10.1.2008 | 1:37 von DonAlphonso

Qualitätsmedien am Abgrund der Social Networks

Vor zwei Wochen blamierten sich schon etliche Medien, als sie bei Facebook das gefälschte Profil von Bilawal Bhutto Zardari abgeschrieben und für ihre qualitätsjournalistischen Beiträge verwendet haben. Ein paar deutsche Medien blamieren sich mit “Recherche” bei SchuelerVZ, die eher nach einer ganzen Reihe von Verstössen gegen Anstand, Moral, Pressecodex und Gesetze ausschaut.

Und dann verbreiten ihre hochwertigen Kollegen in Frankreich auch noch die Geschichte des Präsidenten von Facebook, der den als Witz gedachten Titel durch eine Aplikation und das Mobilisieren seiner Freunde für ein viertel Jahr erhält. Und ein Haufen französischer Medien fällt darauf rein und gibt dem Mann seine 15 Minuten Ruhm, weil sie glauben, er sei jetzt der politische Boss von 100 Millionen Mitgliedern weltweit. Weil sie nicht nachforschen, statt dessen abschreiben und den Blödsinn durch alle Kanäle reichen.

Faulheit, Dummheit, Unwissen und eine gehörige Portion Arroganz, das ist es, was man hier unterstellen möchte. Besonders, wenn die Medien erst mal die Hilfe der französischen Blogger brauchen, um zu kapieren, dass sie reingefallen sind.

9.1.2008 | 10:29 von DonAlphonso

Technoratiauthority entwerten

Es ist ziemlich lang her, dass mich jemand für ein Interview oder eine Veranstaltung wollte, weil er mich aufgrund der sogenannten “Technorati-Authority” als relevant eingestuft hat – einer Kennzahl der Blogsuch-Maschine Technorati, die die Verlinkung eines Blogs im letzten halben Jahr eher ungenau wiedergibt. Anderthalb Jahre, um genau zu sein, und das lag auch nur an der Unerfahrenheit des Anfragenden.

Seitdem hat sich viel getan. Eine ganze Menge Blogger versucht es mit billigen Tricks wie Linkbaits, “Toplisten wie man ganzb schnell Klickmilliardär wird”, Massenpostings zu allem, was irgendwie relevant scheint, und Verlinkungsorgien auf gegenseitigkeit, was nicht gerade neu ist.

Aber es ist inzwischen so üblich, dass das Kriterium der Verlinkung zusammen mit den “natürlichen Fehlern” bei Technorati zur Beurteilung der tatsächlichen Bedeutung sinnlos ist. Weil Methoden wie “Blogparaden” und “Blogbesuche” mittlerweile so viel irrelevanten, nach Bekanntheit gierenden Müll “nach oben” geschwemmt hat, dass man sich bei jeder Recherche über Technorati schon etwas auskennen muss, um relevante Information von keywordgeladenem Textmüll zu trennen. Intensiv ist diese Tendenz in Zusammenhab mit dem Blog-PR-Vermarktern von Trigami geworden, die für ihre teilweise höchst unerfreuliche Kundschaft Blogger mit höherer Verlinkung bevorzugen. Sprich, hier geht es nicht nur um die Holzmedaillen der Ranglisten, sondern ganz konkret auch um die Frage, ob man für “Tests” ein paar Euro mehr bekommt. Bei den Suchmaschinenspammern vieler SEO-Blogs und Internetmarketingschreibern ist die Authority ebenfalls wichtig für den scheinbaren “Erfolg”. Und so wird fröhlich eine Blogaktion nach der nächsten rausgehauen, zusammen mit unüberprüfbaren Nutzerzahlen und der Behauptung, man werde laufend irgendwie angesprochen und erhalte diese und jene Angebote.

Ich habe den Eindruck, dass sich diese Problematik inzwischen allgemein bekannt ist, nicht nur bei Bloggern, sondern auch bei denen, die sich damit beschäftigen. Im Ergebnis geht man “draussen” vor allem nach dem, was woanders schon mal genannt wurde oder aufgetreten ist, da kann man nichts falsch machen und weiss ungefähr, was man bekommt. Die allseits beklagte Fokussierung auf ein paar bekannte Blognasen, die zusammen auf den Podien sitzen und damit das Bild der Sache prägen, ist auch eine Folge des Gedrängels dahinter, das Beobachter kopfschüttelnd zurücklässt. Und es nervt, denn das erschwert das Aufspüren anderer Blogger, die es wert wären, und die sich an den Linkrattenrennen nicht beteiligen.

8.1.2008 | 9:35 von DonAlphonso

Zeigen was man kann

Der neueste negative Kommentar mit den üblichen Untertönen kommt von der papiernen Computerzeitung c´t, in der Blogger als arme Würste beschrieben werden, die keiner liest, und deren Chancengleichheit nur in der von wenigen “Powerblogs” (steht da wirklich) vorgegaukelten Theorie existiert. Die daraus ein Geschäft machen und davon leben wollen.

Man kann dort natürlich nicht kommentieren oder verlinken, und auch ein Journalist hat in Deutschland das Recht, pauschalisierende und abstruse Meinungen zu vertreten. Fasst man die aktuelle Mediendebatte um Blogs zusammen, kann man sich auf den Nenner einigen: Anonyme Schmierfinken im Netz mit ein paar Ausnahmen, denen dann die Preise zugemauschelt werden, ansonsten aber irrelevant, subjektiv und überhaupt keine Konkurrenz für die alles könnenden, zuverlässigen, sauberren Medien, die genau wissen, wie es geht und deren Journalisten die solide Ausbildung haben, die denen da draussen im Netz fehlt.

Gemäss dieser Vorstellung hätte die Blogosphäre schon seit Jahren von den Blogs der taz, des Handelsblatts, der Süddeutschen Zeitung und des Focus dominiert werden müssen. Denn dort schreiben genau die Leute mit den Qualitäten, die in den Kommentaren so hervorgehoben werden. Statt dessen läuft es nicht. Sie kommen hier draussen nicht an, und ziehen trotz durchaus prominenter und bekannter Verfasser nicht genug Interessierte an, um sie am Leben zu halten. Wo bleibt denn die Invasion der Könner, die die Blogosphäre aufrollt?

Um das Problem zu verdeutlichen, möchte ich bitten, einen Blick auf das Blog des bekannten Soziologen Politikwissenschaftlers Claus Leggewie zu werfen. Ich habe Leggewie vor gut zwei Jahren in Karlsruhe auf einem Kongress erlebt, wo er Blogs als Instrument für einen Elitediskurs identifizierte. Die sollten in die Hände der geistig Prädestinierten gegeben werden, die den Diskurs gestalten könnten; was da draussen sonst noch passiere, sei ihm eher egal. Wichtig sei eben nur die Möglochkeit, über das Internet der Elite ein Forum zur Debatte zu geben. Im Prinzip war es nichts als ein Vorgriff auf das, was in den Medien heute debattiert wird. Seit zwei Monaten hat Leggewie nun sein eigenes Blog für seinen Elitendiskurs, beim Regionalportal “derwesten.de”, er kann darüber Traffic bekommen, ohne sich besonders bewähren zu müssen – und hat seitdem exakt einen verquasten beitrag zur Generationengerechtigkeit geschrieben. Gerade brennt beim Thema Gewalt und Integration die Luft, da müsste einer wie Leggewie eigentlich loslegen und zeigen, dass er seine Ansprüche jetzt auch mit fundierten, intelligenten Beiträgen unter die Leute bringen kann – er tut es nicht, Er tut es einfach nicht.

Und auf der anderen Seite machen es eben die Blogger. Oder auch nicht, sie hängen vielmehr vor Google News und lechzen nach der nächsten Drogenstory von Amy W., dem nächsten Exzess von Britney S., einem Knaustaufenthalt von Steve D., prallen Oberweiten bei Filmvorstellungen oder dem neuesten dicken Bauch bei welchem Star auch immer. Und kommentieren das mit gossiger Sprache, noch niedriger als die Bild und mit erkennbarer Schadenfreude. Das sind die Blogger, vor denen uns die Fäuletonisten warnen. All das Widerliche aus dem Netz, ungewaschen, vulgär und peinlich. Genau. Gleich neben Herrn Leggewie und seinem Elitediskurs zu finden:

http://www.derwesten.de/blogs/reichundschoen

Annika Rinsche heisst die WAZ-Mitarbeiterin, die diese Geschmacklosigkeiten aus dem Newsticker für Vermischtes und dpa-Bildern fabriziert. Mit überraschender Konsequenz beim Unterbieten aller Standards, die man als Blogger hier draussen gewahrt sehen möchte. Ich wüsste auf Anhieb kein einziges Blog, das sich für so eine konsequent eklige Nummer hergeben würde – und bei allen Koofmichs und Linkstrichern hier draussen, die es zugegebenermassen gibt, ist das keine Selbstverständlichkeit. Das alles geschieht offensichtlich mit Wissen und Billigung der Leitung des Portals, das machen Journalisten, und keine Blogger.

Wenn Blogs tatsächlich schlecht sind, dann möchte ich gerne wissen, was ein Elitediskurs ohne Diskurs ist, und Frau Sinsches Schreiberei. Wenn Journalisten meinen, das von oben beurteilen zu müssen, würde ich gerne mal ein gutes, erfolgreiches, akzeptiertes Blog einer Zeitung sehen, das die angebliche Papierqualität so rüberbringt, dass wir alle anerkennend nicken. Wenn sie so gut sind, wie sie vorgeben, sollte das doch kein Problem sein.

Oder?

6.1.2008 | 16:50 von DonAlphonso

Feudalismus im aSozialen Netz – und was Neues zu StudiVZ

Stellen wir uns vor: Unser Innenminster käme auf die Idee, sämtliche Unterlagen über unsere berufliche Tätigkeit zu sammeln, ein Paket daraus zu schnüren, für jeden Bürger ein Profil anlegen und das alles dann an der Börse zu verkaufen – er selbst wäre dann CEO der Firma, und würde von oben herab entscheiden, wo und wie man mit diesen Daten Werbung verkauft. Oder noch übler, er würde einen Unternehmer, der davor seine Firma in eine grandiose Pleite gesetzt hat, damit beauftragen, und der würde eben finanziell rausholen, was geht. Wir wären zwar dazu aufgefordert, unseren Datenbestand selbst aktuell zu halten, aber was letztlich geschieht, wird oben entschieden.

Oder nehmen wir an, Bertelsmann würde mit Erlaubnis der Regierung von allen Zuschauern seiner Medien die Daten erheben und sich das Recht zusichern lassen, diese Daten je nach Belieben zu verwerten. Ab und zu würden sie eine Mail verschicken mit dem Hinweis, dass diese Datenspeicherung so teuer ist, dass sie sie jetzt besser vermarkten müssen, ist ja alles zu unserem besten, also brauchen sie ein paar weitere Rechte für unsere Ausforschung, und wer nicht unterschreibt, fliegt aus der Gesellschaft raus.

Wäre krass, oder? Genau mit solchen Attitüden sind in letzter Zeit aber Xing/Open BC und die Holtzbrinck-Tochter StudiVZ aufgefallen: Mit dem Ziel der Ertragssteigerung wurden von oben Eingriffe verordnet und deren Folgen kleingeredet, die erst durch einen Aufstand der Nutzer und massiven öffentlichen Druck teilweise entschärft wurden. Geltende gesetzliche Regelungen und das Vertrauen der Nutzer ging da offensichtlich manchem sonstwo vorbei.

Und da stellt sich für mich eine Frage: Was sind das eigentlich für Sozialsysteme, in dem angeblich sozialen Netz? Auf der einen seite haben wir Nutzer, die interagieren wollen. Und auf der anderen Seite ein System, eine Firma, die diese Gesellschaft nach kommerziellen Gesichtspunkten betreibt. Wenn man sich die Reaktionen von StudiVZ und Xing anschaut, erinnert das weniger an das Wesen einer demokratischen Zivilgesellschaft, sondern eher an den ostelbischen Landjunker im Kaiserreich und dessen Umgang mit den Landarbeitern. Und es ist legitim, denn die “Gesellschaft” erteilt durch das Abnicken der AGB das Recht dazu. Die einzige Option gegen diese Diktatur der ökonomischen Zwäxnge ist der Austritt aus der gesellschaft, unter weitgehendem Verlust der Sozialverbindungen innerhalb des Systems.

Anders gesagt, wir haben es hier mit Sozialsystemen zu tun, die ausgerechnet gegenüber jenen, die die alleinige Basis des Firmen- oder Gesellschaftswertes stellen, mit Methoden agiert, die kein vernünftig denkender Mensch heute von der Bundesrepublik akzeptieren würde. Es ist ein Rückfall in den Spätfeudalismus, es dreht die Uhr um 100 Jahre zurück, es ist bunt angepinselter Manchesterkapitalismus auf Kosten der virtuellen Identität, geprägt vom Versuch, sich abzukoppeln und aus dem System heraus weitere Wertschöpfung zu betreiben. So wie der landarbeiter und Malocher damals wenn möglich ihren Konsum gleich wieder in den anderen Abteilungen des Konzerns tätigen sollten, versuchten StudiVZ und Xing mit Softporn-Kalendern oder Aktienwerbung ihre Mitglieder gleich nochmal abzuschöpfen.

Die neueste Idee dazu kommt übrigens von Holtzbrinck: Die üblichen wohlinformierten Kreise der Munich Area berichten, dass man in Zukunft auch am bei Studenten beliebten Nachhilfeunterricht mitverdienen will. Und zwar mit diesem Projekt, das dem Vernehmen besagter Kreise nach Ende Januar bei SchuelerVZ und StudiVz zum Einsatz kommen soll:

http://www.tutoria.de/

Tutoria sitztin der Bayerstrasse 21 in 80335 München – unter gleicher Adresse ist auch Holtzbrinck Ventures und Holtzbrinck Networks, der StudiVZ formal gehört. Geschäftsführer von Tutoria ist Matthias Ick, den Rest kann man sich denken, wenn man seinen Namen zusammen mit Holtzbrinck bei Google sucht. Na, schnackelts? Bei SchülerVZ sind die, die Nachhilfe brauchen (unter anderem, weil sie ihre Zeit im SchuelerVZ vertrödeln und bei den Noten abfallen), und bei StudiVZ diejenigen, die Geld brauchen (unter anderem, weil sie nicht nur wegen der coolen Sprüche bei der Gruppe “Facial Cumshots are forever!” sind, sondern dieses oft nicht kostenlose Hobby auch mit den dort ansässigen Profidienstleisterinnen praktizieren). Und dazwischen, mitsamt der Prozente für die Vermittlung, passt genau das neue Startup aus der Bayerstrasse.

So geht das zu, im neuen Feudalismus. Und die Leute sind bereit, freiwillig mitzumachen. Schon komisch. Ich verstehe Euch nicht. Ich verstehe keinen derer, die sich da unterordnen.

5.1.2008 | 2:41 von DonAlphonso

Was bringt Blogberühmtheit?

Die Frage ist nicht unwichtig für alle, die sich mit dem gedanken beschäftigen, auf Basis von Blogs etwas zu erreichen. Seien es nun Videos bei Youtube, virales Marketing, gefälschte Kommentare, gekaufte Beiträge, Werbebanner, Widget – das genze Programm, das zur Verfügung steht. Am Ende soll alles so gross sein, dass es jeder kennt und tausende darauf verlinken und dafür sorgen, dass es wiederum andere kennen, dann mit Mail weiterschicken – man kennt das.

Neben vielen, vielen negativen Beispielen, die Blogs in eine für die Betreffenden unschöne Öffentlichkeit gezerrt haben – Mauscheleien beim Grimme Online Award, Jamba, Transparency und StudiVZ, um nur einige zu nennen – gibt es überraschend wenige Beipiele, mit denen kommerzielle Interessen gefördert wurden. Der grösste aller Erfolge hiess “Sonnenlicht”, ein Sprechgesang einer Kombo namens “Grup Tekkan“, die es aus den Blogs bis zu Stefan Raab in die Sendung schaffte.

Das ist ihre Website, unten auf dem roten Knopf kann man die Musik ausschalten, und dann sehen, was davon geblieben ist. Glaubt man den “neuesten” Nachrichten, sitzen die Helden der Blogosphäre, oder besser, einer bestimmten Blogosphäre seit anderthalb Jahren an der näschten Schingle, ey.

Was ich damit sagen will: Es ist möglich, mit der Blogosphäre sowas wie einen kurzen Hype anzustossen. Wenn man Glück hat und das eigene von Abermillionen Videos aufgegriffen wird. “Besser” dürfte es sein, die Awareness selbst zu konstruieren, indem man Fakeblogs, -kommentare, -fanseiten produziert. Aber länger als ein paar Tage juckt das hier draussen keinen. Viele Blogger und ihre Leser sind in dieser Frage Zyniker, die den schnellen Kick wollen,sensationsgeil und auf der Suche nach dem nächsten heissen Scheiss, und wenn sie sich die Augen dafür an einem 7-Zoll-Bildschirm ruinieren, und die seriöseren Zeitgenossen, die langfristig und nachhaltig an ihren Blogs arbeiten, sind für sowas nicht zu haben.

So ist das hier. Haben Sie schon mal über eine Seite in einem Printmagazin oder käufliche Johurnaille nachgedacht?

3.1.2008 | 16:57 von DonAlphonso

Letztjähriges, leicht Riechendes vom Bloghype mit Boogie Medien

Erinnert sich wer an die Agentur Boogie Medien, an der Holtzbrinck beteiligt ist? Die Gerüchten zufolge ehemaligen Betreiber des hier ab und an kritisierten Blognetzwerkes Germanblogs sind, weil inzwischen die Münchner Holtzbrinck eLab in München das Ruder des Projekts mit Schlagseite übernommen hat, auch wenn im Impressum bei Germanblogs immer noch die alte Adresse steht? Boogie Medien, die ab Mitte 2006 auch mal die Leserblogs der Schleswig-Holsteinischen Zeitung unter http://blogs.shz.de/ umgesetzt haben – die scheinbar so um den August letzten Jahres herum verschwunden sind? Die mal Opinio mitgestaltet haben?

Nun, wie es aussieht, hat Boogie Medien zwar nicht mehr soooo viel mit den diversen Blogversuchen deutscher Medien zu tun – aber dafür mit ihrer eigenen Homepage. Die wirklich hübsch schlicht geraten ist. Wobei: In den Xing-Profilen der Gründer steht, dass sie bis 11/2007 Gründer und Geschäftsführer von Boogie Medien und Germanblogs waren.

Der DotcomTod scheint im Web2.0 auf leisen Füssen zu kommen.

31.12.2007 | 17:34 von DonAlphonso

Das Schlusswort

für dieses Jahr spricht Andrea Diener.

Als wir das Buch gemacht haben, war neben Andrea und vielen anderen guten Leuten auch jetzt.de, die Jugendcommunity der Süddeutschen Zeitung dabei. Ich würde jetzt.de heute sicher nicht mehr anfragen. Heute ist dort wieder so ein Stück pauschalisierendes Geflenne zu lesen, über das böse, böse Internet und seine bissigen Blogger – und nein, um mich geht es dabei nicht. Das Übliche: Anonyme, sich zusammenrottende Schmierfinken, die nicht nachdenken, und einfach unpualifiziert Jagd auf Andersdenkende machen.

Ich denke, das ist momentan eines der Lieblingsthemen der Zeitungen, da wird die Tür wieder zugeschlagen, die man vor einem Jahr gar nicht weit genug aufreissen wollte, anknurren gegen den Bedeutungsverlust im Netz, Suche nach dem Schuldigen, obwohl 2007 eigentlich gezeigt haben sollte, wo die wahren Probleme liegen: Der Aufstieg der Massencommunities, die vom Datenmissbrauch ihrer Nutzer leben, kalt agierenden Verlagsmanagern, die ihr Geschäftsmodell ändern und damit Journalisten überflüssig machen, die, wie die Süddeutsche exemplarisch vorgeführt hat, mit Clickstreckentrash, 10 Gründe warum und wieso und Nachrichten, die man überall bekommt, selbst den besten Grund für die eigene Bedeutungslosigkeit liefern.

Manchmal wüsste ich gerne, ob de Nager der späten Kreidezeit auch von den Dinosauriern für ihren Niedergang verantwortlich gemacht wurden. Und falls ja, ob es ihnen nicht einfach egal war.

30.12.2007 | 14:10 von DonAlphonso

Ins Nichts

Ich blogge. Wie ich telefoniere. Mein Internet ist immer an, wenn ich daheim bin, und ich erzähle was in meinen Blogs. Das ist an sich nichts besonderes, es entspricht schlichtweg meinem Bedürfnis nach Kommunikation und narrativer Lust. Es macht Spass, also tue ich es. Und es gi8bt Leute, die das gern lesen, also macht es Sinn. Manchmal bewegt meine Schreiberei etwas, Prozesse kommen in Gang, und sei es nur, dass jemand ein Rezept nachkocht oder besser auf seine Daten aufpasst. Man kann nicht die ganze Welt retten, aber man kann was tun. Mir geht´s prima, dank meiner Blogs. Ich habe keine anderen Ziele, ich muss mit dem hier nichts verdienen, oder eine Personality promoten.

Aber ich frage mich, wie es denen geht, die beschlossen haben, dass sie irgendwohin müssen. Die jeden Tag wieder die Eingabemaske öffnen, um ihre Ziele zu erreichen, an Besuchern, an Links, an Awareness, und darüber aufbauend, die Vermarktungsergebnisse, die Kontakte zu Firmen und Institutionen, die einen dafür einladen. Oder auch nicht, wenn man nach einer Weile nicht mehr die Leistung liefert. Dann wird verkrampft weitergerödelt, oder was Neues aufgerissen, damit es wieder Bohei gibt.

Das alles gibt es seit rund anderthalb bis zwei Jahren, mit einem Höhepunkt der Euphorie bei der Konferenz Re:Publica und der Gründung von Adical in Berlin, und Trigami als Taschengeldquelle für weniger potente Schreiber. Nun, Adical war noch nicht mal in der Vorweihnachtszeit in der Lage, alle Werbeplätze zu verkaufen, und Trigami schleppt einen Haufen fragwürdiger Kunden an. Und die grosse Welle der Business- und PR-Blogs, von der nun schon seit Jahren geredet wird, ist auch 2007 ausgeblieben. 2008 wird dann vielleicht das unsägliche Daimlerblog schliessen, und man wird sich neue Hoffnungsträger suchen müssen. Und die wird man brauchen.

Denn die führenden Träger dieser Entwicklung in der Blogosphäre arbeiten daran schon etwas länger. Und es gibt manche, die inzwischen begreifen, dass sie in der Krise sind. Dass sie sich seit Jahren abarbeiten, dass sie immer wieder Neues ausprobieren, und es dennoch nicht voran geht. Das Bildblog ist so ein Fall: Das grösste deutsche Blog, massenhaft Applaus, aber es stagniert bei den Besucherzahlen, und die Bild selbst hat sich, so zumindest nach meiner Beobachtung, insoweit arrangiert, dass durch inhaltliche Reformen weniger Angriffsflächen bei gleicher genereller Widerlichkeit bieten. Also macht Man Fernsehwerbung, holt sich Promis als Gastautoren, macht eine Lesung, und nach einem halben Jahr der Versuche steht man wieder da, wo man vorher war.

Wie wird man damit fertig, wenn nichts mehr passiert, wenn das Wachstum endet und man sich keine Aktionen mehr leisten kann, weil die Kundschaft das nicht so gerne sieht? Spreeblick war mal gross, Spreeblick hatte “Du bist Deutschland” und Jamba und Sonnenlischt, aber seitdem kam nicht mehr viel. Wenn man sich diskret nach den Besucherzahlen der sogenannten A-List erkundigt, hört man überall das gleiche: 2007 war das Jahr der Stagnation. Nicht für “die Blogs”, die Zahl der genutzten Blogs steigt an, aber für die Blogs derer, die an der Vermarktung basteln. Und es ist ein ganzes Jahr, rund ein Viertel der Zeit, die Blogs als Massenphänomen im Internet existieren. Für einen schnellen, dynamischen Markt wie das Internet, wo praktisch jeder mit Wachstumszahlen im zweitelligen Prozentbereich protzt, ist das schlimm. Die Betreiber wurden ein Jahr älter, und ich wüsste nicht, wo da noch was Grosses, Tolles kommen könnte. Sie vermutlich auch nicht. Dass jetzt für Einnahmen schon in rechtliche Grauzonen expandiert wird, dass Vermarkter zu den Communities weiterziehen, nachdem es mit einigen Blogs nicht wirklich toll gelaufen ist, sind auch Zeichen für die Ratlosigkeit in diesen Kreisen. In den letzten drei Wochen gab es zwei Anfragen, ob ich nicht Lust hätte, an einem Blog/Publikatonsnetzwerk teilzunehmen – gerade so, als wäre das nicht schon mehrfach erfolglos versucht worden – man betrachte nur mal die Readers Edition, oder Germanblogs. Mit dem gleichen Grundfehler wie immer: Zuerst war die Vermarktungsidee, dann erst die Suche nach Inhalten.

Die Folgen? 2008 wird das Jahr der Exits. Ich vermute mal, dass bekanntere Blogger vermehrt nach Chancen suchen werden, schnellstmöglich umzusteigen, sich als Berater andienen oder nach Aufträgen für Verwandtes suchen. Damit noch etwas kommt, wenn man begriffen hat, dass nichts mehr kommt.