Der hierzulande bislang wenig erfolgreiche französische Bloghoster Overblog will in Deutschland Werbeplätze verkaufen und sich mit externen Blogs verstärken, die zu ihnen migrieren sollen.

Der hierzulande bislang vor allem mit einem Haufen letztklassiger Trash- und Probierblogs aufgefallene deutsche Bloghoster Blog.de will in Deutschland Werbeplätze verkaufen und sich mit externen Blogs verstärken, die sich von ihnen vermarkten lassen sollen.

Und der Blogvermarkter Adnation, früher Adical, der monatelang nicht in der Lage war, einen passenden Werbekunden für seine hungrig dreinschauenden “Profiblogger” zu finden, vergisst im Interview grenzwertig einiges zu sagen, will sich aber auch, nachdem bei einigen früher beteiligten Blogs wenig (Sixtus.net) bis gar nicht (De:Bug-Blog) mehr passiert, ab August mit weiteren Bloggern verstärken.

Und alle denken sie, dass die Industrie und die Mediaagenturen bei ihnen Werbung schalten wollen. Nachdem der Medienkonzern Burda an Blog.de beteiligt ist, könnte ich mir sogar vorstellen, dass konzernintern, wie auch heute schon praktiziert, Banner rübergeschoben werden. Und dann ist da noch eine Idee von Blog.de, die ich an dieser Stelle als Meinungszuhälterei umschreiben möchte:

Blogger können eine Marke ins Gespräch bringen, nach vorne bringen und kritisieren. Dass Unternehmen also die Blogger erreichen müssen, wird immer mehr ins Bewusstsein rücken. Die Marken und Produkte der Unternehmen sind so oder so im Gespräch. Ob Unternehmen das wollen oder nicht. Es ist Aufgabe der Agenturen, Blogs und User-Generated-Content so zu nutzen, dass es die Markenführerschaft – die unbedingt beim Unternehmen bleiben muss – unterstützt. Hierbei wollen wir kompetenter Partner sein.

Sowas nennt man Vermischung von Redaktion und Inhalt, das kann in Deutschland nach geltender Rechtslage ganz böse ins Auge gehen, und ich habe meine Zweifel, ob wirklich gute Blogger für solche verkappten PR-Stunts zu haben sind. Umgekehrt werde ich auch in Interviews immer wieder gefragt: Wo sind denn die guten deutschen Blogs mit Einfluss, die gelesen werden, ausser den üblichen bekannten Namen. Und überall geht es nach den gleichen Grundsätzen: Awareness, Reichweite, Personalities, Links, Page Impressions. Viel, viel, viel.

Ich glaube, so funktioniert das nicht. Vermarkter und Journalisten sind gefangen in einem System der Aussendarstellung, das mit dem Kleinen, dem Anderen und dem Normalen nichts anfangen kann – aber genau das ist nun mal das Kernthema des Bloggens. Sie müssen nach draussen etwas verkaufen, das “relevant” ist, “Zielgruppen erfasst” und eine Hierarchie abbildet. Und auf der anderen Seite werden schon wieder die Segel gestrichen und Läden zugemacht, weil man mit solchen Projekten nicht weit kam. Ein paar Beispiele? Küchengötter hat sich beim Warten auf Co-Autorin Passig eine inhaltliche Abmagerung verordnet. Julius Endert vom Handelsblatt , der mal auf einem Podium, das ich auch besuchen durfte, ganz gross über die umfassende Blogstrategie seines Hauses berichtete, ist inzwischen bei einem Startup, und mit den Handelsblatt-Blogs ist immer noch wenig los. Burdas Projekte Scienceblogs und die ähnliche Suite101 dümpeln arg vor sich hin. Und Mercedes Bunz, vom Bloggen zur Mitverantwortlichen für das Trashportal Zoomer.de auf- oder abgestiegen, erzählt dem Bundestagsunterausschuss für neue Medien:

Blogs werden eindeutig überschätzt. Quantitativ spielen sie in der deutschen Medienlandschaft bei der Informationsbeschaffung keine große Rolle. Darüber hinaus wird in Deutschland überaus selten gebloggt. Unter den 98 Millionen deutschsprachigen sind 62 Millionen online, doch es gibt nur 500 000 Blogs, darunter nach Blogcensus.de 204 000 aktive. Die Blogsuchmaschine Technorati gibt an, dass 1 Prozent ihrer Postings in deutscher Sprache verfertigt werden.

All das Gerede dieser Leute, egal ob nun Vermarkter, Blogzüchter, Frustrierte oder Seitengewechselte zeigt nur eine Sache sehr deutlich: Die Unfähigkeit mit dem umzugehen, was ist. Dem Wald kann es erst mal egal sein, welche Theorien um ihn herum von Botanikern aufgestellt werden; schwieriger wird es, wenn sich die Holzfäller zusammenrotten, um Schneisen anzulegen und ihre Profite damit zu machen. Es ist etwas schade, dass an der Entwicklung des selbstbestimmten Schreibens im Netz, die es fraglos gibt und die sich den üblichen Mechanismen der Medien weitgehend verschliesst, ie aber so viel beuträgt zum Medienverständnis und Pluralismus, dass sich an diesem erfreulichen Grün im mediengesteuerten Internet so viele minderwertige und dumme Schwätzer, digitale Staubsaugervertreter und käufliche Projektentwickler versuchten und versuchen, von den Clickzahlenjunkies bei der Süddeutschen bishin zu denen, die endlich auch sowas wie die Huffington Post haben wollen, um mitspielen zu können.

Nicht die Blogs haben ein Problem. Die haben ein Problem, die sie aus welchen Gründen auch immer einordnen, sortieren und verwerten wollen.