Reichlich unbemerkt
(oder geht das nur mir so?) hat Robert Basic einen Zwischenbericht über Buzzriders, dieses blognahe, lokale, hyperlokale the next big thing geschrieben, von dem man ab und zu nicht mehr viel gehört hat:
http://blog.buzzriders.com/2009/10/02/ist-stand-buzzriders-teil-1/
http://blog.buzzriders.com/2009/10/02/ist-stand-buzzriders-teil-2/
http://blog.buzzriders.com/2009/10/04/ich-bin-ein-spinner/
Ich bin nach solchen Ankündigungen inzwischen etwas uneuphorisch, nachdem die letzten Ankündigungen nur die Möchtergen-Huffingtons von Varta.info und ihrer Bildklauerei oder das sie ähnlich unschön ergänzende “The European” hervorgebracht haben. Zwei relevanzlose Selbstbeweihräucherungshaufen typisch Berliner Art mit einigen Autoren, bei denen ich mich frage, wieso sie sich als Journalisten bezeichnen, und ob ihnen das angesichts ihres Mainstreamgeschwalles nicht etwas peinlich ist. Die einen sogar mit Advertorial der INSM. Debattenportale, sagen sie. Relevante Stimmen, angeblich. Resteverwertung, finde ich. Es gibt einfach zu viele Journalisten.
Als es mit den Blogs losging, habe ich noch erwartet, gehofft, dass manche Journalisten die gelegenheit nutzen und ihr eigenes Ding machen, in dem sie zeigen, wie gut sei sein können. Inzwischen habe ich dank Carta und European die Antwort. Und ich hoffe, ich wünsche mir, dass die Antwort bei Buzzriders nicht ganz so enttäuschend ausfällt, so es denn je kommt.
Sorry, the comment form is closed at this time.
“Es gibt einfach zu viele Journalisten.”
Interessante These. Habe ich auch in letzter Zeit intensiv drüber nachgedacht. Ist moderner Journalismus nicht zuletzt deshalb nichts mehr wert, weil es einfach zu viele gibt, die schreiben können? Zumindest das, was der Mainstream erfordert?
Es fehlen die Ausnahmetalente, die könnten meiner Meinung nach selbst im umkämpftesten kostenlos Markt noch eine Mark, pardon einen Euro, machen. Gibt ja auch Gegenbeispiele, siehe Magazine wie Dummy, 11Freunde etc. – warum bekommen Blogger sowas nicht hin?
Was hältst Du von den Blogjournalisten?
Lieber Don,
wir geben uns große Mühe, sowas in der Richtung mit http://www.philibuster.de umzusetzen. Allein die Aufmerksamkeit fehlt uns … Vielleicht sollten wir uns auch hinter großen Worten verstecken :-)
Ich habe mich versucht in die Texte auf Buzzriders einzulesen, weil ich gerade sonst nichts zu tun hatte (die meisten Zeitschriften sind ja inzwischen so dünn, dass man richtig Freizeit übrig hat im Gegensatz zur Zeit vor der Medienkrise).
Aber ich habe nicht verstanden, was Herr Basic eigentlich sagen will. Wenn ich mir anschaue, wie Facebook, Google, Apple oder Microsoft gegründet wurden, bewegen sich diese Leute doch am anderen Ende der Skala.
Es wirkt alles so nach Sozialarbeit, “gut dass wir mal drüber geredet haben”, möglichst genau dokumentieren, wie wir arbeiten (wen interessiert das, solange kein Erfolg da ist) – da geht doch unglaublich viel Zeit drauf, die nicht ins Projekt selbst fliesst.
Trotzdem drücke ich Buzzriders die Daumen, dass – was auch immer – etwas draus wird.
meine güte, was für ein peinliches, egozentrisches, innenorientiertes geschwalle in dem buzzriders blog. heiße luft von einem übergeschnappten robert basic, der aufgrund seines damals in gewissem rahmen erfolgreichen nischenblogs meint, die welt würde sich um ihn drehen. tut das not, dass leute, die mal ein paar mehr besucher auf ihrer website hatten, immer gleich so unangenehm abdrehen müssen?
der begriff “sozialarbeit” passt gut. die “buzzcamps” scheinen tatsächlich so eine art gruppentherapie für weitgehend hard-skill-befreite existenzen zu sein, fernab eines pragmatischen unternehmertums. hmhmmh, voll dufte unsere sessions, echt supi erfahrungsaustausch. eierschaukeln 2.0.
was soll das jetzt noch geben? einen klassischen rohrkrepierer, wenn basic denn irgendwann mal die hosen runter lässt.
@Buchleser: Was ist denn daran nicht zu verstehen? Herr Basic trifft sich mit seinesgleichen in “hochkreativen Räumlichkeiten” diverser Agenturen, wo es ihm gelingt, “Strukturen zusammen mit Chaos zu mitteln” und dem Projekt “ein Genom” zu verpassen, “das es reagibel und proaktiv als Unternehmen vor Risiken immunisiert.” Alles klar, oder?
O Gott.
Er hat dich anscheinend nicht mal die .de-domain gesichert.
Ansonsten:
Das wird nix.
Wette ich um 10 Kasten Bier.
@mark früher haben solche Leute Inserate aufgegeben “Er, Mitte 40, tolerant und tageslichtauglich sucht zwecks Gestaltung der Tagesfreizeit Gleichgesinnte.”
Meine Güte. Immer wenn jemand etwas neues probiert, wird rumgenölt. Kein Wunder, dass in Deutschland nichts gerissen wird.
Ihr seid die Mentalitätsblockade, die unser Land nicht aus der Krise lassen wird.
@Martin: Was genau ist an Schweinchen Dicks geplantem Schleichwerbe- und Klüngelportal denn neu? Die gerichtsverwertbare Dokumentation im Vorfeld?
Gescheiterte AAL-Regionalportale gibt’s genug, Selbstverwirklichungsplattformen für selbsternannte “Blogjournalisten” auch. Notfalls einfach mal bei Zalbertus fragen: http://www.blog-cj.de/blog/?p=2543
Start des European – mit klarer neoliberaler und medienpolitischer Ansage!…
Mehr als diesen Cover-Shot vom Start des European muß man wohl zur Untermalung meiner Ãœberschrift nicht anführen!? > The European > “Wir geben den Stimmen das Wort, die wirklich von Bedeutung sind.” The European – Die Redaktion > Initiative Neue……
Je mehr Werbung, desto irrelevanter das Blog.
*gefühlte Netzregel*
Dazu ist es auch noch irrelevante Werbung. Wer klickt denn auf sowas? ;-)
He, Projekte kann man kritisieren, aber nichts gegen Robert Basic, der ist wirklich sehr nett! :-)
In dem gestrigen Interview das ZEIT-online Chefs Blau bei “Horizont” (horizont.at/index.php?id=39&tx_ttnews[tt_news]=44775) sagt er etwas richtiges: “Fachwissen und Expertise werden in Zukunft noch wichtiger als heute…”. Es gibt nicht zuviele Journalisten, sondern zuwenig, die von ihrem Gebiet, dass sie beackern Ahnung haben. Jedoch relativiert Blau das im nächsten Satz: “Wir müssen in Zukunft aber unser Set von Fähigkeiten noch erweitern, zum Beispiel um die Fähigkeit, das Fachwissen unserer Leser stärker zu nutzen und anzuerkennen.” Der Journalist als interessierter Moderator, der alles, Informationen, Hintergrund, Leserexpertise, Lesermeinung, usw. irgendwie zusammenbringt und für den Nutzer arrangiert. Am besten noch “crossmedial” für , Print, Online, Video, Social Media und Radio gleichermassen gut.
Mag sein, dass dies gebraucht wird, ich sehe eher die Zukunft in der Expertise, also dass ein Journalist ohne fachliche Ausbildung/Studium zukünftig angesichts der Informationsvielfalt im Nebel herumstochert und seinen journalistischen Anspruch nicht einlösen kann.
In jedem Fall: Alle “Möchtegern-Huff-Posts”, Debattenportale, Alternativ-Journale oder was auch immer werden keinen Erfolg haben, wenn sie nicht mit Exprtise glänzen. Meinung absondern und Informationsschnipsel mundgerecht zusammenbauen können die Verlage besser, weil sie die notwendigen Resourcen und dafür ausgebildete Leute haben. Es wird für die schwer genung sein, gegen immer ausgefeiltere news-Aggregatoren und -Dienste zu bestehen.
Das ist für mich auch der Erfolgsfaktor von Huffington-Post. Da schreiben Business-Literatur Bestseller-Autoren für Businessstrategien, ehemalige Kongress-Abgeordnete über ihren Politikbereich, ein Ex-Arbitsminister über Arbeitsmarktpolitik, der Bürgermeister von NYC, Schriftsteller, usw. usw. Ist auch ein wenig Geschmackssache, aber man muss den meisten der Huffpost-Autoren zugestehen, dass sie Ahnung vom Thema durch intensive berufliche Beschäftigung haben und nicht nur Infomationshäppchen neu zusammenbacken.
Schöne Diskussion gerade hier. Strappato teile deine Einschätzung und will sie zum Thema “Expertise” noch ergänzen, da ich diesen Punkt auch für sehr wichtig halte.
Wie “Expertise” bekommen? “Experte” werden? In Deutschland läuft das doch immer noch so: Gute Ausbildung, Studium in einem Bereich (das allein reicht aber noch nicht), dann Doktor oder Professorentitel, Buch oder sonstwas, schreiben für eine bekannte Zeitung mit entsprechendem Renommee, ein paar Preise einheimsen, auf einigen Fachforen sitzen, dann: Experte sein. Oder natürlich the Lobo-Way-of-becoming-an-expert: Ich twitter mir nen Wolf.
Will sagen: Die Experten schreiben oftmals für die bekannten großen Marken, dafür bekommen sie neben einem hohen Maß an Reputation auch Geld – warum also sollten sie primär bloggen, oder für ein Bloggernetzwerk schreiben? Als Zweitverwertung mag das funktionieren, aber sonst?
Und ich bleibe bei meiner These: Journalismus ist im Netz nicht mehr viel wert, es gibt zu viele, die schreiben können und für alles andere gibt es Wikipedia.
Die Journalisten sind keine Experten – und die Experten können nicht schreiben. Was tun?
Die Huffington-Post kann man im übrigen überhaupt nicht vergleichen mit all dem, was in Deutschland passiert. Die Grundvoraussetzungen sind und waren völlig andere. Huff-Post hat eine Nische besetzt und ist dann zum Selbstläufer geworden, wobei ich mir schon vorstellen könnte, das mit den entsprechenden finanziellen Mitteln ähnliches in Deutschland auch funktionieren könnte – andererseits sind die bestehenden Angebote ja auch nicht blöd. Die faz ist schon sehr geschickt im Screening und Einkauf von Leuten und mit dem Richterspruch ist denen ein tolles neues Format gelungen, das man in der Blogosphäre vergeblich sucht.
Herr Jarchow, ich finde Fanz Walters politische Analysen auf SPON stets grandios und höchst unterhaltsam! Das ist für mich ein Beispiel, wie es mit Expertenwissen gehen kann. Ein Portal mit solch fulminanten Schreibern, brillanten Analysen und gebildeten Köpfen fände ich grandios – da würde ich sogar Geld für zahlen, sieh’ an, sieh’ an…
Aber würde ich es auch zahlen, wenn Frank Meier, Politikwissenschaftsstudent im vierten Semester, die gleichen Analysen schriebe, was er unter Umständen auch könnte? Hm…
@ Gunnar Zobel: Im angelsächsischen Raum gehört eine stilistische Ausbildung selbst für Naturwissenschaftler zum Studium zwingend hinzu. Daher die höhere Lesbarkeit wissenschaftlicher Texte dort. Bei uns genügt es, einen wissenschaftlichen Inhalt – wie kryptisch auch immer – aufs Papier zu klotzen. Der Kollege schlägt sich da schon durch, und er weiß, wie der Schreiber es möglicherweise mal gemeint hat. Sonst aber liest es niemand. In der Schreibschulung liegt bei uns vieles im Argen, Verständlichkeit gilt in manchen Wissenschaften fast als Beleidigung.
Zu den großen Ausnahmen zähle ich neben diesem Herrn Walter z. B. auch den Dieter E. Zimmer, ein Muster an Popularität und Verständlichkeit, ohne sich an Wissenschaftlichkeit dabei etwas zu vergeben. Leider ist er schon sehr alt. Wo bleiben seine Schüler?
Herr Jarchow, pflichte Ihnen vollkommen bei. Gleiches gilt im übrigen auch für den freien Vortrag.
Schade, dass in Deutschland immer streng getrennt wird: zwischen Unterhaltung und ernsten Themen, zwischen Journalismus und Bloggen. Kaum ein Profi-Schreiber verirrt sich in die Blogospäre. Ich musste mich anfangs ebenfalls überwinden in die Tasten zu hauen, ohne dass sich das positiv auf mein Konto auswirkt.
Thomas, ich denke, dass bei den Blogjournalisten noch viel zu tun ist, aber da gibt es wenigstens offenere Strukturen und im Hintergrund keine schrägen Interessen.
Was für schräge Interessen? Dort werden sich wohl die üblichen Verdächtigen aus PR, Werbung und Consulting treffen. Die können sich nicht verleugnen, die erkennt man an ihrer Sprache (z.B. in den Wortmeldungen bei den »buzzriders«).
Bisher erkennt man dort noch kein Geschäftsmodell, aber wenn sie Deutschland mit einem Netz aus lokalen »buzzrider«-Organisationen überziehen wollen, dann nennen wir unseren lockeren lokalen Verbund eben anders ;-)
… ein Wort zu den Analysen Walters im Spiegel. Walter ist seit vielen Jahren Politikprofessor. Deutsche Zeitgeschichte duerfte ihm inzwischen in Fleisch und Blut uebergegangen sein. Einem Politik-Studenten im 4. Semester, ja selbst nach dem Examen, fehlt solch detailliertes Wissen, wie fleissig er immer studierte. Was Walter von vielen seiner Kollegen abhebt: Er vermag ein Thema so vor- und darzustellen, dass es auch von einem Normalabiturienten, ja selbst von mir, verstanden wird. Aber auch Walter hat seine Grenzen. Erinnere mich, dass er in einem Interview belletristische Ambitionen erwaehnte und zugab, wie schwer es ihm falle, sein Wissen szenisch umzusetzen, d.h. (in meinen Worten) es in eine schmachtvolle Liebesgeschichte oder einen Mordfall einzubringen.
Und zum Schluss noch ein “Schmankerl”: Von der Goettinger Hochschulleitung wurde vor einiger Zeit auch Walter angeschossen: Er sei ein Provinzwissenschaftler, bringe nichts Ordentliches aufs Tapet, solle endlich einmal wissenschaftlich Flagge zeigen usw. usf.
MfG
G.S.
He, Du Spamschwein mit der Arcor-IP: Geh krepieren, Du lausiges Stück Dreck.
… na hoffentlich bin nicht ich dieser Boesewicht, der mit der Arcor-IP, was immer das ist. Kenne nur den Grafen Arco, als Zeitgenossen Mozarts und als ein Grundnahrungsmittel, das von einer bayerischen Brauerei vertrieben wird. Bin ja neu hier und noch ziemlich unbeleckt.
Die Antworten 6-8 gefallen mir. Ich steige bei der Bierkasten Wette ein.
Das Problem ist, dass selbst basicthinking abgebaut hat, noch bevor Robert Basic es verkauft hat. Seien wir doch mal ehrlich, es wurde nur noch einmal berühmt, weil bekannt wurde, für welchen Preis es verkauft wurde.
Ansonsten wurden die Gründe für die Uneurophie (gibt es das Wort) bereits reichlich genannt.. Zum einen gibt es mittlerweile mehr als genügend Blogs mit interessanten Themen etc, des weiteren gibt es soviele Themenbereiche, die ein einzelner Blog gar nicht mehr abdecken kann (zumindest kenne ich keinen). Vom Senior bishin zum Hightech-SEO, das sind schon gewaltige Datenmengen an News und Artikel, die man täglich zusammentragen müsste und nun lass mal einen unschuldigen Leser darauf los. Der verzweifelt doch..
Gruß
Ich mag Robert Basic sehr gerne. Wir kennen uns schon lange persönlich. Ich finde Buzzriders interessant. Ich mag auch seinen unbekümmerten drive.
Ich finde aber zu lange über Konzeptionen theoretisch zu reden und Optionen und Modelle zu diskutieren nicht sehr effizient. Ich hätte es viel lieber gefunden, Buzzriders im kleinem Kreis loszutreten und praktisch etwas umzusetzen. Ich finde es interessanter, am lebenden Objekt im Internet Erfahrung zu sammeln und das Ding zu optimieren.
Nicht soviel reden, sondern mehr machen. Spart Zeit. fehler kann man so oder so machen.
Mehr Mut, Robert, und zerrede es nicht.
Das Problem ist einfach: Diese dezentrale Struktur, die R. B. mit seinen “buzzriders” da anstrebt, die gibt es schon –
man nennt es das Internet.
Urs et alter: Bei Buzzriders herrscht wie bei vielen anderen Angeboten das Urproblem des Internet: Warum sollte ich bei Buzzriders schreiben? Oder anders gefragt: Warum blogge ich? Dazu noch kostenlos? Warum beteilige ich mich bei Wikipedia? Idealismus? Narzissmus? Will ich Geld verdienen? Will ich berühmt werden? Will ich gelesen werden? Habe ich ein Sendungsbewusstsein? Reicht das allein, um ein solches Portal wie Buzzriders langfristig lebendig zu halten?
Also sind wir bei der Urfrage eines jeden Schreibenden: Was treibt Menschen/Journalisten an? Ist es der monetäre Aspekt? Idealismus? Der Journalisten-Lifestyle? Oder der unbedingte Wille, ja der innere Drang, sich auszudrücken zu wollen, der im Grunde ja Ursprung und der Kern eines jeden Künstlers ist, der die Kunst, die Prosa und Lyrik, das Schreiben zum Leben braucht und nicht anders kann, als zu schaffen und zu publizieren siehe (Karl Kraus et alter), ganz egal, was oder wieviel er damit verdient.
Diese vielen tausend Idealisten und Kreative machen es den Berufsschreibern derzeit immer schwerer, die “Ware” Wissen und der klassische Journalismus sind angesichts der vielen, gut informierten und gut ausgebildeten Schreiberlinge und Künstler, die ihr Wissen und ihre Ideen kostenlos ins Netz stellen, sowie in Zeiten von Wikipedia nicht mehr viel Wert.
Das war früher anders, in Zeiten, in denen es erstens nur eine bedingte Anzahl gut ausgebildeter Menschen (sprich mit Abitur) gab, die in den Journalismus drängten und zweitens: Für jene gut ausgebildeten Menschen nur bedingte Zugangsmöglichkeiten zu den Medien gab, um sich einem größeren Publikum mitzuteilen. Will sagen: In Berlin und im Rest der Republik wimmelt es doch von talentierten Schreibern, die aus Lust und Laune ihre Werke ins Netz stellen und in einigen Bereichen definitiv eine Konkurrenz zu den großen Medienmarken darstellen – freilich nicht in den Bereichen Politik, Wirtschaft, den großen Gesellschaftsfragen und Analysen. Insofern: Zu einer Analyse von Franz Walter gibt es keine Alternative, zu vielem anderen schon.
Bin im übrigen ansonsten ganz bei Cem, enfach mal ausprobieren und herumexperimentieren und sehen, was herauskommt – das finde ich ohnehin das Beste am Netz, dass das meiste ohnehin nicht planbar ist.
@urs: Das sehe ich genau so. Im Internet sind diese Informationen bereits enthalten, sie müssen “nur” nutzbar gemacht werden. Hierzu kann man sich Standardtechniken bedienen.
Z. Bsp. dank RDF können Suchmaschinen inzwischen immer besser erkennen, welche lokale und inhaltliche Relevanz Teile des Internets haben.
Seltsamerweise ist Basic eher einem traditionellen journalistischen Ansatz verhaftet, wo eine Gruppe von Menschen quasi von Hand Gatekeeper oder Filter spielen soll, dabei können es doch die Menschen, die publizieren und die Inhalte nutzen durch ihr konkretes Verhalten ganz gut selbst.
Ich kann mir gut vorstellen, dass ein intellektuelles Konzept wie Buzzriders auch programmiertechnisch so umgesetzt wird, dass es sich rentabel betreiben lässt – nur benötigt man dafür vor allem versierte Prozessmanager und Programmierer (sehr nachgefragte Profis) und nur sehr wenige klassische Journalisten (eher zur Zeit nicht nachgefragt).
Bevor nun wieder das Lamento anfängt: “Jemand muss die Inhalte ja erstellen!” – klar ist das so. Nur zeigen aktuelle Entwicklungen, dass man nicht mehr 100 nahezu identische Artikel über das gleiche Thema benötigt (die letztlich von vielleicht 5 Originalquellen abgeschrieben sind), sondern dass es eben diese 5 Originale braucht und vielleicht noch 10 perspektivische Einordnungen oder Aufbereitungen für unterschiedliche Nutzergruppen.
Den Rest erledigen moderne Suchmaschinen, kompetente Fachmedien und das Empfehlungsmarketing durch Kontaktverwaltungsdienste (weil ich das verhasste Wort soziale Netze vermeiden wollte).
… zu den letzten Beitraegen:
nehmen Sie einen Roman wie “Buddenbrooks”: 90 % der Figuren sind als Charaktermasken konzipiert, funktionieren nach gesellschaftlichen Organisationsprinzipien, weshalb das Buch auch als Gesellschaftsanalyse, ja als eine Vorwegnahme Max Weberscher Ideen, gelobt wurde und wird (uebertrieben m.E.). Eine Figur, die aus der Art geschlagen ist, waere Christian Buddenbrooks. Sein Leben endet nicht zufaellig in der Nervenheilanstalt. Wenn ich in diesem (grandiosen) Roman die interessanteste Figur Figur benennen sollte, es waere eben dieser Christian.
Und nun nehmen sie Dostojewskis “Daemonen” zur Hand. Ob es eine Hauptfigur gibt, die in diesem (nicht minder grandiosen) Buch nicht als verrueckt zu bezeichnen ist, weiss ich. Die meisten sind es zweifellos, verstricken sich unsinnige Haendel, geraten sich wegen Nichtigkeiten in die Haare usw., weshalb das Buch auch als grosser Beitrag zur Psychologie betrachtet wird, von Le Bon etwa. Ein Irrenhaus kommt nicht vor. Das ist die Gesellschaft.
Meine Frage: In welchen Kaemmerchen des Internet wird der Dostojewski-Anteil am Leben abgelegt: das Subversive, Subkutane, Anarchistische, Listige, Hinterlistige, Hinterfotzige, Seichte, Halbseidene, Asoziale, Nichtige …?
Man kann darueber streiten, aber als Zeitdiagnose steht Dostojekwskis Buch hinter demjenigen T. Manns nicht zurueck, eher im Gegenteil.
MfG
Guenter Schoenbauer
Oh, es gibt Menschen, die DIE DÄMONEN lesen.
Unfassbar. Jetzt kommt es sogar noch zu Aufführungen von Camus’ Bearbeitung. Ach nein, da kann keiner unpassend Theaterblut verspritzen und ohne Kontext nackt reklamieren.
Wo der Wahn heute gelandet ist? Fahren Sie kein Auto werter Herr Schoenbauer? Haben Sie schon mal in die Augen ihrer Mitmenschen geschaut, wenn Sie in einer belebten Fußgängerzone sehr laut “Hallo” oder gar “Diebstahl” geschrien haben. Dostojewskij beschreibt den aseptischen Wahn. Die Umwelt lebt die wahnhafte Desinfektion.
Ihre Antwort, lieber Herr Wittkewitz, zeigt mir, dass Ihnen der Emanzipationsgedanke am Herzen liegt, emanzipiert sie sich doch energisch und mit Erfolg von der gestellten Frage.
Dass der “Wahn”, um es einfachheitshalber dabei zu belassen, mit dem alltaeglichen Leben vieler Menschen verwoben und von daher auch vorhanden ist, habe ich mit meiner Frage doch vorausgesetzt. Was ich gern gewusst haette: Was davon wo im Internet “abgelagert” wird, verfasst nicht von irgendwelchen radebrechenden Schreiberlingen, sondern von den versierten, intelligenten, kompetenten … Skribenten und Zeitdiagnostikern, von denen weiter oben mehrfach die Rede ist. Es soll sie ja geben wie den Sand am Meer, was ich nicht glaube (ohne selber ein Journalist zu sein oder ein solcher werden zu wollen).
Und warum glaube ich es nicht, lieber Herr Zobel? Weil ich die grossen Analysen dieser mit Titeln und Preisen ausgezeichneten Super-Experten zu selten in irgendwelchen Zeitungen zu Gesicht bekomme. Das duerfte z.T. an der meist hohen Spezialisierung dieser Fachleute liegen, auch daran, dass neue Ergebnisse nicht beliebig aus dem Aermel geschuettelt werden koennen, sondern erst in Forschungsprojekten mit mehrjaehrigen Laufzeiten erarbeitet werden muessen, auch daran, dass sich mit journalistischen Beitraegen die Reputation nicht mehren laesst, und nicht zuletzt auch daran, dass die journalistische Schreibe manchem grossen Gelehrten gar nicht liegt, er sich schwer damit tut und die Finger davon laesst.
Obgleich ich mir Sokrates als guten Blogger vorstellen kann, geht auf ihn das dialektische Denkprinzip zurueck: These, Antithese, Synthese. Jeder Gymnasiast hat es x-mal durchexerziert, wenn er einen Besinnungsaufsatz geschrieben hat, Marx hat sein „Kapital“ nach diesem Prinzip organisiert, Habermas seine zwei Baende zum „Kommunikativen Handeln“; moeglicherweise ist dieses Prinzip inzwischen sogar genetisch inventarisiert. Fuer einen Blogger scheint es mir eher hinderlich zu sein, weil es die differenzierte, ausgewogene, zurueckhaltende Auseinandersetzung und Darstellung foerdert, wenn nicht fordert (sine ira et studio), und fuer einen Blogger, der sich den „verrueckten“ Seiten der modernen Welt verschrieben hat, scheint es mir nachgerade kontraproduktiv zu sein, weil beissende Ironie, bitterer Sarkasmus, Hohn und Spott, Einseitigkeiten und Verkuerzungen … gar nicht vorgesehen sind.
Wenn Sie vor kurzem in der „Zeit“ und der FAZ die Diskussion zwischen Axel Honneth und Sloterdijk verfolgt haben sollten: Ersterer steht und argumentiert in der Tradition Sokrates, der Frankfurter Schule oder des Besinnungsaufsatzes; dass er einen anstaendigen Blogger abgeben koennte, scheint mir unvorstellbar. Sloterdijk steht und argumentiert in der Tradition Nietzsches. Nietzsches „Menschliches, Allzumenschliches“, „Sprueche und Pfeile“ u.a. kann man m.E. als Vorformen erfolgreichen Bloggens auffassen, zugegeben mit einiger Phantasie, und von daher ist Sloterdijk fuer mich auch als exzellenter Blogger vorstellbar.
Lange Rede, kurzer Sinn: Die Faehigkeit zum Aphorismus waere es, worauf es m.E. ankaeme, weniger auf die Faehigkeit zum Besinnungsaufsatz. Und was ein Aphorismus ist, Karl Kraus weiss es und nachzulesen ist es selbstverstaendlich in der Wikipedia: http://de.wikiquote.org/wiki/Aphorismus.
MfG
G. S.
Herr Schoenbauer, sie sollten bloggen!
Ich persönlich hege ja durchaus auch die Meinung, dass diejenigen bloggen, die es anders nicht geschafft haben, in den Medien unterzukommen und wirklich herausragend zu sein. Und richtig: Blogger besetzen spezial spezielle Spezialnischen. Daneben gibt es den verstärkten Trend, ein Blog zu nutzen, um sich zu vermarkten (Seht her, wo ich spreche, seht her welches Buch ich schreibe, seht her, was ich twitter, seht her welchen Preis ich wieder gewonnen habe, seht her, seht her, seht her!) – das ist wirklich ein Ãœbel.
Wenngleich ich nach wie vor finde, dass Blogs ideale Werkstätten sind, um sich literarisch/künstlerisch auszuprobieren und mit anderen auszutauschen, Neues Dinge abseits des Mainstreams zu ersinnen, nur das geschieht in der Tat noch viel zu wenig. Hier wünschte ich mir mehr irres, wirres, geniales, neues, gedankenvolles, mehr Experimente, kurzum: eine Bewegung engagierter Schreiberlinge, denen es um die Kunst geht, nicht um den Kommerz.
Kleiner Nachtrag. Hatte mir im übrigen aus aktuellem Anlaß den Lettre International gekauft und bin schlicht entzückt. Hatte in letzter Zeit selten ein besseres und hochertigeres Magazin in der Hand. Im Internet suche ich Vergleichbares vergeblich, wobei ich es in der gedruckten Form ohnehin sehr viel angenehmer und schöner finde. Intelligente Schreiber, hübsche Aufmachung, interessante Informationen, aktuelle Themen – ein kleines Gesamtkunstwerk!
dagegen ein Vorschlag für ein lustiges Experiment für die deutsche Blogosphäre: Kann ich die SPON-Titelseite mit deutschen Blogs nachbauen? Good luck!
Lieber Herr Zobel,
nur ganz kurz und nur zu einem Punkt: Also dieser Lettre International scheint auch mir ein absolut gepflegtes Magazin zu sein. Rein zufaellig hatte ich dieselbe Idee wie Sie, ich aus Anlass des Sarrazin-Interviews, und habe ein wenig darin geblaettert, im Internet, da ich nicht in Deutschland lebe.
Leider kann man sich von den aelteren Ausgaben nur die Inhaltsverzeichnisse anschauen. Aber vielleicht ist es auch gut so, denn was ich da etwa im Verzeichnis der Nummer 5 gelesen habe, ein Beitrag von Paul Ricoeur ueber den “Skandal des Boesen”, von Hobsbawn und Bobbio ueber die Franzoesische Revolution oder von einem anderen Autor ueber die Drei-Minuten-Kultur, das haette mich mit Sicherheit ein Wochenende ueber in Atem gehalten.
Mit bestem Gruss
G. S.
Irgendjemand, der von vielen gelesen wird und ein wenig rechtliches Hintergrundwissen mitbringt, müsste einmal eine Riesenmenge Energie aufbringen und diese Schmeißfliegen von yasni oder 123people runterschreiben. Und am Ball bleiben in der Sache.
Das muss nicht hier sein, aber irgendjemand muss doch mal etwas machen. (Vielleicht passiert das ja schon, ich verfolge das nicht alles so genau.) Mir kommt einfach nur der Mageninhalt hoch, wenn ich mir vorstelle, was dort zu jedem einzelnen von uns für Seiten angelegt werden, oberste Google-Treffer, voll mit absurd zugeordneten Porträtfotos und Datenkrakenschnüffeldreck.
Bayernanhänger, das unterschriebe ich sofort, in der Tat, eine Riesensauerei, die viel kaputt macht.
@Oli: Was machen die denn kaputt? Die Illusion, dass die Dinge, die da vielleicht irgendwo über dich im Netz stehen, schon niemand findet, wenn du nur lange genug die Augen zuhälst? Dafür solltest du dich eher bedanken.
Ja, es ist eklig, dass sich Firmen mit Schnüffelbots mutmaßlich eine goldene Nase verdienen könnten. Und? Nimmt den Stuss, den diese Crawler auskotzen, tatsächlich irgendwer ernst? Beileid, wer solche Freunde oder Geschäftspartner hat, braucht keine Feinde mehr.
@Bayernanhäger: Ich sag’s ungern, aber das Geschäftsmodell dieser Digitalschaben dürfte juristisch wasserdicht sein, sonst wären sie längst offline. Sind sie aber nicht. Beide operieren aus Deutschland und damit im unmittelbaren Einflußbereich von Justiz und Datenschutzbehörden.
Vielleicht die :
http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/488480
Jungejunge, das Geschwurbel, was sich Robert Basic da aus den Fingern gesogen hat, hatte ja mal überhaupt keinen Inhalt. Wenn hier nicht gesagt worden wäre, dass es um ein Blogportal und ne Art Huffington Post gehen soll, hätte ich auch gut glauben können, dass es um eine Gebrauchtreifenbörse oder einen Veganer-Think-Tank geht.
[…] Of course he won’t make a lot of blogger friends with this kind of talk. The first German blogger reactions criticized The European for an elitist style and even a neo conservative spin in their articles. But as Görlach sees it, this is the “envy” of those who weren’t asked to write for The European. At least the website’s well paying advertisers like Volkswagen or Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, a large-scale industry thinktank, seem to like it. […]
[…] Of course he won’t make a lot of blogger friends with this kind of talk. The first German blogger reactions criticized The European for an elitist style and even a neo conservative spin in their articles. But as Görlach sees it, this is the “envy” of those who weren’t asked to write for The European. At least the website’s well paying advertisers like Volkswagen or Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, a large-scale industry thinktank, seem to like it. […]
@Bayernanhänger: Yasni hat derweil einen Schuss vor den Bug bekommen. Wohl kein Wirkungstreffer, aber besser als nix:
http://blog.beck.de/2009/10/31/personalsuchmaschinen-erste-verbotsurteile-gegen-yasni-co