, was wiederum einem Blogger aufgefallen ist. 1ooirgendwas Kommentare und Dutzende Blogeinträge später kommt dann prompt ein alter Bekannter angewackelt: Skandalnudel Marshall Manson, der als Edelman-Mitarbeiter schon im ersten Bloggeranschleimskandal vom März dieses Jahres aufgefallen ist. Und der nun versucht, das um sich greifende Feuer wegen der bei Neonazis sicher nicht schlecht ankommenden Klamotten mit beschwichtigenden Emails zu löschen:
Steve,
Good morning. My name is Marshall Manson. I work for Edelman doing online public affairs for Wal-Mart. I noticed your post about the t-shirts that Wal-Mart is selling. I wanted to make sure you saw the companys statement about this and knew that Wal-Mart is now removing the t-shirts from its stores. Obviously, with a company as big as Wal-Mart, that may take a day or two.
So ist es brav. Da sage noch einer, dass PRler nicht lernfähig sind, wenn die Methoden nur rabiat genug sind. In der ersten Runde hatte man noch versucht, Kritiker durch eingekaufte rechtslastige Blogger zu neutralisieren, jetzt versucht man es mit Entschuldigung und Rückzug, also fast schon zivilisiert. Davon könnten manche deutsche Mitarbeiter noch was lernen – Björn Hasse von Edelman etwa, der mich hier, angesprochen auf eine kleine, miese Astroturfingnummer (lesenswertes Original hier) aus dem Pharmasektor mit Edelmanverwicklung aufklärte:
Das glamouröse Bild der PR – “Spin-Doctors in Warrooms, die über die Neutralisation der Gegner beraten” -, das anscheinend in manchen Köpfen präsent ist, entspricht nicht der Realität.
Zu blöd, dass dieses Bild genau der Darstellung seines eigenen Ladens entspricht, so vorgeführt der New York Times:
Whenever possible, Mr. McAdam said, the war room will try to neutralize criticism before it is leveled.
Merkbefreit oder Probleme mit der Wahrheit? Wer weiss. Edelman wird noch viel lernen müssen, hier draussen. So von wegen digitale Erinnerung, und so.
Sorry, the comment form is closed at this time.
Merkbefreit? Man könnte eher sagen, dass entweder Björn Hasse oder McAdam gelogen haben, vielleicht auch beide. Ich frage mich, ob PRler schon gar nicht mehr anders können als lügen? Ok, dass ist die Essenz des Berufs. Nur, wird man PRler, weil man gerne lügt (das Hobby zum Beruf gemacht), oder machten die PR und die Kunden für die man arbeitet einem zum notorischen Lügner? So eine Art Berufsrisiko, wie es ein Tripper für die Prostituierte darstellt?
Hier gibt’s einen schönen Artikel (gefunden über NetNewsGlobal) über die Methoden der PR angefangen bei Bernays “Propaganda”, das der Göbbels schon in seinem Bücherschrank hatte.
“neutralize _criticism_” und “Neutralisation der _Gegner_”
Zum einen ist es schon mal ein Übersetzungsfehler. “criticisim” bedeutet Kritik und nicht Gegner. Das Zitat aus der NYT bedeutet übersetzt eher “Auf Kritik reagieren bevor sie ungezügelt ihren Lauf nimmt”. Somit hat Björn Hasse ja recht, denn niemand will jemand anderen Mundtot machen nur weil der Kritik geäußert hat. Es sind PR’ler, keine Anwälte [ironiemodus aus]
Auf der anderen Seite scheint Björn Hasse nicht so genau zu wissen was er beruflich macht. Öffentlichkeitsarbeit beinhaltet, zumindest in meinen Augen, auch Reaktionen auf Kritik. Von daher ist es blödsinnig zu behaupten es gäbe keine “War Rooms”. Jede PR-Agentur ist ein “War Room”.
Die Frage ist nur, welche (Angriffs) Methoden verwendet werden. Sturmangriff mit Vernichtungsfeldzug bis zum bitteren Endsieg. Oder Deeskalation.
Edelmann muss wohl noch ein wenig die globale Unternehmensstrategie kommunizieren. Denn deutsche Edelmännern sehen Kritiker offensichtlich noch als Gegner an die es gilt vernichtend zu schlagen.
Ralf, nimm einem Kritiker die Kritik, dann ist er keiner mehr. Klar kann man sich auf worttechnische Kleinigkeiten rausreden, aber Edelman hat nun mal mit verschiedensten Massnahmen versucht, Kritiker zum Verstummen zu bringen – unter anderem Amanda Chapel, da war Björn Hasse neben deren hauseigener Rechtsauslegerabteilung um Mike Krempasky auch dabei. paidcritics.com war/ist das vielleicht beste Beispiel für so eine Strategie. Womit auch klar ist, wozu Edelman bereit ist. Wie bei der früheren Zigaretten-PR-Firma nicht anders zu erwarten.
Statt “merkbefreit” hat freilich Chat Atkins in einem Kommentar im halbtoten przweinull-Blog schon den treffenden Begriff gefunden: diese PR-Helden verhalten sich schlicht indolent. Sie bezeichnen sich ja gern als Kommunikationsprofis; was sie damit meinen, sieht man sehr schön im Titelbild von »WOMMA«. Aber zur Kommunikation gehört mehr, als den Leuten Informationen ins Ohr zu tröten …