Das Exitproblem des Web2.0
Einer der Gründe, warum die New Economy 2000 scheiterte, war die KOnzentration auf ein einziges Revenue Modell: Werbung. Damals hatten Marktforscher blumig Steigerungsraten in diesem Geschäft von 200 und mehr Prozent pro Jahr versprochen. Als sich diese Erwartungen als falsch herausstellten – und viele Startups das Generieren von Einnahmen auf der Jagd nach Grösse ohnehin sträflich vernachlässigt hatten – kam es zum Crash. Schnell galt Werbung als zu unverlässiges Geschäftsmodell für junge, schnell wachsende Firmen. Die Probleme konnten nur kurzfristig überdeckt werden, indem es zu Anzeigentausch kam, aber um die Jahreswende 1999/2000 war klar, dass man sich mit falschen Zukunftshoffnungen verspekuliert hatte. Das führte zu Misstrauen gegenüber den börsennotierten New-Economy-Firmen, und dem Domino-Effekt, der bis September 2001 eine Wirtschaft auslöste, die manche Deppen aus Politik und Beratung als “Jobmaschine Internet” verkauft hatten.
Man hätte erwarten können, dass im aktuellen Hype rund um User Generated Content, Communities und “Andere arbeiten lassen” ein anderes Risikomanagement eingeführt worden wäre. Prinzipiell ist es nicht weiter schwer, sich schon beim Business Plan zu überlegen, welche anderen Optionen man auftun kann, Einnahmen zu erzielen. Nur: Werbung ist die einfachste Antwort, man sucht sich einen Werbevermarkter, der die Kunden bringt, man hat keinen Aufwand, kein Generve mit den Kunden und braucht auch kein Personal für Geschäftsentwicklung. Werbung ist als System eingeführt, kann sehr schnell Geld einbringen und steigt zusammen mit dem Wachstum der Firma an – bis sie dann an einen verkauft wird, der glaubt, etwas damit anfangen zu können.
Wir waren bis vor kurzem sogar an dem Punkt, an dem über neue Börsengänge gesprochen wurde. Der T-Shirt-Drucker Spreadshirt wurde von Seiten der Hypevertreter oft als Kandidat genannt, und auch der IPO eines Bloghosters war für 2007 angedacht. Das dürfte jetzt mit der Kreditkrise und stark gesunkenen Kursen vorbei sein. Bleibt also nur der bewährte Verkauf an ein Medienunternehmen, was in den letzten Monaten häufig zu beobachten war. Das dürfte in Zukunft schwerer werden, denn mit der Kreditkrise gibt es inzwischen auch eine fühlbare Krise bei der Werbung. Die Medienunternehmen mit ihren bekannten Produkten weniger, Startups mit ihrem neumodischen Zeug ungleich stärker trifft.
Ich wage eine Prognose: Wenn die aktuelle Krise am Geldmarkt weiter geht, werden Medienfirmen schnell alle unsicheren Investitionen streichen. Das Gründungsphänomen unter dem Begriff Web2.0 mit seinen mannigfaltigen Me-too-Projekten ist heute schon ausgereizt. Wer ausser Werbung keine Idee für das Geldverdienen hat, wird es schnell schwer haben: Unsichere Einnahmen, keine Exitoption jenseits der Insolvenz. Die nächsten Wochen werden spannend. Besonders für die, die gedacht haben, irgendwer würde schon kommen und die Firma kaufen.
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Korrigier micht, wenn ich falsch liege, aber gerade Spreadshirt sieht für mich wie eines der wenigen Web2.0-Unternehmen mit ordentlicher Geschäftsgrundlage aus. Zumal der Service von denen soweit ich das bis jetzt erlebt habe wirklich Top ist!
Außerdem fußt deren Geschäftsmodell nicht auf Werbung, sondern darauf, etwas zu verkaufen. Da ist viel Spielraum für neue Ideen und das Geld wird durch die Engverbraucher reingespült.
Einzig die vielen Nachahmer, die teilweise vielleicht besser Ideen haben und die Tatsache, dass sich dieses Konzept auch von großen Unternehmen, wie z.B. OTTO und co. ohne Probleme umsetzten ließe, könnten ein Problem werden.
Die neue Chefin hat in Interviews zum Besten gegeben, dass sie gerade an einem kritischem Punkt in Sachen Wachstum sind: Gross unter vielen kleinen Startups, aber klein in der Modeszene. Und wenn sie den Schritt nicht schaffen – sind sie halt nur ein weiterer T-Shirt-Bedrucker in einem übervollen Markt.
Allerdings geht es hier nicht um Spreadshirt, sie haben ja was anderes als Werbung.
Ich habe mich schon eine ganze Weile das Gleiche gefragt. Es ist gerade mal ein paar Jahre her als wir erlebten wie die Werbung komplett zusammengebrochen ist. Werbung ist meiner Einschätzung nach (und ich sage gleich dazu dass ich davon nicht die geringste Ahnung habe) ein Wirtschaftszweig der bei jeder Krise in der Wirtschaft die Probleme der Anderen zu spüren bekommt. Sollte eine Branche in Probleme laufen, dann wird doch wohl versucht zu sparen und da fällt mir Werbung als ein ziemlich wahrscheinlicher Kandidat ein.
Das zweite Problem ist mit dem Model wie es Google eingeführt hat, verbunden. Je mehr Werbeflächen es gibt, um so niedriger ist der Wert der Flächen bei nicht so häufig besuchten Sites, denn die Premium Sites bekommen ja wesentlich häufiger die Premium Werbung. Aber auch dürfte es doch ein Problem sein, dass bei zurückgehenden Marketingbudgets die Preise für Premium-Werbung zurückgehen, wenn ein Auktionsmodell wie bei Google verwendet wird.
Es gibt übrigens noch eine zweite Gefahr für Start Ups, sollte die Internetwerbung tatsächlich rückläufig sein. Dann wird Google bald schlechtere Zahlen melden müssen und dass dürfte den Börsenkurs ziemlich nach Unten befördern. Damit verlöhre Google aber einen Teil seiner Übernahmewährung (und YouTube würde auch noch billiger, würde mich wundern wenn die YouTube-Gründer die Aktien aus der Übernahme schon verkaufen könnten). Hinzu kommt dass plötzlich die (meiner Einschätzung nach wertlosen) Übernahmen, die zwar Kosten aber keine Gewinne einbringen, ziemlich schnell wie ein Mühlstein am Unternehmen hängen dürften. Das dürfte der ganzen Branche schwer zu kauen geben, wenn ich das richtig sehe hat erst der Börsengang von Google die DotComs wieder salonfähig gemacht.
Ich denke es wird noch sehr interessant.
Die Argumente sind nachvollziehbar. Manche Investments sind auch manchmal nicht zu erklären. Häufig ist aber doch insbesondere bei Medienunternehmen so, dass man gerade durch gezielte Beteiligungen an zielgruppen-affinen Plattformen die Abhängigkeit von den klassischen Erlösquellen (wie Vertrieb und Werbung) zu reduzieren versucht. Der Krise auf den Vertriebsmärkten soll durch die Aussicht auf Transaktions-Erlöse, Long Tail-Effekten und (im einfachsten Fall) Marken-Sicherung begegnet werden. Die eigenen Entwicklungs-Projekte der Medienunternehmen verfolgen auch ganz konsequent diese Strategie. Diese Investments sind bisher sauber aus eigenen Mitteln finanziert. Gute Geschäftsmodelle werden immer eine Chance haben. Einen Zusammenhang mit der augenblicklichen Situation auf den Finanzmärkten sehe ich nicht. Es sei denn, dass die Banken plötzlich auch Renditen jenseits der 10% bieten würden.
bei denjenigen startups, die gewisse kosten haben (personal, server, büromiete,..) reicht werbung als geschäftsmodell auf keinen fall.
sie haben nichts, aber auch gar nichts gelernt..
ich denke mal, wir werden sehen, wie ein portal nach dem anderen in den nächsten monaten den konkurs als zwangsweise exitstrategie nimmt.
habe ich nichts zu verkaufen außer werbefläche, darf ich nur geringste kosten haben. da ich in diesem fall nix anderes hab, mit dem ich geld verdienen kann, muss ich mich neben der contenterstellung – die natürlich auch mit dem aal-prinzip berwerkstelligt werden kann – ausschließlich darauf konzentrieren, den wirkungsgrad meiner werbefläche für die werbetreibenden zu optimieren.
wie geht das? nun, am besten geeignet für werbung ist eine reine informationsplattform (wie die gute alte zeitung). jegliche “störung” der werbewirksamkeit muss unterbunden werden. alles, was den user davon ablenkt, werbung zu konsumieren, gehört nicht auf die plattform, d.h. sämtliche interaktive spielereien, community-schnickschnack usw.
genau das sehen die klitschen-gründer aber nicht: das ach so tolle web2.0 ist für werbevermarktung denkbar ungeeignet. dort geht es um kommunikation untereinander, soziale kontakte, flirten, chatten, anerkennung, selbstdarstellung. aber dort existiert nicht das für werbetauglichkeit zwingend benötigte informationsbedürfnis der besucher, mit dem man eine kaufstimmung bewirken könnte.
daraus resultierend unterirdische klickraten, null aufmerksamkeit, kein fruchtbarer boden für werbung. einfach werbung draufklatschen is nich, zumindest die werbetreibenden, die sich nicht für dumm verkaufen lassen, wollen einen return.
das sehen die jungs nicht. und sie werden den bach runtergehen. solange sie nicht mit ihrer plattform einen so dermaßen überzeugenden nutzen bieten, dass ihre user dafür geld dafür bezahlen würden. das sehe ich bei den meisten nicht, denn dazu brauche ich eine kritische masse an nutzern und das nächste kostenlose angebot ist nur einen klick entfernt.
Das sieht natürlich bei den ganzen Shopping-Plattformen rund um das Thema “shopping 2.0” / “Social Commerce” etwas anders aus. Diese Portale bieten dem User ja theoretisch einen Mehrwert, indem sie ihn bei der Suche nach passenden Angeboten unterstützen.
Das Problem: Es gibt viel zu viele davon. Viele zu viele mit viel zu vielen identischen Ideen. Und alle setzten sie auf Shopping-Communities. Nur wo sollen eigentlich all die User für diese ganzen Plattformen herkommen? Mich würde ja echt mal interessieren, was Dealjäger und co. wirklich an Turnover liefern. Würde mich nicht wundern, wenn es da, jenseits des Hyps, ziemlich mager aussieht.
Ich gebe ja zu, dass ich am Anfang von diesen ganzen Lösungen sehr angetan war. Aber mittlerweile wird es echt langweilig.