30.9.2004 | 5:01 von DonAlphonso

Elite? Tomorrow spricht

grosse Worte gelassen aus. Wäre es so, dann würde Blogs! einige dieser Eliteschreiber versammeln. Es ist eine zweischneidige Ehre, dass Tomorrow es so sieht, und schöner ist es dann doch, wenn es heisst, die Autoren im Buch führen “einen literarisch-philosophischen Salon, arrangiert und gepflegt wie einst in Berlin oder Weimar”. Das entspricht schon eher dem egalitären Charakter der Weblogs.

Das sind auch so die Sachen, die man sich selbst nie auf den Waschzettel schreiben wagen würde, aber wenn das einem bestätigt wird, ist es natürlich schön für die Presseabteilung.

29.9.2004 | 16:56 von DonAlphonso

Wegen dieser Berlecon-Blog-Studie

die ich jetzt nicht verlinke, wozu denn: Da wäre ich mal eher zurückhaltend. Es ist so: Diese Studien sind das typische Fressen für dumme Marketing-, PR- und Werbeabteilungen, die unter dem dauernden Druck stehen, der Geschäftsführung neue, geile, marktpenetrative Ideen zu präsentieren, ohne die man sie penetrieren würde.

Bevor jetzt schon die Invasion der PR-Körperfresser an die Wand gemalt wird: Der Käse müsste erst mal durch alle Instanzen, dann budgetiert werden, und sowas dauert. Abgesehen davon wäre es dumm zu glauben, dass die wirklich guten PR-Firmen die Sache mit den Blogs nicht schon lange auf dem Radar hätten, und auch schon wieder verloren haben – man mag sich vor Augen halten, dass sog. Business Blogs meistens mitunter von Leuten betrieben werden, deren Ideen in der New Economy geplatzt sind, sprich, nicht wirklich die erste Garde der Zunft sind. Wenn der PR-Blogger Klaus Eck die Studie jetzt breitwalzt, sollte man vorher mal schauen, was aus der von ihm 2000ff bejubelten Contentwirtschaft geworden ist. Ein Haufen Pleiten und ein paar vergilbte Studien.

Und da sind wir auch schon beim Thema Berlecon – die waren in der New Economy GAANZ gross. Kein windiger Business-Plan, der aus den immer optimistischen Studien nicht solide Zukunftsaussichten rausinterpreiteren konnte. Diese Leute kauften das, diese Leute soffen damit ab. Die Vorhersagen von Berlecon zur Contentwirtschaft, zum E-Learnig und anderen Buzzwords aus der Zeit des Hypes kann man jederzeit nachgooglen. Ich behaupte: Die Gegenwart zeigt, dass die von Berlecon researchte Zukunft keine Zukunft hatte. Und ich wage zu behaupten: Bei Blogs wird das genauso laufen. Wenn schon die Content-Wirtschaft noch nicht mal mit Playern wie Holtzbrinck funktionierte, wie will man dann Erlösmodelle mit Blogs entwickeln?

So, calm down. Nur eine Studie für Marketing-Tanjas, von einer auf den Schrumpfungsmarkt Internet spezialisierten Firma, die erst vor ein paar Jahren gegründet wurde, nicht im Mindesten so international ist, wie der Name klingt, und alle paar Wochen eine neue Sau durch das darbende IT-Presseslum scheucht.

28.9.2004 | 6:06 von DonAlphonso

User generated website

Die Debatte über user stolen generated content ist ja schon etwas älter, und die praktischen Ergebnnisse sind in der Regel nicht wirklich erfolgversprechend. Mit jetzt.de gibt es schon länger eine Ausnahme, und auch Neon, das aus der Einstellung des Jetzt-Hefts hervorgegangene Jugendmagazin, setzt auf die Beteiligung der Leser. Nachdem ein Massenaufruf an die Blogger, sich bei Neon zu sammeln, nicht wirklich erfolgreich war, hat man inzwischen selbst ein “Expertennetzwerk” aufgebaut.

Und da gab es schnell Knaatsch. Denn die Experten wollten schreiben, veröffentlichen und wenn möglich, mit ihren Texten auf die Startseite kommen. Im Gegensatz zum Bloggen bleibt dort nämlich die Redaktion der Entscheidungsträger – nichts von wegen Tippen & Raushauen. Das hat zwei Folgen. Zum einem liest sich der Online-Auftritt wie sauber gestriegeltes und poliertes Nachwuchsfeuilleton, ohne Wildwuchs, Albernheiten und Schrullen (manche würden sagen: sterbenslangweilig), zum anderen erstickte die Redaktion in der Auswahlarbeit. Innerhalb von zwei Wochen wollte man entscheiden, ob ein Text online geht. Obwohl das für die Aktualität tödlich und den Autor erheblich nervig ist, dauerte es inzwischen schon mal länger als zwei Wochen.

Jetzt zieht Neon eine ungewöhnliche Notbremse: Aus der Community wird ein hierarchisches System. Die Redaktion hat von oben herab sogenannte Superleser bestimmt, deren Beiträge ihnen besonders gut schienen, und die an ihrer Stelle die noch nicht freigeschalteten Texte mit “Lesenswert”-Punkten beurteilen, ähnlich den 20sux-Bonbons. Hat jemand in 10 Tagen 10 Punkte, wird er freigeschaltet. Wenn nicht, ab durch den Rost.

Schneller geht es, wenn man Spezialist wird. Spezialisten müssen sich mit 3 Texten zu ihrem Thema bei der Redaktion bewerben, und falls sie dort gefallen, erhalten sie automatisch 5 Basispunkte. Und wer erst mal 10 texte veröffentlicht hat, darf in seinem Bereich alles freischalten, was er will.

Wenn man in mehreren Berweichen ein Spezialist ist, kann man durch Entscheidung der Redaktion zum Experten werden, und dann endlich selbst zu allen Themen freischalten.

Primär wird die Redaktion dadurch eine ganze Menge Arbeit los, spart Geld und Stellen. Andererseits sind dadurch Cliquenbildung und Günstlingswirtschaft bei den Usern möglich. Nachdem die Redaktion entscheidet, wer zu den Hilfstruppen zählt und wer nicht, ist die Ausrichtung und die Ansprüche von Neon weitgehend gesichert, um es positiv zu sagen. Allein, was wird aus einer Community, wenn ich nicht mehr mal Kritik äussern kann, ohne Angst haben zu müssen, es mir mit einem Superleser zu verscherzen? Was macht so ein “Some Animal are even more equal”-System mit Freigeistern, Aussenseitern und Andersartigen? Es fällt mir schwer, mein Unbehagen mit dem System in Worte zu fassen, aber irgendwie klingt das alles ziemlich, hm, darf man sagen, nach Sekte?

27.9.2004 | 9:34 von DonAlphonso

Showtime!

Heute, ab 10.30 Uhr bis 10.50 Uhr, auf WDR 5, 6 bis 8 Minuten. Hier ist der Livestream.

24.9.2004 | 21:02 von DonAlphonso

Kopieren aka dokumentieren

In den letzten Monaten macht sich in den Online-Medien mehr oder minder grosser Verlagshäuser ein Wort breit, das unsereins den jungen Journalisten eigentlich nicht beigebracht hat: Das Wort “dokumentieren”; in Zusammenhang mit der etwas seltsamen Praxis, medienübergreifend Artikel in Verbindung mit Werbung zu veröffentlichen. Ein Vorreiter ist da sicher Spiegel Online, die neben der üblichen Medienpartnerschaften auch schon mal texte der FAZ oder von Brand1 “dokumentierte”, sprich 1:1 abdruckten und eine dicke Kaufempfehlung draufpackten.

Was in den Medienkonzernen dabei an Deals und Handwaschungen abläuft, lässt sich schlecht sagen, aber zwei Dinge sind offensichtlich: Es ist nicht unbedingt ein Zeichen von der bestechenden Qualität des eigenen Produkts, und man riskiert, bei der “Dokumentation” eine Runde Bullshit-Bingo einzukaufen. Man vertraut sich blind der Fähigkeit anderer Medien an, die Fakten zu checken. Wenn das schlampig gemacht wurde, präsentiert so ein Spiegel.de mal schnell ein halbes Dutzend Fehler durch Brand1 in einem Artikel. Im Kern machen Journalisten hier genau den Fehler, wegen dem sie normalerweise zitierende Blogger abkanzeln: Keine eigene Leistung, keine Ahnung vom Thema, einfach nur Abschreiber ohne Wert.

Heute gab es wieder ein saftiges Beispiel, diesmal in der Netzeitung: Dort “dokumentierte” man “Auszüge”, eigentlich aber fast den genzen Text des Tagesspiegels über die Releaseparty von Christian Krachts neuer Zeitung “Der Freund”. Darin findet sich prompt folgender Passus: Beide gehörten 1999 zur Crew des Buches ‘Tristesse Royale’, zum popliterarischen Quartett ? die Popliteratur, man erinnert sich.

Eigentlich hätten hier bei jedem halbwegs erfahrenen Redakteur die Alarmglocken schrillen müssen, denn an das “popliterarische Quartett” wird sich kaum jemand erinnern, mangels Existenz. Es war ein Quintett, insofern darf man schon mal die Frage stellen, ob der Rezensent das Buch überhaupt kannte, bei dem dieses Wort breit auf dem Cover steht. Bei diesem Thema ist der Autor dadurch eigentlich diskreditiert, wie jemand, der sich als Spezialist für Windows ausgibt und Win98 mit XP verwechselt.

Bei solchen Geschichten bleibt immer ein schlechter Nachgeschmack; zwei Redaktionen wie der Journalist haben geschlampert. Schlusssätze wie “Allen Berlinern wird daher empfohlen: Kauft heute (Freitag) Martenstein im Tagesspiegel.” sind ziemlich grenzwertig, wenn die Netzeitung schon 5520 Zeichen von den 6220 des Originalbeitrags gebracht hat, mit Trash-Überleitungen wie “Anschließend widmet sich Martenstein der Präsentation der neuen Zeitschrift”. Klingt irgendwie nach dem Blätterrauschen im Frankfurter Bahnhofsviertel; insofern braucht einen eigentlich nichts mehr wundern.

23.9.2004 | 22:38 von DonAlphonso

Soft Launch

Heute sind mir gleich zwei Blogger über den Weg gelaufen, die in ihren Blogs so ganz nebenbei *hüstel* von ihren Profi-Blogger-Services für Unternehmen plauderten. Einer von beiden ist nun wirklich nicht als gescheiterter Dotcommie auf der Suche nach dem nächsten Hype zu bezeichnen; er heisst Nico Lumma, bekannt durch Blogg.de, blogstats.de und blogplan.de, hat inzwischen einen stabilen Server und mit Bloggware jetzt auch einen hübschen Oberbegriff für seine bei verschiedenen Medienhäusern laufenden Blogs. Und ein Angebot, von dem Don Alphonso denkt, dass es viele nicht ablehnen werden.

22.9.2004 | 13:28 von dogfood

Plogitisch

Als Vorzeigebeispiele für Blogs mit Wirkung immer wieder gerne vorgezeigt: Blogs vs. Medien, Blogs vs. Politik.

Die BBC berichtet auf ihrer Website von einer wachsenden Zahl von Blog-Protesten in Iran gegen die Schließung von regimekritischen Zeitungen und Websites. Bloggen wird im Iran mit mehr als 10.000 Bloggern zum Massenphänomen und der Protest gegen den iranischen Staat in Blogs gewinnt nach Aussagen von Oppositionellen an Schlagkraft. Mehrere Hundert Blogs sollen z.B. durch Umbenennung ihres Blogs gegen die oben erwähnte Schließung von Medien protestiert haben.

Angeblich plant der iranische Staat, das iranische Internet “abzuschotten” und den freien Zugang zum freien Internet zu beschränken.

Über Iran und Blogs siehe auch Telepolis/Thomas Pany: “Das Ende der Morgenröte” und das GUARDIAN-Newsblog.

Die Schweizer Weltwoche berichtet von Blog-Aktivitäten auf der anderen Seite des Globus (danke Nico für den Hinweis). In “Eine dunkle Stunde für die Abendnachrichten” berichtet Hanspeter Born über einen vermeidlich durch Dan Rather aufgedenkten Bush-Skandal. Nach hartnäckigem Recherchieren und Nachhaken durch Blogger, die die Echtheit der gezeigten Dokumente anzweifeln, zerfällt die Story von Rather in ihre Einzelteile und in dieser Woche musste sich CBS entschuldigen und den Beitrag zurückziehen.

Within hours, conservative Web bloggers began poking holes in the documents, saying the typeface was too slick and could only have been produced by a computer, not a Vietnam War-era typewriter.

(NYTimes, 16.9., Permalink-Funktion geht derzeit nicht)

Für detaillierte Ausführung zum CBS-Fake siehe diverse Einträge von Ernest auf Corante.

Blogs und Politik sind also mithin ein Thema. David Siffry versucht ein “Wiki” zusammenzustellen, mit einer Chronologie von Ereignissen wie Blogs die Medienberichterstattung beeinflussen: BlogsAndPolitics (via Pointblog). Um die Schnittstelle “Blogs/Medien” bemüht sich DIENSTRAUM, die auf einer Seite alle Blogs geführt von “Old Medias” listen: “Old Media Weblogs

22.9.2004 | 11:01 von andreaffm

uniblogs an der tu wien

In Stanford und Harvard gibt’s das natürlich schon alles. Aber jetzt können auch die Studis und Mitarbeiter der TU Wien kostenlos Weblogs anlegen: powered by Twoday bzw. Knallgrau und Mobilcom Austria. Gedacht ist das Ganze vor allem zum internen universitären Gebrauch: Wer gerade auf Montage in Südafrika ist, kann die daheimgebliebenen prima auf dem Laufenden halten – wie Anfang des Jahres schon geschehen.
Aber auch privates ist erlaubt, da will man die Studis gar nicht so gängeln:

Es kann ein Tagebuch, eine Informationssammlung, ein Kommunikationskanal oder ein Schmarrn sein

heißt es auf der Empfangsseite. Genau.