Lobo, Passig, ZIA und warum das mit dem Profibloggen nichts wird
Seit November letzten Jahres versucht der Gräfe und Unzer Verlag, bekannt vor allem für seine Kochbücher, etwas erstaunliches: Aus den an und für sich gut laufenden Blogs einiger seiner bekannten Autoren eine modische Community zu formen, die eher schlecht bis miserabel läuft: Küchengoetter.de. Die zum Einstand gleich mal mit seltsamen AGB und Rechten an ihren Rezepten und denen der User auffielen.
Dabei hätte es auch ganz anders werden können. Denn was man so hört, soll G+U alles andere als knickrig sein, wenn es um das Füllen ihres Communityblogs durch dritte geht. Oder genauer, in diesem Fall, die sogenannten Gastautoren, die mit grossem Trara Anfang Januar angekündigt wurden. Nachdem der Werbevermarkter Sascha Lobo der Berliner, sagen wir mal Gruppe ZIA dort konzeptionell mitarbeitet, gelangte man wohl auch an die Autorin Katrin Passig, die für Küchengötter hübsche, wohlformulierte Texte schreiben sollte:
Kathrin Passig ist Geschäftsführerin der Zentralen Intelligenz Agentur, Tierforscherin in der Riesenmaschine, Trägerin von Preisen (von Ingeborg Bachmann bis Adolf Grimme), Bestsellerautorin – kein Wunder, dass sie nicht zum Kochen kommt. Darüber schreibt sie für uns
Aber – sie kommt nicht nur zum Kochen. Auch mit dem Schreiben hapert es wohl. Anders gesagt: Man hat in Berlin wohl eine etwas andere Arbeitsauffassung als beim Münchner Verlag, und die Initiatoren von Kuechengoetter, namentlich Sebastian Dickhaut, fanden das wohl nicht so arg doll. ich weiss es, weil Dickhaut seinem Ärger vor einem Monat öffentlich Luft gemacht hat:
In den Anfängen von Küchengötter.de saß Kathrin Passig einmal in München mit uns am Tisch. Das kam so, weil die Zentrale Intelligenz Agentur uns bei diesem Portal berät und sie dort die Geschäftsführerin ist. Die sie uns ebenso wenig gab (Sascha Lobo war auch da) wie die Grimme- oder Bachmann-Preisträgerin und was sonst in den Klappentexte ihrer Bestseller steht. Sie gab uns nicht mal die Peitsche, sondern strickte mit Freude an Ideen für unser Portal.
[…]
Kathrin Passig deutete aber an, dass sie mal langsam mit dem Kochen anfangen müsse. Und da schreibt sie dann einen Blog bei uns drüber, dachten wir, „Passigs Passivküche” oder so. Als wir das Wochen später auch aussprachen (natürlich nicht den Arbeitstitel), fand sie das gut und wir machten gleich Werbung damit.Seitdem warten wir. Sehen das Lexikon des Unwissens zum Bestseller werden. Spielen mit ihr bei Tough and Guy mit. Erhalten via Lobo positiv gestimmte Lebenszeichen und einmal eine persönliche Mail, in dem es um die Anschaffung des neuen Herdes geht, schon dieser Text ein kleine Perle, aus der wir aber nicht zitieren wollen – sie hat einen guten Agenten.
Irgendwann kam die Bitte, ihr doch mal den Zugang zu unsrem Blog frei zu schalten. Auweh, dachen wir, und wenn sie jetzt in der Nacht zum Valentinstag einen Text reinstellt? Wie sagt man einer Bachmann-Preisträgerin, dass wir sie wegen „Alles schmeckt so rosarot” erst mal wieder runter nehmen mussten? Das geht gar nicht für Fans wie uns und diese und wir beschlossen, Kathrin Passig ein eigenes Blog zu geben, eine Küchengötter-Wohnküche mit allem Pipapo. Womit wir ihr erstmal ein schönes Fallbeispiel für ihr neuestes Buch (mit Sascha Lobo) schenkten, in dem es darum geht, wie durch Abwarten und Nichtstun alles besser wird (weiß da jemand einen Link?).
Seitdem warten wir wieder. […] Und wenn Ihr was hört, könnt ihr es uns gerne schreiben. Und wenn Ihr Kathrin Passig seid, natürlich ganz besonders.
Passig antwortete darunter in einem wirklich lesenswerten Kommentar, dass sie anders bloggen wolle als G+U, der nachhaltig erklären dürfte, warum es so viele Vorbehalte gegen die Zusammenarbeit mit Bloggern seitens der Wirtschaft gibt: Offensichtlich kaum Zeit, sie wolle einen eigenen Zugang, und als der nicht kam, hat sie es wohl einfach bleiben lassen.
Seitdem wartet Gräfe und Unzer wieder. Einen ganzen Monat. Bis jetzt. Und gerade jetzt sitzt Sascha Lobo in Berlin auf der Re-Publica und erzählt, wie man mit Blogs Geld verdienen will. [Edit: Wie ich gerade sehe, ist Lobo nicht auf dem entsprechenden Podium zum Thema Geld verdienen. Tja.] [Edit2: Jetzt isser da.] Offensichtlich mit Verlagen, die ziemlich langmütig sind, wenn leistungen nicht erbracht werden.
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Lobo sitzt rechts etwas am Katzentisch.
Ziemlich zusammengestutzt. Subkultur, die auf dem Weg zur Kultur verhungert.
Ist Adical jetzt ein Unternehmen oder ein Kinderkrämerladen? Ich verstehe Sascha Lobo nicht.
Herzblut!
Und gerade mal die Fahrtkosten rausbekommen.
Sollen wir für Lobo sammeln gehen?
Patrick, das alte Problem: Kassieren wollen wie die grosse, tolle Firma, aber behandelt werden wollen wie der nette Lobo von nebenan.
Sie nennen es Professionalisierung.
Wer sind denn nun die Deppen? Der Lobo und die Passig, die offenbar kein Produkt haben, aber dieses Produkt in alle möglichen Richtungen verkaufen und davon ja wohl auch ganz gut leben können? Oder irgendwelche Verlagspenner, die ein Portal machen, obwohl sie keiner drum gebeten hat, und die glauben, sie müssten nur eine Irgendwasträgerin engagieren, damit es läuft.
Klingt eigentlich so, als wären die Berliner ganz schön smart. Sie nutzen die Verkommenheit des Verlagswesens geschickt für sich aus. Sie nennen das eben einfach Arbeit.
Ich möchte mich, höflich wie ich bin, natürlich bei diversen Leuten in Berlin bedanken für die Bestätigung, dass die Arbeit für die Blogkultur und gegen ihre kommerzielle Vereinnahmung, die im letzten Jahr andernorts und hier geleistet wurde, erfolgreich und effektiv war. Und die Gelegenheit nutzen, ihnen auch weiterhin kritische Begleitung ihres Tuns zuzusagen.
Wobei ich jetzt sagen muss, nach Konsum des Livestreams… so ganz unrecht hat der Herr Lobo nicht mit einigen seiner Argumente. Gerade was Affiliate-Marketing angeht. Was sich nämlich wirklich nicht für Blogs rechnet, wenn diese nicht reine Werbeartikel zu den Links schreiben. Da macht man dann nur kostenlos Werbung für die Produkte.
Auch wenn mir Robert B. sympathischer ist als der Irokesenträger, in der heutigen Runde hat gerade Robert (rhetorisch) eine recht schlechte Figur gemacht. Gut, von Herrn Trigami mal ganz abgesehen – auf das System hätte man noch mehr draufhauen können :)
nur meine 0,02 Euro.
War gerade live dabei, aber da ohnehin jeder den live-stream sehen kann, lohnt es kaum drüber zu bloggen. So spannend war es dann doch nicht.
Hab auch eben in den Stream geschaut und wohl das gleiche gesehen. Nur war meine Wahrnehmung eine andere. Dort die These:
* Affiliate bringt nix
* stattdessen TKP nehmen
* und die teuerer als die etablierte Konkurrenz verkaufen, sonst kann man nicht überleben.
* Warum aber teurer, das kann man eigentlich nicht genau begründen
* da muss man sich wohl oder übel auf seine persönliche (Lobo)-Überzeugungskraft verlassen.
Also mal ehrlich. Das sollen gute Argumente sein? Ist eher die Begründung dafür, dass man mit Bloggen eben kein Geld verdienen kann. Es sei denn, man wird für ein Kochblog-Projekt gefragt, weil man den Grimme-Preis hat, auch wenn man gar nicht bloggen kann (s. Passig). Fällt wohl bei Sa.Lo unter “persönliche Überzeugungskraft”. Aber ob da die ganzen gebannt zuhörenden Teilnehmer einen praktischen Nutzen von haben?
Werbung in Blogs rechnet sich allgemein nicht. Entweder rechnet es sich nicht für den Blogger oder es rechnet sich nicht für den Advertiser, weil dieser Geld bezahlt hat, ohne eine verbindliche Aussage über die Rechweite oder einen meßbaren Erfolg zu haben.
Sorry, Schreibfehler: sollte für Passig heißen:
… auch wenn man gar nicht kochen kann …
Was den praktischen Nutzen anbelangt war Robert näher dran: Ar… hoch und Klinkenputzen.
Ich kann nur was verkaufen, worin der Käufer einen Vorteil sieht. Für die üblichen “Bauchnabel-Setzkastenblogs” interessiert sich kein Werbekunde. Und für gute Fachblogs braucht es entsprechende Autoren, die für 300 Euro Sponsoreneinnahmen nicht auf Klingeltour gehen.
Das ist ein bißchen neif … von Beteiligten/Kommentierenden/Schreibenden.
Da Passig eine überzeugte Nichtkocherin(?) ist, hat man sich mit ihr wohl den Bachm… einen *Namen* eingekauft. Soweit so gut. Wenn das dann nicht wie erwartet funktioniert, dann klärt man das intern, ggfs. nach Einsicht in die Verträge.
Wer kommt denn auf die Idee, eine Literatin öffentlich(!) anzu…, weil sie nicht in einem Küchenblog schreibt ? Nix gg. Irokesen-Bashing aber das ist wohl reichlich albern. Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie der, sagen wir mal Büroleiter einer Zeitung, eines Magazins einen “sauren” BlogArtikel schreibt, weil Vargas Llosa einfach nicht auf seine Mail reagiert. ;-)
P.S. Ich habe vor, auf meinem Blog einen längeren MAHNENDEN Artikel zu schreiben, daß Gerhard Richter kein Interesse daran hat, eine kleine Karikatur auf mein Blog zu stellen. Da wird der voll betroffen sein !
Die Küchengöttergeschichte ist aber schon wieder fast clever… Hat was von “warten auf Godot” ähm, nein Passig.
Davon abgesehen – welche neuen Erkenntnisse erwarte ich von jemandem, der über das Kochen schreibt aber keine Küche hat???
Passivkochen. Ist das jetzt auch schon gesundheitsschädlich? *gnihihi*
So so, Frau Passig, die Frau ohne Privatsphäre: http://blog.hogenkamp.com/2007/01/30/datenschutz-vs-convenience-fuer-viele-keine-frage/
Fragt man bei ihr nach, ist ihr die Privatsphäre dann doch wieder sehr wichtig.
Ich habe durch Frau Passig gelernt, dass all diese Preise null Wert haben.
Also. wenn man sich mit PR schon abspricht, sollte sie auch schreiben, egal wie sie sich sonst zieren möchte. Sowas macht einen schlechten Eindruck bei Folgekunden.
[…] Lobo, Passig, ZIA und warum das mit dem Profibloggen nichts wird […]
ups.
hier schlägt der neid aber schon ganz schön durch. warum bekommt “diese passig” den bachmann preis, und nicht ich?
– vielleicht weil sie wesentlich besser schreibt?
und nicht mal “ein bisschen” sondern sehr, sehr viel besser.
naja, naja, vielleicht sollte man die kirche auch mal im dorf lassen, schließlich sprechen die oben genannten blogger (lobo, passing etc) nur für sich und nicht für alle blogger, sie sind sich auf jeden fall nicht zu schade neue sachen auszuprobieren auch wenn diese unter umständen nicht jedermanns zustimmung finden, sollten mal funktionierende finanzierungsmodelle gefunden werden profitieren aber alle blogger
@Keiner #21:
schließlich sprechen die oben genannten blogger (lobo, passing etc) nur für sich und nicht für alle blogger,
Genau danach hört es sich aber an, wenn auf der Adical-Seite sinngemäß steht: “Sie wollen mit Blogs was machen – dann müssen Sie mit uns reden”. Und die Sprüche von wegen Professionalisierung, die Sascha Lobo voriges Jahr losließ, die klangen z.T. schon sehr nach Alleinvertretungsanspruch.
Im Übrigen vermute ich mal, dass der gewöhnliche Wald- und Wiesenblogger wie zum Beispiel meiner einer nichts davon haben wird, sollten funktionierende Finanzierungsmodelle für Blogs gefunden werden.
Und wohlverstanden: Ich stehe auch nicht an, irgendwelche Ansprüche in diese Richtung anzumelden. Wer da bloggenderweise seinen Reibach machen will, solls probieren, aber bitte schön nicht so tun, als verkörpere er die Speerspitze oder die Bloggerei schlechthin. Ich behaupte mal, für 80 bis 90 Prozent der Blogger stellt sich die Refinanzierungsfrage für ihr Hobby einfach nicht.
Da schießt mir doch glatt eine Idee durch mein greises Häuptlein: Wie wäre es denn, wenn wir anderen k-x-Blogger einen Disclaimer bei uns veröffentlichen, mit entsprechender Verlinkung auf den Passus und kundtun, dass wir uns von ihm und seinen Mannen NICHT vertreten sehen?
Das wäre doch mal web2.0 in Reinkultur. ;)
Ich fürchte, das wäre zu viel der Ehre. Ab und an eine klare Ansage an diese Leute scheint da der effektive Weg zu sein, um ihnen den Platz zuzuweisen, den sie sich redlich verdienen.
Don, nun mal wieder ohne Geflachse wie in #23:
meinst du wirklich, dass die “Ansage” auch bei denen ankommt, die von dem Werbehype mitverdienen wollen, also diese Linkverkäufer usw? Das bezweifel ich gewaltig, denn, wenn jemand meint, Pinunzen am Horizont seines/ ihres Blogs zu erkennen, dann wird ganz schnell dahin gelaufen.
Für mich ist dies ein weiteres Beispiel für AAL – während einige sich abrackern und versuchen, halbwegs mehr oder weniger hochqualifizierte Artikel zu verfassen, verdienen die Link”verkäufer” den größten Batzen – und was haben sie dafür getan? Ich würde mal sagen: rein gar nix!
Andere arbeiten lassen! So läuft das….
Ich find auch: Eure Meinungen hier “total qualifiziert”! Habt Ihr euch vielleicht schonmal gefragt, warum die das selber nicht gemacht haben. Es ist doch kein Geheimnis, dass konkrete Versuche seit Jahren mit immer der gleichen perfiden Begründung zum jahreszeitlichen Teufel gejagt werden! In diesem Sinne: Nehmt euch mal schön selbst nicht zu ernst! Wer insgeheim darauf hofft, adäquat behandelt zu werden sollte selbst mit gutem Beispiel voran gehen und an diesem Punkt sagen: “Nö”