Entlokalisierung mit Blogs (Twitterrant inside).
Es gibt einige Blogger, die mit Diensten wie Places, heute gern auch mit Twitter, hziemlich viele Menschen wissen lassen, wo sie gerade sind, und wohin sie sich begeben. Theoratisch lassen sie es damit jeden wissen, der ĂŒber einen Internetanschluss verfĂŒgt. Und wenn ich dann die penibel dokumentierten TagesablĂ€ufe lese, die eigentlich niemanden etwas angehen, bin ich versucht zu fragen, ob die nicht alle den A ob die angesichts des angeblichen sozialen Sogs nicht mehr zum Nachdemken kommen ĂŒber das, was sie da eigentlich tun.
Ich frage mich das, weil ich vor ein paar Jahren bei einer Studie involviert war, die eine mobile Softare testen sollte, die Twitter – und hier besonders auch die kontinuierliche Lokalisierung der Freunde – vorausgeplant hat. Das Projekt wurde von einem kleinen Startup, einem Mobilfunkkonzern und einer grossen Agentur umgesetzt, und brachte fĂŒr die kommerzielle Nutzung eher enttĂ€uschende Resultate zutage. Die teilnehmer, jung, netzaffin, gebildet, Traumzielgruppe, hatten Angst vor derartigen Lokalisierungs- und TĂ€tigkeitsfunktionen, und etwas, das ich als gesundes Bewusstsein fĂŒr PrivatsphĂ€re bezeichnen wĂŒrde.
Hatten wir damals nur die “falsche” Zielgruppe? Hat sich da etwas in den letzten fĂŒnf Jahren dramatisch verĂ€ndert, oder liegt das vor allem daran, dass viele Nutzer solcher Dienste ohnehin durch Blogs, StudiVZ etc. kaum mehr Hemmungen haben, alles möglichst vielen möglichst oft mitzuteilen? Bei Twitter kommt noch eine gewisse “publish or perish”-haltung dazu; nur wer dauernd mitquasselt und alle möglichen Leute “updatet”, wird im Strom der Nichtigkeiten wahrgenommen.
Ich stelle mir diese Frage besonders nach dieser Woche, in der ich mich auf meinem Blog, was meinen Aufenthalt angeht, ziemlich durchgelogen habe. Ich war ĂŒberall, wo ich gewesen zu sein behaupte, aber das Blog bildet ĂŒber weite Strecken nicht den realen Ablauf ab. Ich mache inzwischen Bilder mit der Idee, sie irgendwann zu bringen, um meinen Aufenthalt woanders zu vertuschen, ich konstruiere einen Lebenslauf, weil ich den Eindruck habe, dass meine RealitĂ€t all die Unbekannten im Internet nichts angeht. Manche Orte lasse ich aus, manche Tage werden Tage spĂ€ter nachgereicht. WĂŒrde man als Einbrecher mein Blog als Ortsbestimmung benutzen, hĂ€tte man gute Chance, in der scheinbar leeren Wohnung meine historische Stichwaffensammlung anders einzustecken, als es aus rĂ€uberischer Sicht angenehm wĂ€re. Manchmal kommentiere ich von unterwgs, um eine Anwesenheit daheim vorzutĂ€uschen, manchmal ignoriere ich Debatten, um zeitliche FreirĂ€ume zu schaffen. Manchmal schreibe ich einen Beitrag und poste ihn Tage spĂ€ter.
Weil es da draussen keinen was angeht, was ich wirklich tue. Weil ich absolut nicht einsehe, was mein reales Leben irgendjemanden, und seien es die besten Kommentatoren, angehen sollte. Das Blog ist ein Mittel zur Entlokalisierung, es erlaubt Reisen, wenn ich auf der Dachterasse bin, und bleibt daheim, wenn ich zu einer Auktion fahre. Es ist kein Seelenstrip, sondern eine Schutzschicht, ein Panzer, den ich niemals ablegen wĂŒrde, angesichts all der Idioten, die sich im Netz rumtreiben. Gegen SchĂ€uble sein und gleichzeitig 20 mal am Tag festhalten, was man gerade so tut, passt nicht zusammen. Es mag konservativ klingen, aber schon Blogs können einen wĂ€hrend des Lernprozesses im Umgang mit der Internetöffentlichkeit ins Schleudern bringen. Ich will nicht ausschliessen, dass man sich Ă€hnliche Kompetenzen auch bei anderen Diensten aneignen kann. Jeder muss die Grenzen fĂŒr sich selbst definieren, aber ich fĂŒrchte, dass es beim dummen Gequassel der gelangweilten ZeittotschlĂ€ger erheblich schwieriger ist, als in der komplexen Konstruktion einer Persönlichkeitskonstruktion im Blog.
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Jeder der etwas ins Netz stellt hat einfach eine bestimmte exhibitionistische Ader und eine Sache ist der klare bedeutende Unterschied im Preisgeben von persönlichen Informationen im Web: Die Freiwilligkeit. Wenn ich will, kann jeder wissen, wo ich wann mit wem wie unterwegs war, was ich gemacht habe und wie schön oder unschön es war, aber wenn andere mir hinterher spionieren oder noch schlimmer: selbst Informationen ĂŒber mich heraus finden wollen, die ich so nicht preisgegeben habe, dann will ich das nicht. So schmal aber wichtig ist dieser Grat.
Was gibt denn jemand preis, der seinen Abend am Rechner damit beschlieĂt, darauf hinzuweisen, das er jetzt mit dem Hund geht und der in die Kneipe will. Welche Kneipe gemeint ist, wissen nur die, die ich da auch sehen möchte, wenn sie Lust haben und in der Stadt sind.
Ja. Ich habe heute daraufhingewiesen, das ich Buddelkistendienst habe und da auch eine nette Autorin mit ihren Kindern getroffen.
Völlig normale soziale Interaktion. Neugierde auf Leute die man persönlich nicht kennt.
Aber mein Tagesablauf ist doch nicht ablesbar aus meiner Twitterei. Wie immer gibt jeder nur das bekannt, was die anderen wissen sollen. Frau verhauen steht da nicht. Betrunken gewesen auch nicht. Geld gestohlen habe ich noch nie gelesen.
Auch bei Twitter wird eine Rolle gespielt, aber eben nicht nur. Es gibt Links. Ich sende sehr viele aus, daraus kann man erkennen was ich lese. Na und. Ich will ja das mir andere gedanklich folgen und wenn möglich zu Àhnlichen Ergebnissen kommen.
Ich arbeite immer mit meinem Klarnamen. Aber du kannst unter Olav von Pustekuchen twittern. Anonym. Es ist keine Community. Es sind viele Communitys deren Zusammensetzung du selber bestimmen kannst. Ich wÀre nie in Facebook oder Xing, geschweige denn in den Holtzbrink-Schuppen. Aber hier bestimme ich wer mir folgen darf und wem ich folge, ich generiere meinen Schwarm und das wird sich durchsetzen.
Gab es eigentlich schon den ersten Einbruch, nachdem via Twitter zu erfahren war, dass das Opfer nicht zuhause ist?
Bei FuĂballern wird ja auch immer eingebrochen, wenn sie ein AuswĂ€rtsspiel haben.
Ich frage mich ja immer, besonders in diesem Fall, wie Du einen Unterschied zwischen Twitter und Blogs konstruieren willst.
Du schreibst also selten die Wahrheit bei Deinen Aufenthaltsorten?
1. Glaubst Du, dass das alle (oder auch nur viele) Blogger genau so machen?
2. Wie kommst Du auf die Idee, dass Du das bei Twitter nicht ganz genau so tun könntest?
Hey, Twitter ist nur ein Medium. Da gibt es keinen, keinen noch so kleinen Unterschied zu Blogs. Was Du daraus machst, was du da reinschreibst, was nicht, das ist ganz alleine Deine Entscheidung. (Mit dem Unterschied, dass Du bei Twitter Deine Nachrichten relativ bequem privat halten kannst, wenn Du das möchtest.)
Der Unterschied von twitter zu blogs ist abhĂ€ngig von der Art des blogs. Bei einem blog mit privaten Erlebnissen, das von 30-50 Freunden, Verwandten und Bekannten gelesen wird, ist der Unterschied kleiner, als bei einem blog, das eher die “Publikation” als Ziel hat.
Blogs können vieles sein, twitter dagegen ist eine sehr persönliche Kommunikation. Egal welche theoretischen Nutzungsideen sich die “twitter-Apologeten” so einfallen lassen.
Wenn wir bei dem persönlichen Austausch von privaten Erlebnissen bleiben – ob blogs oder twitter (wobei twitter eine neue QualitĂ€t ist), dann gibt es einen guten Grund, die Wahrheit nicht zu sehr zu strapazieren: Die soziale Kontrolle. Twitter ist doch doch nicht das einzige Medium, mit dem man mit den “Follower” kommuniziert. Nach meinen Beobachtungen sind das Kommunikationsjunkies. E-Mail, Blogs, twitter, IM, Skype, XING, reallife (bsp. Barcamps) usw. Netzwerke und Ansehen bei der peer-Group bauen auf Vertrauen – und Kommunikation sowieso.
Blogger mĂŒssen sich nicht outen. Ich kenne kaum einen Leser, nicht mal meinen Gastautor, und niemand mit dem ich sonst Kontakt habem ob beruflich oder privat kennt mein blog. Alles möglich, jedoch bei tweitter nicht. Twitter macht nur Sinn, wenn sich die followers mehr oder weniger kennen.
Wenn man sieht, dass vor 2-3 Jahren die Anbieterkennzeichnung (Impressum) in den blogs noch als Teufelszeug gebranntmarkt worden ist, dann ist die Entwicklung schon bemerkenswert. Auch ohne harte gesetzliche Pflicht zum Impressum ist AnonymitĂ€t zum Schmuddelkind geworden. Wer anonym bloggt – wie ich – sieht sich allerlei VorwĂŒrfen gegenĂŒber.
Es hat sich was geĂ€ndert, nicht nur in blogs oder mit twitter. XING-Profile werden immer öfter “Ăffentlich” gestellt, bei der Fotofrage bei barcamps oder anderen Treffen gibt es keine Diskussion mehr, usw. Vielleicht kommt der relative Erfolg von twitter auch daher, dass es zum richtigen Zeitpunkt kam. Weil im Internet die Schwelle, sein Leben auszubreiten, kontinuierlich gesunken ist.
MSPro, ich werde das hier sicher nicht verlinken, aber ich kenne einige FĂ€lle, in denen Dinge verbrabbelt wĂ€ren, die die gleichen Leute nie verbloggen wĂŒrden, ganz so, als hĂ€tten die betreffenden Personen vieles vergessen, was sie beim Bloggen gelernt haben. Das Thema Literarisierung und “von einem weg schreiben” war in der Vergangenheit ein ziemlich wichtiges Thema, zumindest in meinem Umkreis, und ich habe nicht den Eindruck, dass es so geblieben ist. Insofern wollte ich einfach mal abstrakt darauf hinweisen, ohne hier ein Dutzend Links zu weniger klugen Mitteilungen zu setzen.
Schaffen sich die Leute durch twittern und bloggen ihre eigene Paranoia-Grundlage?
Das wird die Psychologen aber freuen; neue TĂ€tigkeitsfelder werden ersichtlich.
Bei mir sind viele Themen im Blog tabu. FĂŒrs twittern wĂŒrde mir die Zeit fehlen.
Eine nette Anekdote muss nicht sofort erzÀhlt werden. Ich bin kein Nachrichtenmagazin. ein schönes Bild kann auch eine Woche spÀter auftauchen.
In diesem Zusammenhang möchte ich jetzt mal ein Zitat loswerden, welches mir bei diesem Thema – PrivatsphĂ€re im Internet, egal ob Blog, Twitter, StudiVZ & Co – einfach nicht aus dem Kopf gehen will:
Von dem Moment an, wo jemand unserem Tun zuschaut, passen wir uns wohl oder ĂŒbel den Augen an, die uns beobachten, und alles, was wir tun, wird unwahr. Ein Publikum zu haben, an ein Publikum zu denken, heiĂt, in der LĂŒge zu leben. Sabina verachtet die Literatur, in der ein Autor alle IntimitĂ€ten ĂŒber sich und seine Freunde verrĂ€t. Wer seine IntimitĂ€t verliert, der hat alles verloren, denkt Sabina. Und wer freiwillig darauf verzichtet, der ist ein Monstrum.
– Milan Kundera, Die unertrĂ€gliche Leichtigkeit des Seins
Ich werde nie verstehen, wie man (freiwillig!) so viel von sich preisgeben kann. Und ich denke, man kann es als relativ gesichert annehmen, dass die andere Seite, die Monstren, ebenso wenig verstehen werden, was fĂŒr mich das Problem dabei ist.
@Christinsche: wunderbares Zitat. Dem gibt es von meiner Warte aus nicht mehr viel hinzuzufĂŒgen.
Twittern hat etwas von “Meine Frau, mein Auto, mein Haus”. Nur, dass es hier um die komplette Lebens- und die Gedankenwelt des Twitterers geht.
Das witzige ist doch, dass die Leute, die jeden Gedankenschnipsel veröffentlichen, genau wissen, dass sie es tun. Twitter ist ein Tool zur Selbstdarstellung. Nichts weiter. Und ich finde es groĂartig, wofĂŒr Twitter alles gut sein soll. Im Endeffekt ist es ein Social Network, das eine groĂe Dynamik besitzt und wahnsinnig viel Zeit beansprucht, wenn man es “ernsthaft” betreiben will und hipp oder sonstwie rĂŒberkommen möchte.
[…] Gegen SchĂ€uble sein und gleichzeitig 20 mal am Tag festhalten, was man gerade so tut, passt nicht zusammen. « […]
Ich finde das anonyme Kommentieren schon diffizil genug: Entfernt man sich zu sehr von der realen Person, die man ist, lĂ€uft man Gefahr, unglaubwĂŒrdig oder klischeehaft rĂŒberzukommen. Man kann sich auch gegen persönliche Attacken anderer Kommentatoren schlecht wehren und muss gelegentlich unfaire Unterstellungen ĂŒber die eigene Person hinnehmen, weil man das Gegenteil nicht beweisen kann.
Auf der anderen Seite gibt es viele sehr gute GrĂŒnde, die private und die Online-Existenz streng zu trennen – auch dann, wenn man keineswegs die Absicht hat, sich in Kommentaren in irgendeiner Weise daneben zu benehmen.
Wer ohne irgend einen tieferen Grund sein gesamtes Privatleben in Twitter ausbreitet oder – die konservativere Variante – sein gesamtes Familien-Photoalbum öffentlich verfĂŒgbar online stellt, der hat sich mit diesen Fragen aber wahrscheinlich noch so gut wie gar nicht beschĂ€ftigt.
Ich habe mir mal die Frage gestellt, warum es Leser interessieren sollte, was ich esse, welche meine LieblingsgetrÀnkemarke sei und wie oft ich onaniere.
Ich bin zu dem SchluĂ gekommen, daĂ es sie nicht interessiert, da sie mich nicht kennen. Und die, die mich kennen, sollen es wissen oder auch nicht – Privatangelegenheit zwischen Freunden. Twitter ist m.E. ĂŒberflĂŒssiges Schwafelzeugs, aber unter Freunden mag es ein Ersatz fĂŒr SMS sein. Nur frage ich mich da, warum dann getwittertes veröffentlicht wird. Wenn ich dann auch noch den Eindruck bekomme, daĂ das Getwittere eines Bloggers sich kaum von seinen BlogbeitrĂ€gen unterscheidet, dann sage ich mir, nein danke.
Zur PrivatsphĂ€re noch so viel: vielen leuten (besonders den Selbstdarstellern) scheint es wichtiger zu sein, um jeden preis im GesprĂ€ch zu bleiben und nicht vergessen zu werden und irgendwann ausgeschlossen zu sein, als ihre PrivatsphĂ€re. Vielleicht haben sie vor lauter Ăffentlichem Dasein gar kein Privatleben mehr? Dann wĂ€re das ja sogar verstĂ€ndlich. Dann wĂŒrde ich diese Leute halt psychologisch bedauern, ein Leben so ganz ohne Privatleben klingt mir nicht sehr verlockend. Andererseits, sollten sie noch eines haben, das sie dann dauernd publik machen, scheinen sie unbedingt ihr Privatleben endgĂŒltig abschaffen zu wollen. Warum nur? Weils so langweilig ist? So oberflĂ€chlich? So nichtssagend? So unwichtig? dann gibts in der Tat nicht viel zu schĂŒtzen. Nur, warum sollte ich dann als Leser daran Interesse bekunden, um wieder zu meinem Eingangsgedanken zurĂŒckzukommen? Wie man es dreht und wendet. Twitter als Publikationswerkzeug ist vollkommen ĂŒberflĂŒssig in der Weise, wie es heutzutage genutzt wird.
ot: wie kommts eigentlich, dass die blogbar das gleiche icon hat wie http://www.scienceagogo.com/ ? doch nicht etwa geklaut?
@Stanislav: Nein, das ist das Favicon des Confixx. Also standardmĂ€Ăig bei Servern mit COnfixx OberflĂ€che und bei Websites, die kein eigenes Favicon angelegt haben. :-)
@Don: Kannst du gerne löschen wegen Off-Topic, wollte nur die Info geben warum mit Icon und so …
Ich denke viele denken beim Twittern wie so oft nicht weiter darĂŒber nach oder verdrĂ€ngen, dass jemand dem man die Informationen eigentlich nicht geben möchte, sich die auch einfach holen kann.
Bzw. ist man ja anonym – dass man aus ein paar Nachrichten und mit Hilfe von Google oft aus einzelnen anonymen Fragmenten die IdentitĂ€t der Person herausfinden kann, wenn man nur etwas Zeit investiert, das wird gern verdrĂ€ngt. Geht mir selbst so, nicht bei Twitter, aber zum Beispiel bei Instant Messengern. Ich sehe in Twitter ja auch nur eine browserbasierte Standardschnittstelle fĂŒr ICQ/MSN/… Away-Messages. Zum Teil findet man ĂŒber die ja auch den Tagesablauf heraus, nur muss man da je nach Software immer mal wieder von Hand nach der aktuellen Nachricht anfragen.
Das Problem, ist ja wie auch bei StudiVZ u.Ă€., dass man einerseits mit seinen Bekannten kommunizieren will und fĂŒr diesen erkennbar sein mag und andererseits auch neue Kontakte knĂŒpfen bzw. öffentlich kommunizieren will. Sobald sich das vermischt, gibt man zwangsweise PrivatsphĂ€re auf. Das sauber zu trennen, ist umstĂ€ndlich. Man brĂ€uchte eine zweite IdentitĂ€t, zwei Accounts bei diesen Diensten, und das wird dann einfach unhandlich, denn dann muss man sich stĂ€ndig manuell aus- und wieder einloggen. Kaum eine Softwarelösung/browserbasierte Plattform unterstĂŒtzt so weit mir bekannt DoppelidentitĂ€ten (sinnvoll). Und die Einteilung in Freunde und nicht-Freunde in Social Networks ist zwar eine akzeptable Lösung in der Theorie, aber aus meiner Sicht fĂŒr den Nutzer schwieriger zu handhaben als 2 IdentitĂ€ten. Zudem wird dieses Modell in der RealitĂ€t durch Freundesammelorgien ad absurdum gefĂŒhrt.
Nun, mit den einst vielgehypten Location Based Services tut sich ja immer noch nicht viel, wohingegen die Leute ihren vermeintlichen oder tatsÀchlichen Freunden und Bekannten alle naslang twittern, wo sie sich gerade aufhalten und was die gerade so treiben.
Mag eins so blöd sein wie das andere, die meisten werden aber immer noch einen erheblichen Unterschied darin sehen, ob sie von einem Diensteanbieter permanent geortet und mit örtlichen Angeboten zugeballert werden wollen oder ob sie ein paar Netzbekanntschaften regelmĂ€Ăig 140-Zeichen-Schnipsel aus ihrem Alltag erzĂ€hlen.
Kann gut sein, dass der Charme von Twitter schnell verfliegt, sobald jemand anfÀngt, ein klar erkennbares GeschÀftsmodell damit zu verfolgen.
Bis vor einem halben Jahr hÀtte ich das Verschleiern und Verdrehen von Ort und Zeit auf dem eigenen Blog wahrscheinlich noch belÀchelt und dich, lieber Don, als ein wenig paranoid abgestempelt.
Mittlerweile bin ich aber schlauer. Dabei war es bei mir keine gierige Datenkrake und auch keine Persönlichkeitsprofilsammelklitsche. Eine einzige in ihrer Eitelkeit gekrĂ€nkte Person reicht schon aus um aus meinen BlogbeitrĂ€gen samt Datums-/Uhrzeitangaben von Kommentaren auf anderen Blogs, Bildern und Kommentaren auf diversen PinnwĂ€nden meiner Freunde auf StudiVZ (ich selber habe kein Profil dort) ein Bewegungsprofil zu erstellen. So wird der geplante Kinobesuch mit Freunden, der beilĂ€ufig an eine Pinnwand geklatscht wird, zu einem schönen AufhĂ€nger fĂŒr einen verstalkten Abend. Und das beste: Bei fremden Profilen kann man nicht einmal etwas fĂŒr mehr PrivatsphĂ€re tun. Denn wenn man darum bittet, dass man dort nicht erwĂ€hnt wird, wird man sehr schnell belĂ€chelt und als paranoid abgestempelt.
[…] Vorgestern warnte Don Alphonso vor 10 Dingen, die Twitter-User vermeiden sollten.Don Alphonso warnte vor einem zu naiven Umgang mit Twitter. Man solle sich immer der Gefahr bewusst sein, zuviel von seinen aktuellen Aktivitäten und Aufenthaltsorten preiszugeben. […]
Big Brother is watching you! Warum sollte es im Internet anders zugehen als auĂerhalb davon? Mich wundert ein wenig das naive Denken jener, die im Internet eine riesige Schleifspur hinterlassen und sich dann wundern, dass es Leute gibt, die diese aufnehmen, wenn es sie interessiert und man also verfolgt wird. Plötzlich ist man damit beschĂ€ftigt seine Spuren zu verschleiern. Welch’ eine Energieverschwendung beim Verschleiern, Verzögern, in die Irre fĂŒhren.
Wer nicht gefunden werden will, sollte sich zunĂ€chst mal abklemmen und Rosen zĂŒchten gehen. Gefunden wird mit dieser komplexen Technik, die uns umgibt, doch nun wirklich jeder. Es genĂŒgt ja offenbar schon, sich aus diversen Social Communities wie SchĂŒler- oder StudiVZ, Xing etc. zu verabschieden. Wie sozial es da zugeht, wird ja nun immer deutlicher, und Stalking scheint noch die geringste Gefahr zu sein. Man sollte sich auch klar darĂŒber sein, dass Google Daten verarbeitet. Jeder, der ein Handy hat, kann lokalisiert werden. Er wird es ja nicht haben, um es stĂ€ndig ausgeschaltet zu lassen.
Und ansonsten gilt, was unter 1. schon steht: Alles basiert auf Freiwilligkeit und dem Wissen, dass vieles recherchierbar wird, je mehr verbreitet wird. Twittern hin oder her, bloggen hin oder her.
@cujau: NatĂŒrlich ist jeder mit den geeigneten Mitteln auch noch in seinem Garten ausspionierbar. Der Unterschied ist aber die Leichtigkeit die mit zentraler und teils fĂŒr quasi jeden einsehbarer Datenspeicherung einhergeht. Vielen ist gar nicht bewusst, dass das Internet eine Art weltweite Annoncenzeitschrift (ok ein ganzes Kiosk voll davon) ist.
Mit etwas Umsicht wiederum kann man es dem little brother (siehe ‘heute mal anonym’ u.Ă€.) schon vermiesen. Dass man andererseits letztlich gegen staatliche Ăberwachung als einzelner keine Chance hat ist klar, die sollte aber auch durch Gesetze im Zaum gehalten werden.
Twitter wiederum legt mit seinem Kommunikationsmodell aber eben gerade den von Don angesprochenen Tagesablaufbericht – öffentlichen Kaffeeklatsch – nahe. Man kann es natĂŒrlich auch anderweitig missbrauchen, keine Frage. Und man kann sich theoretisch auch anonymisiert zum Kaffeekranz treffen. Das dĂŒrfte allerdings dabei wesentlich schwerer fallen als bei einem Blog, da die einzelnen BeitrĂ€ge mal eben schnell nebenbei rausgehauen werden.
entlokalisierung: gilt das nicht fĂŒr alle kommunikationsformen jenseits des direkten persönlichen gesprĂ€chs von angesicht zu angesicht? insofern ist das doch kein blog-spezifikum
GrundsÀtzlich hat der Don ja recht, weswegen ich wohl bei mir auch bald plazes.com mal vom Blog entfernen werde. Wobei ich da die letzte OrtsÀnderung vor einer dreistelligen Anzahl von Tagen vorgenommen habe.
Nichtsdestotrotz kann man sowohl in Blogs als auch bei Twitter schon eine Anwesenheit vortĂ€uschen bzw. eine nicht-Anwesenheit kaschieren und damit die BefĂŒrchtungen, dass alles öffentlich wird zerstreuen.
Beispiel: Ich war letztes Jahr drei Wochen dienstlich unterwegs und habe dennoch in der Zeit gebloggt, teilweise tagesaktuell, teilweise vorgeschrieben und im Nachhinein habe ich auch die nicht so dienstlichen Aspekte der Dienstreise gebloggt – im Nachhinein. Man kann das also schon ein wenig steuern – man muss halt nur drauf achten.
Ăhnlich ist es bei twitter – wobei ich da zugeben muss, dass dort die SensibilitĂ€t wohl etwas geringer ist.
Jens: Wie jetzt, Don ist gar nicht vom 15. bis 18. Mai auf der Mille Miglia? Verdammt, ich hatte mir so ein schönes PrÀsent ausgedacht ,(
Ich hab mit Twitter mal kurz angesehen und schnell vergessen. Total langweilig das Ganze! Hab die Aufregung darum ĂŒberhaupt nicht verstanden. Was soll das Gequassel? Wen interessier wann wildfremde Menschen, die man allenfalls aus deren Blogs kennt, duschen, essen, sich anziehen, aufstehn und ins Bett gehen?
Ich will, sofern sie interessantes und vernĂŒnftiges schreiben, deren BlogeintrĂ€ge lesen und vielleicht auch mit ihnen darĂŒber online diskutieren, aber das reicht mir dann auch schon. Sonst bin ich dann doch mehr fĂŒr persönlichen Kontakt!
Sicher sind die Leute vielleicht durch die sozialen Netzwerke enthemmt worden, oft spielt wohl ein ziemlicher Hang zur Selbstdarstellung und Selbstgeltung oder einfach nur der Drang ĂŒberall dabei sein wollen eine Rolle. Obwohl, mittlerweile sollten doch gerade der BloggerInnen und VielnutzerInnen des Internets wissen, dass es nicht unbedingt von Vorteil ist, wenn auch jegliches privates Detail im Internet dem Voyeurismus der Massen aussetzt!
Na ja, wems gefĂ€llt, fĂŒr mich ist’s reinster Unfug!
[…] 1. Don in der Blogbar: Er sieht die Absonderungen am Kritischsten und beschreibt Twitter sogar schon als Informationsquelle fĂÂŒr ganz regulĂ€re Einbrecher. Burglary 2.0 sozusagen. Er bietet die auch von mir geschĂ€tzten “modifizierten Zeitstempel” als Lösung an: Weil es da draussen keinen was angeht, was ich wirklich tue. Weil ich absolut nicht einsehe, was mein reales Leben irgendjemanden, […], angehen sollte. Das Blog ist ein Mittel zur Entlokalisierung, es erlaubt Reisen, wenn ich auf der Dachterasse bin, und bleibt daheim, wenn ich zu einer Auktion fahre. Es ist kein Seelenstrip, sondern eine Schutzschicht, ein Panzer, den ich niemals ablegen wĂÂŒrde, angesichts all der Idioten, die sich im Netz rumtreiben. Gegen SchĂ€uble sein und gleichzeitig 20 mal am Tag festhalten, was man gerade so tut, passt nicht zusammen. Es mag konservativ klingen, aber schon Blogs können einen wĂ€hrend des Lernprozesses im Umgang mit der Internetöffentlichkeit ins Schleudern bringen. […]
Du schreibst
“Weil es da draussen keinen was angeht, was ich wirklich tue.”
Und DESHALB machst du dir die ganze ARBEIT, einen falschen Lebensverlauf von Tag zu Tag zu tĂŒrken?? Du lieber Himmel, dir ist deine Paranoia aber einigen Einsatz wert! :-)
Ich finde deine Ăberlegungen sehr interessant, denn sie liegen weitab meiner Welt: da ich eh dauernd zuhause vor dem Monitor sitze, ist mein Bewegungsprofil komplett uninteressant. Und wenn ich mal zum BĂ€cker gehe, twittere ich das nicht extra! (sondern eher das, was ich grade im Web bemerkenswert fand…)
Was den Datenschutz angeht: Ich denke, es geht um das informationelle SELBSTBESTIMMUNGSRECHT?? Ist doch wohl ein Unterschied, ob jemand RECHTE auf meine Daten hat, oder ob ich FREIWILLIG Infos in die Welt streue?
Der physische Aufenthaltsort wird m.E. sowieso immer unwichtiger, je mehr die “Angelegenheiten der Welt” ĂŒber Netzkommunikation geregelt werden – und da sind wir ja schon recht weit.
Insgesamt bestĂ€tigt dein Posting meinen Eindruck, dass es halt zwei Sorgen Menschen gibt: die einen fĂŒhlen sich eher verfolgt, die anderen eher verlassen.
Weiter frohes Schaffen!
@Claudia
selbstverstĂ€ndlich kann sich jeder selbst aussuchen, was er wie und wo veröffentlicht… und wenn es mit Köpfchen passiert sollte auch kein problem damit geben.
was an einer zeitlichen umsortierung “arbeit” sein sollte erschliesst sich mir allerdings nicht… einfach beim schreiben des beitrages ein beliebiges veröffentlichungs-datum angeben, fertsch…
bei twitter gibts schon so ein paar unwÀgbarkeiten (siehe u.a. auch http://blog.metaroll.de/2008/03/30/ueberwachen-mit-twitter/ ).
man kann sich z.b. alle twittereintrĂ€ge bequem per rss auf den eigenen rechner liefern lassen, ohne dass das der twitternden person durch einen “follower” oder so angezeigt wĂŒrde… komplett ohne das wissen des autoren.
wenn ich das z.b. bei dir machen wĂŒrde, ists kein problem… wenn dein chef/untergebener/nachbar/familienangehöriger/freund/kollege da reinschaut und dann was anderes liest, als er am telefon gesagt bekam, da kann man schon mal ĂŒberrascht werden… der phantasie sind da keine grenzen gesetzt.
aber wenn man mit köpfchen twittert ist das alles kein problem…
[…] Was wird derzeit nicht alles ĂÂŒber Twitter geschrieben, spĂ€testens seit der letzten re:publica ist auch der Rest der deutschen BlogosphĂ€re davon infiziert. Das erste Mal habe ich Twitter 2006 oder Anfang 2007 genutzt, als der Hype um diesen Microbloggingdienst seinen ersten Höhepunkt erreichte. Zu diesem frĂÂŒhen Zeitpunkt – Twitter wurde 2006 gegrĂÂŒndet – gab hauptsĂ€chlich englischsprachige Nutzer und ich habe bereits nach wenigen Tagen aufgegeben. Das Absondern kurzer Statusmitteilungen machte mir auf Dauer keinen SpaĂĆž, ebensowenig konnte ich einen brauchbaren Sinn darin entdecken. Im Februar diesen Jahres habe ich mir Twitter erneut angeschaut, ich war neugierig, wie sich Twitter entwickelt hat. Der Anteil deutscher User war signifikant gewachsen und ich fand etliche von mir regelmĂ€ĂĆžig gelesene Blogger bei Twitter wieder. Mein eigenes Blog hatte ich erst 2 Monate zuvor ‘eröffnet’ und ich dachte, Twitter wĂÂŒrde sich gerade fĂÂŒr kurze und spontane Mitteilungen eignen. Das tut es auch, soviel sei gesagt. Ich folge ca. 25 Twitterern, deren BeitrĂ€ge zusammen mit meinen in meiner Timeline erscheinen. Das ist nicht viel, oft haben User mehrere hundert Follower. Was man da im Laufe eines Tages zu lesen bekommt, ist spannend, langweilig, interessant, trivial, unbedeutend. Monologe, Dialoge, Diskussionen, ödes GeschwĂ€tz. Alles und nichts.Im Prinzip das gleiche, was man hört, wenn man mit gespitzten Ohren durch eine belebte FussgĂ€ngerzone geht. Das ist nicht schlecht, nicht falsch, mir aber eben auch nicht sonderlich wichtig. Doch es kostet Zeit, allein das Lesen, das selber Schreiben noch viel mehr. Möchte man doch seine Follower nicht mit vollkommen belanglosen Dingen belĂ€stigen. Man tut es aber doch, weil eben die Sicht immer eine andere ist. Eine Beziehung, die aber auf Gegenseitigkeit beruht. Das ist die Natur von Twitter, und es ist gut so. Aber relevant ist es nicht. Meine PrivatsphĂ€re schon. Daher bin ich raus: Nachtrag 04.05.2008: Ein interessanter Beitrag zur Problematik solcher Dienste wie Twitter erschien heute bei blogbar.de. posted in internet […]