Ich finde diese Diskussion hier etwas unfair und meine, dass sich das Blog erstmal entwickeln muss. Ein Problem ist sicherlich der so vor sich her getragene hohe Anspruch, aber wie es wirklich wird, weiß man doch nicht nach 10 Tagen sondern erst nach einem halben Jahr.

Ich könnte nochmal ganz anders. In meiner virtuellen Schublade liegen haufenweise Aufrechnungen alter kommerzieller Bloghirngespinste, die man eigentlich noch mal besichtigen müsste. Um zu zeigen, was da draus wurde. Ein Typ, der seine Platte mit Blogs in die Charts bringen wollte. Zwei Typen, die ein Dauerwerbeblog zum Erfolg bringen wollten. Das ganze Elend von Derwesten und Zoomer, mitgemacht von bekannten deutschen Bloggerinnen, die den Mund in Sachen Internet gern voll nehmen, und die man mal an ihren Taten messen könnte. Burdas Lachnummern in Bewegtbild und Blogcommunity – wollten die bei Blog.de nicht im Herbst was ganz Grosses, Werbemässiges machen? Oder wie war das nochmal mit dem grosskotzig vermeldeten, allseits verlinkten Aufruf von Adical/Adnation/Lobo, sich für das Cebit-PR-Blog als Berufs-Twitterer zu melden?

Wenn man sowas macht, kann man sich sofort an den Rechner setzen und beginnen, die Hilfstruppen solcher Knilche rauszulöschen. Ziemlich viele Leute haben ein paar Freunde, die anonym, mit falscher Email und Namen schnellstens mit der persönlichen Schiene bei der Hand sind. Das beginnt im Kieler Hafenschlamm und endet bei einem Scienceblogs-Mitarbeiter, der für sein Getrolle mal schnell eine andere Identität annimmt. Das ist nicht neu, das gibt es hier seit dem Tag, als sich der Journalist Stefan Niggemeier offensichtlich von einer Relativierung seiner Thesen zur Netzeitzung belästigt fühlte. Aber es nervt.

Es nervt, weil es im Ergebnis fast nur Bauchpinseleien gibt, Features zum Start und Lob zum Wagnis, aber keine Debatten über Probleme bei der Umsetzung, Scheitern und Versagen. Das muss man nicht machen, um die anderen zu beleidigen; das kann schlichtweg auch eine banale Fehlersuche sein, die bessere Wege aufweist. Es wird gerade viel darüber gejammert, dass Blogs in einer Stagnation sind, statt zu fragen, warum das eigentlich so ist. Natürlich gibt es Grenzen des Wachstums, aber genauso gibt es Fehlentwicklungen, falsche Vorstellungen und Projekte, deren Scheitern eine ganze Menge Vertrauen zerstört haben – gemeinhin von Typen, denen es erklärtermassen scheissegal ist, weil das nächste Projekt von selbst kommt und man das Thema so lange reitet, bis was Neues da ist. Wichtig ist es nur, von der Fanbase als Säulenheiliger, als cool und bewundernswert betrachtet zu werden, in diesem “Ich mach Euch alle reich wir gegen Bild und die Medien und für die bessere Welt”-Kosmos, in dem sich das zwischen den Fleischtöpfen der Burdas und den PR-Aufträgen dummer Verlage abspielt.

Mir ist das Fortkommen der sich talentiert fühlenden Malte Weldings dieser Welt egal, aber dieser Sektor der Blogger, die mit dem Schreiben im Netz irgendwo hin will, bastelt jetzt seit 4 Jahren an dem Thema, und über den traurigen Stand der Dinge machen sich wohl auch die Beteiligten keine Illusionen, wenn sie in einer klaren Stunde mutmasslich mal wieder den Frust kriegen bei der Vorstellung, bis zur Pension die Bild und andere Medien nach Fehlern absuchen zu müssen, um ihr Blog zu betreiben. Dieser Sektor ist seit vier Jahren in einer Sackgasse, und steht jetzt vor einer massiven Werbe- und Wirtschaftskrise. Statt der allfälligen Bejubelung immer neuer Projekte mit dem immer gleichen vorhersehbaren Rumdümpeln wäre eine Fehleranalyse mal wirklich fein. So in der Art: Mach erst mal was Gutes, ohne gleich vorher Ansprüche zu formulieren, an denen du scheiterst. Mach keine falschen Versprechungen. Überlege dir Ziele, die erreichbar sind. Aber dazu müsste man sich erst mal von den gegenseitlichen Bauchpinseleien lösen, dem frühen Lob der Unternehmung später eine angemessene Revision folgen lassen, gar innerhalb des Berliner Netzwerkes ein paar ehrliche Dinge sagen und einen Bruchteil so schonungslos sein, wie man die Kritik gegenüber den Medien formuliert.