25.11.2005 | 12:39 von DonAlphonso

Blogstats Hilfe

Die allseits beliebte Analysewebsite Blogstats, bekannt für seine Top 100 und mitunter auch so gut, dass ihre Informationen von Dritten ungefragt geklaut werden, ist momentan etwas in Schieflage. Die Website ist zwar wieder online, aber das Menü zum Anclicken der jeweiligen Top100 fehlt. Die sind zwar inzischen etwas unaktuell, aber dennoch mitunter hilfreich. Die Links zu den Listen sind aber noch aktiv:

Hier sind die Top 100

Hier sind die Top 100 live

Und jetzt hoffen wir mal, dass das Team von Blogg.de die Pings der letzten fehlenden Wochen irgendwie in die Datenbank nachträgt. Und es zu einer Renaissance kommt, denn so gut ist die Konkurrenz von Technorati auch nicht. Für Blogbar zum Beispiel findet Technorati nur ca. 60% der Quellen, die Blogstats hat.

24.11.2005 | 4:51 von DonAlphonso

Zahlenmystik

oder Stoff für die kleine PR-Agentur am Rande der Stadt: Mitunter fragt man sich ja, ob nicht alle Vorurteile, die man so gegen PR und Consulting hat, stimmen. Sprich, dass da einfach irgendwas rausgeblasen wird, ohne dass vorher jemand den Krempl noch mal durchliest, weil man ja zum Nachmittagsprosecco muss und geil klingt es sowieso, oder frau muss zum Kunden, um Acquise … oder, beim Prosecco konnte es nicht bleiben… egal, wie auch immer, von der mir bislang gänzlich unbekannten Plattform Frutilla (they are a little bit New Economy, arenŽt they?) erreicht uns eine Pressemitteilung mit folgendem Aufmacher:

(openPR) – München, 23. November 2005 – Blogs erfreuen sich auch in Deutschland zunehmender Beliebtheit. Knapp eine Million verbreiten so derzeit Ihre Informationen und es werden mit jedem Tag mehr.

1.000.000 Blogger? Oder was? Beiträge vielleicht? Und es werden jeden Tag mehr sogenannte Blog Business Anbieter, die noch nicht mal einen geraden Satz rausbringen. Aber es geht weiter im Buzzword Bullshit Bingo:

Ob Knowledge Blogs, Corporate Blogs oder Business Blog: Weblogs stellen den neuen Trend im Kommunikationsraum Internet dar. In den USA, Mutterland der Blog-Welle (Anm.: seit wann kann eigentlich eine Welle ein MutterLAND haben?), werden acht Millionen Weblogs von rund 32 Millionen Menschen regelmäßig gelesen. In Deutschland sind es momentan 50.000 Blogger, jedoch kommen pro Woche ungefähr tausend neue Blogs hinzu.

50.000 Blogger sind es also doch nur, was natürlich in einem gewissen Widerspruch zum Aufmacher steht. Ob diese Zahl “richtiger” ist, kann man bezweifeln – als wir vor 1,5 Jahren den Pressetext zu unserem Buch geschrieben haben, gingen wir von rund 50.000 Blogs aus, andere kommen inzwischen auf 350.000. Vielleicht liegt dort ja unsere alte Pressemitteilung vor. Wie auch immer, diese Blogger jedenfalls machen spannende Dinge:

Auch die Blogger-Community fragte auf dem Blog-Forum in Berlin nach den wirklich guten Blogs. Jeder bloggt für sich und welcher Blog ist dann überhaupt noch interessant? Doch gibt es vielleicht auch Alternativen?

Angeblich soll ja Frutilla so eine Alternative sein. Da kann man der Gründerin Sabrina Ziegler, die übrigens auch bei Open BC ein reichlich intensives Leben führt, mal fragen, welches Blog-Forum in Berlin gewesen sein soll. Und wer die “Blog-Community” ist, die dort solche Fragen stellt. Oder ob da nicht was grundsätzlich missverstanden wurde.

Was bin ich froh, wenn solche Leute statt des falsch verwendeten Modebegriffs Blog endlich korrekte, auch den letzten Scheiss umfassende Worte wie “Web2.0” oder “Social Software” verwenden – die nämlich würden ganz prima zum Business Ansatz von Frutilla mit seinem etwas amateurhaften Networking, der kollaborativen Wissensplattform und der mit PR-Content gefüllten Newssektion passen – nur AJAX fehlt noch. Aber das lernt die auch noch, garantiert.

21.11.2005 | 17:02 von DonAlphonso

T-Online schaltet Typepad auf Web 0.0

Vor acht Monaten verkündete die Firma Sixapart, bekannt u. a. durch den Bloghoster Typepad.de, einen spektakulären Deal: Mit dem Internetprovider T-Online stieg einer der ganz Grossen in das Geschäft mit den boomenden Weblogs ein. Es gab dort zwar auch nicht mehr als die üblichen Typepad-Blogs zu den üblichen Preisen, aber allein die Marktmacht machte schon was her.

Heute schweigt Typepad, obwohl es in Deutschland von jemandem betreut wird, der als PR-Blogger firmiert – und der ansonsten gar nicht genug betonen kann, wie toll so eine offene Kommunikation in der Blogosphäre doch ist. Vielleicht liegt es daran, dass die wichtige Neuigkeit nur partiell gut ist: T-Online fordert seine Blogkunden auf, sich zum 15. Dezember zu vertschüssen und bei Typepad ein neues Blog zu eröffenen, wenn sie ihre Inhalte erhalten wollen. Wenn nicht, knipst T-Online das Licht aus:

Als Nutzer von T-Online Weblog teilen wir Ihnen mit, dass dieser Dienst zum 15. Dezember 2005 bei T-Online eingestellt wird. Das Vertragsverhältnis endet automatisch zu diesem Termin und Ihr Weblog ist dann nicht mehr bei T-Online erreichbar.

Die Kunden geben allerorten ihre geringe Begeisterung zu Protokoll, aber es hilft ja nichts – das kommt davon, wenn man den Grossen mit einem Payangebot vertraut. Wer hätte gedacht, dass auch windige Bloghoster T-Onlineblogs überleben würden? Diejenigen, die jetzt den dreck im schachterl haben, ganz sicher nicht. Über die Ursachen schweigt sich T-Online ebenso beharrlich aus wie Typepad. Das nenne ich gelungene Öffentlichkeitsarbeit. Das Customer Relationship Management ist übrigens noch besser, denn die Anmeldeseite für Blogs ist weiterhin im Netz. Aber wie sagen sie nicht so schön?

Wir bedanken uns herzlich, dass Sie Weblogs bei T-Online genutzt haben
und wünschen Ihnen weiterhin viel Spaß damit!

Soviel dann auch zum Thema applied web 2.0 bei T-Online. Sixapart in den USA geht übrigens doch etwas anders mit Problemen um, da gibt es wenigstens eine Entschuldigung und eine Kompensation, wenn der Dienst zwei Wochen lang streikt.

19.11.2005 | 5:53 von DonAlphonso

Das real existierende Web 2.0

mit freundlicher Unterstützung der Web 2.0 Technologien von Technorati und dem mymspro-Handschuh – Linkfrei linken mag link sein, tut aber gut.

Also, das war so: Ich habe einen Artikel über die Frage geschrieben, inweiweit Web 2.0 wirtschaftlich spannender als Blogs sein könnte, und nachgedacht, ob in der Folge eines Zukunftsmarktes für Web 2.0 und Social Software ein Teil der jetzigen Blogger sich damit vom gängigen, textbasierten Bloggen wegentwickelt und welche Folgen das haben könnte – hier. Dazu gab es hier eine nicht unspannende Debatte über gesellschaft und Kultur, die kontrovers, aber sportlich war.

Dann hat Thomas Knüwer – nebst anderen wie IT&W – nachgelegt und am Beispiel mangelnder Benutzbarkeit der als Social Software und Networking Tool definierten Plattform Open BC erklärt, warum er Web 2.0 für eine Neuauflage der New Economy hält – hier. Das hat durchaus seine Berechtigung, bekam Open BC doch soeben erst knapp 6 Millionen Euro Venture Capital. Andere Beispiele für einen beginnenden Hype wie der erfolgreiche Verkauf von Flickr oder Skype.

Soweit ist das alles erst mal im Rahmen – doch plötzlich ist es wie bei einer Party, wo man sich über einen Typen mit objektiv existierenden Mundgeruch und fieser Warze unterhält, der plötzlich hinter einem steht und losgiftet. In der Blogosphäre tritt auf: Der Journalist mit der gross abgebildeten Kundenliste Mario Sixtus, der schon früher öfters mal gegen dieses Blog und den Autor Pamphlete veröffentlicht hat – beginnend bei meinem Auftritt auf der Leipziger Buchmesse, als er, man ahnt es, an meiner Stelle über etwas gespochen hätte, was man als Web 2.0 bezeichnen kann. Seitdem tritt Sixtus immer wieder mal in Erscheinung, und so auch diesmal als Web 2.0-Vordenker – hier. Mit einer Replik auf Thomas Knüwer und ansatzweise auch mich, mit einigen spannenden Folgen. Eine ideale Gelegenheit, um sich mal Web 2.0 und Social Software in freier Wildbahn anzuschauen.

Was macht Sixtus bei Web 2.o? Nun, zuerst mal das hier schreiben: “Dass “der dicke Troll aus der Bl0gbar” (©WS) auf alles eindrischt, was nur im allerentferntesten mit IT, Internet et al zu tun hat (RSS, Quelltext kucken), ist ja nix neues und keine weitere Erwähnung wert.”

Wir halten fest: Web 2.0 ist, bayerisch gesagt, Kniebieseln, nicht hierher zum damit gemeinten Text linken, als wär es der so oft gescholtene Spiegel Online, und – Wolfgang Sommergut ein gefälschtes Zitat unterschieben. Denn Sommergut spricht im verlinkten Text vom “kleinen Dicken von der Bl0gbar”. Unabhängig davon, dass ich über 1,80 bin und das “Dick” ein alter Witz aus den Zeiten von Dotcomtod ist: Den “Troll” hat Mario Sixtus hineingefälscht. Peinlich, Sixtus, wenn das Web 2.0 sein soll. Ach so, Du arbeitest für Spiegel Online.

Im weiteren Verlauf geht es dann um die Anwendung von Web 2.0, Beispiel in Richtung Thomas Knüwer: Über die Problematik der “Digitalen Identität” machen sich bereits klügere Menschen als du und ich Gedanken. Kann sein, dass die nicht so blöd fälschen wie Sixtus, aber es hat schon was, den anderen via Blog wissen zu lassen, wie man dessen geistige Fähigkeiten relativ beurteilt. Früher, in der Zeit vor Web 2.0. hätte man das diskret in einer Mail getan, aber Sixtus sagt ja selbst: “Es hat mit Offenheit zu tun, mit Vertrauen, mit Authentizität, mit Kollaboration, damit, dass wir im Netz in der Summe eben mehr sind als eine Horde Halbaffen, die vor Fernsehern mit Schreibmaschinen sitzen.”

Eigentlich könnte man jetzt auch aufhören und Lemuren Zucker geben, aber Sixtus gibt ein weiteres Beispiel für praktische Web 2.0 Anwendungen: “P.S.: Nein, Thomas, ich schmeiße dich jetzt nicht aus meinem Feedreader” – wow. Was für eine Drohung, die da impliziert wird! Schreibt man etwas gegen Web 2.o, muss man fürchten, dass Schluss ist mit den Idealen von Web 2.0 und man aus seinem Feedreader fliegt! Eine wahrlich schlimme Sanktion in Zeiten von Web 2.0, die aber nicht eintritt, denn froh und laut hallt es noch durch die Blogosphäre: “lass uns demnächst endlich mal das schon lange verabredete Bier trinken gehen”. Genau, Scheissprivatsphäre suckt sowieso beim Social Networking, soll doch jeder mitbekommen, wie gut Trollfälscher Sixtus mit dem Handelsblattredakteur Knüwer kann und nächstens um die Häuser zieht.

Vorsicht Kinder: Versucht sowas nicht bei Onkel Alphonso, der ist noch Web 0.92 und findet solche “öffentliche Anschleimerei”, wie er es nennen würde, nicht nett.

Andere sind dagegen schon voll auf 2.0 und sehen die Zeit gekommen, das auch vorzuführen. Hierversucht es ein Q-Bee erst mal mit einem hingeworfenen Argument: “Das floriert und funktioniert überall bestens und verändert massiv das soziale Leben vieler, vieler Internet User. […] MyPlaze.com hat heute schon PI-Zahlen in der Größenordnung von Google, um nur mal ein Beispiel zu nennen.” Was da in Web 2.o dagegen nicht funktioniert, ist die simple Kenntnis eines Namens: Myplaze gibt es nicht. “Platz” schreibt man nämliche place. Und statt myplace meint der Herr myspace.com.

Wer sich jetzt fragt, ob die Web 2.0er überhaupt noch Links hinbekommen: Tun sie. Links gehen, ist ja nur Copy und Paste, Argumente oder korrekte Formulierungen gehen aber nicht. Hier in unseren Trackbacks ist der hier eingeschlagen: “Zu einer unsinnigen Diskussion ein Kommentar vom Handelsblatt, das wiederum in schönen Worten von Mario Sixtus widerlegt wird. web 2.0 hat doch was für sich.” Es ist schon bemerkenswert, wie schnell manche Debatten als unsinnig abtun und Sieger feststellen, wenn es um ihre Schriftlichkeit nicht zum Besten steht. Um das Handelsblatt zu wiederlegen, müsste Mario Sixtus schon etwas mehr tun als Trolle fälschen. Ein Bruder im argumentierenden Geiste findet sich hier: “Sehr gute Worte zu einer (mal wieder) überflüssigen Diskussion.” – möglicherweise hat der Popkulturjunkie mit seinem Link hierher nicht ganz kapiert, dass es Sixtus nicht um den Text hier, sondern um den von Thomas Knüwer geht. Oder er stänkert einfach gern. Fragt mich nicht, die Claqueure sind Web 2.0., die wissen wieso, ich hab davon keine Ahnung.

Nicht ganz verstehen tue ich auch eine Silke, die sich für bei Thomas Knüwer für Sixtus und gegen meine Wenigkeit in die Bresche wirft. Mit falscher Emailadresse, ohne Blogangabe kommentiert sie: “Was ich nicht verstehe, ist, wie man einen Schreihals wie den Mann, der sich Don Irgendwie nennt, überhaupt ernst nehmen und in eine Diskussion einbeziehen kann. Mario hat sehr deutlich gemacht: Es geht um Authentizität. Was soll man dabei mit Leuten anfangen, die sich hinter falschen Namen verbergen? Wer ist der Kerl überhaupt?” Nun, zumindest ist er nicht wie die sixtustrollauthentische Silke angewandtes Web 2.o, deshalb steht sein realer Name in vielen Artikeln und Blogs, er macht darum auch kein Geheimnis und gibt seine Email an. Vor allem aber schickt er seine Kommentare nicht

15 Mal in Folge

ab, wie Silke das getan hat. Eine gewisse Web 2.0 Authentizität kann man dem wirklich nicht absprechen.

Menno, Ihr Lieben, Sixtus, Silke, Junkie und die, die noch kommen werden: Warum sagt Ihr nicht einfach vorher, worum es bei Eurem Web 2.0 und Social Software tatsächlich geht, dann könnte man sich die Debatte wirklich sparen. Es ist ja nicht so, dass ich sowas nicht vermutet hätte. Aber diese deutliche Bestätigung habe ich wirklich nicht erwartet. Danke. Aber ich denke, Ihr versteht, wenn mit das Web 1.0 irgendwie besser gefällt als das, was Ihr da praktiziert.

16.11.2005 | 20:44 von DonAlphonso

Wie Web2.0 die deutschsprachige Blogosphäre schöner machen wird.

Web2.0 – oder Web 2.0? – oder Internet 2.0, der Buzzwords gibt es viele – wird kommen. Noch nicht dieses Jahr, aber 2006/7. Und zwar ganz gross. Auch hier in Deutschland. Ganz ohne Ironie, ich meine das Ernst. Denn Web 2.0 hat endlich, endlich wieder alle Zutaten, die es braucht, um ein Thema wirklich gross zu machen. Es hat, im Umkehrschluss, alles, was Blogs nicht haben.

Denn Blogs haben sich bislang in Deutschland nicht als wirtschaftlich relevantes Thema durchgesetzt. Die Anzahl und Nominierung von Businessbloggern offenbahrt ihre weitgehende Nichtexistenz. Grossartige Versuche grossartiger, netzaffiner Firmen waren nicht allzu erfolgreich, und die Bemühungen und vorgeblichen Nettigkeiten diverser Medien waren mutmasslich auch nicht so, dass der fetten Geldströme Schar das finanzielle Jammertal der Medien geflutet hätten. Es gibt zwar ein paar kommerzielle Projekte und auch manches mehr oder weniger redliches Bemühen, aber keinen erkennbaren Durchbruch als Geschäftsmodell. Dazu sind die Nutzerzahlen kaum ausreichend.

Und da sind noch ein paar andere Hinweise, dass es so doll doch nicht ist: Wenn bei Vorträgen die Räume halb leer bleiben, wenn Seminare angeblicher Blogberater abgesagt werden müssen, wenn Consult-Hinz und Buzz-Kunz das Thema für sich entdecken, aber bei genauen Nachfragen ausserhalb des Freundeskreises keine Referenzkunden vorweisen können. Jubelpostillen gibt es nicht, auch Buchveröffentlichungen halten sich in engen Grenzen. Ich habe die Zeit der New Economy miterlebt, ich kenne die Stimmung und die Kraft, die die Menschen im Hype beherrscht, und von dieser emotionalen Verblendung ist das Wirtschaftsthema Blogs weiter entfernt als ein PRolet von der Einsicht, dass er während der Börsenblase nichts als gelogen hat.

Zurecht, wie ich meine. Das Wachstum der deutschen Blogs ist gut, aber nicht so grandios, dass es Investoren begeistern muss. Zwar hat 20six Geld von einem VC bekommen – nur ist das die U.C.A., die manchem vielleicht noch durch mitunter recht schnellen Veränderungen im Portfolio in Erinnerung ist. Auch Sixapart (Typepad, Livejournal und Movable Type) ist in den USA VC-finanziert, hat es hierzulande aber nicht wirklich leicht. Hypezahlen wie 250.000 Blogs in Deutschland, die immer wieder mal die Runde machen, übersehen schnell, wie wenige davon aktiv sind. Und die Userzahlen sind von ein paar wenigen Ausnahmen abgesehen nicht allzu bedeutend. Tragfähige Geschäftsmodelle sind nicht in Sicht. Blogs haben in Deutschland einen öffentlichen Parallelraum zu den herkömmlichen Medien geschaffen und sind dabei, nachhaltigen Einfluss auf die Debatte um Infornationsvermittlung auszuüben. Jenseits der wirtschaftlichen Aspekte läuft es blendend – nur all die Businessblogger und Hypeschreier und andere Restobszönitäten der New Economy, die in die Blogosphäre geschwappt sind, sitzen ziemlich auf dem Trockenen.

Und in dieser Situation kommt jetzt Web 2.0. Wie der Name schon sagt, wird hier nicht der Fehler begangen und ein völlig neues Branding verwendet. Mit “Web” kann jeder Investor was anfangen, und das 2.o ist in seinem dummen Fortschrittsglauben die ideale Projektionsfläche für jede Erwartung an die Zukunft. Tatsächlich fällt es im Moment schwer, im Bereich der Internetsoftwareentwicklung für Consumer etwas zu finden, was nicht irgendwo als 2.0 bezeichnet würde. Die sich mitunter als “Evangelist” bezeichnenden Promoter heben besonders die sozialen Aspekte hervor; Web 2.0 sei gewissermassen die Rückkehr des Internets zu seinen Wurzeln vor der New Economy. Was Kulturhistoriker an das Bemühen gewisser Herrscher erinnert, Legitimitatsprobleme durch gefälschte Stammbäume aufzuhübschen, hat tatsächlich so seine Ursachen: Viele der jetzt unter dem Banner Web 2.0 segelnde Herrschaften hatten ein intensives Vorleben in der geldgierigen, dummdreisten New Economy. Ein Rückgriff auf Ideale, die sie 1999 in die Tonne getreten haben, ist da genauso logisch wie das “Ich liebe Euch doch” vom Stasi-Mielke, wenngleich ein wenig geschickter vorgebracht.

Kurz, bei Web 2.0 erleben wir zumindest personell eine Neuauflage vom bisherigen Web 1.0. Ideell – nun, da müsste man diesen Leuten sowas wie “Lernfähigkeit” zugestehen, was mir als Kulturhistoriker beim Blick auf die allgemeine Menschheitsgeschichte etwas schwer fällt. Generell führt der Schrei nach einem radikalen kulturellen Bruch, den Web 2.0 im Kern darstellt, selten zur Verbesserung der allgemeinen Lage. Wenn es gelingt, stehen wenige Profiteure vielen Verlierern gegenüber, wenn es scheitert, stehen die Möchtegernprofiteure mit dem Rücken zur Wand und vor ihnen ein Exekutionskommando. Nun ist das Web zum Glück rein virtuell, Blut wird da kaum vergossen, aber schon beim Scheitern der New Economy standen viele Revoluzzer am Ende mit leeren Händen da. Aber natürlich, nachdem diesmal alles so social softwarig sein wird, kann es ganz anders kommen.

Das ist gewissermassen das erprobte Personal und die alles umfassende Good News. Ein Netz umfasst alles, sozial will auch jeder sein, und warum 1.0, wenn es auch 2.0 gibt. In dem neuen, umfassenden System haben sie Blogs auch schon ihre neue Rolle zugewiesen bekommen, als persönliche Homepage 2.0., zentral für den Einzelnen als Mitteilungskanal, aber eben doch mit sehr begrenzter Funktion und beileibe nicht ausreichend für die Fülle an Möglichkeiten, die da auf uns zukommen. Im Gegenteil, mit RSS wird das Blog als Website für die Leser eher marginalisiert, und dafür steigt dann eben RSS als neuer, umfassender Infokanal auf.

Ich halte das nach dem momentanen Stand der Dinge für PSB, plain simple bullshit, aber: Es spielt keine Rolle. Selbst wenn es die entsprechenden Investoren als Bullshit erachten, wird es kommen. Da spielt es keine Rolle, ob Picasa aus den Trümmern eines VCs kam, ob Google Blogger für ein Butterbrot kaufte, AOL Weblogs Inc nur schluckte, um seine davonfliegenden Nutzer einzufangen oder Initiatoren des Hypes wie Friendster oder Orkut am Boden sind. Weitaus wichtiger sind die möglichen Synergien, die die vermeintlichen Schlüsselrechnologien zusammen bringen. Wer heute einsteigt, kann das entscheidende Bröckchen Web 2.0 haben, das die späteren Grossen brauchen werden, um sich einen Vorsprung zu verschaffen. Wer jetzt schnell wächst und begeisterte Anhänger hat, wird später hoch bewertet sein. Das Wachstum der Blogs alleine ist nicht sexy, aber das kombinierte Wachstum mehrerer Applikationen ist das, was Investoren feuchte Höschen macht – eben Web 2.0. Synergie ist das Wort der Stunde.

Es ist das gleiche erbärmliche Rattenrennen wie bei der New Economy 1.0, ohne das VCs nicht mitspielen werden. Sie werden mitspielen, nicht weil sie daran glauben, sondern weil sie untergehen, wenn sie nicht mitspielen. In spätestens ein, zwei Jahren müssen die VCs wieder Geld für ihre auf 10 Jahre angelegten Fonds einsammeln. Bis dahin müssen sie nachweisen, dass sie ihre vom Hype immer noch prall gefüllten Geldsäcke irgendwo sinnvoll investiert haben, sonst haben sie keine vorzeigbare Performance und sind nicht im “Upper Quarter” der Rendite. kein Upper Quarter, kein frisches Geld. Um das zu erreichen, lohnen sich kurzfristige Investments in winzige Softwareklitschen, weil sie geringe Folgekosten haben und angesichts der Virtualität der Produkte fast nach Belieben zu bewerten sind. Das geht besonders gut, wenn alle Magazine tolle Dinge über das Web 2.0 schreiben, und das werden sie – auch dafür steht schon die Staffage in Deutschland bereit, denn Web 2.0 wird per se der Spitzenaufhänger, der dem Thema Blogs so oft fehlt. Web 2.0 ist die beste Chance für die Überbleibsel der New Economy, es nochmal zu packen, nach 5 oder 6 Jahren im Jammertal.

Allein deshalb wird es kommen, und deshalb tauchen bei vielen Leuten jetzt diese neuen Buzzwords auf. Ein PR-Blogger bemängelt plötzlich mangelndes Verständnis für Web 2.0 bei den Journalisten, sein Kumpel macht ein Blog für Web 2.0 auf, und im Winter werden wir bei Spreeblick Johnny einen Kongress zum Thema erleben, der als Startpunkt gelten wird. Kurz, da wird es einen Riss durch die Blogosphäre geben, und manche werden das Blog nur noch als Teil einer grösseren Sache, ihrer virtuellen Egosphere auffassen – man sehe mir die fehlenden Links zu den entsprechenden Scharlatanen nach, itŽs not my business to promote their buzz. Bezeichnenderweise taucht bei denen das Wort “kulturell” nicht auf, kulturell ist für sie keine Grösse. Es liesse sich aber trefflich darüber streiten, ob das Erfolgsmodell Bloggen nicht eine kulturelle Komponente hat, die die soziale “social” Komponente dominiert. Diese massenhaft genutzte kulturelle Komponente der Blogs ist nach meiner Beobachtung allerdings etwas, das es weder im Ursumpf des Netzes so ausgeprägt oder in der New Economy überhaupt gegeben hätte.

Ist das jetzt alles etwas kryptisch? So ganz durchdacht habe ich es auch nicht, aber nach meiner Erfahrung wird sich der Riss zwischen Blogosphäre und Web 2.0 dort bilden, wo die Erkenntnis der Kultur aufhört (und, siehe Projekte wie Exot wo das Kulturelle total dominiert). Ausnahmen wird es immer geben, Leute, die auf beiden seiten des Risses gleich eloquent und befähigt sind. Entscheidend aber ist, dass sich eine gewisse Gruppe von Leuten schon heute unter dem label Web 2.o auf den Weg in eine andere Konzeption von Persönlichkeitsmanifestation im Netz macht, die nur noch am Rande mit Blogs zu tun hat. Weil sie für sich dort den eigentlichen Profit sehen; nehmen wir mal einen Überwachungsstasifreak, der wird begeistert sein, wenn statt Worten plötzlich auch Ton und Bild zu observieren sind.

Allein die vorgebliche Dynamik von Web 2.0 wird dann seine Evangelisten auch zwingen, das langsam wachsende, sich kaum verändernde Bloggen als etwas Zurückgebliebenes wahrzunehmen. Tatsächlich passiert ja nicht viel Weltbewegendes in der Blogospäre, die ihre Kraft und Energie aus dem Alltag bezieht; wenn das PR-oletariat heute über Schneeballeffekte spricht, haben sie seit fast einem Jahr nichts anderes zu bieten als den einzigen Jamba-Fall bei Spreeblick. Das ist nichts im Vergleich zu all den schnellen Stories, die Web 2.0 liefern kann. Die kläffenden Hunde werden weiterziehen in die Wüste Richtung Fata Morgana 2.o – die Blogkarawane wird grösstenteils an der Oase bleiben. WeilŽs hier schön ist, und weil man ohne die nervenden Buzzköter in Ruhe vielleicht ja auch mehr hinbekommt als nur die lockere Clangesellschaft.

Zum Beispiel eine Kultur.

15.11.2005 | 19:31 von DonAlphonso

How 2 get rid of Comment Spam

Indem man es macht wie Thomas Knüwer vom Handelsblatt mit einer gewissen Ego-Marketing-Bloggerin – öffentliches an den Pranger stellen war ja schon im Mittelalter recht erfolgreich.

13.11.2005 | 12:25 von DonAlphonso

Sponhohn

In der idyllischen Provinzstadt, in der ich aufgewachsen bin, gab es ein Gymnasium am Fluss, dass oft morgendlich zu betreten ich mich genötigt sah. Davor, in Richtung Fluss, verläuft eine kleine, ruhige Strasse, auf der die besseren Familien oder ihr Personal die Kinder anlieferten. Als ich dann in der Kollegstufe 13 angekommen war, sass ich in Deutsch neben einem sehr hübschen, liebenswerten Mädchen, das leider keine Augen für mich hatte. Hatte sie doch einen Freund, und der wiederum hatte nicht nur eine Teilglatze und eine Familie, mit der er im Clinch lag, sondern auch einen Toyota MR2, mit dem er das Mädchen fast täglich auf der besagten Strasse in die Schule brachte, und vor dem Abschied Dinge im Auto tat, die zu Debatten Anlass lieferten. Sie hatten “etwas” miteinander, obwohl er doppelt so alt wie sie war.

Es dauerte aber nur ein paar Wochen, und sie beendete die Geschichte. Keiner wusste warum, Fakt war aber, dass sie wieder mit dem Bus aus dem Vorort kam. Allerdings blieb uns auch der Typ im MR2 erhalten, der weiterhin fast jeden Morgen vor der Schule seinen Wagen abstellte und den Mädchen hinterherschaute. Die Schulleitung drückte ob der Fama seines Clans beide Augen zu, und meistens war ohnehin sinnlos, denn auch das roteste Flitscherl konnte den einsetzenden körperlichen Zerfall nicht mehr kaschieren. Nur selten hatte er genug Möglichkeiten, mit den Schülerinnen ins Gespräch zu kommen. Die Suada ging dann in etwa so, dass er furchtbar reich sei, alle glücklich machen könne, aber die meisten hier seien völlig unreife, blöde, eingebildete Dinger, er verstehe auch nicht, warum die Eine nichts mhr von ihm wissen wolle. Sie aber, die stehen geblieben sei, könne sich gern ein Bild davon machen, wie fortschrittlich und mutig er am Steuer seines Wagens sei, das wäre was ganz Tolles und viel besser als die Cratoni- und KTM-Rennräder der Kids hier.

Irgendwann war es dann tiefster Herbst, der Nebel kroch aus dem Fluss und die Schüler beeilten sich, die Kälte auf der Strasse in die Schulräume zu flüchten. Niemand hatte mehr Zeit für ihn, und dann war er verschwunden mit seinem krassen, geilen roten Flitscherl. Für mich war es nur eine kleine Episode in einem turbulenten Jahr; hätte ich heute eine Tochter und würde so ein Schwein auf der Strasse vor ihrem Gymnasium sehen, wäre er schneller in die angrenzende Botanik gerammt, als er die Playboy im Handschuhfach hätte verstauen können. Lange war das alles jedoch im fernen Grau eines völlig anderen Lebens verschwunden.

Bis gestern. Gestern las ich das hier und das hier. Da stellt sich in meinen Gedanken so ein älterer Betriebstyp mit seinem verlotterten rotlackierten, inwendig schwarz verdreckten Gossenmedium, seiner Bloghasserglatze und millionenverfressener Brandstwieteschwarte vor einen Haufen Blogger hin und sagt, eigentlich issa ja auch son cooles Blog, über das jetzt alle reden. Und Punk ist es auch ey, und sie probieren da was aus und deshalb sind sie die Coolsten. Und da ist mir der dumme, erfolglose Aufreisser damals vor meiner Schule wieder eingefallen.

Kennt man einen, kennt man alle.

10.11.2005 | 19:12 von andreaffm

exot: szeneübergreifend komische texte

Also gut, wenn die Jungs wieder nur schwurbeln können, dann bin ich eben die Frau für’s Grobe und fasse mal vertretend für die Herren Redakteure zusammen, um was es so geht im EXOT – Zeitschrift für komische Literatur.

Wie der Titel schon nahelegt, geht es uns ums Komische. Also komisch wie haha und komisch wie seltsam, entweder/oder – oder beides gleichzeitig, das sehen wir nicht so eng.

Viele schöne komische Texte werden auf Lesebühnen vorgelesen oder in Blogs geschrieben, aber nirgendwo gedruckt (außer im Blogs!-Buch, natürlich), was schade ist. Blogger, Slammer, Lesebühnenvorleser bilden Grüppchen und Szenen und schreiben vor allem für Blogger, Slammer und Lesebühnenvorleser. Selten genug dringt mal was nach außen, dabei haben es viele Texte verdient, nach außen zu dringen, aus der Szene heraus und vielleicht wenigstens mal in eine andere Szene herein, das wäre schon ein Anfang.

Und deshalb gibt es EXOT, damit man Texte lesen kann, die einem sonst entgehen würden, weil man vielleicht nicht auf Slams geht oder nicht so viele Blogs liest. Und dann gibt es Leute, die zu überhaupt keiner Szene gehören, die vielleicht nicht mal wissen, was das ist, ein Slam oder ein Weblog, sondern einfach nur so schöne komische Texte still vor sich hinschreiben – die wollen wir natürlich auch.

Ja, liebe Mitblogger, natürlich dürft auch ihr uns Texte schicken, am besten an redaktion@exot-magazin.de und am besten als *.doc oder *.rtf. Und ja, diese Texte sollten auf die ein oder andere Art komisch sein. Aber bitte: Kein Pointengeklopfe, nicht die dreißigste spaßige Begebenheit aus dem Studentenalltag. Das ist nicht komisch, das ist höchstens lustig. Und für nur lustiges fühlen wir uns nicht zuständig, das ist in anderen Medien besser aufgehoben, auf der Bühne zum Beispiel.

Nein, was bei uns auf achtzig Seiten Buchpapier mit edelen handgeskribbelten Vignetten dargereicht wird, sollte auch literarisch interessant genug sein, den Aufwand zu rechtfertigen. Klingt überheblich, ist aber gar nicht so gemeint – jedes Medium hat seine ganz speziellen Eigenschaften und Anforderungen. Und im EXOT ist Platz für alles, was für die Bühne zu ruhig, für das Blog eigentlich zu lang, zu komplex, zu atmosphärisch ist. Solche Stiefkinder der Textproduktion nehmen wir gerne bei uns auf. Und außerdem Gedichte, sofern komisch, und Rezensionen, sofern sie entweder selbst komisch sind oder Komisches rezensieren. Und Essays und Monologe und Zeichnungen, sofern … ich glaub, ihr habt’s eh verstanden.

So, und jetzt stelle ich noch meine Mitstreiter vor, damit ihr wißt, mit wem ihr’s zu tun habt. Mich kennt ihr ja, ich bin hier die Quotenbloggerin in der Redaktion, die anderen kommen alle eher aus dem Bereich Slam und Lesebühne und sind da keine unbekannten Namen:

Anselm Neft kommt aus Bonn und wurde 2004 Vizemeister des German International Poetry Slam (GIPS) in Stuttgart (diese Wortsportler legen halt wert auf ihre Pokale, da kann man nichts machen). Christian Bartel, auch aus Bonn, wurde ein Jahr später ebenfalls Vizemeister beim Finale des GIPS 2005 in Leipzig. Francis Kirps aus Luxemburg slammt seit 2003, veröffentlich seit 1999 in Zeitschriften und Anthologien, ist Trierer Stadtmeister und Mitglied des Luxemburger Schriftstellerverbandes (LSV).

Das sind die drei Herausgeber, dazu kommen in Sachen Redaktionsarbeit (Textauswahl, Korrekturleserei) noch meine Wenigkeit sowie Olaf Guercke, gern gesehener Gast bei der bekannten Berliner „Reformbühne Heim & Welt” (Kaminer! Hein!).

So, das waren die Facts. Und jetzt liegt’s an Euch, den Bloggeranteil dieses wie ich finde feinen Projekts zu erhöhen. (Einfach nur erwerben und passiv konsumieren geht natürlich auch.)