Bayerische Verblendung
Das sind doch wirklich mal Topnachrichten, die die Welt lesen will:
Feuerwehr kippt bei Übung um, Beim Üben ist ein Feuerwehrauto verunglückt. Der Löschtank schlug leck.
Wieder Geldbotin ausgeraubt. Ein Räuber hat in Illertissen der Angestellten eines Getränkemarktes aufgelauert.
Schwede springt auf Autozug auf. Ein Biker hat den Halt seines Autozugs zum Rauchen einer Pfeife auf dem Bahnsteig genutzt. Plötzlich fuhr der Zug wieder los.
Über Nacht waren alle Äpfel weg Dreister Diebstahl: Über Nacht ist in Kaufering ein Apfelbaum abgeernet worden.
Und als Hauptnachricht, ganz gross und mit einem, naja, nicht gerade professionellen Bild unter üblem Blitzlicht:
Abschied aus Violau nach sieben Wochen: Bistum Augsburg trennt sich von Pfarrer Hirsch
Das alles kann man bei der Augsburger Allgemeinen, dem Lokalmatador des Printlertums in der Region Augsburg, im Internet abrufen. Kostenlos. Laut Andreas Scherer, dem Geschäftsführer der Presse-Druck- und Verlags-GmbH (Augsburger Allgemeine) und Vorsitzender des Verbandes Bayerischer Zeitungsverleger, würde die Regionalberichterstattung jedoch damit “exklusive Inhalte” bieten, was ich gerne zu glauben bereit bin, denn allzu oft wird man vom abgeräumten Apfelbaum in Kaufering nicht reden. Andreas Scherer jedoch gab anlässlich der diese Woche stattfindenden Medientage zu erkennen, dass er mit solchen Nachrichten Kasse machen möchte: “Es ist aber nur fair und richtig, diejenigen Online-User, die unsere Qualitätsinhalte kostenfrei genutzt haben, an unseren Aufwendungen zu beteiligen.”
Gestern habe ich das Interview gelesen, und bis heute kam keine Nachricht, dass die bayerischen gegen Andreas Scherer geputscht hätten, wegen offenkundiger Verblendung etwa und mangelnder Einsicht in die Möglichkeiten solcher Lokalblättchen. Generell kann man diesen Leuten also nur wünschen, ihre Portale zum Thema Apfelklau nur gegen Gebühr (neudeutsch Flatrate) zu öffnen – sie werden ja sehen, wo sie mit ihren einzigartigen Exklusivnachrichten hinkommen. Aber nur, falls sich jemand wurndert, wieso es deutschen Verlagen so dreckig geht: Es ist diese unsägliche Haltung, dieses komplette Negieren der Realität, dieses Weiterwurschteln wie in den 70er Jahren, das denen alle Chancen verbaut. Dann nach einem Leistungsscgutzrecht zu schreien: Glauben die wirklich, dass sich eine alte Sau für abgeräumte Apfelbäume interessiert?
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Sie wissen zumeist sehr genau, wieweit ihre Relevanz reicht. Das ist ja auch der Grund, warum nun nicht mehr die Strategie “profit by operation” sondern die politische Einflußnahme als neue Geschäftstätigkeit stattfindet “profit by regulation”. Da sind dann wirklich nur noch Simulationen von Journalismus notwendig, damit der Gesetzgeber diese potemkinschen Dörfer als schützenwert absegnet und den Kohlepfennig für notleidende Verleger und ihr Familien verordnet. Genauso wie die Senkung der Unternehmenssteuern neulich von 38% auf 29% und nun mit Schwarz-Geld vorr. auf ca. 23% oder die Tatsache, dass die Zentralbanken ihr Geld für 1% verschenken und die Geschäftsbanken dasselbe Geld für 4-6% an die Staaten verleihen. Ach, wenn die Merkel nur endlich schon Vorsitzendes Bundesverbandes der Banken wäre…Wer sich gefreut hat, dass Der Autokanzler weg war, hat nun die Banken&Medienkanzlerin im Nacken.
Ich warte schon auf den wütenden Leserkommentar, der Dir, Don, vorwirft, Du würdest die wahre Situation völlig verkennen: Der tägliche Polizeibericht, das sei doch das, was die Leser wollten, es sei schließlich lokaler “human interest”. Man habe es ja mit anspruchsvollen Inhalten versucht, habe den Politik-Ticker der dpa auf die Seite laufen lassen, doch irgendwie hätten die Leser das nicht angenommen, sie hätten die Meldungen wohl alle schon von GMX, Yahoo und Google News, aus der Tagesschau und aus dem Lokalradio gekannt. Was hätte man da machen sollen? Die aktuelle Strategie sei die einzige Möglichkeit, die traditionellen Medien vor dem Tod zu bewahren!
Dass man neben Copy-and-Paste auch vollkommen Eigenes machen könnte, steht mittlerweile anscheinend völlig außer Diskussion. Es würde ja Mehrarbeit und Mehr-Personalaufwand verursachen.
@Amelia: Ich warte eher auf einen wutschnaubenden Herrn, dem bei vorgeheiztem Backofen die folgende Meldung entgangen ist: “Schlechte Ernte: Äpfel in Ingolstadt ausverkauft”. Da hört der Spaß dann auf. (-;
Wenn ich gelegentlich zu Besuch in IN bin, genieße ich das Blättern im Lokal- und Regionalteil des “Donau Kurier” sehr: Da geht’s um mutmaßliche Atheisten, die Graffiti sprühen, Räuber mit dem besonderen Kennzeichen “sprach Hochdeutsch”, und wenn ein Herrchen mit seinem angebissenen Hund beim Tierarzt nicht drankommt, ist das eine halbe Zeitungsseite wert. Bayerisches Volkstheater – aber online würde ich das nicht lesen wollen.
Wobei die Pfarrer-Geschichte – das meine ich ganz im Ernst – so uninteressant ja nicht ist: Ein Pfarrer behauptet in einem Pfarrbrief, Organspenden seien nicht im Sinne Gottes, und muss daraufhin gehen, nach nur wenigen Wochen im Amt. Leider erfährt man aber weder, was er genau gesagt hat, noch, wie die offizielle Position der Kirche zur Organspende lautet (wird dieses Wissen bei allen Lesern vorausgesetzt?), noch, ob es üblich ist, dass Pfarrer nach einzelnen umstrittenen Äußerungen gehen müssen (hat vielleicht die Beschwerde einer bestimmten Person dafür gesorgt?). Interessant wäre auch die Geschichte des Pfarrers: Ob er womöglich zu einer bestimmten (besonders radikalen?) Untergruppierung der Kirche gehört, eine generell abweichende Lehre vertritt, sich früher schon ähnlich geäußert hat etc. Aber: Nichts, jedenfalls nicht in dem online veröffentlichten Artikel. Gut, man kann natürlich argumentieren, dass die Sache für solch einen großen Rechercheaufwand dann doch nicht relevant genug ist. Aber wenn diese Zeitung dieses Thema schon zum Aufmacher macht, dann scheint sie ja der Meinung zu sein, dass es viele Leser tatsächlich beschäftigt.
Von der Güteklasse sind die lokalen Meldungen aus unserer Verbundgemeinde auf rp-online auch. Ich würde gar nicht mal sagen, dass das keine Sau interessiert, ob die Pappeln am Rheindeich stehen bleiben oder abgeholzt werden oder dass die Leitung der städtischen Musikschule vakant geworden ist. Ich glaube nur nicht an den “pay value” solcher, hüstel, exklusiver Inhalte. Ich klick da ab und an hin, weil das Zeug nun mal da ist. Wäre es hinter einer Bezahlschranke, fände es bei mir halt gar nicht statt und würde vermutlich auch nicht groß fehlen.
Etwas mehr aus dem Interview ist auf der verlagseigenen Seite zu lesen:
http://www.augsburger-allgemeine.de/Home/Nachrichten/Bayern/Artikel,-Verlegerverband-Online-Regionalzeitung-sollte-Geld-kosten-_arid,1951221_regid,2_puid,2_pageid,4289.html
Das Argument mit dem Mehrwertsteuersatz muss ich mir allerdings nochmal ergoogeln, dazu stand in dem qualitätsjournalistisch getriebenen Artikel nämlich nichts: ich dachte immer die Mehrwertsteuer zahlt der Endabnehmer (also Abonnent) und nicht der Verlag ?
Und wenn jetzt der Verlag den Preis für die Online-Nutzung von 0 Euro z. Bsp. auf 10 Euro hochsetzt, ist es da dem Leser nicht egal, ob davon 7 oder 19 % an den Staat gehen ?
Aber ein anderes Argument kommt vom Chefredakteur Jürgen Marks (nicht Marx…):
http://www.community.augsburger-allgemeine.de/forum/blogs/j%FCrgen+marks/1677-fuer-lokale-online-news-bezahlen.html
“In 16 Lokalredaktionen zwischen Landsberg und Nördlingen, zwischen Neu-Ulm und Neuburg/Donau arbeiten weit mehr als 100 Journalisten. Sie berichten über das lokale Geschehen vor Ort, sie kommentieren, fotografieren und glossieren. Diese exklusive Leistung hat einen Wert, für den Zeitungs-Abonnenten bezahlen.”
Im letzten Satz liegt der Irrtum (Murks durch Herrn Marks).
Die Zeitungsabonnenten bezahlen dafür, dass ihnen ein täglisches Stück Gewohnheit in den Briefkasten gesteckt wird, das sie nur rausholen, aufschlagen und lesen müssen.
Sie kaufen sich die Bequemlichkeit, nicht in zig Quellen (die vielleicht wiedersprüchlich sein könnten) nachschauen zu müssen.
Lassen sich die wichtigsten Themen vorkauen und nacherklären. Das vereinfacht das Leben ungemein. Man kann eine Meinung haben, ohne sich eine bilden zu müssen.
Das regionale Zeitungsabo ist also eine Bequemlichkeitflatrate.
Ob der Verlag für die Informationsbeschaffung nun 100 Journalisten beschäftigt, die tarifvertraglich abgesichert 14 Monatsgehälter kassieren, die weit über dem Durchschnittseinkommen der Abonnenten liegen oder 250 Blogger, die sich über eine Einladung zur Verlagsweihnachtsfeier und über die lokale “Berühmtheit” freuen, dürfte dem Leser ziemlich egal sein.
Es ist ja schon verständlich, dass ein Mensch, der lange vom Journalismus leben konnte, sich eine Welt nicht vorstellen kann, in der das nicht mehr geht.
Aber das ging ja anderen Berufszweigen auch so – nur aus meiner Bekanntschaft zitiert:
da mussten schon Viehirten zu Versicherungsvertretern umschulen, Werkzeugmacher zu Grafikdesignern und Sattler zu Schaufensterdekorateuren.
Wer nun sagt, Du kannst doch Journalisten, die vierte Gewalt im Staat, die Speerspitze der Demokratie nicht mit Handwerkern und Bauern gleich setzen, sollte bedenken, dass in der Marktwirtschaft doch Angebot und Nachfrage den Preis regeln und nicht hohle Worte.
Und der Preis für eine Nebensache wie Nachrichten dürfte im Internet sehr nahe bei Null liegen, weil das Angebot riesig und die Nachfrage eher schwach ist.
Wenn fast jeder e-Mail verschicken kann, ist auch jeder über das informiert, was ihn betrifft. Zusätzlich kosten Telefonate immer weniger und selbst meine Oma verschickt manchmal SMS.
@DonAlphonso: Nein, die Topnachrichten des Online-Angebotes der Augsburger Allgemeinen will die Welt nicht lesen. Nur die Menschen in unserem Verbreitungsgebiet. Und das in relativ großer Zahl.
Vom Lokaljournalismus verstehen Sie auf Ihrem hohen Ross leider gar nichts. Aber das wollen Sie auch nicht. Sie wollen spotten und verächtlich machen. Bitte schön.
Woher wollen Sie das eigentlich wissen? Ich habe durchaus Erfahrung im Lokaljournalismus. Nur ist das was anderes als billige Nachrichtendurchreiche bei fetten und faulen Regionalmonopolisten.
(Aber bitte, ich will niemandem vom Krepieren abhalten, machen Sie das ruhig und Sie werden sehen, wohin Sie damit kommen)
@marks Ihr Unternehmen dürfte nun gleichzeitig an ganz vielen Stellen wirtschaftlich unter Druck kommen:
http://www.mediengruppe-pd.de/htm/fakten/fakten_neu.html
Durch das Internet werden zunehmend überflüssig:
* Produktion von Zeitungen
* Prospektverteilung
* Briefgeschäft
* Transport
* Tageszeitungen
* Anzeigenblätter
* Kundenzeitschriften
Und die Verluste dort sollen nun “kompensiert” werden, indem Sie für die noch zarten Online-Pflänzchen Eintrittsgelder verlangen ?
Damit das Sterben möglichst unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet ?
Ich habe mich beim Lesen des Artikels auch gewundert. Gewundert, warum der Don aus einer Schülerzeitung zitiert. Bis er behauptete, das käme aus einer professionellen Zeitung.
Ich sage euch, der Don lügt! So was schreibt kein Profi, wirklich nicht. Bestimmt ni … ups.
Viel Spaß beim Versuch DER Zielgruppe Online-Abos zu verkaufen. Hält jemand Popkorn bereit?
Herr Marks hat ja durchaus Erfahrungen mit Paid Content:
“Aktuelle Nachrichten zum Irak-Krieg sofort auf das Handy bietet ein neuer Service von FOCUS Online. Ob am Arbeitsplatz oder unterwegs: Der Nutzer erhält die SMS-Nachricht schnell auf sein Display. „Großen Bedarf an Information seit Kriegsausbruch“, bilanziert Jürgen Marks, Chefredakteur von FOCUS Online: „Mit dem SMS-Service kommen wir dem starken Leserinteresse entgegen.“
Und so gehts: Um News zu erhalten, eine SMS mit dem Text „FOCUS IRAK“ ohne Vorwahl an die Nummer 82289 schicken. Für 1,99 Euro erhält der Nutzer acht SMS-News, vier pro Tag. Abgerechnet wird über die Handy-Rechnung oder das Prepaid-Guthaben.”
http://www.focus.de/magazin/archiv/sms-irak-news-direkt-auf-das-handy_aid_196081.html
Wann kommt das Augsburger-Allgemeine-Verkehrstote-SMS-Abo ? Das wäre doch eine Einnahmequelle, die nie versiegt.
Wenn das alles so profan, dämlich und überflüssig wäre, wie es mal wieder einer dieser einseitig dimensionierten Blogger schreibt, dann wäre wohl auch niemand dazu bereit, die Zeitung zu abonnieren und dafür Geld zu bezahlen. Dann hätte auch die gedruckte Fassung allenfalls als kostenlosen Anzeigenblatt eine Chance auf dem Markt gehabt, weil die Inhalte ja so sehr provinziell und nichtig sind. Es gibt aber (einige) Menschen, die interessiert es, wenn vor ihrer Tür ein Sack Reis umgekippt ist.
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Und dann hat Mister Schlau zwei weitere Dinge vergessen: Erstens dass selbst mit einem kostenfreien Internetangebot in der Form ja kaum oder gar kein Geld erzielt werden könnte, weil die Inhalte ja so profan sind. Und zweitens – viel wichtiger – dass die Augsburger Allgemeine möglicherweise die richtig guten Geschichten bisher nicht online setzt, weil sie sie nicht kostenfrei verschleudern will. Sobald Geld fließt, würde man die Inhalte der Zeitung vemutlich komplett online finden.
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Ergo: Man kann sich als Wichtigtuer natürlich über Lokaljournalismus in der Provinz lustig machen und gezielt die plattesten Nachrichten herauspicken und zitieren (diese Schema lässt sich übrigens noch einfacher auf Blogs anwenden). Dennoch ist es unbestreitbar, dass eine Zeitung wie die Augsburger einen Markt mit ihren Print-Inhalten bedient. Und ein Teil dieser Menschen würde genau diese Inhalte auch online konsumieren, vielleicht sogar lieber. Allerdings ist das bisher kostenfrei und nicht kostendeckend. Und daher ist die Einführung einer Abo-Gebühr genau richtig. Es gibt eben Menschen, die solche Nachrichten lesen wollen und bisher auf Papier dafür bezahlen. Alle anderen können ja gern draußen bleiben.
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Ach einer noch zum Sterben auf Raten: Angenommen es wäre so: Durch free content würden Zeitung wie diese als nicht Sterben und überleben, ja? Hahahahaha.
@brueller: Vielleicht stirbt aber einfach die Zeitung in gedruckter Form und auch ihre Online-Kopie. Kein entweder oder sondern ein sowohl-als-auch.
Die Argumentation von Don Alphonso ist in meinen Augen unlogisch. Wenn Regionalzeitungen eine Chance in der Krise haben, dann liegt diese Chance vor allem in der Berichterstattung über lokale oder gar sublokale Themen. Denn das ist, um mal in der Marketingsprache zu bleiben, ihr Alleinstellungsmerkmal. Und ja, dazu gehören dann eben auch Beiträge über umgekippte Feuerwehrfahrzeuge. Don Alphonso könnte sich ja mal die Mühe machen, nachzuschauen, welche Berichte auf den Internetseiten der Regionalzeitungen besonders häufig angeklickt werden – es sind in der Regel nicht die Kommentare und Hintergrundberichte zum Start der großen Koalition etc. Für die nutzt der Leser lieber Faz oder Süddeutsche oder wasweißich.
Noch ein Nachtrag: Natürlich ließe sich darüber diskutieren, ob die Qualität dieser lokalen Berichterstattung immer stimmt. Aber ich würde mal behaupten, selbst aus der Geschichte des umgekippten Feuerwehrautos ließe sich ein interessanter Beitrag basteln, wenn der Autor ein Gefühl für Sprache und für den Reiz kleiner Katastrophen hat.
@rw Theoretisch liegen viele Chancen im Regionalen, wenn es gut abgedeckt wird. Aber gerade hier liegt doch schon bei der gedruckten Zeitung vieles im Argen: komplette Themen, die den Eigentümern politisch nicht passen, werden totgeschwiegen oder immer wieder mit einem tendenziösen Dreh versehen dargestellt. Das ist doch der Grund, warum das Internet so befreiend gerade bei lokalen Monopolen ist: jeder kann in seiner Region publizieren und wird dann Suchmaschinen oder Verlinkungen etc. auch gefunden. Die Anzeigen (Immobilien, Dienstleistungen, Kleinanzeigen) sind online auch besser abgebildet – selbst wenn sie dort etwas kosten. Auch die sind also kein Grund mehr, die Zeitung zu kaufen oder sich ein Online-Abo zu besorgen.
Aber wahrscheinlich ist jede Diskussion mit der “Die Zeitung lebt”-Fraktion verlorene Zeit. Wer 15 Jahre lang in die falsche Richtung läuft, bleibt sich bis zum Ende treu, siehe Quelle.
@Buchleser: Wenn die Leute mal Neuigkeiten aus ihrer Region bloggen würden, fände ich das ja toll. Leider tut sich da bislang inn weiten Teilen Deutschlands nicht viel – bis auf “Ich war auf der und der Party, und dann habe ich mir heute dieses und jenes Gadget gekauft und dieses oder jene Gebäude fotografiert”. Wie soll es auch anders sein? Für die meisten Menschen, die vielleicht über längere Zeit, also mit Ausdauer, bloggen würden, lohnt es sich nicht, weil es als Geschäftsmodell nichts taugt – bis auf wenige Ausnahmen.
Ich halte es ja auch für möglich, dass die klassische Zeitung ihrem Ende entgegensieht. Aber mich erstaunt der Glaube, Blogger verstünden das Geschäft besser.
Mir gefällt die bornierte Art nicht, mit der Sie sich über den Lokaljournalismus und letztlich auch über die Leser erheben, die solche Nachrichten sehr wohl lesen und wünschen, auch wenn Don Alphonso auf seinem Blog-Olymp diese Texte für belanglos hält.
Übrigens: Die von Ihnen angeführte Meldung von dem Schweden, der auf den Zug sprang, schien doch von größerem als nur lokalem Interesse gewesen zu sein, denn sie ging am selben Tag durch die Nachrichtenagenturen. Dass sie nicht Ihrem Verständnis von Journalismus entspricht, muss ja nicht bedeuten, dass “die Welt”, für die Sie hier in offenbar wahnhafter Anmaßung zu schreiben glauben, solche Nachrichten nicht wünscht.
@Alter Kollege
Das ist ja auch einfacher und geht schneller als einen Artikel über ein komplexes Thema sauber zu recherchieren und verständlich zu verfassen… ;o)).
@rog #19: Was so alles passieren kann, wenn man als lokaler Blogger bisschen tiefer gräbt als nach Partyberichten, können Sie ja mal hier nachlesen.
Man muss zum besseren Verständnis der Vorgänge auch dazusagen, dass das Heddesheim-Blog seit Monaten kritisch über eine geplante größere Unternehmensansiedlung im Gewerbegebiet der Gemeinde berichtet und unbequeme Fragen gestellt hat, für die sich die Kollegen von Mannheimer Morgen und Rhein-Neckar-Zeitung zu fein waren. Was da seitdem aufgeführt wird, ist “Volksfeind reloaded” – frei nach Henrik Ibsen.
@Mark793: Danke für den Link. Nachdem ich diesen Beitrag des Bloggers gelesen habe, fallen mir einige Journalisten aus meinem persönlichen Umfeld ein, die ähnlichen Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt waren. Ich wäre fast versucht zu sagen: Das ist Berufsrisiko, passiert also nicht nur in Heddesheim.
Und das ist ja auch der Punkt, den ich meine: Nur wenige Blogger werden sich über Jahre hinweg diesem Druck aussetzen, wenn sie dafür nicht auch irgendwie entlohnt werden. Der Blogger aus Heddesheim berichtet ja auch in einem Absatz über die Anzeigenkunden, die in seinem Umfeld NICHT werben wollen. Wie lange will er das durchhalten?
Ähnlich sieht es allerdings auch in der Printbranche aus: Oft widmen sich Journalisten kontroversen Themen nicht mehr, weil unter anderem ihr niedriges Gehalt diesen Einsatz und darauf folgenden Ärger kaum noch rechtfertigt. Könnte ja passieren, dass auch noch Anzeigenkunden ihre Aufträge wegen missliebiger Berichterstattung zurückziehen, wie es in der jüngeren Vergangenheit immer öfter geschehen ist.
Die Informationsbranche zahlt nun mal einen Preis dafür, dass uns Google kostenlosen Content zur Verfügung stellt und Firmen lieber im Umfeld dieses Contents werben.
@rog: da ging wohl einiges durcheinander “Die Informationsbranche zahlt nun mal einen Preis dafür, dass uns Google kostenlosen Content zur Verfügung stellt und Firmen lieber im Umfeld dieses Contents werben.”
1. Google stellt keinen kostenlosen Content zur Verfügung, das tun die Verlage (und viele andere), die im Web publizieren.
2. Unternehmen werben auf Google und auf Contentseiten
3. Google interessiert sich bei der selbst platzierten Werbung nicht darum, ob ein Unternehmen gut oder schlecht im redaktionellen Artikel wegkommt – ist also geradezu ein Garant für die Trennung von Redaktion und Anzeigen.
4. Wer Redaktion und Werbung und eigene Interessen vermischt kann dauerhaft nur in Monopolen überleben oder muss Mauern bauen. Das Internet knackt diese Monopole. Google knackt die Mauern. Daran führt nichts vorbei.
sagt mal, ihr holzmedien-fuzzies, ich verstehe ja, dass euch der arsch auf grundeis geht. aber diese total überkommene, innenorientierte denkweise, die sich immer wieder in den kommentaren herausstellt und die der don zurecht anprangert wird euren niedergang nur weiter beschleunigen.
keine sau interessiert es, wie eine zeitung an geld kommt. es ist *nicht* meine zuständigkeit als leser, ein newsangebot finanziell über wasser zu halten. erst recht nicht, wenn die qualität nicht stimmt und ich mit dem vagen versprechen von anspruchsvolleren inhalten abkassiert werden soll. da kann ja jeder kommen. wenn überhaupt gehts nur umgekehrt: erst in vorleistung treten, dann die hand aufhalten.
nein, die finanzierung ist allein das problem derjenigen, die mit inhalten geld verdienen wollen. und es wird auch nicht zum problem des lesers, wenn die printverlage tot sind. denn es gibt online schier unendliche kostenlose alternativen, um an relevante news zu gelangen. und das ändert sich nicht. denn es wird immer irgendwo und zu jedem zeitpunkt ausreichend viele medien – ob einzelpersonen oder redaktionell organisiert – geben, die gute beiträge ins netz stellen, ohne dafür gebühren zu verlangen. aus reinem enthusiasmus, weil es sie unmittelbar beschäftigt, weil sie es sich leisten können, um sich einen namen zu machen, weil sie effizient wirtschaften oder warum auch immer.
wenn man nur will, erhält man im internet aus unzähligen newsquellen eine fülle von qualitativ hochwertigen informationen. unabhängig, meinungsstark, kritisch hinterfragend, aus erster hand. reichhaltiger, direkter und besser als es print je bieten könnte. ich fühle mich durchweg kompetent informiert.
online ist *nicht* qualitativ minderwertig. man muss nur wissen, wo man sich die relevanten informationen abholt. was kein problem ist, wenn man auch nur ein fitzelchen medienkompetenz besitzt.
@Buchleser: Das Wort “Content” war in der Eile tatsächlich falsch gewählt von mir, besser wäre wohl “Umfeld” gewesen. Ich meinte Angebote wie Googlemail, die zielgerichtete Werbung von Unternehmen beinhalten, je nach Inhalt der vom User gesendeten und empfangenen Nachrichten. Nur ein Beispiel.
@rog also so gemeint ? “Die Inhalteproduzenten zahlen nun mal einen Preis dafür, dass Google Konsumenten kostenlose Services zur Verfügung stellt und Firmen lieber in diesen Services werben als direkt im Umfeld dieser Inhalte.” ?
Selbst dann ginge die Argumenation an der Realität massiv vorbei. Die zielgerichtete Werbung wird nunmal kaum von klassischen Medienunternehmen angeboten, weil die immer noch leere Fläche wie zu Zeiten von Print “verkaufen”. Deshalb geht die Werbung an den Zeitungs-Webseiten vorbei. Das hat mit den Inhalten nichts zu tun. Macht Eure Hausaufgaben und dann könnt ihr Online überleben, unterlasst es weitere 5 Jahre und erledigt euch selbst.
@Buchleser: Genau so war es gemeint. Allerdings, und hier will ich keine Lanze für Print brechen, sondern nur etwas anmerken, probieren es auch klassische Medien seit Jahr und Tag mit der zielgerichteten Werbung. Google trifft nur weitaus stärker ins Ziel.
@Moti
Mein Gott, müssen Sie ein armes Würstchen sein, dass Sie eine Berufsgruppe so dermaßen titulieren. Naja, jedenfalls viel Spaß bei der täglichen (!), reichhaltigen und ausgewogenen Informationssuche z.B. über Recklinghausen!
Ach ja, noch was: Mit free content stirbt die Zeitung garantiert, inklusive Online-Ausgabe. Von daher kann man mit paid content praktisch nicht viel verkehrt machen.
Und, ich ziehe den Hut, Herr Alphonoso: Ganze 29 Einträge. Das hat ja fast schon die Bandbreite der Welt-Gesamtausgabe. Verzeihung, aber das soll nur den Spiegel vorhalten betreffend unwichtiger Lokalmeldungen.
29 Einträge? Was meinen Sie damit? Können Sie vielleicht mal nicht in Rätseln sprechen, Sie Journalist?
Im Übrigen möchte ich bezweifeln, dass man nicht mit frei verfügbaren Inhalten Geld verdienen kann. Es gibt einige Medien, die gar nicht daran denken, etwas zu verlangen und dennoch Geld verdienen, egal ob das jetzt SPON ist oder Business Insider. Nur die Witzmeldungend der Augsburger Allgemeinen, die ich im Übrigen so übernommen habe, wie sie in der Reihenfolge auf der Website standen, die halte ich nicht für verwertbar.
Och, kommen’se. 29 Kommentare als Feedback. Jetzt 30. Das haben Sie schon verstanden.
SPON hat eine bundesweite Zielgruppe. Da mag es möglich sein, schwarze Zahlen zu schreiben, auch wenn die gar nicht so toll sind, wie immer in Blogs schwadroniert wird. Und war nicht hier genau in diesem Blog kürzlich noch von einer inhaltlichen Verflachung bei SPON zu lesen? Das könnte mit (fehlendem) Geld zu tun haben.
Die Argumentation mit diesen so genannten Witz-Meldungen ist polemisch. Ne, natürlich lässt sich mit diesen einzelnen konkreten Meldungen kein Geld verdienen. Aber es macht ja das Gesamtangebot. Und dafür zahlt eine Zielgruppe Geld. Sie zahlt es bisher für eine Printausgabe. Allerdings erkennen einige: Hoppala, online ist es umsonst und vielleicht sogar bequemer. Daher zahlen einige aus der Zielgruppe nicht mehr. Würde das Online-Angebot kostenpflichtig, würden Teile dieser nicht mehr zahlenden Zielgruppe wieder zahlen. Weil sie genau solche Informationen wollen (für die sie bisher auch zahlen oder gezahlt haben).
Das ist eigentlich gar nicht so schwer: Auch für Provinz-Nachrichten ist ein Markt. Das sieht man ja an den Zeitungsauflagen, die so klein auch noch nicht sind. Für viele dieser Leute wird es aber zunehmend gleichgültiger, ob sie die Meldungen auf Papier oder am Bildschirm bekommen. Das ändert aber nichts daran, dass es einen Markt gibt mit zahlenden Menschen. Und natürlich werden das vielleicht weniger Online-Leser als jetzt sein. Macht aber nichts. Es hat ja auch nicht jeder Haushalt eine Zeitung.
Manchmal kommt ihr mir vor, wie die schlechten Unternehmensberater in einer Eisdiele: Vorn gibt es Kugeln gegen Geld. Und viele Leute mögen es. Und am Hintereingang gibst Du das Eis neuerdings kostenfrei aus. Irgendwann spricht es sich herum, und die Leute, die vorn noch ein Eis bezahlt haben, rennen natürlich auch zum Hinterausgang. Was willst Du jetzt machen? Vorn zumachen und Eis kostenfrei anbieten und verzweifelt versuchen mit einem Werbeeintrag auf dem Hörnchen die viel zu hohen Kosten einzufangen? Oder am Hintereingang auch Geld nehmen? Und nein, die Konkurrenz bietet es auch nicht am Hintereingang an – Du bist die einzige Eisdiele im Ort mit breitem Sortiment.
Wenn es dann auf der Rückseite auch kostet, werden einige kein Eis mehr essen oder sich kostenloses Eis aus der Nachbarstadt beschaffen oder es sich selbst mischen. Die meisten Kunden von vorn und einige neue werden aber (wieder) zahlen.
Wenn Sie nicht in der Lage sind, sich verständlich auszudrücken, sollten Sie zweierlei nicht tun: Anderen die Unverständlichkeit Ihres Geschwalles vorhalten, und glauben, dass Sie ernsthaft Geld verlangen können. Es ist zwar durchaus richtig, dass man auch im Internet Dreck verkaufen kann, nicht umsonst ist Bild.de das meistbesuchte Medienangebot.
Das problem aber ist – und das hat sich vielleicht npch nicht in die schwäbischen Felsüberhänge rumgesprochen – dass es schon mal grossflächig versucht wurde. Gegen Ende der New Economy. Manche Zeitungen versuchen es bis heute, ohne grosse Erfolge. Trotz aller bemühungen gibt es im deutschen Internet kein grösseres Angebot, das in der Lage wäre, sich auch nur ansatzweise mit einem Online-Abo zu finanzieren.
Und wenn ich mir Leute wie Sie anschaue, dann wundert mich das absolut nicht. “Regional” ist keine Lösung, sondern bestenfalls ein Aspekt. Wie auch Kommentare. Aber bitte, ich habe nichts dagegen, wenn die AA sich da eine blutige nase holt. Bei jeder Umwälzung gibt es welche, die krepieren, weil sie ihre Geschäftsmodelle jenseits der Märkte entwickeln.
Versuch macht klug – und so sollte man das Augsburger Regionalblättchen nicht hindern klüger zu werden. Mögen sie ihr “hochwertiges” Angebot – in Wirklichkeit handelt es sich um eine Website, die mit den eigenen Content überdeckender Werbung arbeitet – geneigten Usern zum Kauf feilbieten.
Wichtig bleibt, dass man derartigen Traumtänzern kein öffentliches Geld ins Grab nachwirft. Das larmoyante Gebettel ekelt nur noch an.
Google hat Stil und Klasse. Niemandem würde ein Schaden zugefügt, wenn Google larmoyante Bettler aus seinem Angebot entfernen würde.
Auch schlechtes Benehmen ist hier ein Rauswurfgrund, “Brüller”.
“Die einzige Eisdiele am Ort” … träumt ruhig weiter Regionalverleger.
Schaut Euch mal die regionalen Bild.de-Seiten an, wenn die noch etwas mehr lokal investieren, nehmen sie euch allen die Butter vom Brot und danach auch noch das Brot. Ihr seid nicht die einzige Eisdiele, das ist vorbei. Und bei Bild träumt keiner davon, für die Nachrichten Geld zu verlangen, sondern wenn überhaupt für spezielle Services.
Der Markteintritt ist im Internet nicht zu verhindern, wie im Holzvertrieb eurer Zeitungen. Viel Spass beim Versuch von “Absprachen” – daran wird sich Springer nicht halten.
Schlimm, dass man im Jahr 2009 noch solche grundlegenden Dinge anbringen muss.
Dieses Auswalzen von Polizeiberichten ist mir übrigens vor einiger Zeit schon in manchen privaten Lokalradios aufgefallen. Ähnliche Meldungen wie die oben aufgelisteten wurden als Hauptnachrichten zur vollen Stunde vorgetragen (“Wieder Geldautomat in XY geknackt”). Ich habe mich gefragt, ob das Motiv dafür wirklich der stärkere “lokale Bezug” war (da gäbe es wirklich bessere Themen, es handelte sich schließlich um eine Großstadt!!) oder vielmehr Einsparungen, weil dadurch teurere überregionale Beiträge, Agenturmeldungen etc. nicht mehr eingekauft werden mussten.
Also, nichts gegen lokale Inhalte, und auch nichts grundsätzlich gegen eine Berichterstattung über spektakuläre Kriminalfälle, schwere Verkehrsunfälle etc. (solange es nicht zu sensationsgeil wird und die Beteiligten anonym bleiben). Aber die aufgeführten Beispiele sind so banal, dass sie nicht mal zum Small Talk beim Bäcker taugen.
Pfarrbrief von Pfarrer Andreas Hirsch zur Organspende. Das Original als PDF. Wohl nicht mehr lange, denn die Pfarreiengemeinschaft
Altenmünster-Violau hat ihn “eigentlich” schon gelöscht. In dem Pfarrbrief hat Pfarrer Andreas Hirsch Organspenden kritisiert.
http://downloads.bistum-augsburg.de/2/115/1/48698194302402361949.pdf
Gruß, R. Rotondo
Immerhin hat die Zeitung im Laufe des Tages auch etwas mehr Details zu dem Vorfall geliefert:
http://www.augsburger-allgemeine.de/Home/Lokales/Wertingen/Lokalnachrichten/Artikel,-Theologische-Lehre-der-Kirche-nicht-befolgt-_arid,1954604_regid,2_puid,2_pageid,4506.html
Nachrichten entkommerzialisieren sich. Früher waren sie knapp und konnten darum teuer gehandelt werden. Heute gibt es sie im Überfluß und sie verbreiten sich von alleine.
Journalismus wird es weiterhin geben, aber nicht mehr auf Grundlage der bisherigen Geschäftsmodelle. Die klassischen Regionalzeitungen sind heute schon überflüssig wie die Heizer auf der E-Lok.
Was ist, wenn die Polizei ihren Polizeibericht selber auf ihrem Bürgerportal online stellt?
Der Journalismus wird sich von den Geschäftsmodellen emanzipieren. Die “Marke”, die für Qualität bürgt, wird künftig kein Konzern sein, sondern der Name (oder das Pseudonym) des Publizisten (nennen wir ihn “Blogger”), dem die Leser vertrauen.
Dieser wird damit womöglich gar kein großes Geld verdienen. Na und? Es gibt andere Motive.
Für die braven Berufsjournalisten, von denen viele in den letzten Jahrzehnten ja trotz allem einen ordentlichen Job gemacht haben, tut es mir leid. Aber im Zeitalter der elektrischen Stromversorgung in allen Haushalten kann man mit Kerzen und Petroleumfunzeln nicht mehr so viel verdienen.
[…] (Mehr zum Thema und dem Interview Scherer gibt´s an der Blogbar.) […]
[…] Vielleicht hat Scherer dabei ja die Musik-Downloads im Sinn, die zumindest teilweise erfolgreich nachträglich in Paid-Content-Bahnen gelenkt wurden als Apple 2001 den iTunes Store eröffnete. Das wäre allerdings ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Denn es ist ein Sahnehäubchen, wenn ich mir aus lauter Einzeltiteln in CD-Qualität eine Musiksammlung nach meinem Wunsch zusammenstellen kann. Doch wo ist die Sahne auf der Website der Augsburger Allgemeinen? Geradezu absurd erscheint es, wenn die Verlagsoberen dort glauben, Allerweltsmeldungen und lokale Belanglosigkeiten (mit routiniertem Sarkasmus zerpflückt von Don Alphonso) würden gleichemaßen genutzt, wenn man eine Bezahlschranke davor zu errichtet oder sie in eine iPhone Applikation füllt (s. Thomas Knüwer). Es mag ja sein, dass ich auf der Website der Augsburger Allgemeinen nur deshalb nichts finde, was ich persönlich kostenpflichtig auf mein Handy oder in den Webbrowser laden würde, weil ich keinen Bezug zu Augsburg habe. Aber beim Webauftritt oder dem Mobilangebot meiner Heimatzeitung Kölner Stadt-Anzeiger gelingt es mir ebenso wenig. Noch immer sind die meisten Zeitungswebsites nur einfallslose digitale Kopien gedruckter Zeitungen, angereichert mit Klickstrecken. Und keinesfalls Sahnetorten. […]
[…] Medienhäuser und Verlage stehen seit geraumer Zeit vor einem fast noch existentielleren Problem als die Musikindustrie: Ihre Qualitätsinhalte sind aus der Mitmacheuphorie der Internetaufbruchsjahre kostenlos im Netz, und lassen sich über die Markenportalschiene nicht mehr nachträglich monetarisieren; alle Versuche sog. Bezahlcontent einzuführen scheitern bei den meisten Publikumsmedien (auch wenn alle angesichts bescheidener Zahlen wieder alle davon reden); nicht zuletzt deshalb weil die verkaufsträchtigen boulevardesken Inhalte zumeist ohnehin redigiertes Material von Nachrichtenagenturen enthlten, das alle anderen auch haben. Die wirklich aufwändigen und wertvollen Medieninhalte hingegen werden nur von einer sehr schmalen Teilgruppe des Stammleserschaft goutiert, weshalb bei diesen Artikeln, die es eigentlich wert wären bezahlt zu werden, die wirtschaftlichen Erlöschancen gegen die Nichtbeachtung des dann ja gesperrten Artikels abgewogen werden müssen. Die SZ zeigt online recht abschreckend wo das hinführt. Don Alphonso hat in der blogbar die entsprechende Beweisführung auf Schönste in Worte gefasst. […]
Zum einen bin ich der Meinung, dass Qualitätsjournalismus durchaus seine Berechtigung hat (sei es in Holz oder Strom) und Benutzer durchaus bereit sind, dafür zu zahlen (wenn ich nur an die Aufregung denke, endlich wieder ein frisches Geo in der Hand zu halten…), zum anderen ist gerade die AA ein Beispiel dafür, was Qualitätsjournalismus nicht ist. Als Augsburger mit Zeitungsabo kenne ich die Artikel der AA zur Genüge. Man wäre fast geneigt zu sagen, das Unabhängig und Überparteilich in der Überschrift gehört da eigentlich nicht hin. Die AA hatte vielleicht mal ihre Blütezeit, aber die ist längst vorbei.
Auf der anderen Seite sollten doch die Verlage inzwischen wissen, wie man den bösen Google davon abhält, einem Besucher auf die Seite zu spülen. Also ich kann das Gejammer der “Qualitätsjournalisten” einfach nicht mehr hören. Wann kommt Google eigentlich darauf, für jeden Besucher, der über Google auf eine Verlagsseite gekommen ist, vom Verlag Geld zu verlangen?
Also, liebe AA, meine persönliche Meinung: fangt an, wieder ordentlichen Journalismus zu liefern und nicht nur alles nachzuplappern, was Euch ein Decken-Kurti in den Block diktiert und dann, aber auch nur dann, kann man über die Bezahlung sprechen. Schließlich bezahle ich den Handwerker auch nicht im voraus, sondern erst, wenn er gute Arbeit abgeliefert hat.
[…] Gestern habe ich herzlich gelacht. Ãœber Andreas Scherer, den Geschäftsführer der Presse-Druck- und Verlags-GmbH zu Augsburg, Mutterhaus der “Augsburger Allgemeinen” und Vorsitzender des Verbandes Bayerischer Zeitungsverleger. Bei den Medientagen zu München verkündete er angeblich ohne Anflug von Ironie, sein Haus werde online künftig auf Paid Content setzen: Es sei “fair” den Leser an den Kosten zu beteiligen. […]