10 populäre Irrtümer über Bloglesungen
1. Ich kann das nicht organisieren.
In der Regel genügt es, in einer grösseren Stadt zu wohnen, dort ein paar Blogger mit guten Texten zu kennen, und einen Raum zu beschaffen. Am besten eine Kneipe. Irgendwo gibt es sicher auch noch ein Mikro, mehr ist erst mal nicht nötig. Jedes Kaffekränchen mit selbstgebackenem Kuchen ist mehr Aufwand.
2. Da kommt niemand.
Oh doch, die kommen schon. Bislang war noch jede Bloglesung in grösseren Orten schön voll bis gnadenlos überlaufen. Beschaffe dir drei Mitleser, wenn die ihre Freunde und ein paar durch das Blog requirierte Zuhörer mitbringen, ist alles gut. Manchmal hilft es vielleicht auch, einen bekanntern Blogger als Spezialgast zu präsentieren
3. Bei mir wohnt aber kein A-Lister, der die Leute ranzieht, und ich kenne auch keinen.
Dann schau dich in der Umgebung um und frag einfach. Wenn es eine Rampensau ist, kommt sie gerne. Wenn nicht, ist es nicht schade drum, es gibt noch mehr A-Lister. Irgendeiner kommt sicher.
4. Ich habe keine tollen Schenkelklopfer.
Es ist eine Legende, dass sich der ganze Saal vor Zoten auf dem Boden rollen will – ausgenommen vielleicht pizzaverschleimte Teckies, aber die gehen sowieso lieber zu Web2.0-Treffen. Es liegt nicht an den Witzen, ob ein Text gut ist, sondern an der Geschichte an sich. Die kann lustig sein, traurig, spannend, gefühlvoll, alles und nichts – wenn sie nur überzeugt vorgetragen wird.
5. Ich kann nicht lesen.
Zuerst mal: Wer schreiben kann, kann auch lesen. Vorlesen sollte man natürlich üben. Kleiner Tipp: Stimme am Satzende nach unten. Nicht u tief atmen, und dann ganz ruhig und nicht zu schnell vorlesen. Wenn du ihn 20 mal gelesen hast, sollte es klappen. Vielleicht trefft ihr euch vorher und diskutiert, was gut kommt.
6. Ich muss Freunde auf die Bühne zu lassen, obwohl ihre Texte schlecht sind, aber die sind sonst beleidigt.
Musst du gar nicht. Such die raus, die gute Texte schreiben, alles andere spielt keine Rolle. Wenn du 4 Leute nimmst, fallen mindestens 199.996 durch den Rost. ThatŽs the game. Wem das nicht passt, soll halt selber eine Lesung machen. Alles andere killt dich und bringt nur Schwierigkeiten.
7. Das Publikum hat viel zu hohe Ansprüche.
Das Publikum kommt wegen dir. Es will dich sehen, und in aller Regel mag es dich. Und du wirst es auch lieben. Die kennen dein Blog und wissen, was sie erwartet. Du bist der Anspruch, den sie haben. Alles kein Problem.
8. Ich kann nicht zulassen, dass Bilder von mir gepostet werden und ich nicht mehr anonym bin.
Musst du nicht. Digicams und Flickr sind eine Pest, aber sag einfach vorher, dass du nichts veröffentlicht sehen willst. Das ist dein gutes Recht. Ausserdem stört es, und es ist unhöflich gegenüber den Vortragenden. Das kannst du genau so vermitteln, in der Regel halten sich die Leute dran.
9. Am nächsten Tag werden sie mich in den Blogs zerreissen
ThereŽs always someone to rat you. Gerade in der Blogosphäre, wo jeder vierte ein halbfertiges Manuskript in der Schublade hat und denkt, dass er die ideale Besetzung auf dem Podium gewesen wäre. Aber erstens lässt sich nur eine kleine Minderheit so gehen, und zweitens kann sowas immer passieren – es gibt genug Cretins, die das Maul aufreissen, ohne zugehört zu haben oder dabei gewesen zu sein. Merk dir die Namen, geh erst gar nicht auf das Pack ein, irgendwann gibt es sicher mal eine Gelegenheit, ihnen die Hosen runterzulassen. Spätestens bei der nächsten Lesung, wenn sie wieder nicht gefragt werden. Die ganz grosse Mehrheit wird dich aber bejubeln und klatschen und anbeten.
10. Ich kriege trotzdem danach niemals Groupies ins Bett.
OK, das stimmt. Erstens gibt es keine Groupies bei Bloglesungen. Aber 2. ist dir das sowas von egal, wenn alles vorbei ist. Glaub mir, nach der ersten Lesung willst du nur noch ins Bett oder dich hemmungslos besaufen oder beides. Da geht mit der gelösten Aufregung gar nichts mehr. Und am nächsten Morgen bist du sowiso beschäftigt, Technorati zu durchwühlen und die Mails der anderen zu lesen, die un-be-dingt nochmal lesen wollen. Insofern sind die fehlenden Groupies kein Problem. Und wenn du erst mal ein Bloglesungsstar bist….
dann sitzt du irgendwo nach der Lesung klein und verlassen rum, weil sich keiner traut dich anzusprechen, aber das ist eine andere Sache, und schon die Gruppe 47 soll laut Milo Dor nach den Lesungen frustriert auf den Strassenstrich gegangen sein, so ist das nun mal mit dem Ruhm
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ich glaube ja alles, bis auf punkt 10.
das ist doch nur ein versuch heil aus der sache heraus zu kommen oder?
die wahrheit dürfte doch eher sein:
“10.Ich kriege trotzdem danach Groupies ins Bett.
Nach einer Bloglesung wird Kasse gemacht, nehm ich die da mit oder doch lieber die dahinten? *Ach was soll die Fragerei, ans Mikro geh*:_Liebe Hörerinnen, die ohne Innen dürfen jetzt gehen, meine Zimmernummer ist 23. Ich bin jetzt ab sofort dort zu erreichen. Alles WEITERE können wir dann im Zimmer lesen._”
sind sie eigentlich auch ein oraus?
ihr weltherrscher *der hunderte groupies neben sich sitzen hat, denn für irgendwas muss der titel ja gut sein*
Offene Bewerbung
Sehr geehrter Wikimediavorstand,
hiermit bewerbe ich mich bei ihnen als Geschäftsführer. In meiner Tätigkeit als Weltherrscher verfüge ich über beste Kontakte und Verbindungen. Meine Geheimdienste, mit einem jährlichen Etat von ungefähr 15 Milliarden Y…
Ungeklärte Fragen: Bloglesung
Die Frage, was denn ein Weblog sei, ist ja schon schwierig genug zu beantworten. Was eine Bloglesung ist, wollte ich am Mittwoch beim Handelblatt herausfinden. Auf der Rückfahrt hatte ich zwar das sichere Gefühl, einen unterhaltsamen Abend er…
Alles richtig, bis auf Punkt 5, würde ich mal sagen. Es gibt so hoffnungslose Fälle, da hilft auch 20-mal üben nichts. Und das sind bisweilen durchaus welche mit sehr guten Texten.
Aiiii, ich heiße natürlich albertsen und nicht albertsem. Zu heiß geduscht heute.
Solange Du nicht Lesungen wie manch anderer als technisch rückschrittliches “live podcasting” abtust, ist mir alles recht.
In der Rakete (e. V.) gibt es jeden letzten Sonntag im Monat eine offene Lesung. Völlig unabhängig von Bloggs. Jeder kann – eigene Texte oder fremde Texte. Hauptsache vor-lesen und zu-hören. “Weltraumsonntag” mittlerweile No.8 http://www.rakete-ev.de/?p=85
(btw. was hat vorlesen mit Bloggen zu tun? – Und Groupies wollen wir doch alle???)
Das Besondere ist doch, dass man nicht nur Texte hört, die man meist schon gelesen hat, sondern dass eine Bloglesung eine Community-Veranstaltung ist. Schließlich trifft man nicht nur die Vortragenden, sondern eine Menge Leute, deren Blogs man liest oder zumindest mal gestreift hat. Die Lesung ist da der schöne Grund hinzugehen, nur deshalb würde ich mich jedoch nicht auf einen weiten Weg begeben.
Danke für die Aufstellung. Ich glaube alle Punkte und bin froh, dass wir Eintritt nehmen.
> sondern dass eine Bloglesung eine Community-Veranstaltung ist.
Yeah, womit bewiesen wäre, dass Bloglesungen Real Life 2.0 sind.
;-)
punkt 10 ist übrigens quatsch. man bekommt danach locker groupies ins bett.
(na gut, es mag leute geben, die dann das wiederum abschreckt.)
Nice one!
ßber Punkt 10 habe ich herrlich lachen müssen. Du schreibst viel besser, wenn Du Dich nicht über die IT-Nerds echauffierst. Weiter so.
Erste Mainzer Bloglesung
Nachdem Mitte März schon in Frankfurt eine Bloglesung (ich wußte bis eben gar nicht, daß es so etwas überhaupt gibt) stattfand, habe ich eben eine weitere Ankündigung gefunden:
Erste Mainzer Blog-Lesung
(Freitag, 28. April 2006 20:00, Kultur-Kasematt
….. da ich zurzeit mich gerade mit der organisation einer bloglesung beschäftige (wohlgemerkt die erste schweizer bloglesung, bin ich beim suchen nach dem tag “bloglesung” bei dir gelandet…..
….. ich war dann ma’ so frei in einem meiner beiträge auf http://www.bloglesungen.ch.vu auf diesen beitrag von dir bezug zu nehmen und hab’ dich entsprechend verlinkt (ich sag’ nur “fair blogging”)…..
Danke für die Ermutigung.
Auf meiner Blogseite kommt kaum jemand. Viellecht haben Sie doch Recht und es wird sich ändern.