2.3.2007 | 11:26 von DonAlphonso

Der Digg-Figg: Erfolg durch Korruption sozialer Netzwerke

Momentan gehen Blogger und Medien dazu über, unter ihre Beiträge eine Liste mit kleinen Knöpfen zu setzen, die es den Lesern erlauben, die Geschichten bei Bookmarkseiten wie Digg, Reddit und Yigg einzutragen. Die Hoffnung, die sich damit verbindet: Andere finden auf diesen Seiten den Beitrag, lesen ihn, bewerten ihn positiv, und somit steigt er bei dieser Gruppe im Ansehen, kommt dort auf die erste Seite – und dann fallen hunderttausende, vielleicht sogar Millionen Nutzer ein, was wiederum gut für das Werbegeschäft der Medien ist.

Bislang galten solche Systeme als eine der möglichen Antworten auf die Frage nach der Zukunft der Medien im Internet. Damit verbinden sich auch schöne Hoffnungen der “Schwarrmintelligenz”, die das Gute nach oben bringt und als soziales Netzwerk die Relevanz von Themen bestimmt. Solche Phantasien mögen auch Holtzbrinck bewogen haben, sich beim Trackbacks spammenden Dienst “Webnews” einzukaufen. Und dennoch sind andere Medienhäuser inzwischen so vernagelt, dass sie derartigen parasitären Schwachsinn auch noch fördern, in der Hoffnung, damit ihren kleinen Platz an der Web2.0-Sonne zu erhalten.

Jetzt hat die Wired-Reprterin Analee Newitz mit 450 US-Dollar mal ausprobiert, wie das mit dem Bestechen von Digg-Usern geht. Dafür gibt es inzwischen eine Art Firma, die das Pushen eines Beitrags für Geld organisiert. Und obwohl manche Nutzer ihren Zweifel an der Wertigkeit eines schnell zusammengeschusterten Blogs hatten, geschah das:

Despite their doubts, Diggers kept digging my blog. There’s a perverse incentive here: Diggers who vote early on stories that become wildly popular become more “reputable” in the Digg system. If you’re trying to move up the Digg ranks, it’s in your best interest to vote on anything that looks like it’s gaining popularity. And my blog, with its flurry of paid votes, fit the pattern.

When I woke up in the morning, my story had been awarded the “became popular” tag and had 121 diggs. U/S had done what it promised: The company had helped me buy my way into Digg popularity, and my site traffic had gone way up — overnight, I’d been hammered with so many hits that the diggers had to set up a mirror.

Dass die Geschichte am Ende von den Usern doch gekickt wurde, mag man als Hoffnung wahrnehmen. Im Kern aber bestätigt das meine Vorbehalte: Weitgehend anonyme, kaum kontrollierbare Systeme sind höchst anfällig für solche Geschaftsmodelle, die zusätzlich “soziale Strukturen” gezielt für sich instrumentalisieren. Was spräche dagegen, irgendwo in China 50 Leute vor den Rechner zu setzen, die sich dann bei derartigen Seiten zu führenden Mitarbeitern hocharbeiten und ihren Einfluss an die Kunden verkaufen? Soziale Netzwerke ohne Sozialkontrolle kippen schnell in asoziales Verhalten ab. Bei den Blogs kann ich einen gekauften Schleichwerber wenigstens noch direkt ansprechen; er hängt dann persönlich drin. Aber bei Datenmonstern wie Digg und ihren Millionen Nutzern wird es immer welche geben, die verdeckt ihr Business auf Kosten des Ganzen betreiben können.

2.3.2007 | 10:17 von DonAlphonso

In den Sarg gedübelt

Na endlich. Übersetzung für das hier:

“Es war leichter, Speichellecker zu finden als Leute, die den Speichel absondern.”

Das sollten sich die anderen Möchtegern-Blogger der Geschäftswelt und ihre Scharlatane zu Herzen nehmen. Eine weitere furiose Blogmarketing-Pleite mit Unterstützung von VM-People.

via

1.3.2007 | 17:46 von DonAlphonso

Blogs als Modeerscheinung

In den letzten Monaten habe ich einige interessante Gespräche mit Vertretern von Tageszeitungen und Zeitschriften geführt. Im Kern ging es um die altbekannten Fragen: Wann macht ein Blog Sinn? Wer kann das schreiben? Wie integriert man es in den Onlineauftritt? Wie finanziert es sich?

Die Ergebnisse der Gespräche würde ich als “ernüchternd” beschreiben wollen. Ich bin selbst Journalist und kenne beide Welten inzwischen recht gut. Was ich inzwischen verstanden habe, ist der Umstand, dass sich in den Verlagen so viele Blogberater-Scharlatane herumtreiben. Es gibt Dinge, die man in Verlagen hören will, und deren Antworten auf die Fragen gehen in etwa so: Blogs verbessern die Leserbindung dramatisch, verursachen kaum Aufwand, können von den Lesern und Journalisten gleichermassen verfasst werden, vielleicht noch ein Blogstar, dann dockt man sie an der Seite mit einem lustigen Bildchen an, und am Ende klatscht man Werbung drauf. Fertig ist das coole Web2.0-Blog-Zusatzangebot zur Zukunftssicherung der Zeitung.

Damit semmeln Verlage und Berater reihenweise auf ihr blödes Maul, lassen eine Weile die Finger davon, und machen einen kleineren Versuch, der auch nicht klappt – und dann sitzen sie einem gegenüber, und wollen nochmal Antworten auf die obigen Fragen. Sie haben meines Erachtens kein Gefühl für das Thema, man versucht es mit der Brechstange und scheisst, mit Verlaub, auf Chancen wie echte Interaktion mit den Lesern, freie Anbindung und einen Experimentierkasten. Es muss sich immer irgendwie einfügen, strategisch dazu passen, kontrollierbar sein und zur Marke passen. Sprich, was die letztlich wollen, ist ein rumscheuchbarer freier Mitarbeiter, der wenig kosten soll und nicht weiter stört. Wenn man denen dann sagt, dass Bloggen diametral entgegengesetzt ist, wissen sie auch nicht weiter. Und dann kommt immer die Frage, mit der scheiternde Ratlose immer reagieren:

Sind Blogs ohnehin nicht nur eine Modeerscheinung?

Ich muss mich dann immer innerlich bremsen. Ich versuche zu erklären, was das Besondere an Blogs ist, und warum sie da bleiben werden, aber eben anders, als Medien sich das mit ihrer Vorstellung eines Gatekeepers und eines vertikalen Portals zum Herabreichen der einzig wahren Wahrheit vorstellen können. Ich bin höflich und nett. Was ich im Blog nicht sein muss. Und deshalb lasse ich es jetzt hier raus:

He, Ihr verblödeten, nach oben in Entscheiderpositionen gechwemmten Nichtskönner, Ihr Parasiten am alten Ruf abkratzender Medienmarken, was zum Teufel wollt Ihr eigentlich? Eure Auflagen kacken ab, die jungen Leser laufen Euch davon und die alten Leser sterben, seit 10 Jahfren seid ihr im Niedergang, und alles, was Euren Konzernen einfällt, ist der Einkauf von irgendwelchem Communitydreck, weil da die jungen Leute inzwischen sind. Ihr habt längst den Kampf um die Qualität aufgegeben, im Internet seid Ihr nur noch kleine Nummern unter irgendwelchen Drittverwertern und niveaulosen Zusammenrottungen. Die Tageszeitungen waren bis vor 10 Jahren unangefochtene Meinungsführer, heute passen Süddeutsche, FAZ, taz und Welt locker unter den Fussabstreifer von Spiegel Online, und auf das schwarze Dreclksblatt bei mir daheim kann ich selbst inzwischen mit meinen Blogs quotenmässig hinunterspucken. Im einzigen Zukunftsmarkt seid Ihr plötzlich ein Nichts voller greinender Bedenkenträger, Ihr habt in der New Economy jeden Scheiss mitgemacht und jetzt kauft Ihr wieder jeden Rettungsring, den Euch irgendwelche Gründer hinhalten, und Eure eigene Kernkompetenz der Informationsvermittlung geht Euch am Arsch vorbei, Hauptsache ihr habt diese tollen Web2.0-Spielzeuge.

Was früher mal Eure Basis war, mutige Autoren und Kenner der Region, sind heute billige Praktis und gekaufte Johurnaille, die brav kuscht, wenn Ihr den nächsten Onlineschmarrn ranschleppt. Ihr habt die Redaktionen nach der Printkrise wieder profitabel gehungert, weil das neue, miese Niveau auch für die Abos reicht. Das rettet Euch kurzfristig den durchgesessenen Hosenboden, aber der Nachwuchs hat keine Bindung mehr an Euch, und wird auch keine Bindung an Euch mehr bekommen. Die haben sich vertschüsst zu irgendeiner Internetbespassung, Youtube, Youporn, Myspace, wo sie für Euch und Eure miese Informationsabfütterung unerreichbar sind und bleiben. Ausser ihr kauft diese Dinger auf und hofft, dass ihr den Kaufpreis reinkriegt, bevor die Massen weiterziehen zum nächsten heissen Scheiss.

Ihr haltet das vielleicht für den Gully, und ihr habt Recht: Das ist unterirdisch. Da kommt keiner von Euren bisherigen Infoproduzenten mehr nach; Eure bescheuerten Podcasts sind nicht dunmm genug, und wer da unten gelandet ist, hat genug Infos durch die Krümel, die es an jeder Ecke kostenlos gibt. Uber diesem riesigen Morast da unten mit seinen Stalkergruppen, Copyrightverletzungen und der totalen Leckt-Mich-Haltung gegenüber Euch alte Machthaber, über all dem hat das Netz nur eine einzige Sache hervorgebracht, was manche Leute davon abhält, da runter abzusacken. Blogs. Wir Blogger. Wir sind die einzige Rückhaltlinie auf einem Territorium, das Ihr mit Eurer grosskotzigen Attitüde nie beachtet habt. Ihr rümpft vielleicht die Nase, weil wir nicht höflich sind und kontrollierbar, aber auf dem Feld der Information und Kommunikation, die noch so halbwegs mit der Euren vergleichbar ist, sind wir alles, was da ist. Ansonsten ist um Euch herum das Informationsdebakel, das Ihr selbst mit angerichtet habt. Lustigstes Beispiel der letzten Wochen: Das Video der Woche von Sueddeutsche.de, irgendein bei Youtube rausgefischtes Amateur-Filmchen, das regelmässig das bestbesuchte Angebot ist. Das schlägt alles andere. Das sollte Euch zu denken geben.

Wir wachsen. Wir werden mehr und grösser. Es gibt einen Zusammenhang zwischen unserem Aufstieg und Eurem Niedergang. Ich weiss nicht, ob Blogs eine Mode sind. Aber Medien sind die Fetzen einer 500 Jahre alten Kleiderordnung, die längst fadenscheinig ist und nie gewaschen wurde. Eine Kleiderordnung, von der die Nutzer nicht mal wissen, dass es sie gibt. Sie merken nur, dass Euer Dreck von der abgeschriebenen Pressemitteilung über eingespeiste DPA-Meldungen bis zum Absaugen der Lobbyistenrülpser stinkt.

Ich bin kein Hellseher und kein Scharlatan, und vielleicht stimmt es, und Blogs sind nur eine Modeerscheinung. Aber an Eurer Stelle würde ich auf die Knie gehen und zu Eurem Gott beten, dass wir es nicht sind. Denn wenn wir nur eine Mode sind, was wird dann erst mit Euch sein?

28.2.2007 | 21:20 von DonAlphonso

StudiVZ warnt Mitarbeiter – aber nicht die Nutzer

Zuerst mal das Wichtigste für alle StudiVZ-Benutzer, gern auch an die StudiVZ-nahen Spammer hier auf der Blogbar: Falls Ihr Eure alten Passwörter bei StudiVZ auch für andere Dienste (Email, Ebay, Amazon, etc.) verwendet habt, ändert sie so schnell wie möglich. Mir liegt hier von zwei unabhängigen internen Quellen die Information aus dem Hauptquartier vor, dass Projektbeteiligte aufgefordert wurden, das ebenfalls zu tun. Der Grund: Die gestrigen Angreifer haben nicht nur auf einen erheblichen Teil der Daten von StudiVZ zugreifen können, es ist damit nach Stand von heute Mittag auch wahrscheinlich möglich,

mit den Daten und Einsatz hoher Rechenleistung die Passwörter zu entschlüsseln.

So zumindest sinngemäss ranghohe Projektmitarbeiter in Wort und Schrift (Liegt Blogbar.de vor). Was genau passiert ist, beschreibt die FTD

Über ein neu programmiertes Modul der Tochter-Seite SchülerVZ konnten der oder die Täter in die Datenbanken des Anbieters eindringen und dort Namen, Mail-Adressen, verschlüsselte Passwörter und Freunde-Listen herausholen.

unter Verweis auf die neue Pressesprecherin (auf dem Bild in der Mitte – kein Witz, hier der Link zur Seite, und ja, die Bilder sind immer noch ohne einloggen abrufbar, und nein, die Pressesprecherin hat sich mutmasslich nicht viele Gedanken über Öffentlichkeit gemacht) Dazu passen auch Berichte über Störungen im Betrieb – offensichtlich sind in zeitlicher Nähe zum Hack auch Profile gelöscht worden. Und ich wüsste jetzt nur zu gerne, warum man bei StudiVZ zwar die eigenen Mitarbeiter noch am heutigen Vormittag vor den möglicherweise gravierenden Folgen des Einbruchs für ihren Datenschutz gewarnt hat, aber die Mitglieder von StudiVZ im Unklaren gelassen werden. Bis zur Beantwortung dieser Frage kann man sich die Zeit mit diesem spassigen Ange-Bot vertreiben.

27.2.2007 | 19:16 von DonAlphonso

Oooops – bei StudiVZ muss was absolut Grobes passiert sein

Wenn man sich dort einloggt, kommt diese nicht wirklich vertrauensbildende Meldung:

Sicherheitsmassnahme – bitte neues Passwort erstellen:

Wir haben den begründeten Verdacht, dass Unbefugte heute versucht haben, sich Zugriff zu studiVZ zu verschaffen.

Zu Deiner Sicherheit ist Dein bisheriges Passwort nicht mehr gültig.
Um Dir ein neues Passwort zu erstellen, gib bitte Deine Emailadresse unten an. Du bekommst dann eine Email von uns mit einem Link, um Dir ein neues Passwort zu erstellen.

Wir entschuldigen uns für das Problem und danken für Dein Verständnis!

Auf diese Art wird der Laden erst mal seine Karteileichen los. Wenn nicht alle bis jetzt schon ihre Daten los geworden sind. Und eigentlich würde man sich hier eine etwas offenere Informationspolitik wünschen, schliesslich hat das Startup neben einem Faible für Nazistileinladungen und seinen Stalker- und Genozidleugnergruppen auch eine Menge Verantwortung für die persönlichen Daten von angeblich mehr als 1,5 Millionen Nutzern.

Tolle Firma, die Holtzbrinck da eingekauft hat. Und die wollen jetzt Schüler “vernetzen”. Na prima.

Edit: In der offiziellen Pressemitteilung wird dagegen schon eher mit der ganzen unschönen Wahrheit herausgerückt:

Wie die Berliner Studierendenplattform studiVZ heute mitteilte, hat eine bislang unbekannte Person während des heutigen Tages Mailadressen, Zugangsdaten und Freundschaftsverbindungen illegal aus der studiVZ-Datenbank auslesen können. Wie viele Profile davon betroffen sind ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen.

Erstklassiges Customer Relationship Management, im Bonker.

27.2.2007 | 17:34 von DonAlphonso

Statt Etikette: Blogger etikettieren

Ich meine die theoretische Frage durchaus ernst: Was spräche dagegen, irgendwo im Netz Buch zu führen über Blogger, die für finanzielle Zuwendungen von Firmen wie trigami, Blogpay, Opel, Ask.com und wie sie alle heissen, Artikel verfassen, in denen sie deren Produkte vorstellen und verlinken? Vielleicht aufgeteilt in diejenigen, die es wenigstens irgendwie mit einem verschämten “Sponsored”-Button einräumen und die, die wirklich Schleichwerbung machen. Da stünde dann etwa drinnen:

Blogger XY hat für diese und jene Beiträge über den Grüntrunk der Krötenschleim GmbH Geld vom Blogvermarkter Spamschleuder AG genommen, zur Summe wollte er nichts sagen, aber er verfasste dafür diese und jene Begründung:

Blabla… jung und brauche das Geld …. ist doch lustig …. macht doch jeder …. bla bla

Leicht auffindbar, damit sich jeder schnell ein Bild von den Aktivitäten machen könnte. Ich würde mich natürlich auch eintragen nach dem Motto:

Don Alphonso hat die Blogbar mitgegründet, die sich von 2004 bis 200X unter anderem mit der Vermarktung und PR für das Buch “Blogs!” beschäftigte, wozu er sagte: “Natürlich mag ich es, wenn das Buch verkauft wird”.

Offen, transparent, in meinen Augen kein Problem und eine Hilfe in einer Zeit, da die Grenzen zwischen Bloggen und Strichjung bezahlter Meinung mehr und mehr von einzelnen für mehr oder weniger Geld verwischt werden, die damit kein Problem haben. Was sollte dann an so einer Liste stören, wenn sie sauber gemacht ist? Werbeagenturen, PR-Klitschen, Google-SpammerOptimierer und Marketingfirmen lassen sich doch auch listen, warum sollte man das bei Bloggern, die das als Nebenerwerb tun, nicht auch machen können? Weil sie ihre Einkünfte nicht versteuern? Weil es ihnen peinlich ist?

Disclosure: Ich glaube ohnehin nicht, dass solche Geschichten mehr als Geldverschwendung sind, denn da herrscht auf allen Seiten ein hübsch ungesund-zynischer Opportunismus, und mir wäre auch die Zeit zu schade, mich durch schlecht geschriebene Promogülle langsweiliger Blogs zu lesen, deren Autoren sich für jeden Marketingdreck einspannen lassen. Insofern wüsste ich nur gern theoretisch, warum da manche so einen Aufstand machen, wenn man diesen Vorschlag einer transparenten Liste macht und sich keiner für andere Vorschläge erwärmen konnte.

26.2.2007 | 17:58 von DonAlphonso

Erfolg. Oder auch nicht.

Es gibt Leute im Blogosphärenviertel mit den kommerziellen Luftschlössern, die nach oben an die Spitze der diversen Rankings sehen und glauben, dass jetzt endlich der Durchbruch da ist: Eine aufgeflogene Werbeaktion und eine googleoptimierte Trashbegleitung haben tatsächlich erhebliche Nutzerzahlen vorzuweisen. Nun ist das Besondere der Blogosphäre nicht, dass es ein paar führende Blogs mit relativ hohen Nutzerzahlen gibt, zu denen, zugegeben, auch dieses Projekt gehört, sondern die breite, breite Masse von Bloggern, hunderttausende von Leuten, die vor sich hinschreiben und das unabhängig von irgendwelchen Trends und bekannten Gesichtern der Blogosphäre tun. Der Glaube an “Topblogger” ist ein Hobby mancher Vertreter dieser Gruppe; ein Glaube, der nichts mit den eigentlichen Veränderungen der Inhalte im Netz zu tun hat. Die Blogosphäre war seit jeher zu gross und individuell, um darin umfassend Themen zu setzen; das haben weder Johnny vom Spreeblick mit Jamba, Du bist Deutschland und Group Tekkan, noch das Bildblog, das Vorgehen von Transparency International und auch nicht ich mit StudiVZ getan – weil diejenigen, die faktisch einen begrenzten Einfluss auf die Meinungsbildung hier draussen haben, sehr genau wissen, wie kleinder Einfluss ist, von der Kurzlebigkeit mal ganz zu schweigen. Blogs sind (und das stand schon im Blogs!-Buch drin) feiner Staub auf dem Medienbetrieb, und der Unterschied zwischen dem kleinsten Korn und dem grössten Krümel ist angesichts des Ganzen praktisch vernachlässigbar.

Nun also haben wir zwei neue grössere Krümel, die auf unterschiedliche Resonanz stossen, und ich möchte hier aus meiner, der ersten Auffassung zuneigenden Meinung keinen Hehl machen: Beide halte ich für verzichtbar, und ihre Macher für unerfreuliche Erscheinungen. Allein schon, weil ich es hasse, beim Thema Blogs auf Podien etwas zu diesem Müll sagen zu müssen. Es wird kommen, also sage ich es lieber gleich. Und zwar geht es darum:

Das Autowerbungsblog war sicher nicht ganz billig. Was jetzt allgemein als Erfolg rausgetrötet wird, kostete nackt ohne die diversen Brainstormereien die Kleinigkeit eines nicht niedrigen sechsstelligen Betrags. Für das Geld bekommt man auch 4 oder mehr ganze Printseiten eines führenden deutschen Softnewsmagazins, 10 korrupte Redakteure für ein halbes Jahr, 20 intensive Lustreisen inclusive Beratung bei einem Spitzenanwalt, wenn es schief geht. Oder eben täglich 20.000 bis 30.000 immer gleiche Fans einer Comedyfigur, die sich für selbige und nicht zwingend für eine Karre interessieren, die ohnehin nicht im Mittelpunkt steht.

Und selbst, wenn es mal 50.000 werden sollten: Die drei erfolgreichen “Unpimp the Auto”-Viralspots von VW kommen allein bei Youtube einzeln auf 2 bis 3 Millionen Views, sprich das 40fache weltweit – das obige xemplar ist ausserhalb des deutschen Sprachraums nicht zu verwenden. [Edit: mein Fehler, es sind keine Viralspots, sondern auch bei Youtube verbreitete Spots, siehe Kommentar von 7/4] Auch im Vergleich zur Reichweite eines grossen Magazins ist das Blog ein Winzling, und ob es effektiver Autos verkauft oder den Konzern irgendwie cooler macht, kann man auch bezweifeln. Ich mein, den Ferrari von Magnum fahren, ok, das zieht, aber den VW Opel von einem Vollhorst?

Ähnlich lächerlich sind auch die Zahlen der Trashbegleitung: Während der Mist in der Glotze auf mehr als 5 Millionen dröge Schnarchnasen auf Verfettungstrip Zuschauer kommt, landet das Blog auch während der Sendung auf weniger als 50.000 Visits. Weniger als 1%. Man kann nicht wirklich behaupten, dass das angesichts der Wirkung des Senders ein besonders hoher Anteil ist. Mit der Blogosphäre dürften die ca. 80% durch Googleanfragten angeschwemmten Besucher ohnehin nichts zu tun haben. Irgendwann wird der Vollhorst auch den Depperltest nicht bestanden und der Trash einen neuen Superdödel gefunden haben, und dann?

Macht dann Didi Hallervorden den Pilotenschein, führt die Brautschule ein Tagebuch, und ändert das irgendwas an den Problemen der Medien und der Werbung, weiterhin an die Zielgruppen ranzukommen? Keine Ahnung.

Aber es ändert nichts an den Blogs.

24.2.2007 | 10:52 von dogfood

Wochenendkinderkacke

Hyperlinks sind eine der Essenzen die das Internet zusammenhalten. Man wird nicht über jeden Link glücklich sein. Bei einigen Verlinkungen wird einem der Kragen platzen. So geschehen mit der Erwähnung der blogbar in einer Blog-Empfehlungsliste der WELT.

Dass Don ein Problem hat, in einer Empfehlungsliste der WELT aufzutauchen, kann ich nachvollziehen und sollte niemanden überraschen. Dass er um Entfernung bittet, ist legitim. Mit dem Tonfall wird nicht jeder an der blogbar glücklich gewesen sein (man zähle mich dazu), da es in diesem speziellen Fall das ganze Blog blogbar und seine Beteiligten betrifft und nun auch auf das Blog zurückschlägt.

Es wird Veränderungen an der blogbar geben. Es ist nur die Frage des “Wann”, denn die Prozesse die im Hintergrund nötig sind, schleppen sich zäh dahin. Was eigentlich schon für Ende Januar angedacht war, wird sich nun mit Sicherheit nicht vor März realisieren.


Zum Kinderkacke-Spiel gehören immer zwei. In der anderen Ecke steht Stefan Niggemeier der sich nicht nur über Wortwahl aufregt, sondern bereits das Verlangen für abstrus hält:

Dies ist ein freies Land. Jeder darf auf BILDblog verlinken. Und wenn auf diese Weise ein paar „Welt”-Leser einen schärferen Blick auf das Blatt bekommen, von dem der Herausgeber der „Welt” lebt wie von keinem anderen, ist mir das Recht.

Abgesehen davon, dass es sich nicht nur um eine bloße Verlinkung handelte, gibt es Fälle in der sich das BILDblog auch nicht so ganz gerne empfehlen lässt. Dann z.B. wenn man auf der Nominierungsliste für den Goldenen Prometheus steht.

Also: eine Empfehlung auf der Blogliste der WELT ist ein Zeichen für ein freies Land. Ein Austragen aus der Nominierungsliste des Goldenen Prometheus ist hingegen ein Akt der “Medienhygiene”.


Apropos WELT: der Online-Newsroom und damit verbunden der erhöhte Ausstoß an Inhalten, scheint zu einer “Blogisierung” der WELT-Website zu führen. Manch Artikel in den hinteren Ressorts liest sich eher wie ein gestreckter Blogeintrag und nicht wie ein Nachrichtentext der würdig genug wäre, auch auf Papier gedruckt zu werden. Da sind andere Zeitungen konsequenter in ihrer Trennung


Immer noch besser als das was sich Holzbrinck/Germanblogs/BOOGIE MEDIEN derzeit einfallen lassen. Mit “Loovt” aus dem Hause “Germanblogs” (jenes Unternehmen, das Blogger inzwischen nicht mehr mit Geld entlöhnt, sondern mit kleinen “coolen” Taschen abspeist und demnächst Glasperlen und Muscheln als Blogwährung einführt) bringt man inzwischen das gefühlt siebenundzwanzigste TV-Blog auf dem Markt, dass sich vorallem als Lagerstätte für umformulierte Pressemitteilungen versteht, die von newsaktuell/OTS abgegriffen werden.

Kann man machen. Bin trotzdem über die geringe Fallhöhe dieses Projektes aus dem Hause eines Medienkonzerns und seiner Tochter überrascht.

BTW: Als Blogsystem wird Drupal und nicht 21publish benützt.


Die hiesigen Fernseh- und Rundfunkanstalten versuchen sich massiv dem Thema Internet anzunähern. Die ARD hat zum Beispiel inzwischen ein gut laufendes Tagesschau-Blog (hätte ich vor zweieinhalb Jahren nicht gedacht). Und wer irgendwelchen Intendanten und sonstigen Verantwortlichen ein Mikrophon unter die Nase hält, bekommt viele Lippenbekenntnisse zu den fantastischen Kommunikationsformen die das Internet ermöglicht.

Aktuell gibt es ein Beispiel, dass als “Lakmustest” dienen könnte, wie ernst die ARD und der NDR ihre Kommunikationsbereitschaft nehmen.

Das “Politmagazin” PANORAMA hat am Donnerstag einen unterirdischen Beitrag zum Thema “Computerspiele” gebracht. Nicht nur die Intention des Beitrages ist fragwürdig gewesen. Es tauchen so viele hanebüchene faktische Fehler auf, dass man sich fragen muss, ob PANORAMA, der NDR und die ARD überhaupt irgendeine Form der redaktionellen Qualitätskontrolle besitzen. Jan Schejbal hat sich die Mühe gemacht und den PANORAMA-Beitrag durchgeackert (via Jo/YAMB).

Die spannende Frage: wird die PANORAMA-Redaktion die Kommunikation mit seinen Fernsehzuschauern aufnehmen? Im PANORAMA-Forum beim NDR sind inzwischen 83 Beiträge aufgelaufen, die größtenteils detailliert und sachkundig den Beitrag auseinandernehmen. Wortmeldungen des NDRs, der PANORAMA-Redaktion oder des Autors hat es im Forum (Zitat PANORAMA-Website: “Ihre Meinung zählt!“) bislang nicht gegeben. Der Admin macht nur brav seine Runde und löscht Links die auf ausführlichere Blogeinträge verweisen.

Es ist nicht der erste fragwürdige TV-Beitrag zum Thema “Computerspiele” in politischen Magazinen der mit Einseitigkeit und blanker Ahnungslosigkeit/Lüge glänzt. Der viel gelobte Frank Plasberg musste nach einer ebensolchen einseitigen “Hart aber fair”-Sendung und den heftigen Reaktionen im Gästebuch eingestehen:

Ich habe wie immer besonders aufmerksam unser Gästebuch gelesen. Nicht zu übersehen, dass viele User unsere Sendung als unfair empfunden haben, weil kein Spieler am Panel vertreten war. Sie haben Recht: Das war ein Fehler. Auch ein noch so guter Tom Westerholt im Film konnte dieses Manko nicht wett machen. Sorry, wir haben verstanden.
Ihr Frank Plasberg

Der PANORAMA-Beitrag ist eine Katastrophe gewesen.

Die Öffentlich-Rechtlichen Anstalten verstehen nicht, dass für Jugendliche/Unter Vierzigjährigen die handwerklichen Fehler solcher Beiträge offensichtlich sind. Die Häufung solch schlechter Beiträge zu einem Thema läßt für eine große Gruppe von Personen die gesamte Glaubwürdigkeit der Informationssparte der Öffentlich-Rechtlichen gegen die Wand fahren. Es sind solche Beiträge die dazu führen, dass in der Wahrnehmung von vielen, “Journalismus” keine Bezeichnung für ein Qualitätsmerkmal mehr ist und die Grenzen zwischen den altherkömmlichen Massenmedien und den Medienformen des Internets verwischen.

Wenn ARD & ZDF Probleme haben, für ihre Programme eine junge Zielgruppe zu erreichen, dann liegt es auch an dem Unverständnis für “jungen” Themen, dass die Öffentlich-Rechtlichen immer wieder zeigen. Der Image-Schaden der sich dabei bei den Leuten einbrennt, ist auch nicht dadurch wieder gut zu machen, dass man Karl Moik gegen Florian Silbereisen austauscht oder an anderer Front hippe Blogs für ARD Aktuell aufmacht.

Also PANORAMA, was nun?
[Edit: Die PANOARAMA-Redaktion hat bereits am Freitag reagiert. Stefan Niggemeier macht mich in den Kommentaren darauf aufmerksam, dass die PANORAMA-Redaktion in einem anderen Thread im Forum ihren Textbaustein für Anfragen zum Thema veröffentlicht hat ]