Wenn ich mir einen Artikel wünschen dürfte
Liebe Presseleute, wenn ich mir einen Beitrag über Blogs wünschen dürfte, dann wäre er ziemlich anders als vieles, was im Moment von Euch so geschrieben wird. Denn, liebe Kollegen, in Wirklichkeit erzählt Ihr Euren Lesern viel Scheisse, und das wisst Ihr auch. Wie so vieles entwickeln sich die Blogs hierzulade kontinierlich, es werden mehr, sie werden besser. Es gibt nicht irgendwelche besonders einflussreichen Blogger, in deren Gefolge zigtausende damit beginnen, und es gibt auch keine Themen, die Blogger enstehen lassen. Es gibt auch keine Business-Trends beim Bloggen über dem Niveau einer Selbstdarstellung von mehr oder weniger kompetenten Kleinstunternehmern. Es stimmt auch nicht, dass Blogs die Medienwelt jetzt und auf der Stelle umkrempeln werden, wie Ihr das in Euren Artikeln so gern schreibt, um eine heisse News zu haben. Die Ihr ja braucht, um das Thema zu machen und damit in der Redaktion gut dazustehen.
Kurz, das Thema hat irgendwie fast nie Aufhänger, wie Ihr ihn braucht, um die Story sexy zu machen. Streicht man das Gesülze weg, ist Bloggen eine langsame, aber nachhaltige Evolution der Mediennutzung im Internet, und auch nur dort. Da entstehen Texte, und das ist für Euch keine News, denn Texte macht Ihr ja auch, so what. Ihr seht also nur selten, dass wir es hier in einem weiteren und auch engeren Sinn mit einem Kulturphänomen zu tun haben, das aus sich heraus eine Kultur erschafft. Ihr schreibt so selten darüber, was da wirklich passiert, wer was schreibt, was daran so witzig und spannend ist, dass es viele Leute lesen. Ihr redet über das Bizz, über Clickzahlen, über Politik hier und Social Issues da, um eine Einleitung ins Thema zu bekommen.
Wenn das ein Feuilleton und das Blog ein Buch wäre, würdet Ihr über den Umschlag schreiben, über den Drucker, über die Ausstattung des Verlags und darüber, inwieweit sich das Ganze für den Autor rechnet. Ihr würdet schreiben über die Seitenzahl, über die Meinung der Buchhändler und dann noch ein paar Experten interviewen, die sagen, inwieweit sich die Marktpositionierung und das Design auf zukünftige Buchverkäufe auswirken. Ihr würdet nicht über den Inhalt schreiben.
Und deshalb, Ihr kertinösen Zeilengeldlutsc Hurnaill Kollegen, klingen Eure Artikel immer gleich langweilig, halten sich an die immer gleichen Bausteine und gehen voll am Kern, an der Kultur, am kulturellen Phänomen, am Schreiben, am Mitteilen, an der Freiheit, gut und schlecht sein zu dürfen und sich einen Dreck um die Meinung anderer zu scheren, am Bloggen an sich vorbei. Zumindest nach meiner bescheidenen Meinung. Ihr habt einen Skavenblick auf das Thema, Ihr seid hilflose Gefangene Eurer eigenen Ansprüche, Ihr versteht es nicht, wie ein nichts ausser FTD und Brand1 lesender BWLer auf einer Party von Literaten, der nichts zu sagen weiss ausser seiner Meinung über die ihm etwas verständliche äussere Erscheinung.
Das hätte ich gerne, ganz unbescheiden, anders. WennŽs Euch dann nicht gefällt. könnt Ihr das ja auch schreiben (und mit den Reaktionen leben).
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Ihr habt keine Ahnung
Zustimmung, Herr Don.
Das wird schon noch. Gemach.
mit dem bloggen und dem redaktionellen schreiben verhält es sich eben so, dass die einen es aus freude machen und die anderen um kohle zu schäffeln. und also werden wenige der journalisten jemals erfahren, worum es beim bloggen wirklich geht.
Das Claus, trifft den Kern und trifft ihn zugleich auch nicht. Eifgentlich sollte man von Journalisten eine engagierte Schreibe erwarten und dass sie mit ßberzeugung hinter dem stehen, was sie schreiben. Das ist aber in der Praxis selten genug der Fall und schon einer der Gründe für die vorgefundene Diskrepanz.
argwohn schlägt den blogs entgegen. argwohn und neid auf die redaktionelle narrenfreiheit. die leute sind so. klar gibts auch so manchen blogger, der gerne “echter” journalist wäre. die leute sind so.
Es gibt ja auch echte Journalisten , die Blogger sind, nei war?
Stimmt, Che. Gibts auch.
Ich gebe Don teilweise Recht. Das Problem ist in vielen Fällen die “Wir müssen da mal was über Blogs machen”-Ansage. Und gleichzeitig das Problem der Unwissenheit der Leser. Das heißt: Auf der einen Seite muss es leicht erklärt sein, auf der anderen Seite schnell gemacht. Und deshalb gibt es immer wieder Jamba (wobei das nun zugegebenermaßen auch besonders schön ist), immer wieder Cryptonite und immer wieder Don Alphonso.
Ein weiterer Haken: Die meisten meiner Kollegen lesen keine Blogs. Das liegt auch am geringen Zugewinn in der täglichen Arbeit, beschränken sich die meisten deutschen Weblogs doch auf wenige Branchen und Bereiche – oder eben auf privates. Und zum Spaß Blogs lesen – das haben leider noch nicht viele für sich entdeckt.
In einem Punkt allerdings habe ich eine andere Meinung als Du, Don: Blogs werden keine Internet-only-Entwicklung bleiben. Sind sie eigentlich schon nicht. Es gibt Lesungen, es gibt “Blogs!”. Und es wird weitere Bücher geben und Poetry Slams werden sich mit der Blog-Gemeinschaft vermengen.
> Ein weiterer Haken: Die meisten meiner Kollegen lesen keine Blogs.
Ergänzung: Zusätzlich hab ich den leisen Verdacht, dass (bei Journalisten und Blog-Lesern) gerade eine schnell wachsende Gruppe hinzukommt, die solchen Kram wie das Focus-Ghostwriter-Zeugs liest und das dann für Blogs hält, weil Blogs drüber steht.
Gerade das mit Lesungen und Literaturveranstaltungen sehe ich bisher nicht, da gibt es bislang kaum ßberschneidungen, und Blogger sind nach meiner Erfahrung nicht wirklich gross im Organisieren in der realen Welt. Allerdings würde es sich natürlich anbieten, denn wer ein Blog liest, kommt auch auf eine Lesung. Man schafft sich quasi das Publikum. Aber auf der anderen Seite ist es ein enormer Aufwand.
Es gibt ja auch offizielle Blogs kommerzieller Medien, die gut sind, z.B. das Bootsektorblog. Das Problem beginnt da, wo einige selbsternannte Trendfüchse meinen, mit Blogs selber Geld verdienen zu können, Blogs als eine Art Guerrilla-Marketing.
tknuewer, blogs werden nicht internet-only bleiben? ja, sind sie ausserhalb des internets denn überhaupt noch blogs?
Blogs werden in meinen Augen schon “Internet only” bleiben, die Gesellschaft wird sich in dieser Hinsicht allerdings verändern. Schon heute hat fast jeder ein WAP-fähiges Handy, mit UMTS und WLAN (Ja, Buzzwords und Akronyme sind doch was Feines ^^) wird das Internet immer mehr die Fläche erreichen – die Zeiten sind schon fast vorbei, wo “Internet = Computer = stationär” galt und in dem Sinne fast nur Technikfreaks drauf abfuhren. Das Web wird zum Gesellschaftsphänomen – und mit ihnen die Blogs.
Gut, die Meisten werden wohl weiterhin kein Blog führen – ich denke, knapp 80 Millionen Blogs in Deutschland hätten eh keine Daseinsberechtigung ;) Nichtsdestotrotz werden die Blogs in Zukunft auf mehr Interesse stoßen, es werden mehr Leute Blogs lesen und die Gelesenen werden ihren Schreibstil dementsprechend auch anpassen (das passiert ganz automatisch). Aber: das Ganze wird wohl kaum eine Konkurrenz zu den “etablierten Medien” darstellen, sondern mehr eine Ergänzung. Blogger sind in der Regel aktueller, wenn’s um News geht – aber Journalisten haben meist die bessere Recherche (sollten sie zumindest, ich weiß, es gibt Negativbeispiele). So greifen die verschiedenen Medien bald Hand in Hand – wenn die “Feindseligkeiten” erst einmal vorüber sind.
Traurig ist leider in der Tat, dass das Thema “Blogs” im Moment mehr aus Marketingsicht angepackt oder lieber gleich verteufelt wird. Die eigentlichen Inhalte der Blogs werden völlig ausser Acht gelassen, man konzentriert sich mehr auf die technischen Aspekte und die markttechnischen Möglichkeiten – will man eine Hetze schreiben, erwähnt man noch, dass eine Redaktion als Regulativ fehlt. Dass aber das eine Blog kaum mit dem Nächsten vergleichbar ist, wird da völlig vergessen – denn sein wir mal ehrlich, lässt sich “Rebellen ohne Markt” oder “Spreeblick” mit dem “Schockwellenreiter” vergleichen? Wohl kaum, oder?
Don, du hast Recht mit deinem Feuilletonvergleich – es wird nur auf den Umschlag geachtet…
Inhalte?
Was sind denn die Inhalte, die meisten Blogs sind recht belanglos (wenn nur kommentiert aber nicht reflektiert wird).
Ebendsogut könnte man sagen das die Inhalte von Handygesprächen das wichtige ist.
Und beides führt zur Aussage das die Möglichkeit es zu tun viel wichtiger ist was man damit tut.
Ich erinnere mich an die Tsunami Blogs, Baghdad Burning, oder auch den Jamba Eintrag bei Spreeblick (wars da?).
Die ersten beiden sind wie ein Handyanruf bei den betreffenden Personen, es macht Dinge aus den Nachrichten persönlicher und es geht schnell.
Der Jamba Eintrag war journalistisch indem er einfach etwas gesellschaftliches anprangerte.
che:
So wie die Kinder, die bei der Erziehung alles besser machen wollten als ihre Eltern? Oder wie die Lehrämtler, die alles besser machen wollten als ihre Lehrer? Dumm, das mit der Realität, ja.
Burnster, ich meine damit nicht die Blogs als solche, sondern ihre Autoren und die Texte. Wie gesagt: Lesungen, Bücher… all das steht noch am Anfang. Und meine feste Vorhersage: Die kleine aber feine deutsche Poetry-Slam-Szene wird sich mit den Bloggern vermischen. Nächster Schritte könnte dann der Weg in Richtung Standup-Comedy sein. Und siehe da – Blog-Autoren könnten im Fernsehen landen.
Gesponnen? Vielleicht. Aber ich würd ne Flasche Ketchup drauf setzen, dass es in ein paar Jahren so kommen wird.
Sachsenpauke: Belanglose Inhalte? Würd ich so nicht unterschreiben. Manches ist das, was der FAZ-Feuilletonist als Pop-Literatur umschreibt, dann gibt es exzellente, journalistische Kommentare, anderes ist pure Comedy. Ich zumindest finde in vielen Blogs eine erstaunlich hohe Qualität.
Es gibt nicht “die Medien”, “die Journalisten” und auch nicht “die Blogs”… ist doch etwas polemische ßberdenkammschererei von jeder Seite.
Als die ersten Eisenbahnen fuhren, fürchteten sich die Passagiere vor der unerhörten Geschwindkeit… und heute?
Sucht man nach einem handhabbaren Redundanz-Filter für der große weiße Rauschen im Netz.
Â?Was sehen wir, und woher unsere ßberraschung? Wir sehen die Menge als solche im Besitz der von der Zivilisation geschaffenen Einrichtungen und Geräte. Doch kaum haben wir uns ein wenig bedacht, so überrascht uns unsere ßberraschung. Ist nicht dies der Idealzustand? (Ortega y Gasset)
Früher produzierten die geschwätzigeren Kollegen eigene Fanzines oder A5-Egozines. Heute ist die Mitteilungsschwelle eben etwas niedriger, zumal man kein Geld mehr für Copyshop und Porto investieren muss.
Trotzdem sehe ich viele Blogs als Fortsetzung des “A-Fünfers” mit anderen Mitteln.
D.I.Y. kann sich professionalisieren, muss aber nicht. Ist doch gut so. Alles andere macht die Zielgruppe unter sich aus. Und wer über das Verkanntwerden durch “die Medien an sich” lamentiert, sollte sich mit seiner eigenen Motivlage befassen… grins.
Ich glaube ja nicht, dass meine Journalisten-Kollegen keine Blogs lesen. Ich glaube aber, dass Journalisten Blogs meist nur dann nutzen, wenn sie für sie Mehrwert bieten: Zum Beispiel nach den Anschlägen in London. Die Distanz bleibt also groß – den Lesen kostet Zeit, und Zeit ist zum Luxusgut geworden. Und diese Distanz liest man auch in den Artikeln über Blogs. Sorry.
[…] Quelle: Blogs […]
Viel Lärm um Tagebücher
Nun treffen sie aufeinander – die Schreiber von Weblogs und die Journalisten – und heben unnötige Gräben aus. Was ist los? Um was geht es?
Blick über den Zaun
Etwas Klarheit
Der Begriff “Weblog”, zu-
sammengesetzt aus “W…
hm, nicht meckern – selber machen !?
meiner meinung nach werden blogs zwar auf irgendeine weise die internetkulturgeschichte praegen, aber auf laengerfristige sicht ist bloggen nur ein trend, der wie jeder trend nach gewisser zeit wieder im sumpf der schnellen zeit versinkt. zur zeit befinden wir uns noch im aufschwung, aber in ein paar jahren ist das alles wieder vorbei, keine sorge.
bloggen und journalismus sind nicht vergleichbar und somit auch niemals vereinbar.
die bewegen sich doch auf voellig verschiedenen leveln. sei es nun qualitativ, quantitativ, menschlich.
sinnlos, darueber zu dikutieren.
@ Peter Schink, Netzeitung, 12.7. 15:41
Ich muss Ihnen widersprechen. Denn wenn die Distanz, wie Sie sagen, aus den Medienbeiträgen herausschaut, so hat das genau damit zu tun, dass die Journis die Weblogs nicht verstanden haben (ich meine nicht die Technlogie). Für mich ist die Technologie nur ein Vehikel.
@ Libelle, 12.7. 22:23
Auch Ihnen muss ich widersprechen. Blogs und Journalismus sind vergleich bar, wenn Inhalte und Zielsetzung annähernd übereinstimmen. Die Praxis sieht anders aus – sie darf es auch. Mag sein, dass Bloggen ein Trend ist; intereassant ist, was übrigbleibt. Mit der Technologie kann man jede Menge anfangen und sie mit Inhalten füllen.
bloggs sollten anarchie sein. die anarchie der leute, die am rechner sitzen und davon berichten, was sie getan haben, BEVOR sie sich an den rechner gesetzt haben..
Ein Aspekt fehlt aber noch in der ganzen Diskussion.
Das SELBERMACHEN, das persönliche Erleben beim SCHREIBEN!
Bisher fand ich bloggen auch etwas für Labertaschen und Leute die zu viel Zeit haben.
Nachdem ich – ja aus Marketing-Erwägungen – selbst ein Themen-Blog aufgesetzt hatte, überkam mich nach den ersten Artikeln in denen ich auch etwas ganz persönliches nach außen gegeben hatte soetwas wie ein erregtes Prickeln. Was war das? Sollte bloggen etwa für den Schreibenden wichtiger sein als für den Lesenden? Bloggen als Therapieform?
Jedenfalls habe ich wieder Lust, etwas zu schreiben, auf jeden Fall mit einem Stück von mir ganz privat, das steht fest!