Medien, Blogs und Communities
Als ich in Italien war, gab es auf einigen Blogs eine (mal wieder) Debatte darüber, ob Medien in der Lage sind, die Blogosphäre mit ihren Angeboten zu erreichen oder gar zu erobern. In meinen Augen eine Debatte, die seit 2006 gelaufen ist. Die Medien werden nicht kommen.
Der eigentliche Grund ist recht einfach. In den ersten Versuchen wie bei der Süddeutschen Zeitung haben die Medien einige Lehren gezogen: Bloggen kostet Zeit, bindet Ressourcen und ist ein riskantes Spiel mit ungewissem Ausgang. Vor allem aber bringt es die Leser nicht dazu, mehr zu clicken als bei anderen Artikeln. Und der Eintritt in die Blogosphäre erwies sich auch als wenig umsatzträchtig. Trotzdem schleppen sich manche Versuche ohne hohe Leserzahlen bei einigen Online-Portalen weiter, wie etwa Bunte/T-online und andere Vertreter des Burda-Konzerns, und auch die Süddeutsche hat heute wieder eine als “Tagebuch” bezeichnete wöchentliche Kolumne. FTD, Stern, Wirtschaftswoche und Handelsblatt schleppen ihre Blogprojekte fast durchgehend lustlos weiter. Wenn eines stirbt, juckt es keinen. Die Zeit schleimt sich nun schon seit Jahren erfolglos mit den immer gleich miesen Blogversuchen durch das Netz. Auch die Erfahrungen mit Leserblogs wie bei Opinio waren alles andere als berauschend. Auch die neuen Blogs der Welt dümpeln inzwischen arg vor sich hin, Interaktion sieht man da eher selten.
Nach meiner Beobachtung und Gesprächen mit denen, die für dergleichen zuständig sind, liegt das an mehreren Faktoren. Zum einem wird ihnen der Weg von den diversen “Beratern” als viel zu leicht verkauft. Und in den Konzernen fehlt auch heute noch das Fachwissen zum Internet im Allgemeinen. In den zuständigen Abteilungen sitzen oft auch Leute, die unter einem hohen Erfolgsdruck stehen, nachdem sie jahrelang nach der New Economy als Abschiebeposten galten. Da wird dann zwar viel Zeit darauf verschwendet, die Dinger zu planen, Software zu beschaffen und es konzeptionell mit dem Rest abzugleichen, aber das mit den Inhalten wird schon irgendwie gehen – glaubt man. Und weil es dann nicht geht, sind Internet und Blogs doof, und man macht was anderes. Sollte ein Jahr später einer kommen und Blogs vorschlagen, heisst es: Hatten wir schon, kennen wir, bringt nichts. Womit sie recht haben. Die Blogs, zu denen sie in der Lage sind, ergeben einen Textbrei ähnlich wie bei einem gehobenen “Myblog”. Weil sie alle das Altbekannte fortführen, nur eben in Blogsoftware. Für Nachwuchs aus den Journalsitenschulen sehe ich absolut schwarz. Ich habe öfters mit denen zu tun, die wollen nicht. Man könnte sie zwingen, aber das macht auch keine guten Blogger aus ihnen. Ich sitze jetzt seit drei jahren in dieser Sache in Instituten und rede mir den Mund fusslig, und in diesen drei Jahren kam kein einziger junger Blogstar aus derartigen Einrichtungen. Das geht wohl nicht nur mir so.
Das grosse Ding in den Hirnen ver Verlagsoberen sind Communities, am besten passend zu den Line Etensions, die inzwischen zu einem wichtigen Geschäftsfeld wurden. Also sprich: Zeitung X vertickt nebenbei noch Wein, also macht man eine Community dazu, bietet spezielle Vorteile, und sorgt so für die Werbegelder einspülenden Klicks. Die Idee war früher, die Leute mit Papier zu bespassen, jetzt baut man eben im Internet einen Zaun, sperrt die Leute ein und bespasst sie dort. Ich bezweifle, dass es ein erfolgreicher Weg sein kann, denn die alte “Blattbindung”, die nach einmaligem Aboabschluss für den Rest des Lebens Gewinne einbrachte, gibt es dadurch nicht. Man wird sich sehr viel direkter und rabiater mit Konkurrenz auseinandersetzen müssen, und die Leute, die das zu können vorgeben, sitzen längst in den Verlagen in den gesicherten Startlöchern. Da geht im Moment das Geld hin, das erscheint Verlagsleuten als logische Entwicklung des Printgeschäfts. Dass Medien damit den gleichen verhängnisvollen Weg beschreiten wie Tchibo, die von der Kaffeequalität zum Allerweltsschund gingen und damit inzwischen enorme Probleme haben, fällt keinem auf. Die blogbasierten Projektvorstellungen für die neue WAZ sind ein Einzelfall geblieben, keiner hat trotz all der Aufmerksamkeit nachgezogen.
Ich halte das alles zusammen für Fehlentwicklungen. Meines Erachtens gibt es nur ein Ding, in das Verlage sicher investieren können: Journalistische Qualität. Alles andere ist unverkäuflicher Tinnef, alles andere schnibbelt an den Wurzeln und sorgt dafür, dass der Nachwuchs keine Bindung haben wird, die länger hält als bis zum nächsten Sonderangebot für einen Milchshaker. Bei gewissen Themen und Ereignissen glaube ich durchaus, dass das Publizieren auf Blogsoftware diese Qualität entscheidend steigern kann. Aber um das zu erkennen und umzusetzen, sind in den Verlagen einfach nicht die richtigen Leute.
Sorry, the comment form is closed at this time.
Abwarten, da kommt noch waz! Und nebenbei: Erster!
Kommt alles auf die Sichtweise an. Bei Deiner auf Deutschland beschraenkten Sicht mag das durchaus alles stimmen, im Ausland wuerde ich das schon anders sehen.
Die Guardian Blogs laufen meines Wissens sehr gut und werden auch sehr viel in den Britischen Blogs verlinkt/diskutiert. Ebenso die BBC Blogs, z.B. Nick Robinson’s Blog.
Woran das liegt weiss ich nicht, vielleicht weil hier einige der bekanntesten Blogger dort gearbeitet haben bevor der grosse Hype anfing und die Medien damit von vornherein in die Entwicklung eingebunden waren. Vielleicht weil das ganze so wie ich das mitbekommen habe teilweise von innen kam und nicht von oben befohlen wurde. Da haben Leute einfach gemacht und manchmal auch erst hinterher nach Erlaubnis gefragt.
Aber sie werden es nie merken, sondern immer wieder denken, das wäre jetzt das große Geschäft, und auch so neu und unverbraucht, dieser Markt ;).
@Don: Ãœbergeh noch mal wohlwollend die Rechtschreibung deiner “AGB” unter dem Kommentarfeld (z.B. “regelung”, “nöchster”)
Hohe Qualität? Das in großen Quantitäten?
Klingt gleich wie sieben Himmel gut,
Gedanken, Denken gepaart mit Mut,
Themen, Texte: gut – nicht als Raritäten.
Was wäre, wenn das dann jeder tut?
Meiner Ansicht nach sind z.B. die BBC-Blogs aus folgenden Gründen gut:
1. Sie werden gut in das Web-Angebot eingebunden. Oft gibt es zu einem Artikel einen Link zu einem passenden Weblog-Eintrag
2. Die Autoren haben verstanden, dass es um eine persönliche Perspektive auf ein Ereignis oder einen Sachverhalt geht. Gerade bei Auslandskorrespondenten ist dies oft sehr interessant.
3. Live- oder Eventblogging. Die WM-Blogs waren Klasse: Ich habe mehr über das von der WM erfasste Deutschland erfahren als sonst irgendwo. Und neulich bei den Regionalwahlen hatte das Live-Blog historische und aktuelle Anmerkungen von erfahrenen Journalisten, Flurgespräche aus den Wahllokalen etc., im Minutentakt.
Es ist für mich deutlich: Wenn man sich Mühe gibt, dann kann so ein Projekt erfolgreich sein.
Danke für den Link zu dieser einsamen ‘Blogdame’ im Journalistik-Seminar. Dass künftige Journalisten aus solchem Balsaholz geschnitzt werden, habe ich mir schon länger gedacht: Wo nichts Eigenes quer im Kopf steckt, da passt später jedes gewünschte Thema rein …
Meines Erachtens gibt es auch nur eines, in das man sicher investieren muss: Journalistische Qualität. Man kanns auch blogjournalistische Qualität nennen, weil, wie hier auch gesagt, Journalismus allein nicht reicht. Oder es nicht trifft (bei kurz-, lang- oder freigeschriebenen Beiträgen).
Aber sag das mal einem Blogger. “Wassndas?” ist die Frage, “Willichnicht” die Antwort und “BinBlogger” die Begründung.
Deswegen findet sich das auch nie als Thema in den Blogs, außer hier übrigens.
Das Problem der “journalistischen Qualität” verortet sich offenbar zusehends beim einzelnen Journalisten. Aus Sicht der Verlage ist daher die Fokussierung auf den Printbereich nur konsequent, denn sonst würde die Macht der Schreiber zu groß. Jemand, der sich im täglichen Geschäft und in der direkten Auseinandersetzung etabliert, ist nicht nur unabhängig von einem Verlagskonzept, er macht sich auch jenseits des Hauslabels wiedererkennbar und kann dieses Kapital jederzeit zur Konkurrenz schleppen. Wer sich hingegen der Corporate Identity und dem Dickdarm des Chefredakteurs anpaßt, ist auf dem Markt nicht sehr attraktiv. Das dürfte aktuell sehr im Sinne der Verleger und Herausgeber sein. Erschüttert notiere ich, wie innerhalb kürzester Zeit ein “Spiegel” seinen legendären Ruf zerstört hat, indem dort ein Personal sein Unwesen treibt, das Augstein noch wütend aus dem Tempel geprügelt hätte. Hier hat sich ein weiterer Verlag gegen Qualität entschieden.
Umgekehrt die löbliche Ausnahme “Süddeutsche”, wo weniger die Einheitsmeinung gefragt ist, als Leute mit einem eigenen Kopf. Diese Freiheit sichert journalistische Qualität, wenn man davon ausgeht, daß das Handwerkszeug noch immer Allgemeingut ist. Leute, die sich unter solchen Bedingungen durchsetzen, müssen auch keine Angst vor dem Bloggen haben.
“Aber um das zu erkennen und umzusetzen, sind in den Verlagen einfach nicht die richtigen Leute.”
Ich denke, der Unterschied zwischen einer BBC und einer ARD ist in etwa so gross wie zwischen englischem Tafelsilber und deutschem Emaille. Man schaue sich die ARD-Anstalten doch nur mal an: Behörden, deren einziges Interesse höhere Gebühren sind, mit denen dann Freunde gehätschelt werden können.
Sorry, aber: Journalistische Qualität? In den Medien? Ist mir bis auf wenige Ausnahmen seit Jahren nicht mehr untergekommen.
Oh, es gibt ein paar (meist “freie”) Journalisten, die mehr oder weniger privat außerhalb des Jobs bloggen – dort finde ich noch am ehesten journalistische Qualität. Es gibt sogar Privatleute, wo ich die journalistische Qualität in blogs finde.
Ansonsten Fehlanzeige. Die Printpresse (auch mit den Online-Elaboraten) ist total hohl, oberflächlich, von Recherche kaum eine Spur, Hofberichterstattung, 1zu1-Ãœbernahme von dpa-Meldungen/Tickern usw. – von mir aus können die alle in Konkurs gehen – Tagezeitungen ebnso wie Spiegel, Stern, Zeit und Co.
Ich kann nicht verstehen, wie man heutzutage noch eine dieser Zeitungen zur Hand nehmen kann, ohne die Krätze zu kriegen.
Ich habe Probleme mit dem Begriff “Qualitätsjournalismus”. Was soll das sein ?
Zeitungen haben vor allem EINE Funktion: die Erwartungen ihrer Leser zu erfüllen. Wenn Zeitungen so aussehen, wie sie aussehen, dann wird das auch einen Grund haben. ;)
Am Beispiel der vorangehend angeprochenen *INSM*: daß diese als Lobbytruppe wirkt, ist nicht sonderlich interessant – wichtig ist, daß ihr Mantra auch von Zeit, Stern, Spiegel, etc. mitgetragen wurde.
Die deutsche “Neue Mitte” ist alt geworden und möchte lieber “Wein bei der Süddeutschen” kaufen als von einem Journalismus hören, der ihre “liberale” Pose in eine Haltung verwandelt.
Das “Elend” – besser gesagt: das Sattgeworden der Älteren – könnte die (einzige ?) Chance der nicht medienhaus-abhängigen Blogs sein. Allerdings werden *Spreeblick* oder *Bildblog* in WIRKLICHKEIT nix dazu beitragen. :(
Die Reaktion der Journalistenschüler kann ich aber schon verstehen. Wer an solch einer Schule aufgenommen wird, hat meist schon Jahre an schlecht (oder häufig auch un-) bezahlter freiberuflicher oder Praktikanten-Arbeit hinter sich. Während der Ausbildung rückt deswegen die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Tätigkeit doch immer mehr in den Vordergrund, was ich nicht verwerflich finde, denn irgendwann müssen sie ja von irgendwas leben können (zumal die meisten Journalistenschüler schon einen Hochschulabschluss haben). Und die wirtschaftlichen Perspektiven der Bloggerei sind, wie hier ja auch schon mehrfach diskutiert, bisher eben eher mau.
in einem land, in dem es die FR, die süddeutsche, die taz, die berliner morgenpost, die zeit, den spiegel und noch 20 andere gute zeitungen gibt, ist der zweifel, ob es qualitätsjournalismus gibt … thomasberharndisch (to put it mildly). mein großvater war in diesem land in einem KZ zu einer zeit, in dem es k e i n e guten zeitungen gab und er zuckte immer bei solchen verlautbarungen zusammen. wer hier gute zeitungen vermisst, möchte bitte ins ausland fahren, totalitär und nicht totalitär und die bitte mal durchzählen. das ist das übliche selbstgefällige totschlagargument der bloggerszene: wenns keinen qualitätsjournalismus im print gibt, kanns auch keinen bei den bloggern geben. oder noch besser: nur da. das ist genau die borniertheit, die jeden lernprozess verhindert.
qualitätsjournalismus und qualitätsbloggen: wenn thomas knüwer nicht journalist wäre, nicht beim handelsblatt und sich bitteschön in 10 leute diversifizieren könnte: dann gäbe es eine ART MODELL.
habe ich morgenpost gesagt? ich meine den tagesspiegel.
Was den z.B. den STERN und seine Blogs betrifft – das dient eindeutig der Kundenbindung, und das ist auch an der Menge der Kommentare abzulesen. Da bloggt schon bald zwei Jahre ein Mensch über seine Abnehmversuche, rennt von einem Therapeuten zum anderen, ständig die richtige Methode suchend, stellvertretende(r) Unzufriedenheit und Masochismus. Die Leser fühlen sich richtig geehrt, in so einem Blatt kommentieren und Meinung sagen zu dürfen.
Das müssen “die Großen” ihnen auch bieten, würden sie doch sonst in die “Bloggospäre” abwandern – so ihre Themen dort zu finden sind.
Bei Focus-online ist es ähnlich; da sind die Kommentare oft gehaltvoller als der eigentliche Artikel.
Die TAZ-Blogs scheinen (zum Teil?) futes Niveau zu haben, aber weniger Leser.
Es gibt auch das Gegenteil:
ein Radiosender, dessen Homepage sich eigentlich nur aus den Beiträgen seiner Mitarbeiter/Redakteure zusammensetzt.
Auf der Startseite sieht man die gerade aktuellen Beiträge, durch Auswahl einer Person gelangt man zu deren “eigener” Seite.
Im Prinzip ein ganz primitives System – teilweise kann man sicher von blogs sprechen.
Und das schon seit Jahren, in eigentlich unverändertem Design. Damals wie heute eine eine Art Unikum für einen öffentlich rechtlichen Sender.
Spart eine eigene Online-Redaktion und damit bares Geld. Aufwand: ein Server und ein EDV-Techniker (prinzipiell ;-)
Funktioniert aber wahrscheinlich nur mit einer gewissen Sorte von Mitarbeitern (und Kundschaft?)
wenns jemanden interessieren sollte: FM4 fm4.orf.at, mit österreichischen Rundfunkgebühren finanziert
Medien und funktionierende “Blogs” (obwohl das dort wohl kaum jemand so nennen würde): schon lange Realität
[…] Nachtrag 11. Mai 2007: DonAlphonso hat die Versuche der Medien um die Bloggerei übrigens jetzt sehr gut beschrieben: Klickst Du hier. […]
Eine gute Analyse des Themas, der ich mich in weiten Teilen nur anschließen kann. Was die Leserblogs betrifft, so hat ja der neuste Sproß, nämlich Welt Debatte, mal eben selbst einen ersten Todesstoß versetzt, obgleich man namhafte Blogger gewinnen konnte, und der Welt Online-Chef zumindest versucht, selbst zu bloggen (wahrscheinlich aber die Lust schon wieder verloren hat, wenn sie denn mal da war) – dabei erwarte ich als Leser vom Chef eines Online-Nachrichtendienstes eigentlich, dass er bloggt!
Die “redaktionellen” Blogs bei Handelsblatt oder sonstwo sind jedenfalls zum mindest zum Stöbern in alten Beiträgen noch ganz gut zu gebrauchen.
@ anobella Kommentar 13: ich bleibe inhaltlich bei meiner Ansicht. Anscheinend liest du keine Zeitungen. Das ist doch schon längst gleichgeschaltete Scheinvielfalt.
Wo bitte ist denn die inhaltliche aufklärerische kritische Berichterstattung über z.B. den verfall der Demokratie hier in diesem Land? Wo wird das Thema EU-Verfassung vernünftig und aufklärend thematisiert? Wie ist die Berichterstattung über Hartz IV, Arbeitslosigkeit? Wo über die wahre Bedeutung der “Tafeln”? Das möge nun genügen als Beispiele…
Ich sehe keinen so großen Unterschied mehr zu damals – allenfalls wird hier eine Scheinneutralität und Scheinvielfalt an den Tag gelegt, die ich noch schlimmer finde als die unverhohlene Direktheit, die ja so barbarisch war. Was ist denn überhaupt mit den Medien? Das ist doch echt nur noch eine ganz dünne Trennlinie zum damaligen Volksempfänger… (inhaltlich gesehen). Die Leute sollten mal endlich aufwachen, auch du…
Die Frage ist ob Qualität jenseist formaler Qualifikation eine objektive Größe sein kann. Wenn asu den Ausbildungsinstitutionen nichts kommt, wird es schwierig, sicher an Qualität zu kommen, die nicht nur Interesse am Unmittelbaren hat, nämlich ökonomische Verwertung oder Bindung an oder Formung des sozialwissenschaftlich ermittelbaren Median, der Rezipient des Mediums ist.
Wenn im Internet die Erfassung von Klicks und Korrelation mit Wörtern, Inhalten, Sprachniveau, Thema ermittelbar ist, sehe ich da wenig Chancen, wie interessante Nischen jenseits gehypter Trens in “Mainstreammedien” gelangen können.
Innovation wäre weniger in der Kultur als vielmehr in der Wirtschaftsberichtserstattung nötig. Auch hier treibt PR ihr Unwesen.
Hier ist die einsame Blogdame, die dort oben verlinkt ist. Und ich muss dem Autor leider mitteilen, dass er sich auch vor unserem Seminar noch den Mund fusselig reden wird. Aber vielleicht zeigen die Leipziger Journalististudenten bis dahin doch noch reges Interesse am Publizieren fernab der renommierten und vor allem geldbringenden Medien.
Zu Frank muss ich sagen, dass diese Einschätzung kaum zu teilen ist. Sie ist ebenso wenig differenziert, wie die Aussage, dass es mehr als genug qualitativ hochwertige Printmedien in Deutschland gibt.
Was heißt denn Scheinneutralität? Und was meint das Schlagwort EU-Verfassung? Das war vor ein paar Jahren brisant. Jetzt wird es erst wieder wichtig, wenn sich irgendetwas ändert. Wenn Sarkozy beispielsweise seine Ankündigung wahr macht und über den Kopf der Franzosen hinweg FÜR die Verfassung votiert. Im Moment hat diese dringend notwendige, aber im aktuellen Entwurf nicht ausreichend formulierte, Änderung nichts in den Medien zu suchen.
Und wer etwa Süddeutsche und ZEIT mit offenen Augen liest, der kann ihnen wirklich nicht vorwerfen, nicht Themen fernab des mainstream durchaus konsequent und präzise abzuackern. Jede andere Einschätzung ist doch viel zu kurz gedacht…
Dass die traditionellen Printmedien den Trend zu SINNVOLLEN und leserbindenden Blogs gerade komplett verschlafen, kann wohl kaum geleugnet werden. Die Frage ist nur, warum sie sich so konsequent gegen diese Publikationsart richten, die ihnen eigentlich ganz neue Möglichkeiten eröffnen.
@21 Lebenslinien. Natürlich ist meine Aussage auch provokativ zu verstehen. Aber zur Verdeutlichung, z.B. EU-Verfassung betreffend: in all der Zeit, wo es eine Rolle spielte, kann ich mich nicht an eine Berichterstattung erinnern, in der der Inhalt dieser “Verfassung” auch nur einmal eingehender geprüft worden wäre von den journalistischen Blättern. Eine echte Auseinandersetzung fand und findet nicht statt! Und das sollte doch eigentlich die Aufgabe des Berufsjournalisten sein, oder irre ich mich da?
Und wenn ich bedenke, wie wenig Pressersonanz der verhungerte Hart IV-Empfänger hatte (paßt ja nicht ins aktuelle Konzept, gell?), da bleibt mir gar nix anderes übrig, als bei meiner Aussage zu bleiben.
Ãœber die Umtriebe der “neoliberalen Wirtschaftskonsorten” ist ja selbst hier im blog schon zur Genüge geschrieben worden – und wie die versuchen, Einfluß zu nehmen – und wie zäh es ist, das ans Tageslicht zu bringen, es sind nämlich Ausnahmen unter den Journalisten, die sich trauen, das anzusprechen. Die überwältigende Mehrheit der Presse macht doch da völlig kritiklos (oder wissentlich? gezielt?) mit.
Und jetzt sag mir nicht, das würde ich mir alles nur einbilden.
Ich sage überhaupt nicht, was sich wer einbildet. Das steht mir gar nicht zu.
Aber, wenn die Journalisten WIRKLICH etwas NICHT berichten wollen, weil es nicht zu ihren Einstellungen passt und sie aufgrund ihrer, von Dir unterstellten, gleichgeschalteten Scheinvielfalt einig seien, dann würdest DU nichts von einem verhungerten Hartz-IV-Empfänger wissen. Ebenso wenig wie über sonst irgend ein Thema.
Anscheinend gibt es aber Journalisten, die diese Nachricht in die Welt getragen haben. Oder wie hast Du davon erfahren? Dass Knut bei Weitem mehr Aufmerksamkeit bekommt als politisch um einiges wichtigere Themen, liegt sicherlich auch am Rezipienteninteresse zu liegen. Auch, wenn ich Journalisten hasse, die ihre Publikationsverantwortung mit derlei Argumenten völlig auf die Rezipienten abwälzen.
Sicher ist die deutsche Printmedienlandschaft nicht am idealistischen Gedanken einer vierten Gewalt im Staat zu messen. Sicher ist nicht alles Gold, was glänzt. Wie in jedem anderen Beruf gibt es bessere und schlechtere Journalisten. Aber das ändert nichts daran, dass es durchaus immer Glanzlichter gibt, auf die zumindest ICH nichts kommen lasse, die sich gezielt und ausführlich mit Themen beschäftigen. Auch mit solchen, die nicht sofort 10.000 mehr Exemplare verkaufen. Und die heißen Süddeutsche, ZEIT und Cicero.
Ich denke, wir sollten es dabei belassen. Du sprichst von “Glanzlichtern”. In meinen Postings habe ich durchaus darauf hingewiesen, daß es einzelne Journalisten gibt. Worüber streiten wir also überhaupt? Ich rede von einer überwältigenden Mehrheit in den Printmedien, die ihren Auftrag nicht erfüllen. Deine Argumente haben mich bisher nicht vom Gegenteil überzeugt. Wir werden uns also da nicht einig – ist aber nicht tragisch, sondern gehört ja zum Wesen der Demokratie.
Vom verhungerten Hartz IV Empfänger und die Hintergründe des Falls habe ich übrigens durch Beiträge in Blogs erfahren, nicht durch die Printmedien. Daraufhin habe ich mich umgetan, und die Berichterstattung der professionellen Medien blieb um Meilen hinter der Berichterstattung privater blogs und websites zurück. Das ist eine Erfahrung. Keine Theorie.
@ Christian
“Innovation wäre weniger in der Kultur als vielmehr in der Wirtschaftsberichtserstattung nötig. Auch hier treibt PR ihr Unwesen.”
Nicht nur “auch hier”. G-e-r-a-d-e h-i-e-r.
Auf der einen Seite nixnutzige Börsenjubelgazetten (blanke Aktionärsverarschung), die im gekauften Plauderton alles erzählen, nur nicht die Wahrheit über das/die Unternehmen, auf der anderen die INSM, die überall krakenmäßig einsickert.
Es hilft nur, sich mit harten Unternehmenskennzahlen zu befassen und zu lernen, geschickte Bilanzen-Prosa zu lesen und genauso geschickt wieder zu entziffern.
Hm, da wurde unser Seminar an der Blogbar diskutiert und ich habe es nicht mitbekommen. Muß wohl mal einen Blogmonitoring-Dienst beauftragen …
Was den Nachwuchs angeht: Das war einer der Gründe, das Seminar anzubieten. Wer Journalistik studiert, muß wissen, was “dieses Blogdingens” ist. Er muß es nicht mögen, aber er muß es kennen – und wenigstens mal ausprobiert haben. Deshalb die “erzwungenen” Blogs. Natürlich kommt nichts Gutes dabei heraus, wenn man nur bloggt, weil es Scheinanforderung ist; aber die Hoffnung ist, daß es Spaß zu machen beginnt. Und wenn dann nur ein, zwei dabeibleiben, bin ich mehr als zufrieden.