Aber ich möchte fast hohe Summen wetten, dass in 5 Wochen keiner die Idee haben wird, zugunsten einer schlecht laufenden Marketing-WG eines internationalen Brauseherstellers eine schlecht besuchte Lesung mit Titeln wie “Prall wie der Ball”, “Eine Bloglesung langweilt 90 Minuten” “Schau ma moi dann les mas scho” oder “Chicks with Balls” zu veranstalten, anlässich der kommenden Europameiterschaften der Fussballer. Das hat einen einfachen Grund: Es wird – zumindest nach meinem Kenntnisstand – keine neuen Versuche geben, die nicht eben grandios gelaufenen Blogprojekte der WM vor zwei Jahren zu wiederholen, auch wenn manche beteiligte Agentur heute noch Nutzerzahlen ihrer Projekte mitteilt, die reichlich optimistisch wirken.

Ich hatte in den letzten Wochen das Vergnügen, mit einigen Leuten zu mailen oder zu sprechen, deren Firmen sich durchaus vorstellen könnten, etwas zu tun – unter anderem, weil ich demnächst selbst zu einer Sportveranstaltung fahre und darüber für eine Firmenzeitung offline berichte. Was ich aus diesen Gesprächen mitgenommen habe ist, dass es seit dem wilden, schlecht organisierten Rumgestöpsel vor zwei Jahren so etwas wie “Weiterdenken” gibt. Nicht bei den Bloggern, die auch diesmal wieder jede Aktion mit einem geldwerten Vorteil von mehr als 5 Euro mitmachen würden, sondern bei denjenigen, die Ziele erreichen und nicht Geld für amateurhaftes Gestotter ausgeben wollen. Das Ergebnis könnte man griffig so zusammenfassen:

Blogs gelten inzwischen als geeigneter Kommunikationskanal, aber Blogger nicht als geeignete Kommunikatoren.

Blogger gelten als langweilig, disziplinlos, egoman, draussen, ausserhalb ihrer Sphäre würde keiner verstehen, was die eigentlich tun. Man kennt das aus den Medien, es scheint – ob es nun so pauschal stimmt, oder nicht – auch andernorts angekommen zu sein. Mir als Autor kann das eigentlich nur recht sein, denn lieber schreibe ich einen sauberen Beitrag mit Abgabetermin, als dass ich mich während einer Veranstaltung als Blogger abhetze. Gleichzeitig finde ich es auch nicht schlimm, wenn man wegkommt von Aktionen, die auf maximale Schleimabsonderung möglichst vieler Koofmichs abzielt, und die Blogosphäre als selbstverstärkenden Aufmerksamkeitsmarkt begreift. Die Blogosphäre ist lediglich eine Aufsmaulhaumaschine, wenn man sich so blöd wie in der Vergangenheit anstellt.

Netterweise habe ich dann letzte Woche eine Ausschreibung erhalten, die einen ganz anderen Weg verfolgt: Da muss man sich bewerben, beim Objekt der Berichterstattung, das erheblich angenehm ist, verweilen, und schreibt dort auf einer Projektwebseite auf, was einem gefällt. Zudem soll man eine Art Erinnerungsbuch aus Andenken der Region zusammenstellen. Offensichtlich versucht hier eine Agentur, geeignete Leute zu finden und kreativ arbeiten zu lassen. Am Ende ist es immer noch PR, aber es geht dabei um die Gewinnung neuer Ansätze in der Aussendarstellung eines Produkts, das gerade nicht in eine Blogosphäre hinein verkauft werden soll, die es sich mutmasslich über weite Strecken ohnehin nicht wird leisten können. Es wäre nicht mein Ding, aber hier wird wenigstens versucht, mit individuellen Stärken von geeigneten Persönlichkeiten Geschichten zu erzählen, natürlich mit unsicherem Ausgang, aber wenn man schon PR mit eigenwilligen Bloggern machen will, muss man mit diesem Risiko leben.

Vielleicht werden wir zu EM ein paar besser durchdachte, selektive Ansätze unter Verwendung von Blogsoftware erleben – dann auch hoffentlich besser als die mannigfaltigen Spamblogs, die schon heute mit Google Adwords zugeklatscht abschreiben, was immer die Suchmaschinen vollmüllt.