Es gibt Beiträge, von denen man nicht denkt, dass man sie je schreiben würde. Und es gibt Beiträge, die man keinesfalls schreiben möchte. Dieser Beitrag gehört, da ich eine sehr hohe Meinung vom Handelsblatt als Wirtschaftszeitung habe, in beide Kategorien.

Neben dem bekannten Blogger Thomas Knüwer hat das Handelsblatt auch einige weniger berühmte Blogs, wie etwa das von Bernd Ziesemer, das mit jedem hingeschlonzten Beitrag massiv zu meinem nachlassenden Respekt für das Handelsblatt beigetragen hat. Ein anderes Blog beschäftigt sich mit Makroökonomie und ist vom externen Wirtschaftswissenschaftler Harald Uhlig verfasst. Nun ist der Markt der Makoökonomieblogs im Zuge der Finanzkrise sehr voll geworden, und dort wird allgemein sehr deutlich über die Lage an den Märkten gesprochen; im Gegensatz zu den Mainstreammedien, die oft und gerne die Lage ihrer anzeigenschaltenden Kunden beschönigen. Letzte Woche hat auch Harald Uhlig in seinem Handelsblatt-Blog ein ziemlich deutliches Stück geschrieben, das sich mit der Sicherheit der Bankeinlagen in Deutschland beschäftigte:

Wenn Sie ein grösseres Konto bei der Commerzbank oder der von ihr geschluckten Dresdner Bank oder UBS oder Fortis haben, so sollten Sie froh sein. Denn noch können sie dort ihr Geld abheben: in aller Ruhe und ohne Schlange zu stehen. Die Einleger scheinen nämlich Nerven aus Stahl zu haben, und das ist gut so. Bisher ist ein bank run auf diese Institutionen ausgeblieben, und dabei könnte es auch bleiben.

Dabei stehen die Zeichen schon lange an der Wand. Die Dresdner Bank hat sich mit ihrem K2 Fond verspekuliert, und war schon lange das Sorgenkind der Allianz. Die Chinesen wollten die Dresdner nicht: nun hat die Commerzbank sie geschluckt. Mittelfristig sicher eine gute Idee – man kann im gemeinsamen Filialgeschäft viel sparen – aber kurzfristig ist das ein schwer verdaulicher Brocken, und die Risiken sind da. Die Aktie der Commerzbank hat seit Juli 2007 fast 60 Prozent verloren – so berichtete die FAZ am Samstag. Ich denke, der Aktienmarkt weiss schon warum. Und sollte es einen run auf die Commerzbank geben, dann ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Die Einlagensicherung des Bankenverbandes der Privatbanken ist nach dem Lehmann-Untergang so gut wie pleite.

Harter Stoff, aber durchaus im Rahmen dessen, was auch andere Blogger in Deutschland gerade diskutieren. Ich kann diesen Beitrag, der meines Erachtens keine falschen Tatsachenbehauptungen enthält und nach allen journalistischen Regeln sauber ist, und der ausspricht, was die Märkte schon länger besprechen und bewerten, jedoch nur im Google-Cache verlinken. Denn der Beitrag ist verschwunden.

Gelöscht hat ihn das Handelsblatt:

Mein letzter Blog-Eintrag vom Sonntag wurde von der Redaktion des Handelsblatts gelöscht und ist daher hier nicht mehr verfügbar. Ich habe versucht, gegenwärtigen Ereignissen meine eigene Interpretation zu geben, die man teilen mag oder nicht oder die man sonstwie bewerten mag. Es ist meine feste Auffassung, daß die ungefilterte Interpretation (ausgeschlossen Beleidigungen etc.) und die Diskussion darum mit den Lesern die Kernfunktion eines funktionierenden Blogs ist. Aufgrund dieses Prinzips habe ich keinen Beitrag meiner Leser gelöscht, es sei denn, es handelte sich offensichtlich um Spam. Aufgrund des gleichen Prinzips habe ich mich daher entschlossen, daß mir kein anderer Weg bleibt als die Bitte an die Handelsblatt-Redaktion, meinen Blog zu schließen.

Und das finde ich persönlich eine wirklich ganz harte Nummer. Das Verhalten des Handelsblatts gegen einen Blogger und zugunsten der Objekte der eigenen Berichterstattung ist nun wirklich etwas, das ich als Zensur bezeichnen würde, eine Schande für das Handelsblatt. Angesichts des Drecks, den andere Abteilungen des Holtzbrinckkonzerns dulden und verbreiten, ist es eine ganz miese Nummer. So leid es mir tut.

(via)