Wenn ich das Grimme Institut wäre II
Das Grimme Institut hat nach diesem Grossdebakel trotz allem einen Verteidiger: Den mittlerweile doppelten Awardträger und für Yahoo werbenden Stefan Niggemeier. Wenngleich er selbst seinen Lesern die Frage stellt, ob er den Award jetzt überhaupt will, hat er immer noch ein klares Feindbild: Die Blogger, die mit anderen den Fall erst ins Rollen gebracht haben:
es gibt an dieser stelle nichts mehr, was grimme tun oder sagen könnte, was den blutrausch von don und fixmbr (und ich fürchte auch deinen) befriedigen würde, außer, dass es das institut seine vollständige selbstauflösung bekannt gibt. und selbst das würde euch nur reichen, wenn sie es vor 13 uhr schaffen.
Es ist bei von Yahoo bezahlten Bloggern momentan sehr beliebt, auf fixmbr einzuprügeln, weil sie von “Blutbloggern” sprechen, und Stefan Niggemeier ist viel zu gut vernetzt, als dass ihm jetzt andere Teilnehmer des käuflichen Bloggersystems für die sprachliche Entgleisung des “Blutrausches” ähnlich an die Karre fahren würden. Das Grimme Institut hat eine Reihe von Fehlern gemacht, über die hier geredet wurde, unter Blutrausch stellt man sich gemeinhin etwas anderes vor, die Worte “Axt” oder “Kettensäge” oder gar “Headashot mit 45”, wie jüngst bei Yahoowerber Spreeblick in einem Kommentar zu lesen war, sind beispielsweise nie gefallen.
Dabei gab es durchaus konstruktive und ernst gemeinte Vorschläge, wie man die Probleme lösen und dabei das Gesicht wahren kann. Das Grimme Institut und seine Jury haben sich jedoch anders entschieden, und jetzt klingeln sicher viele Medien in Marl an und wollen wissen, was zum Teufel da wie gelaufen ist. Wenn sie klug wären, würden sie jetzt den Befreiungsschlag versuchen. Schnell, bevor alles den Bach runter geht. Ich bin gerne bereit, dabei mit einer hübsch formulierten Vorlage zu helfen:
Marl – Durch eine bedauerliche Fehlschaltung unserer Website wurden am Montag, den 18. Juni die Gewinner der Grimme Online Awards vorzeitig veröffentlicht. Besonders durch den vorzeitig bekannt gegebenen Sieg von “hausgemacht.tv” in der Kategorie Publikumspreis und des ehemaligen Jurymitglieds Mario Sixtus in der Kategorie “Bildung und Wissen” entstand leider bei manchen Beobachtern der Eindruck, die Vergabe des Grimme Online Award würde durch unsaubere Machenschaften beeinflusst.
In den letzten Stunden haben das Grimme Institut und die Jury des Grimme Online Award intensiv über die Bedeutung und die Folgen der Vorfälle diskutiert. Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass es nicht sinnvoll ist, angesichts der im Raum stehenden Vorwürfe und Diskussionen weiterzumachen, als sei nichts geschehen. Deshalb wird die Verleihung, die für den 20. Juni geplant war, auf unbestimmte zeit verschoben.
Obwohl die Entscheidung der Jury unabhängig vom Grimme Institut gefallen ist, sieht sich auch das Institut aufgrund seiner Rolle als Organisator nicht in der Lage, sämtliche Vorgänge rund um den Award aufzuklären. Jury und Institut haben in Ãœbereinstimmung beschlossen, das gesamte Verfahren von der Nominierung über die Abstimmungsmodalitäten insbesondere unter der besonderen Berücksichtigung einer Verlosungsaktion von “hausgemacht.tv” von einer unabhängigen Komission klären zu lassen.
(Namen, am besten aber nicht der Boss des Netzwerk Recherche, Kai Dieckmann, ARD-Präsidenten und Comical Ali. Und auch keine Schwippschwager oder Werbenetzwerkkumpels der Jury)
Die Kommission wird öffentlich tagen. Die Sitzungen werden per Lifestream und Podcast im Internet zu sehen sein. Auch die zu erarbeitenden Vorschläge der Kommission für die Richtlinien der Jury werden im Internet zur Diskussion gestellt
Mario Suxtus, der einer der Preisträger gewesen wäre, hat uns zudem mitgeteilt, dass er unter den gegebenen Umständen auf den Award verzichtet. Wir respektieren die Entscheidung und entschuldigen uns für die von uns verursachten Irritationen, die im Verlaufe dieser Entscheidung nicht dem der Förderung von Offenheit, Qualität und Transparenz im Internet dienten, die zu stärken wir eigentlich angetreten sind.
Das wäre ein durchaus gangbarer Weg, die Probleme erst mal vom Hals zu bekommen. Derr sauberste aller Wege für alle Beteiligten. Ganz einfach. Kein grosses Drama, lesson learned, man lädt die Kritiker mit ein, man spielt endlich offen und nimmt das verfilzte Mauschelzeugs komplett raus. Kein Blutrausch, nirgends.
Und ich bin mir absolut sicher, dass sie das genau nicht tun werden. Sie werden es einfach durchziehen. Die da oben. Was sind schon so´n paar Blogger. Eh nur Schreihälse. Sagt ja auch ein führender Blogger selbst, gell? Der mal in der Jury des Grimme TV-Awards war und es normal findet, dass man sich kennt.
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Erster! Ich bin heute Abend in Marl, soll ich was mitnehmen?
Den Ausruf “SCHÄMT EUCH!”
Niggemeier war schon in einer Grimme-Jury? Hab ich da was verpasst, ist das allgemein bekannt? Wäre jedenfalls hier und da ein Fall für eine Disclosure gewesen.
Der “Führende Blogger”. Tz tz tz.
Ne, da gehe ich jetzt nicht groß ein.
Zum Ausdruck “Blutblogger” auf F!XMBR:
Ich halte es für durchaus legitim und auch für notwendig, wenn ein Blogger mal mit einer Formulierung oder einem Beitrag zu weit über das Ziel hinaus schießt, dass man das auch (evtl. offen) kritisiert.
Ich lese gerne bei F!XMBR. Doch das heißt nicht, dass für alle Eier, die ein Blog legt, was ich gerne lese, auch unkommentiert lasse.
Das nennt sich “differenzieren”.
Wenn man das nicht kann, bleibt entweder ein endloser Nörgler übrig, der auf alles “schießt” was schreibt oder der berühmte Kuschelblogger, der alles relativiert und schneller rückwärts rudert, als man gucken kann.
Aber zum eigentlichen Thema:
Auch ich würde es als einzige professionelle Lösung ersehen, dass der GOA dieses Jahr ausfällt und für die kommenden Jahre mehr Transparenz und klare Richtlinien eingeführt werden.
Und Nachnominierungen fallen gänzlich weg. Die haben noch keinem Award wirklich Glück gebracht.
Wenn das nicht passiert, ist der GOA, der in den letzten Jahren vergeben wurde, in meinen Augen nix wert. Dann kann man evtl. auf die Idee kommen, dass hier seit Jahren gemauschelt wird.
Grimme TV Jury 2006. Aber er hat es irgendwo auch mal selbst geschrieben.
Das fehlt noch auffallend in seinem jüngsten Artikel in der Serie “Das sieht nicht gut aus”.
Das fehlt vor allem in seinen Angriffen im Jakblog. Aber es ist jetzt nicht so wichtig. Vermutlich denkt er, es ist allgemein bekannt.
[…] Don hat in der Blogbar eine Vorschlag für eine (aus meiner Sicht) passenderen Pressemitteilung veröffentlicht. Hätten sie doch bloà diese genommen. […]
Angeblich gibt es eine Pressemitteilung: http:// http://www.politik-digital.de/metablocker/archives/1366-Patzer-beim-Grimme-Online-Award.html
dass ich mehrmals in der grimme-fernseh-jury saß, habe ich nicht “irgendwo auch mal selbst geschrieben”, sondern exakt im zusammenhang mit der grimme-diskussion: http://www.stefan-niggemeier.de/blog/grimme-und-die-kirche-im-dorf/
Wenn Du es vor zwei Wochen erwähnt und es ansonsten unterlassen hast, kannst Du schlecht erwarten, dass jeder Deine zwei Wochen alten Beiträge kennt. Lass doch mal die Kirche im Dorf, ok?
Und wie ist das jetzt mit der Yahoo-Werbung? Wie ist es, Geld von Leuten zu nehmen, die ohne Not in Hongkong bei der Verfolgung von Dissidenten in China helfen?
Ein solcher Preis ist dazu da, die Welt ausserhalb des Medienbetriebes – und erst recht ausserhalb der Blogosphäre – auf ein Produkt aufmerksam zu machen.
Wer von sich sagen kann, er sei Preisträger bekommt einen Vertrauensvorschuss und ein Vertrauensvorschuss lässt sich umsetzen in Geld und/oder Einfluss. Das Geld kommt von Firmen, die sich nicht dafür interessieren, auf welche Weise ein Preisträger zum Preisträger geworden ist, solange nur alle weiter fest daran glauben, dass der Preis den Vertrauensvorschuss rechtfertigt. So wie bei den Einschaltquoten im Hörfunk.
Genau darum wird das Grimme-Institut solange einfach weitermachen als sei nichts gewesen, bis ein einflussreiches Medium den Grimmepreis ebenso in Frage stellt, wie er in der Blogosphäre in Frage gestellt wird oder laustark beginnt, ihn ebensowenig ernst zu nehmen, wie es die Blogosphäre tut. Anlass genug gäbe es dieser Tage ja – was ist schon ein Preis wert, der mir von Merkbefreiten verliehen wird?!
Aber abgesehen davon, dass ich nicht die leiseste Ahnung habe, welches Medium das sein sollte, würde es ja sowieso noch einige Zeit dauern, bis die Kunde von der Vernachlässigbarkeit des Grimme-Online-Awards überhaupt erstmal bei der Raiffeisenbank Oer-Erkenschwick angekommen ist. Und dann mindestens nochmal so lange, bis der Kassierer merkt, dass das Grimme-Institut ja auch noch andere Sachen auszeichnet und sich daran erinnert, dass er mal den Satz gelernt hat wer einmal lügt…, diesen als Bewertungsgrundlage hernimmt und den Online-Mumpitz überträgt auf das gesamte Institut.
In anderen Worten: das wird nie was.
Er war also sogar schon “einige Male” in einer Grimme-Preis-Jury – demnach auch schon vor der Bildblog-Auszeichnung – und erhält nun bereits zum zweiten Mal einen Grimme-Preis. Nur fürs Protokoll.
Das ist alles wirklich unfassbar.
In den USA wären da längst Köpfe gerollt. Ethik? Who the fuck cares?
Es geht einfach nicht an, dass ehemalige Jurymitglieder – inkl. denen, die in einer anderen Jury des gleichen Preisverleihers saßen!! – den von ihnen vergebenen Preis dann im nächsten Jahr selbst abstauben.
IN WELCHER BANANENREPUBLIK LEBEN WIR?
Und Gott verdammt, wie glaubt ein so skandalsensibilisierter Mensch wie Nigge, dass das niemandem auffaellt? Der hat doch den “Grimme nominiert”-Banner seit Wochen ganz oben auf der Seite.
Jessesmaria, mir ist schlecht.
(Uebrigens ist vollkommen wurscht, ob die Jury gekluengelt oder wirklich autonom entschieden hat. Was zaehlt ist der Eindruck.)
“Es ist doch alles sauber. Was da zum Skandal aufgebauscht wurde, hat mit der Realität nichts zu tun. (…) Bei der Nominierung und Juryentscheidung ist alles korrekt gelaufen. Zum Skandal ist das durch die nicht ganz korrekte Darstellung in einigen Blogs geworden.”
Sagt Karin Bernsmann, Sprecherin des Grimme-Instituts.
Nachzulesen daselbst: spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,489445,00.html
Es ist in der Tat zum Haareraufen. Warum in 3teufelsnamen glauben meinungsstalinistischen Betonschädel stets, ihnen würde ein Zacken aus der Krone fallen, wenn sie einen Fehler eingestehen? Warum weiß dort niemand um die gesteigerte Glaubwürdigkeit durch Wahrhaftigkeit? Immer dasselbe Bild: selbst wenn sie mit den Fingern schon im Marmeladentopf erwischt werden, flöten sie unvedrossen “es ist doch gar nichts passiert”.
[…] Der Grimme Online Award war dieses Jahr sehr erheiternd – und hat dann unterm Strich dann mit Yahoo-Werbeträgern verdiente Preisträger gefunden. Gleich zu gleich gesellt sich gern. Während ich mir ein wenig Entspannung gegönnt habe, hat der Don weiter berichtet. Auf der Blogbar gibt er dem Adolf Grimme Institu abermals Tipps, wie die Sache zu händeln ist – vergebene Lebensmüh, dann muss auch er einsehen, es reicht. Auf dem Rebellmarkt findet er ein paar Worte für Stefan Niggemeier, wie auch F!XMBR schon zuvor – womit wir gleich beim Thema wären. Wie schon Sascha Lobo mit adical, nutzen Stefan Niggemeier und die seinen SPIEGEL Online, um dort die Kritiker abzubügeln, die werden schließlich von den dortigen Qualitätsjournalisten nicht gefragt, sondern die Aussagen des EPO-Beauftragten Stefan Niggemeier unreflektiert übernommen. […]
Nö, das kommt nicht mehr in die Kategorie ‘Krisen-PR’.
Das ist eindeutig bereits ein Fall von ‘Nebelkerzen um sich werfen’. Die fällige Implosion in ein selbst gegrabenes schwarzes Loch. Geradezu eine unethische Rückgratverkrümung vor der eigenen heiligen Dreifaltigkeit der bewiesenen Unfähigkeiten (falsch denken, falsch sagen, falsch tun). Das kann man so nicht empfehlen. Da müssen externe Profis ran.
Edelman übernehmen Sie!
Der Don ist als Berater nicht mehr ernst zu nehmen.
Ich frage mich ja, wo eigentlich die “du bist doch nur neidisch”-Kommentare sind .. bei StudiVZ waren die doch so schnell zu haben, aber nicht einmal darauf scheint heutzutage noch Verlass zu sein.
Leider Gottes muss ich zugeben, dass mir es sowohl privat als auch beruflich tierisch am Hinterteil vorbeigeht, was nun beim Grimme Online Award geschieht, zumal das Ding seit den Auszeichnungen von Giga für mich im Stellenwert nie mehr als ein Award von der Medienbranche für die Medienbranche war.
Wenn man so auf die ganze Geschichte schaut, ist dann der Pannen-Award 2007 auch kein Aufreger mehr: Dass dort “hausgemacht.tv” durch die üblichen Schiebereien noch in den Award aufgenommen wurde, ist typisch und war zu erwarten (und damit meine ich auch dieses komische Herumgehühnere mit der Nachnominierung, dem “wirklichen” Launchtermin, usw) – sobald da was mit mächtigen Fädenziehern auftaucht, isses um die anderen Teilnehmer geschehen, insofern hätte man “hausgemacht.tv” schon zum Zeitpunkt der Nominierung den Award gleich in die Hand drücken können – gerade weil es der Publikumsaward war (und es liegt in der Natur der Sache, dass das Publikum für das im “Mainstream” bekannteste Produkt abstimmt).
Die Geschichte mit Sixtus: Auch hier würde es mich nicht verwundern, wenn er dort bewusst aus reiner Kumpanei nominiert worden wäre, wobei man hier ja nicht mal sagen kann, ob das dort eine bewusste oder eine unbewusste Entscheidung war.
Meine ganz persönliche Meinung? Wer sich über die Geschehnisse aufregt, ist m.E. zu idealistisch (auch wenn das eigentlich nichts Schlechtes ist). Der ganze Award ist institutionalisiertes Preisezuschubsen seit jeher – weder die Nominierungen noch die Gewinner überraschen mich im geringsten; würde ich mich mehr für den Award interessieren, hätte ich die Gewinner wohl voraussagen können. Hatte nicht Pro7 für “Schlag den Raab” und “Extreme Activity” den Grimme Fernsehpreis bekommen? Ich würde den Award zwar auch eher Raab als von der Lippe (rein vom Maßstab der Sendung her) geben, aber eigentlich ist beides nicht Grimme-würdig. Allein mit solchen Dingen hat sich der Grimme-Award in seiner Glaubwürdigkeit beschädigt.
Die “Pannen” selbst finde ich daher auch keiner besonderen Diskussion wert, einzig die etwas unprofessionelle Reaktion seitens Grimme auf die Pannen war unglücklich. Ich würde auch vieles dafür geben, mir die Analyse des ganzen von Klaus Kocks anzuhören, denn für mich sieht auch vieles nach schlechter PR aus.
Der Grund, warum ich das Aufregen über die ganze Sache idealistisch halte, ist die Tatsache, dass es schlichtweg irgendwann nicht mehr möglich ist, die von den Kritikern geforderte Unabhängigkeit zu bieten, weil über die eine oder andere Ecke jeder mit jedem irgendwie verbandelt ist, schonmal zu tun hatte, zusammengearbeitet hat, oderweissderKuckuck was. Wenn da nun jeder sofort nach “Mauschelei” kräht, bekäme man garnichts mehr auf die Beine, weil alles mögliche nicht mehr den hehren Ansprüchen genügen würde, die zwar allesamt eine löbliche Absicht verfolgen, aber zusehends realitätsfremd sind. Ist das ein typisch deutsches Problem? Mag sein, ich sehe das ganze nur mit einer gewissen Resignation, dass es hierzulande ab einer gewissen Öffentlichkeit nicht mehr so demokratisch, fair und transparent zugeht, wie es sich gemeinhin gewünscht wird und es im Umkehrschluss mit dieser Transparenz und Fairness niemals dieselbe Öffentlichkeit erreicht hätte.
Insofern würde ich die von Don oben skizzierte Reaktion von Grimme eher als “peinlich” empfinden, als die “drauf geschissen”-Variante, welche nun durchgezogen wurde. Und was die Aufklärung durch eine öffentliche Kommission mit Livestream und Co betrifft – das klingt für mich alles nach dem Märchen vom “guten Internet”, doch dafür ist es schon viel zu lange kommerziell durchsetzt. Es käme in etwa dem Aufruf gleich, dass die Lobbyisten im Bundestag ihre Gespräche und Einflussnahmen öffentlich per Webstream aufzeigen würden ;)