Angewandte Blogerkenntnis bei Pro7 und HLX
Früher, ungefähr zu der zeit, als Kai und ich das Blogbuch konzipiert haben, konnte man von den angehenden Vertretern des Bloggeschäfts oft hören: “Bloggen ist jetzt noch klein, aber warte erst mal, bis die Grossen einsteigen – dann kommt der fette Schub in Deutschland.”
Heute, etwa 2 Jahre später, kann man diese These allenthalben überprüfen. Tatsächlich beschäftigen sich die Grossen heute mit Blogs, und man kann nicht umhin zuzugeben, dass sie irgendwo zumindest das theoretische Wissen haben, wie das nun geht mit dem Blogdings da:
Der Blogger sollte sein Weblog in regelmäßigen Zeitabständen aktualisieren, um seine Leserschaft nicht zu enttäuschen.
sagt einer der sinnvolleren Sätze auf dieser zum Sender Pro7 gehörenden Website. Der Anlass sind zwei Blogs von Moderatoren, die von der Idee her etwas ähnlich sind wie das im Buch vertretene Projekt http://woman.twoday.net/: Frau und Mann treten gegeneinander mit dem jeweiligen Geschlechterstandpunkt an. Beim ersten Durchlesen versteht man schnell, wieso die beiden Neublogger eigentlich Moderatoren eines Boulevardmagazins sind, das keinerlei gesteigerten Anspruch auf elaborierte Wortwahl legt, Zitat:
Oder… was gibtŽs sonst noch für Ideen, die man unbedingt mal in die Tat umsetzen müsste??? Also.. wer sich jetzt dazu berufen fühlt, seine Meinung hier zu hinterlassen… Na dann mal los…!!! Schließlich brauche ich ja noch ein paar gute Vorsätze für das nächste Silvester-Raclette-Essen….
Liest sich wie aus der Schreckenskammer einer Selbstverstümmelungs-Myblog-Userin, ist aber ein führendes TV-Angebot. Möglicherweise aber genau für diese Zielgruppe. Wie auch immer: Von dem obigen Wissen scheint man den neuen Bloggern nicht wirklich viel mitgegeben zu haben. Obwohl die Blogs auch auf der Startseite von Welove.de verlinkt sind, datieren die beiden existierenden Beiträge vom 2. Januar. So neu und jetzt schon wieder 2 Wochen brachliegend – die grosse Liebe zum Bloggen sieht anders aus.
Gleiches kann man auch zu einem anderen Grossversuch sagen. HLX trat Mitte November 2005 mit einer ganzen Plattform von Blogs für Urlaubsreisen an, und der Bemerkung: “Wir glauben, dass Weblogs in der Tourismus-Branche künftig eine bedeutende Rolle spielen werden.”
So bedeutend, dass ab Mitte Dezember bei den sog. “Expertenblogs” erhebliche Ruhe einkehrte, Totenstille erfolgte ab dem 29. Dezember. Laut Datumsangaben wurden dann heute, am 16. Januar innerhalb von 11.36 bis 12.15 Uhr drei Blogs aktualisiert. Komisch, was? Von echten Blogs echter Reisender ist momentan nichts zu sehen. Damit erhärtet sich der Verdacht, dass diese Blogs irgendwie nicht so richtig lebendig, sondern eher eine Art PR-Zombies sind. Und auch nicht im Sinne der Initiatoren laufen.
HLX und Pro7 sind Bestandteile von Firmen, die eigentlich genau wissen, wie man Kunden bindet, und die Agenturen, die ihnen im Bereich Bloggen helfen, behaupten von sich, dass sie Ahnung davon haben. Kann alles sein. Aber Bloggen hängt immer noch vom Blogger ab. Hier draussen weiss keiner, dass Du ein Hund bist, eine PR-olet-Anja, ein mieser Fake oder ein d-prominenter Unterschichten-Dienstleister. Es interesiert keine alte Sau, mit Verlaub, wenn das, was Du blogst, nicht gut ist. Und zwar jeden Tag. Das ist das ganze Geheimnis, mehr gibt es nicht zu sagen, und alles weitere Geblubber irgendwelcher dahergelaufener Berater ist, brutal gesagt, fürŽn Arsch. Sie wissen schon, das Ding, in das man gewissen Beraterkanaillen treten sollte, die ihren Kunden Bullshit erzählen.
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ich fülle denen gern die seiten, wenn ich dafür bezahlten urlaub, also contentfutter, bekomme.
meine oma sagte immer : von nix kütt nix.
Nachdem mir kürzlich eine “Werbeagentur” unterlaufen ist, die nichts weiter macht, als fertig formulierte Pressemeldungen in ein Online-Portal namens Open PR einzustellen wundert mich nichts mehr.
Lieber Che,
es gab von 1999 bis 2001 ganze Galeeren voller PR-Berater, Consultants und AgneturHoldings, die dasselbe Geschäftsmodell millionenschwer erfolgreich mit NewsAktuell (ots) durchgezogen haben. PressecommuniquÃs von der internen PR einsammeln, eigenes Boilerplate drangepappt und schon ist das Modell von Brodeur, WBPR, LucyTurpin, Publicis etc. fertig. Und die Konzeptionen wurden und werden von Horden praktikumsbestallter Absolventen erdacht, von Excelbewehrten Mannheimer BWL-Schranzen durchbudgetiert und vorstandsgerecht in den Schubladen versenkt. OpenPR ist da noch das bessere NewsAktuell, weil sie für aufwandsfreie Distribution wenigstens keine Kohle nehmen. Ich erinner nur den Hickack wegen einer Kooperation zwischen Systems und ots seinerzeit, da musste man für alles eine PI bei newsaktuell bezahlen, was man bei der Systems ins Pressefach stellte. Eine für das Firmenprofil, eine für die Fotos und eine für die eigentlich Messe-PI sodass summa summarum für ein Pressefach bei der Messe drei PI bei ots rausssprangen, natürlich mit den üblichen Sonderpreisen bei mehr als 400 Wörtern….
Sorry, für mich heißt PR immer noch,
Gespräche mit Journalisten führen, PKs
veranstalten, Präsentationen machen um
Themen in den Wirtschaftsteil und die
Verbrauchertipps von Zeitungen und Magazinen
reinzubekommen. Bin ich da ein Dinosaurier?
Dazu kommen noch die ehemaligen Gewerke (bevor der Journalist an sich als beste PR-Besetzung galt):
Organisationskommunikation, also etwas wie Mentoren, fixed day, Meetings, Mitarbeiterzeitung, Kommunikationstraining etc. pp…
Marktkommunikation, also alles rund um Messen und Events…
Führungskräfttrainig, also Rhetorik, Problemlösung/Komplexitätstheorien, sowie den Unetrschied zwischen Leitungs- und Führungsaufgaben darlegen und schulen
Evangelisten und Investoren pampern
ach ja…und bei Strategiesitzungen ein kleines Wörtchen mitreden.
Aber sowas macht ja heuzutage keiner mehr, nä?