Ich wurde von ein paar Leuten gebeten, etwas über das neue Gemeinschaftsblog Carta zu schreiben. Na gut. Schauen wir uns an, was die über sich selbst sagen. Obwohl, “sagen” darf man da nicht sagen, sondern eher: Kommunizieren.

CARTA ist ein Netzwerk-Syndikat für Analyse und Meinungsbildung. Die Online-Publikation verknüpft die Beiträge seiner dezentral organisierten Autoren mit Verweisen auf die relevantesten Inhalte aus dem Internet. CARTA ist dezentrales, digitales Op-Ed. CARTA ist Filter und Produzent, Meta- und Mehrautoren-Blog.

CARTA sieht im selbstbestimmten Öffentlichkeitszugang von eigenständig publizierenden Experten, die auf Basis von Hintergrundwissen und komplexen Weltbildern interpretieren und analysieren, eine entscheidende Ressource für die Steigerung des Niveaus aktuell-gesellschaftlicher Informationsverarbeitung.
CARTA verweist offensiv auf andere Online-Publikationen und nutzt damit den Netzwerkcharakter des Internets. CARTA ist überparteilich und unabhängig. CARTA ist den Normen des Qualitätsjournalismus verpflichtet.

CARTA ist zuallererst Dienstleister für seine Autoren. Es nimmt ihnen die Unwägbarkeiten der Online-Publizistik ab und bietet ihnen den gesicherten Aufmerksamkeitsrahmen einer hochwertigen Medienmarke.

Man kann es nie wissen, aber selbst für mich, der ich qua Bildung, Tätigkeit, Interessen und Einkommen ziemlich gut in die Zielgruppe von Carta passen würde, ist mir das zu viel Anspruch in zu grossen Worten. “Ambitious”, würde der grosse englische Bewegungsphilosoph Jeremy Clarkson sagen, “but rubbish”. Anspruchsvoll, aber Mist. Ganz ehrlich: Ich will nicht so steif und förmlich angesprochen werden, so ehrfurchtsheischend und von oben heran. Allein ein Begriff wie die für Carta in Anspruch genommene “Steigerung des Niveaus aktuell-gesellschaftliche Informationsverarbeitung” trägt in seinem neologistischen Bombast ganz sicher zu diesem Ziel bei. Wenn der Link zur Profilseite einer Autorin dann noch dieses Ergebnis ausspuckt:

Nicht gefunden, Fehler 404
Die Seite, die Sie suchen, existiert nicht.

hätte man den Machern vielleicht etwas mehr Planung und Sorgfalt gewünscht, bevor sie sich mit solchen Ansprüchen zur Unzeit exponieren. “Beta” steht über dem Titel, aber inzwischen frage ich mich, was an Fehlern und Schlamperei so toll sein soll, dass man es meint branden zu können. Dass man auf der Startseite in der rechten Spalte prominent die Anreisser von Beiträgen andere Medien bringt, die optisch auf den ersten Blick auch die eigenen sein könnten, ist auch nicht gerade prickelnd. Wenn das Projekt dann auch noch genutzt wird, um Eigen-PR zu machen, wundert sich der Leser schon über das Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit.

Normalerweise versucht man in den Medien am Anfang, die Leser mit tollen Geschichten und aufwändigen Reportagen anzufixen und zu halten. Obwohl ich ein Freund der Länge bin, habe ich es nicht geschafft, auch nur einen einzigen Text bei Carta komplett zu lesen. Ich habe nicht den Eindruck, dass mir da jemand etwas erzählen will, und wenn ich einen Dozenten brauche, lese ich Bundestagsdebatten zu Randthemen nach. Was ich damit nicht sagen will ist, dass “Carta” schlecht ist. Ich kann einfach nichts damit anfangen und habe den Eindruck, dass ich angesichts der Diskrepanz zwischen Zielsetzung und Durchführung nicht der einzige sein werde, der diesem Projekt keine Zukunft als deutsche Antwort auf Huffington Post zutraut. Faslcher Anspruch, falsche Autoren, falsche Themen, Null Spass. Bedaure. Mehr fällt mir dazu aktuell nicht ein.