8.9.2004 | 15:54 von DonAlphonso

DDP pleite, noch etwas mehr Eintönigkeit

Das hier wird die Medienlandschaft noch etwas eintöniger machen. Selbst wenn die Agentur DDP überlebt, wird sie kaum mehr eigene Nachrichten setzen können. Bleiben also DPA und, kleiner, AP.

Die Medienkrise geht weiter und weiter und weiter… Nur Bertelsmann macht Gewinne. Irgendwann wird man nicht mehr Medien sagen, sondern Bertelsmann. Und Blogs.

7.9.2004 | 2:28 von DonAlphonso

Life Cacher, sagt die SZ

Wie so oft im SZ-Kulturteil, wird ein Beitrag in seiner Langatmigkeit und seiner Botho-Strass-Fixierung inhaltlich zu Tode gematscht. Kernaussagen sind schwammig, aber zumindest eines ist klar: Blogs sind doof.

Dazu dann internetbasierte Poesie-Alben und Tagebücher, so genannte Blogs, die eine globale Fortschreibung ermöglichen ? wir müssen uns das Leben als eine Großoffensive ausgestoßener Daten vorstellen, die sogleich gesammelt und digital abgespeichert sein wollen. Irgendwas passt immer noch zwischen 0 und 1. Dieser Notationswahn hat auch schon einen Namen: ?Life Caching? nennen die Trend-Scouts das Verhalten vollvernetzter Mitbürger, die den avanciertesten Stand der Technik nutzen, um noch ihre verborgensten Lebensmoleküle in bibbernde Bits und Bytes zu gießen.

Ooops. Da ist jemand aber von der Technik echt schockiert. Bibbernde Bits und Bytes! Karl Kraus hätte für solchen Sprachmüll seine Fackel weggeworfen und den Flammenwerfer geholt. Von welchem Germanistik-Proseminar holt sich die SZ eigentlich ihren Nachwuchs? Dieses Prachtexemplar meint: Alles in Echtzeit gecached, zu viele irrelevante Daten gesammelt, das kann natürlich nicht gut gehen, nein nein. Und wie der Zappelphillip am Ende bestraft wurde, so wird das laut dem Autor auch den Life Cachern (wo nochmal hat der eigentlich den saublöden Begriff her?) ergehen:

Die heutigen ?Life Cacher? werden ihren glücklichsten Moment dagegen vermutlich noch verpassen, weil sie kein Heu im Nadelhaufen mehr finden. Ein Kalauer, dass einem die Eier abfallen.

Spass beiseite: Ich habe mich wissenschaftlich mit Kulturen ohne schriftliche Überlieferung der “normalen” Menschen auseinandergesetzt. Wenn man nur das hat, was Gatekeeper, ganz gleich ob SZ-Schwafler oder Paulus Diaconus, als wichtig empfinden, wird das Bild einer Gesellschaft schnell schräg und falsch, selbst wenn die Berichterstattung stimmt. Ein grosser Teil der Menschen wird stumm. Bestand die Geschichte der Langobarden wirklich nur aus inneren Kriegen und Intrigen? Gab es nicht auch Zärtlichkeit, Spass, Gefühle, normalen Alltag? Die meistzitierten Stellen von Diaconus Geschichte der langobarden sind die paar Zeilen, die er nebenbei dem Alltag widmete. Wenn nur dieser Artikel der SZ überleben würde, welchen Eindruck hätten spätere Forscher von unserem Tun? Wenn nur die Bravo übrig bliebe, was würde das Bild der jungen Menschen sein? In der jüdischen Kulturgeschichte wird das präzise, private Tagebuch der Glückel von Hameln hochgelobt, weil es ein einzigartiges Dokument des Lebens im 17. Jahrhundert ist. Jede Kulturgeschichte giert nicht nach den Phrasen und Lügen der Gatekeeper, sondern nach der Authentizität. Desto schneller, ereignisnaher, direkter, desto besser.

Aber im Kulturteil der SZ scheint das nicht bekannt zu sein. Es ist eine unfassbare Arroganz gerade eines Journalisten, Information den Wert abzusprechen, die sich zumindest an der Wahrheit orientiert. Information verliert nur ihren Wert, wenn sie dezidiert falsch ist – wie etwa diese Bemerkung im Artikel: Nokia werkelt angeblich an einem ?Lifeblog?-Service, der alle Kurznachrichten, Töne und Bilder – ach, nein? Komisch, auf meinem Handy läuft Lifeblog seit 3 Monaten ganz offiziell, und sehen konnte man das auch schon auf der CeBit – aber wer als Nachweis für seine Qualität Botho Strauss zitieren kann, braucht sich um die Realität nicht zu kümmern. Zumindest nicht in der SZ mit ihren Fact Checkern.

Setzen 6.

Nachtrag. Falls, sagen wir mal, in 10 Jahren jemand auf der Suche nach den Life Cachern ist und bei Google sucht, wird er wahrscheinlich diesen Artikel hier abrufen können. Dieser Artikel wird seine Sichtweise prägen, denn zum einem ist der gegnerische Autor durch seinen Fehler desavouiert – und die SZ hat den Beitrag längst weit hinten ins kostenpflichtige Archiv gepackt, hinter eine nervtötende Suchfunktion.

Geschichte ist nicht das, was war, sondern das, was von der Gegenwart übrig bleibt. Sollte man sich merken.

5.9.2004 | 11:55 von Anke Gröner

Die ultimative Lobhudelei

Steht bei IT&W, handelt von diesem unseren Buch und klingt auszugsweise so:

Ich habe keine Ahnung, wie die Blog-Texte auf die wenigen Millionen noch verbliebener Nicht-Blogger wirken. Ich habe auch nicht alle Blog-Texte ganz gelesen, wie im Web. Man kann in der Mitte einsteigen, oder nur das Davor und Dahinter lesen, mäandernd nicht-linear: ein Reader, kein Roman. Ich kann es mir denken und wünschen, daß das Buch auch außerhalb der Blogosphäre seine Leser findet und für seine Autoren ein paar Euro dabei herausspringen. Die Verführung könnte klappen, das Trojanische Pferd den Bücherleser überlisten, wir werden sehen. Es gibt sie in vielen der Texte, die Stellen, die dich in die schillernde, verführerische, amorphe, trügerische, ungreifbare Blogosphäre locken. Es ist einfach. Du darfst. Du kannst. Du kannst.

Ich stecke seit vier Jahren mitten in dieser Ameisenwanderung, die irgendwo hinführt, das spüre ich; woher soll ich wissen, wohin? Ich weiß nur, das dieses Buch dasjenige sein wird, von dem man in fünf Jahren sagen wird: da steht drin, wie und warum es anfing. Damals, als die Dinosaurier noch ihr Hirn und Herz in der Schwanzspitze ihrer Buchhaltung trugen, und als sich im Web die intelligenten Lesewesen gerade erst entwickelten.

Man dankt. Schön, dass es gefallen hat.

4.9.2004 | 12:58 von DonAlphonso

Faking Blogstats

Bei Blogstats gibt es eine neue Nummer 1:

1. Embassy Law Blog
798 Verweise in 455 Quellen

und das innerhalb von nur 24 Stunden. Die Quellen sind vorgeblich sehr oft Blogs von Myblog, aber auch WordPress-Seiten sind dabei, ein Suchmaschinenblog, ein melodiöses Kochblog, und viele, viele andere.

Nachdem der Link hinter dem Emassy Law Blog auf die offizielle Website der Fussball-WM zeigt, scheint da jemand einen Spammer-Testlauf gemacht zu haben. Was uns zur interessanten Frage führt: Wie gaukle ich Blogstats im Minutentakt Quellen und Verweise vor, die nicht existieren? Im Moment rollt es noch:

04.09.04 12:51
She`s lost inside… – Mondblumenfeld
gestern old boy gesehen und promt von sushi, gez – fuckthemainframe

04.09.04 12:49
Hummingbird Spirit Calls To You!Hummingbirdreprese – FlY mE To thE mOOn

04.09.04 12:48
Eine neue Umfrage lässt George W. 11 Prozent – Scheinwerfer
The full story on Arnold Schwarzenegger – Omega-News
Guantanamo on the Hudson – Omega-News
Orwell Rolls in His Grave – Omega-News
Hirnschäden durch Handys? – Omega-News

Wäre spannend zu wissen, wer das macht, wie das geht, und was man dagegen tun kann. Der altbekannte Referrer-Spam ist da nichts dagegen.

3.9.2004 | 9:01 von dogfood

Haltbarkeitsdatum

Angestossen durch eine Diskussion per AIM mit Ligne Claire.

Was wird länger halten? Ein Buch oder ein Weblog? Wenn in 100 – 150 Jahren unsere Kindeskinderkinderkinder ihren Söhnen und Töchtern zeigen wollen, wer der UrUrUrgroßvater gewesen ist und wie man damals lebte. Wird jener Papa oder jene Mutter das vergilbte und leicht angefressene BLOGS!-Buch zeigen, oder zum Rechner gehen und die alte Weblog-Adresse eingeben?

Das Buch würde bei pfleglicher Aufbewahrung die Zeit vermutlich überstehen. Aber wieviele Bücher werden so behandelt? Wieviele Bücher rutschen hinterm Bücherboard runter und vergammeln bis zum Auszug aus der Wohnung auf dem Fußboden? Wieviele von euch haben zu Hause ein 150 Jahre altes Buch (meine älteste sind zirka 75 Jahre alt)? Heute morgen kommt die Meldung das ein Feuer in der alten Weimarer Bibliothek tausende von alten Büchern und Schriften verbrannt wurden.

Und ein Weblog? Wenn es bei einem Bezahlanbieter oder einer eigenen Domain ist, wird nach dem Tod und damit dem Ausbleiben der Zahlungen die Domain und das Blog ebenfalls schnell das Ende seiner Existenz erreichen. Bei einem Gratisblog werden inaktive Blogs irgendwann einem “Säuberungsprozeß” des Anbieters zum Opfer fallen.

Aber vielleicht überlebt das Blog doch. Vielleicht auch nur als Kopie in einer Geschichte wie web.archive.org . Die digitalen Daten sollten per se leichter speicherbar und konvertierbar sein.

Die Wahrscheinlichkeit dass das Papier oder das Weblog 150 Jahre überstehen, scheint gleich gering zu sein.

2.9.2004 | 14:57 von DonAlphonso

IQ (findet es) style (isch)

Auf der Bücherseite der IQ Style 9/04 hat Blogbar 5 von 5 Sternen bekommen, in etwa zu übersetzen mit super. Und es gibt einige warme Worte.: unterhaltsam sind Blogs allemal, zum Beispiel. Oder: Bestandsaufnahme der deutschen Bloggerszene.

Oh – oh, in irgendeiner Ecke des Netzes werden wohl gerade Messer gewetzt, und auf Tastaturen das abfällige Wort “Trendbuch” eingetippt. Mensch, Marcel, beeil Dich mit der Rezension, von wegen literarischer Sensation, und so!

2.9.2004 | 11:54 von Anke Gröner

Erste (?) Reaktion aus der Blogosphäre

Die erste Rezension der Mitbloggeria ist da. Herr Wirres findet sehr, sehr warme Worte für uns. Man dankt.

1.9.2004 | 21:13 von DonAlphonso

Google-Spammers feuchter Traum

Die Googleferkel haben ein Problem: Blogs nehmen es durch ihre Vernetzung spielend mit ihren Tricks auf. Blogs verdrängen manchmal sogar Pornoseiten von den vorderen Plätzen. Für die Spammer, die von sich behaupten, Profis zu sein, ein schlimmes Problem. Denn wer soll noch an sie glauben, wenn jeder blutige Amateur an ihnen vorbeiziehen kann?

Was tun solche Leute? Sie schreien nach der Obrigkeit. Witzig, wenn solche Meinungen von denen kommen, die berufsmässig Datenwege zumüllen, Google auszutricksen versuchen und meines Erachtens kein Jota besser als die Nigeria Connection sind:

Google sollte versuchen WEBLOGS (Blogs) zu identifizieren und den Pagerank dieser Seiten automatisch 2 Punkte tiefer ansetzen.

Dass der Autor dieses Posts dabei noch explizit auf die Google-Tochter blogger.com verweist, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.