Ich werde hier jetzt nicht auf die konkreten Anlässe dieses Beitrags eingehen, sonst müsste ich hier eine ausgesprochen negative Einschätzung einiger Gründer eines angrenzenden Steuerhinterziehungsparadieses abgeben, sowie ein paar Hintergründe des vergeblichen Wartens auf einen Investor sowie der schlagartigen Feigheit eines unseriösen Möchtegerngründers mit Betrugsneigung ausführen. Aber hier geht es ausnahmsweise mal nicht um die konkreten Fälle, sondern das allgegenwärtige Gefasel, dass in den USA alles besser ist, man so viel leichter an die Leute rankommt und überhaupt das Gründen in der offenen Gesellschaft der USA so viel leichter ist.

Diesen Bullshit kenne ich nun auch schon seit 10 Jahren, und er ist nicht im Mindesten besser und richtiger geworden. Es gibt ein paar Gründe, warum unerfahrenen Gründern die ersten Schritte in den USA leichter erscheinen. Das beginnt bei der mangelhaften Beherrschung amerikanischer Floskeln, die ein “Nein” in ein dreivierteltes Ja zu verpacken verstehen, das dem anderen signalisiert, dass er jetzt besser geht (I think you pointed out quite a number of very important facts but heisst in etwa Ich fand deinen Vortrag Scheisse und Deine Binsenweisheiten kannste Dir sonstwo hin, und so). Was es in den USA tatsächlich gibt, ist ein leichterer Zugang zu führenden Managern, die vergleichsweise unkompliziert und offen reden. Das Anhören ist aber nur der erste Schritt; Entscheidungen und Verhandlungen sind zumindest nach meiner Erfahrung mindestens genauso zäh wie in Europa, ganz zu schweigen von all den Pferdefüssen, die das unsichere amerikanische Rechtssystem potentiellen Investoren und Partnern zur Verfügung stellt, und die alle, von der kleinsten Klitsche über Brokat bis Bertelsmann treffen können – und getroffen haben.

Amerika hat seinen Ruf als Gründernation vor allem durch Ausgründungen, die bei mittelständischen Unternehmen und manchen Universitäten häufig sind und im Internetsektor ebenfalls oft anzutreffen sind. Krauts bleibt dieser Weg allerdings meistens verschlossen. Dass in Amerika einfach mal gemacht wird, ohne Geschäftsmodelle zu hinterfragen, dass es dort aufgrund von Chapter 11 eine grössere Risikobereitschaft ist, und den mehrfach Gescheiterten auf die Schulter geklopft wird, weil sie aus dem Scheitern Erfahrungen mitbringen es besser zu machen – das alles gehört weitgehend in das Reich der Fabeln, die amerikanische Vortragsreisende erzählen, und die dann von allen möglichen Europäern wiederholt werden. Hat nicht auch ein gewisser Loic Le Meur gejammert, wie gemein man zu ihm bei diesen neidigen Franzosen ist? Und wie nett und menschenfreundlich sind eigentlich Seiten wie Fuckedcompany und Valleywag? Dazu kommt noch eine massive Fehleinschätzung des Arbeitsethos in den USA, der nichts mit den Ansätzen deutscher Gründertrullos zu tun hat: Einfach mal machen und beim ersten Widerstand und Problem das Projekt zurückstellen, oder einen Tag erübrigen können, oder anderes lasche Rumprobieren ohne klare Zielsetzung und Ranklotzen wird in Amerika überhaupt nicht gern gesehen.

Ohne gutes Geschäftsmodell ist man überall schnell am Ende. Und es ist vielleicht gar nicht schlecht, wenn man kritische Geister beim Start als Ãœbungsgegner hat, statt den Claqueren zu folgen und dann festzustellen, dass sie einem auch nicht helfen können. Das betrifft nicht nur das zugegeben harte Stahlbad des Blogkommerzes, sondern weite Bereiche des Internets, die als “emerging market” gelten, aber keiner wirklich weiss, ob sie es tatsächlich sind. All den Waschlappen und Jammerbälgern, die sich wegen ein paar Blogbeiträgen die Windeln nass machen, sei gesagt, dass ein wenig Hinterfragung und dadurch mögliche Feinjustierung immer noch angenehmer ist, als wenn später der Investor den Stecker zieht, weil die Zahlen nicht stimmen. Und die Zahlen kümmern sich einen Dreck darum, ob sie in einem englischen oder deutschen Report auftauchen.