Blogs sind in Deutschland nicht richtig entwickelt, Blogs sind hier noch nicht so weit, woanders sind Blogs längst akzeptiert, Deutschland ist beim Bloggen hinten dran.

Kennt man. Wird oft betont, von Medien und Bloggern gleichermassen. Es ist eine höfliche Lüge.

Denn die Wahrheit sieht anders aus. Viele Leute bloggen, finden Gefallen daran, schreiben ihr Zeug und machen, wozu sie Lust haben. Das ist Kommunikation, das hat erst mal mit “Entwicklungen” die nach oben, vorne oder weiter gehen sollten, nichts zu tun.

Der Unterschied, den sie meinen, das Nichtankommen, das betrifft diejenigen, die mit dem Thema weiter kommen wollen, die gerne auf diesen privat gefüllten Seiten etwas aufbauen wollen. Die gerne mehr wären als – bitte nicht falsch verstehen, das Wort ist nicht im Mindesten negativ gemeint – Amateure, sondern ernst genommen werden wollen, mitspielen, dabei sein, auf Podien gehen, zitiert werden, gefragt werden, Geld verdienen, Huldigungen anderer entgegen nehmen – all das, was es in Deutschland tatsächlich nur bedingt gibt. Und schon gar nicht in einer kommerziell erfolgreichen Variante.

Mich erinnern diese Klagen an das, was man von “Autoren” hört, die Bücher als Book on Demand, früher sagte man “Im Zuschussverlag” veröffentlichten. Da gab es zu Beginn ähnliche Hoffnungen, man könnte mit dem Internet ohne den ganzen Verlagskrempel selbst einen Bestseller landen, bekannt und beliebt werden, Klagenfurt erreichen und mit Reich-Ranitzky einen heben gehen. Am Ende sieht man diese Leute dann auf der Frankfurter Buchmesse, wie sie am Stand solcher Verlage versuchen, das jeweils eigene Machwerk irgendwie im Städer nach vorne zu schieben, drin rumzublättern und anderweitig zu promoten. Beliebt ist das Abklappern anderer Stände und das Vorzeigen des Schriftungutes, sehr zur Verärgerung von Verlegern und Verschwendung der eigenen Lebenszeit.

Wie sowas dann geblogt ausschaut, kann sich der werte Leser unter diesem Link (http://sieben.alext.de/) anschauen, der die erfolglosen Bemühungen eines gewissen Alexander Trust aufzeigt, mit seinem Geschichtenwettbewerb einen Verlag zu finden. Trust nennt sich “Chefredakteur” einer Ansammlung von drei Blogs, die unter “Sajonara Blogverlag” firmieren. Grosse Worte, Titel wie in Österreich, Ergebnis nicht wirklich marktorientiert und bis vor Kurzem auch mit gekaufter PR von Trigami belastet.

Oder Roman Hanhart, ebenfalls Autor von Trigami und immer schnell dabei, wenn es um das Thema “Geld verdienen mit Blogs” geht. Zusammen mit einem anderen Blogger hat er im Dezember 2007 gleich mal was ganz Grosses verkündet: Ein World Blog Forum in Bern in Anlehnung an das World Economic Forum, gleich mit Termin und Location. Den zugrunde liegenden Beitrag im sog. Alliance-Blog von Hanhart hat es mutmasslich bei einem Relaunch des Blogs erwischt, entsprechend gehen die Links einer Vielzahl von Bloggern, die dem Thema ziemlich viel Publicity geschenkt haben, heute in Nichts. Hier nochmal die Selbstbeschreibung:

Als unabhängiges globales Forum wird das WBF als Institution die internationale Bewegung dieses Mediums fördern, unterstützen und weiterentwickeln. Dabei werden Lösungen angeboten, um die technischen Hürden zu beseitigen, die Vernetzung aktiv zu fördern und unabhängig von einseitigen globalen Machtinteressen das Medium Blog zu nutzen zu schulen und zu vermarkten. Zu diesem Zweck ist ein World Blog Forum gegründet. Das als Matrixorganisation – internationale Blognods (Barcamp etc.) unterstützt, koordiniert, zusammenfasst und in einer Dachorganisation die Umsetzung initiiert. An lokalen | regionalen| nationalen Workshops wird zu Themen rund ums Bloggen diskutiert, geschult und informiert und Ideen aufgegriffen. […] Im WBF wird, an periodisch stattfindenden Kolloquiums, vertieft und global kommuniziert. Für die Organisation des WBF ist das World Economic Forum in Davos Vorbild

Inzwischen ist das “World Blog Forum” ein kaum noch aktualisiertes Blog minderer Qualität; von einer Durchführung ist mir nichts bekannt. Man möchte – wie schon oft bei Blog-TV, Blogverlagen, Blognetzwerken und anderem gigantomanischen Weltdominanzunsinn – den Verantwortlichen zurufen, es doch zu Beginn ein paar Nummern kleiner zu versuchen. Nicht immer versuchen, Eindrücke zu erwecken, die keiner Prüfung standhalten. Nicht immer gleich nach vorne drängeln. Nicht sofort das Maul aufreissen und die globale Vision rauströten.

Es ist in der Wahrnehmung drinnen und draussen überhaupt nicht problematisch, wenn es diese ganzen Ansätze nicht gibt. Gute Themen und Ansätze werden sich durchsetzen, gute Projekte werden entstehen, wenn sie gut umgesetzt werden, aber nicht mit vielen Links auf peinliche Angebereien. Manchmal wäre es vielleicht auch gar nicht so doof, die vielen, vielen gescheiterten Ansätze von Blognation über “Spreeblick Verlag”, Shopero, Germanblogs, Mahlzeit bis zur Readers Edition endlich mal einzusargen und aus eigenem Antrieb heraus aufzuarbeiten, wie es allenfalls sporadisch gemacht wird, damit nicht alle paar Wochen wieder die nächste Version von Pinky Blog & the Brain Twitter versucht, die Weltherrschaft zu übernehmen.

Es liegt nämlich nicht an den Blogs, den bösen Medien, der Technikfeindlichkeit der Deutschen, an der schadenfreude oder der Unfähigkeit zu akzeptieren, dass man mal was probiert.

Es liegt an Book-on-Demand-Bloggern, die eine grosse Klappe haben, aber keinen Peil von dem, was sie tun und wie es geht.